VK Baden-Württemberg
Beschluss
vom 11.11.2025
1 VK 60/25
1. Es ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, dass der öffentliche Auftraggeber bei einer Konzeptbewertung den Erfüllungsgraden lediglich Punktespannen - keine konkreten Punktwerte - zuordnet, ohne dabei festzulegen, nach welchen (Unter-)Kriterien die Punkte innerhalb eines Erfüllungsgrades vergeben werden.
2. Bei der Bewertung von Konzepten kommt es nicht darauf an, jeden Benotungswert rechnerisch herzuleiten. Es genügt vielmehr, wenn die der öffentliche Auftraggeber dokumentiert, auf welche Aspekte sie die Bewertung eines Konzepts im Einzelnen stützt.
3. Sollen Konzepte bewertet werden, ist lediglich anzugeben, was erwartet und bewertet wird, nicht hingegen, welche Inhalte ein Konzept haben muss, um eine möglichst gute Bewertung zu erlangen
4. Das Kriterium "Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung beauftragten Personals" weist bei Architekten- und Ingenieurleistungen regelmäßig einen hinreichender Auftragsbezug auf, solange nur durch eine entsprechende vertragliche Regelung sichergestellt ist, dass die ursprünglich eingesetzten Mitarbeiter nur mit Zustimmung des öffentlichen Auftraggebers und nur durch qualitativ gleichwertiges Personal ersetzt werden können.
5. Die Rüge des Bieters, der öffentliche Auftraggeber habe die Bewertung des Angebots nur unzureichend dokumentiert, ist als unzulässige Rüge "ins Blaue hinein" zu qualifizieren, wenn für den Bieter kein begründeter Anhalt aufgrund von Äußerungen oder anderweitigem Verhalten des öffentlichen Auftraggebers für eine solche Annahme bestand.
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.11.2025 - 1 VK 60/25
Tenor:
1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners und der Beigeladenen zu tragen.
3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für den Antragsgegner wird nicht für notwendig erklärt.
4. Die bei der Vergabekammer entstandenen Verfahrenskosten werden auf [...] Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Mit Auftragsbekanntmachung vom [...], veröffentlicht im Supplement des Amtsblattes der Europäischen Union am [...] (Veröffentlichungsnummer: [...]), schrieb der Antragsgegner Leistungen der Tragwerksplanung der Leistungsphasen 4 bis 6 im Rahmen des Neubaus des [...]Klinikums aus.
Gegenstand der Ausschreibung waren "die Leistungen der Tragwerksplanung der Leistungsphasen 4 bis 6 (§ 51 i. V. m. Anlage 14 HOAI) auf Grundlage der bisherigen Arbeitsergebnisse" für folgende Gebäude:
- Klinikum ([...])
- Gesundheitszentrum [...]
Das Vergabeverfahren fand als Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb statt. Nach den Vergabeunterlagen war das folgende Verfahren vorgesehen: Bis zum 10.06.2025 um 10.00 Uhr konnten Bewerber Teilnahmeanträge abgeben. Aus den eingereichten Teilnahmeanträgen sollten bis zu 3 Bewerber bzw. Bewerbergemeinschaften für die nachfolgende Verhandlungs- und Angebotsphase ausgewählt werden. Bei der Auswahlentscheidung im Rahmen der Teilnahmephase sollten neben formalen Anforderungen zunächst die als Mindestanforderungen definierten Eignungskriterien maßgeblich sein, deren Nichtvorliegen zum Ausschluss eines Teilnahmeantrags führt, und - sofern mehr als drei Unternehmen ihre Eignung nachweisen - auch eignungsbezogene Wertungskriterien im Hinblick auf die eingereichten Referenzen.
Die ausgewählten Bewerber sollten sodann zur Abgabe eines Erstangebots aufgefordert werden. In den sich anschließenden Präsentations- und Verhandlungsgesprächen sollten die Bieter in maximal 45-minütigen Präsentationen ihren "Personaleinsatzplan" sowie ihr "Konzept zur Umsetzung des Projektes" vorstellen, wobei ein Schwerpunkt der Präsentation (ca. 30 Minuten) auf dem Konzept zur Umsetzung des Projekts liegen sollte. Die Bieter sollten im Anschluss die Gelegenheit erhalten, ihre Angebote entsprechend den Ergebnissen der Verhandlungsrunde anzupassen und zu überarbeiten.
Die Antragstellerin beteiligte sich ebenso wie die Beigeladene am Teilnahmewettbewerb. Nach Prüfung der Teilnahmeanträge ließ der Antragsgegner die Antragstellerin sowie die Beigeladene für die nachfolgende Verhandlungs- und Angebotsphase zu und forderte diese zur Abgabe eines Erstangebots auf, das bis zum 14.08.2025 um 12.00 Uhr einzureichen war.
Nach Ziff. 1 ("Allgemeines") der "Aufforderung zur Angebotsabgabe" bestanden die Ausschreibungsunterlagen für das Vergabeverfahren "aus den über die Vergabeplattform bereitgestellten Dokumenten sowie aus den über den Link ([...]) abrufbaren Unterlagen." Unter dem Link wurde an die Bieter u.a. das Tragwerksmodell aus der Leistungsphase 3 zur Verfügung gestellt.
Im Rahmen der Angebotserstellung sollten die Bieter die über den Cloud-Link zur Verfügung gestellten Planunterlagen gegen Honorierung auf inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit überprüfen. Jeder Bieter sollte mit der Abgabe des ersten Angebots durch ein auszufüllendes Formblatt (Anlage A8 zur Aufforderung zur Angebotsabgabe) bestätigen, dass die Entwurfsplanung inkl. der Beiträge des Tragwerksplaners zur Kostenberechnung der Objektplanung in Leistungsphase 3 mangelfrei ist, und erklären, dass diese als Grundlage für die weitere Leistungserbringung nach dem ausgeschriebenen Vertrag tauglich ist. Sollte der Bieter bei seiner Prüfung zu einem anderen Ergebnis gelangen, sollte er die von ihm erkannten Mängel der Entwurfsplanung inkl. der Beiträge des Tragwerksplaners zur Kostenberechnung der Objektplanung in Leistungsphase 3 konkret darlegen. Diese Anmerkungen sollten vom Auftraggeber im Anschluss geprüft und ggf. in die vorhandene Entwurfsplanung eingearbeitet werden.
Für die Prüfung der vorhandenen Planung und der Kostenberechnung erhielten alle Bieter, die ein nicht auszuschließendes Angebot abgeben, ein Honorar in Höhe von 15.000,00 Euro netto. Hiervon ausgenommen war die Antragstellerin als diejenige Bieterin, die bereits mit der Ausführung der bisherigen Planungsleistungen (Leistungsphasen 1 bis 3) beauftragt war.
Für die Angebotswertung sah der Antragsgegner als Zuschlagskriterien zum einen den Preis mit einer zu erreichenden Punktzahl von 30 Punkten, zum anderen die Qualität mit einer Gesamtpunktzahl von 70 Punkten vor, die sich aus der Bewertung der beiden
Konzepte "Personaleinsatzplan" und "Konzept zur Umsetzung des Projekts" zusammensetzt:
- Preis (30 Punkte)
- Qualität (70 Punkte)
− Personaleinsatzplan (30 Punkte)
− Konzept zur Umsetzung des Projekts (40 Punkte)
Gegenstand der Preiswertung sollte nach Ziff. 5.2.1 der "Aufforderung zur Angebotsabgabe" die "Brutto-Pauschalvergütung gem. § 11 des Ingenieurvertrags i. V. m. Anlage 14 (Honorarangebotsblatt)" sein, die wie folgt in eine Punkteskala von 0 bis 30 Punkten umgerechnet wird:
"30 Punkte erhält das nicht auszuschließende Angebot mit dem niedrigsten Bewertungspreis.
0 Punkte erhält ein fiktives Angebot mit dem 2-fachen des niedrigsten Bewertungspreises. Alle nicht auszuschließenden Angebote mit darüber liegenden Bewertungspreisen erhalten ebenfalls 0 Punkte.
Die Punkteermittlung für die dazwischen liegenden Wertungspreise erfolgt über eine lineare Interpolation. Bei der so errechneten Punktzahl findet nur die erste Nachkommastelle Berücksichtigung. Alle weiteren Nachkommastellen fallen ohne Auf- oder Abrundung weg."
Für die beiden qualitätsbezogenen Wertungskriterien bzw. Konzepte war in der "Aufforderung zur Angebotsabgabe" jeweils ein Erwartungshorizont vorgesehen. Die Punktevergabe sollte nach Abstufungen erfolgen, die sich nach dem Erfüllungsgrad des Erwartungshorizonts bemessen. Für den Personaleinsatzplan waren in Ziff. 5.2.2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe folgende Abstufungen zur Bewertung des Erfüllungsgrades vorgesehen:
"Projektorganisation und Qualifikation des Leitungsteams
Überdurchschnittlich gute Erfüllung: 26-30 Punkte
Durchschnittliche Erfüllung: 16-25 Punkte
Unterdurchschnittliche Erfüllung: 6-15 Punkte
Keine Erfüllung: 0-5 Punkte (Ausschluss)"
Für das "Konzept zur Umsetzung des Projekts" waren in Ziff. 5.2.2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe folgende Abstufungen zur Bewertung des Erfüllungsgrades vorgesehen:
"Konzept zur Umsetzung des Projektes
Überdurchschnittlich gute Erfüllung: 31-40 Punkte
Durchschnittliche Erfüllung: 21-30 Punkte
Unterdurchschnittliche Erfüllung: 11-20 Punkte
Keine Erfüllung: 0-10 Punkte (Ausschluss)"
Für beide qualitätsbezogenen Kriterien sollte die Bewertung des Erfüllungsgrades jeweils "durch eine inhaltlich vergleichende Betrachtung der in Textform eingereichten Konzepte" erfolgen.
Ein Angebot, das in dem Kriterium "Personaleinsatzplan" und/oder "Konzept zur Umsetzung des Projektes" mit der Stufe "keine Erfüllung" bewertet wird, sollte von der Wertung ausgeschlossen werden. Im Übrigen - bei Bewertung mit den darüber liegenden Abstufungen - sollten die erreichten Preispunkte mit den in beiden Konzepten erreichten Qualitätspunkten addiert werden. Den Zuschlag sollte schließlich dasjenige Angebot erhalten, das die höchste Gesamtpunktzahl aufweist.
Für beide einzureichenden Konzepte hatte der Auftraggeber jeweils einen "Erwartungshorizont" mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe umschrieben, anhand dessen Erfüllungsgrad die Bewertung erfolgen sollte. Unter der Überschrift "Erwartungshorizont" hatte der Antragsgegner in der Aufforderung zur Angebotsabgabe zunächst festgehalten:
"Die Konzepte sollen für die Erbringung der ausgeschriebenen Planungsaufgabe die Einhaltung der Kosten- und Terminziele durch ein auf das konkrete Vorhaben optimal abgestimmtes Projektteam und Herangehensweise sicherstellen. Erwartet werden vor diesem Hintergrund mindestens Aussagen zu den folgenden Projektpunkten:"
Sodann hatte der Antragsgegner als Erwartungshorizont für das Personaleinsatzkonzept festgehalten:
"Erwartet wird neben einem Organigramm die Darstellung der internen Organisationsstruktur des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals sowie dessen Berufsqualifikation und Erfahrung. Dabei hat der Bieter auch zu erläutern, wie er die Kontinuität und Effizienz der Leistungserbringung durch das vorgesehene Projektteam in allen Leistungsphasen sicherstellt (z. B. Vertretungsregelungen, interner Wissenstransfer, technische Mittel, örtliche Präsenz bzw. Sicherstellung von Präsenzterminen, bisherige Zusammenarbeit des Projektteams). Zudem ist ein Personaleinsatzplan i. e. S. für die Erstellung der Ausführungspläne bzw. Schlitz- und Durchbruchpläne sowie Bewehrungspläne vorzulegen (Wochenübersicht, aus der sich die Anzahl der zur Bearbeitung vorgesehenen Personen nachvollziehen lässt).
Besonderer Wert wird auf die Rohbauphase im ersten Jahr gelegt.
Hinweis:
Der Einsatz der hier benannten Teammitglieder wird nach Maßgabe des Vertrages geschuldete Leistungspflicht. Insbesondere ein Austausch von Mitgliedern des Leitungsteams bedarf der Zustimmung des Auftraggebers. Siehe näher hierzu § 5 des Vertrages."
Sodann hatte der Antragsgegner als Erwartungshorizont für das Konzept zur Umsetzung des Projekts festgehalten:
"Erwartet werden Aussagen und Einschätzungen zu besonders anspruchsvollen Aspekten des Projektes sowie konkret projektspezifische Erläuterungen der Herangehensweise und evtl. Lösungsansätze. Der Bieter soll sich insbesondere mit der Terminplanung und -einhaltung v. a. in Bezug auf die Schlitz- und Durchbruchsplanung/Bewehrungsplanung auseinandersetzen, vor allem unter Berücksichtigung der Schnittstellen zum Gewerk Rohbau (beachte hierzu insbesondere auch das Dokument 'Aktueller Planungsstand_weitere Vorgehensweise_Meilensteine')."
Mit den Vergabeunterlagen stellte der Antragsgegner den Bietern als Anlage A2 zur Aufforderung zur Angebotsabgabe einen Entwurf für den "Ingenieurvertrag Tragwerksplanung" zur Verfügung. Nach dessen § 3 ("Leistungsumfang") hat der Auftragnehmer "im Rahmen des Vergabeverfahrens den aktuellen Stand der ihm übergebenen Planunterlagen, insbesondere der Entwurfsplanung (Leistungsphase 3) sowie der Beiträge des Tragwerksplaners zur Kostenberechnung ('Planungsstand') gegen Honorierung auf inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft [...]. [...] Hat die Prüfung [...] ergeben, dass dieser Planungsstand ganz oder teilweise unvollständig und/oder mangelhaft ist und für die weitere Leistungserbringung einer Vervollständigung und/oder Nacherfüllung bedarf, schuldet der Auftragnehmer, sofern der Auftraggeber die Vervollständigung und/oder Nacherfüllung in Schriftform anordnet, die unverzügliche Vervollständigung und/oder Nacherfüllung, so dass die Planung mangelfrei und damit ohne weiteres als Grundlage für die weitere Leistungserbringung gemäß vorliegendem Vertrag geeignet ist. [...]"
Nach § 5 Abs. 5 des Ingenieurvertrags kann der Auftragnehmer "einen Austausch des Projektleiters, des stellvertretenden Projektleiters sowie der weiteren Mitglieder des Projektteams nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung des AG vornehmen, es sei denn, Grund für den Austausch ist die Auflösung des Arbeitsverhältnisses oder ein anderer wichtiger Grund, den der AN nicht zu vertreten hat. Alle Personen gemäß Absatz 2 und 3 dürfen nur durch Mitarbeiter mit mindestens gleicher Qualifikation ersetzt werden, was der AN vor dem Austausch unaufgefordert nachzuweisen hat." § 11 des Ingenieurvertrags betrifft Bestimmungen zum Honorar, wobei dessen Abs. 1 lit. a die Pauschalvergütung für das Gebäude "Klinikum", dessen Abs. 1 lit. b die Pauschalvergütung für das Gebäude "Gesundheitszentrum" betrifft.
Die Beigeladene gab am 13.08.2025, die Antragstellerin am 14.08.2025 ein Erstangebot ab.
Nach der Durchführung von Präsentations- und Verhandlungsgesprächen mit den Bietern am 21.08.2025 forderte der Antragsgegner die Bieter zur Überarbeitung des Angebots und Abgabe eines finalen Angebots bis zum 02.09.2025, 12.00 Uhr, auf.
Die Beigeladene gab am 29.08.2025, die Antragstellerin am 01.09.2025 ein Letztangebot ab. Mit Schreiben vom 09.09.2025 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, es sei beabsichtigt, den Zuschlag ab dem 20.09.2025 auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Der von der Antragstellerin angebotene Preis habe sehr nah an dem der Beigeladenen gelegen, sodass der Preis für die Zuschlagsentscheidung nicht entscheidend gewesen sei. Das Angebot der Antragstellerin sei jedoch unter Berücksichtigung der qualitativen Zuschlagskriterien nicht das wirtschaftlichste gewesen. Hinsichtlich des Personaleinsatzkonzepts sei zu berücksichtigen, dass die anderen Bieter ebenso erfahrene Projektteams gehabt haben und ihre Projektorganisation tiefergehend als die Antragstellerin dargestellt hätten. Auch beim Konzept zur Umsetzung des Projektes habe die Beigeladene eine bessere Punktzahl als die Antragstellerin erreicht, "weil die geforderte Darstellung der Herausforderungen mit dem Vorschlag konkret projektspezifischer Lösungsansätze im Besonderen überzeugt" habe.
Mit Schreiben vom 12.09.2025 führte der Antragsgegner auf entsprechende Nachfrage durch die Antragstellerin zur Angebotswertung vertiefend aus, die Bewertung der Angebote sei anhand des in den Vergabeunterlagen bekanntgegebenen relativen Wertungssystems erfolgt. Das Angebot der Antragstellerin habe bei der Angebotswertung den zweiten Rang erreicht. Der von der Antragstellerin angebotene Gesamtpreis sei mit dem Angebotspreis der Beigeladenen nahezu identisch, sodass der Punktabstand in diesem Kriterium marginal und für die Gesamtwertung unerheblich sei. Der Personaleinsatzplan der Antragstellerin lasse erkennen, dass das angebotene Projektteam grundsätzlich qualifiziert sei, den Auftrag auszuführen. Im Angebotsvergleich sei jedoch die projektspezifische Erfahrung der stellvertretenden Projektleitung der Antragstellerin "deutlich hinter den Angeboten der beiden anderen Bieter" zurückgeblieben. Zudem seien durch die anderen Bieter "die geforderten Inhalte insgesamt tiefergehend und umfassender sowie in Teilen plausibler dargestellt". Insbesondere vermittelten "die ausführlicheren Darstellungen der Zuschlagsprätendentin [...] einen noch konkreteren Eindruck eines optimalen Zuschnitts des angebotenen Projektteams und der Projektorganisation auf das ausschreibungsgegenständliche Bauvorhaben". Das Personaleinsatzkonzept der Antragstellerin sei mit der Bewertungsstufe "durchschnittliche Erfüllung" bewertet worden.
Auch beim "Konzept zur Umsetzung des Projektes" habe die Antragstellerin die Bewertungsstufe "durchschnittliche Erfüllung" erreicht. Das Konzept der Beigeladenen sowie das Konzept eines weiteren Bieters haben "im Ergebnis der vertieften Analyse der bekanntgegebenen Planunterlagen mehrere Lösungsansätze zur (wirtschaftlichen) Optimierung der bisherigen Planung" aufgezeigt. Das Konzept der Beigeladenen habe "die projektspezifische Herangehensweise sehr umfassend" beschrieben und sei "dabei gleichwohl intensiv auf den geforderten Aspekt der Termineinhaltung unter Aufzeigen eines vergleichsweise besonders überzeugenden Monitoring-/Reportingsystems" eingegangen.
Mit Schreiben der Antragstellerin an den Antragsgegner vom 18.09.2025 rügte diese die Bewertung ihres Angebots und die beabsichtigte Erteilung des Zuschlags auf das Angebot der Beigeladenen. Die Preiswertung sei unklar, die qualitätsbezogenen Zuschlagskriterien seien bereits als solche vergaberechtswidrig, da Unterkriterien zur Ausfüllung der Punktespannen fehlten und etwa die Qualifikation und Erfahrung des Projektpersonals als Zuschlagskriterium ungeeignet sei. Im Übrigen sei auch die konkrete Angebotswertung vergaberechtswidrig, insbesondere seien unzulässigerweise "Lösungsansätze zur wirtschaftlichen Optimierung der bisherigen Planung" sowie der Umstand berücksichtigt worden, dass die projektspezifische Erfahrung der vorgesehenen stellvertretenden Projektleitung deutlich hinter den Angeboten der beiden anderen Bieter zurückbleibe, was unzutreffend sei. Die Konzeptbewertung sei zudem nicht ausreichend dokumentiert worden. Es stelle zudem eine Ungleichbehandlung gegenüber den anderen Bietern dar, dass der Antragstellerin nicht bekannt sei, welche Unterlagen die anderen Bieter erhalten haben. Das Angebot der Beigeladenen sei von der Wertung zwingend auszuschließen, da diese mit ihrem Angebot Lösungsvorschläge angeboten habe, die von der bisherigen Entwurfsplanung, die als verbindlich vorgegeben worden sei, abweichen. Wegen des Inhalts des Rügeschreibens im Übrigen wird auf die Anlage ASt 5 zur Antragsschrift Bezug genommen. Die Antragstellerin setzte eine Frist zur Abhilfe bis zum 18.09.2025, 18.00 Uhr. Der Antragsgegner ließ diese Frist verstreichen.
Am 19.09.2025 leitete die Antragstellerin das Vergabenachprüfungsverfahren ein. Zur Begründung führte die Antragstellerin im Wesentlichen aus, die qualitätsbezogenen Zuschlagskriterien seien vergaberechtswidrig. In den Vergabeunterlagen fehlten bereits Unterkriterien für die Ausfüllung der Punktespannen innerhalb eines Erfüllungsgrades. Es sei für die Antragstellerin bis zu dem Schreiben des Antragsgegners vom 12.09.2025 auch nicht erkennbar gewesen, dass der Antragsgegner "nicht nach Punkten und nicht nach den im 'Erwartungshorizont' genannten Kriterien, sondern nach Erfüllungsgrad" bewertet, und dabei nicht bekanntgemachte Unterkriterien zum Einsatz gebracht habe. Die Antragstellerin sei daher mit dem dahingehenden Vortrag nicht präkludiert.
Es sei gegenüber der Antragstellerin nicht erläutert worden, warum sie weniger als die Höchstpunktzahl und welche Punktzahl sie überhaupt erhalten habe. Durch die fehlende Bekanntgabe von Unterkriterien für die Bepunktung sei auch nicht überprüfbar, ob die Punktebewertung im Vergleich zu anderen Bietern plausibel sei.
Die Preiswertung sei unklar, insbesondere, ob Gegenstand der Preiswertung das Preisangebot für das Gebäude Klinikum, das Preisangebot für das Gebäude Gesundheitszentrum oder beide addiert seien. Die Antragstellerin habe entweder das Angebot mit dem niedrigsten Bewertungspreis abgegeben oder "die lineare Interpolation [sei] vergaberechtswidrig zur Erzeugung eines höheren Punktabstandes genutzt" worden.
Die Qualifikation und Erfahrung des betrauten Personals sei als Zuschlagskriterium zudem ungeeignet. Der bloße Hinweis in den Vergabeunterlagen, wonach der Einsatz der benannten Teammitglieder Leistungspflicht sei und ein Austausch der Zustimmung des Auftraggebers bedürfe, sei nicht ausreichend, um zu gewährleisten, dass das bewertete Personal auch tatsächlich bei der Auftragsdurchführung zum Einsatz komme und nicht nachträglich durch weniger qualifiziertes Personal ersetzt werden könne.
Auch die Bewertung des Angebots der Antragstellerin sei vergaberechtswidrig erfolgt. Aus der mit der Akteneinsicht zur Verfügung gestellten Wertungsmatrix ergebe sich, dass der Antragsgegner die von ihm bekanntgemachte relative Bewertung der Angebote durch eine vergleichende Betrachtung nicht umgesetzt habe. Es sei keine vergleichende Angebotswertung nach Punkten erfolgt. Der Antragsgegner habe stattdessen die prognostizierte Leistungserbringung der Antragstellerin mit den durch die Antragstellerin bis zur Leistungsphase 3 erbrachten Leistungen verglichen und zu Lasten der Antragstellerin negativ bewertet. Dies zeige sich etwa an einem Vergleich der "Personalanpassung" und des "Wissenstransfers" im Rahmen der Bewertung des Personaleinsatzplans mit dem bisherigen Auftrag. Die vorherige Zusammenarbeit sei als Zuschlagskriterium nicht bekannt gemacht worden und sei daneben im Rahmen der Gleichbehandlung der Bieter als Zuschlagskriterium auch ungeeignet. Der Umstand, dass die bisherige Leistungserbringung Eingang in die Bewertung gefunden habe, sei der Antragstellerin erst durch die mit Akteneinsicht zur Verfügung gestellte Wertungsmatrix bekannt geworden.
Es sei ermessensfehlerhaft, soweit der Antragsgegner im Rahmen der Bewertung des Personaleinsatzplans berücksichtigt habe, die projektspezifische Erfahrung der durch die Antragstellerin vorgesehenen stellvertretenden Projektleitung bleibe deutlich hinter den Angeboten der beiden anderen Bieter zurück. Sowohl die durch die Antragstellerin vorgesehene Projektleitung als auch die stellvertretende Projektleitung seien bereits in dem Projekt bis zur Leistungsphase 3 tätig gewesen, sodass deren projektspezifische Erfahrung höher als bei den anderen Bietern sein müsse. Dieser Erfahrungsvorsprung könne durch die anderen Bieter "ganz objektiv weder zeitlich noch inhaltlich" aufgeholt werden. Es sei zudem angesichts der zweijährigen Projekterfahrung der Antragstellerin zu bezweifeln, dass andere Bieter die im Rahmen des Personaleinsatzplans geforderten Inhalte tiefergehender, umfassender und plausibler hätten darstellen können als die Antragstellerin, die das Projekt bislang betreut habe.
Mit dem "Wissenstransfer" habe der Antragsgegner ein Kriterium bewertet, das nicht im Erwartungshorizont definiert worden sei. Zudem habe der Antragsgegner in diesem Kontext unzulässigerweise einen Vergleich mit der bisherigen Leistungserbringung in den Leistungsphasen 1-3 vorgenommen.
Es sei unzutreffend, dass sich aus dem Organigramm der Antragstellerin die Berufserfahrung nicht ergebe. Denn es seien dort "alle Team-Mitglieder mit Foto abgebildet", woraus ersichtlich sei, "dass es überwiegend erfahrene Ingenieure" seien. Die durchgehende Bearbeitung des Projekts durch alle Team-Mitglieder sei "eine Frage der Qualitätssicherung". In der Objektüberwachung habe es Vorteile, "wenn der Ingenieur-Bearbeiter des Bauteils vor Ort" sei. Gerade die durchgehende Bearbeitung durch das gleiche Projektteam und die benannten Konstrukteure gewährleiste eine Kontinuität der Leistungserbringung innerhalb der einzelnen Leistungsphasen.
Es gebe keine zusätzlichen Schnittstellen und Risiken. Die vom Antragsgegner kritisierte horizontale Teilung des Gebäudes diene "ausschließlich der Abgrenzung der Zuständigkeit für die interne Bearbeitung" und die Antragstellerin habe dies "bereits mehrfach erfolgreich so umgesetzt". Es fehlten auch keine Bauteile.
Soweit der Antragsgegner beanstande, die Kommunikation zwischen den Projektteams der Bietergemeinschaft-Partner würde lediglich über die Projektleitung erfolgen, sei auch dies unzulässig, da es kein Wertungskriterium "Kommunikation", sondern nur "Kontinuität und Effizienz der Leistungserbringung" gegeben habe. Im Übrigen bewerte der Antragsgegner auch in diesem Punkt unzulässigerweise die bislang erbrachten Leistungen der Antragstellerin.
Die Behauptung des Antragsgegners, es würde durch die von der Antragstellerin vorgesehenen Arbeitsabläufe in der Leistungsphase 5 zu Bauzeitverzögerungen und Behinderungen kommen, sei eine Unterstellung und durch nichts belegt. Der Terminplan sei so aufgebaut, dass die Baustelle auch ohne Parallelplanung rechtzeitig versorgt werde.
Der Antragsgegner ignoriere, dass die Leistungsphase 4 beim Tragwerk nichts mit der Baugenehmigung zu tun habe, sondern die statische Berechnung betreffe. Die vorzeitige Erstellung der statischen Berechnung sei ohne die Werkplanung (Leistungsphase 5) fachtechnisch nicht sinnvoll, da anderenfalls "60-80 % der Statik zu wiederholen wären".
Bei der Bewertung des "Konzepts zur Umsetzung des Projektes" habe der Antragsgegner Kriterien zugrunde gelegt, die dieser zuvor nicht bekannt gemacht habe. So seien etwa "Lösungsansätze zur wirtschaftlichen Optimierung der bisherigen Planung" im bekanntgemachten Erwartungshorizont nicht genannt worden. Es seien auch nicht "mehrere Lösungsansätze" gefordert worden. Gefordert seien vielmehr projektspezifische Erläuterungen zur Herangehensweise und "eventuell Lösungsansätze" gewesen, wobei das Angebot auf der Basis der aktuellen Entwurfsplanung (Leistungsphase 3) zu erstellen gewesen sei. Es habe zudem eine Definition von Mindestanforderungen gefehlt, die durch die Lösungsansätze zu erfüllen seien.
Die Terminplanung der Antragstellerin beruhe auf "dem alten Terminplan des Architekten". Die Antragstellerin habe vor Beendigung der Leistungsphase 3 im Beisein der Projektsteuerung initiiert, dass der Terminplan um ca. 3 Monate vorgezogen werden könne, was vom Architekten akzeptiert und in dessen Terminplanung aufgenommen worden sei.
Soweit der Antragsgegner vorgezogene Lastabtragungen als unverständlich bewerte, habe er übersehen, dass die Antragstellerin in der vorhergehenden Leistungsphase "mit den Besonderen Leistungen eines vorgezogenen prüfbaren Lastabtrags und der Bemessung der Gründung beauftragt" gewesen sei. Die Antragstellerin sei davon ausgegangen, diese Vorleistung nunmehr auch nutzen zu können.
Es sei falsch, dass die Antragstellerin bei den Schal- und Bewehrungsplänen vor Rohbaustart nicht auf Risiken hingewiesen habe. Sie habe ausdrücklich benannt, dass ein "sehr großer Vorlauf nötig" sei.
Die von der Antragstellerin vorgeschlagenen Varianten der Taktung des Bauablaufs seien "gängige Praxis auf Großbaustellen". Die Antragstellerin habe aus ihrer Erfahrung bei Großbaustellen eine Vorzugsvariante und zwei weitere Varianten unterbreitet. Die Antragstellerin habe mit der Darstellung auf die Möglichkeit eines gestörten Bauablaufes reagiert und Lösungswege aufgezeigt, sodass die Wertung des Auftraggebers, die dargestellte Variante "würde zu gestörtem Bauablauf führen" unverständlich sei. Soweit der Antragsgegner beanstande, es sei die von der Antragstellerin befürwortete Variante der Taktung nicht erkennbar, ergebe sich dies aus der Kennzeichnung der einzelnen Varianten durch die Antragstellerin mit "ungünstig", "realistisch", "restriktiv" und "zu restriktiv".
Soweit der Antragsgegner den Fokus des Umsetzungskonzepts der Antragstellerin auf die Terminplanung als negativ beanstande, so habe er selbst im Vorfeld - in der Leistungsphase 3 - "fast alle statisch anspruchsvollen Konstruktionen und Konzepte [...] aus Kostengründen entfallen lassen". Das Anbieten von über die bisherige Entwurfsplanung hinausgehenden Lösungsansätzen sei der Antragstellerin verwehrt gewesen.
Die Behauptung des Antragsgegners, die Antragstellerin würde mit ihren BauablaufVarianten den Gesamtfertigstellungstermin nicht einhalten, stimme nicht. Die Antragstellerin habe aufgezeigt, dass mit der von ihr favorisierten Taktungsvariante "die in der Ausschreibung erwünschten Termine funktionieren".
Die beiden anderen Bieter hätten im Gegensatz zur Antragstellerin für die Prüfung und Einarbeitung in die vorhandene Entwurfsplanung ein Honorar in Höhe von 15.000 Euro netto erhalten. Wenn der Antragsgegner von den Bietern Lösungsvorschläge erwartet hätte, hätte er sämtlichen Bietern nach § 77 Abs. 2 VgV eine angemessene Vergütung einräumen müssen.
Es stelle zudem eine Ungleichbehandlung dar, dass die Antragstellerin nicht die gleichen Vergabeunterlagen erhalten habe wie die anderen Bieter, die bislang nicht mit dem Projekt befasst gewesen seien. Die Antragstellerin habe keinen Zugang zu der an die beiden anderen Bieter übermittelten Entwurfsplanung des Tragwerks gehabt. Der in der Aufforderung zur Angebotsabgabe unter Ziff. 1 enthaltene Link sei für die Antragstellerin während des gesamten Vergabeverfahrens nicht zugänglich gewesen und habe nicht funktioniert. Der Geschäftsführer der Antragstellerin sowie zwei Mitarbeiterinnen könnten dies bestätigen. Der Antragstellerin sei daher nicht bekannt, ob es in den Unterlagen Änderungsforderungen für die bisherige Entwurfsplanung gegeben habe und welche Optimierungen der Bauherr dort bereits gewünscht habe. Es sei aufgrund des Schreibens des Antragsgegners vom 12.09.2025 anzunehmen, dass die anderen Bieter "eine fortgeschriebene Fassung der Entwurfsplanung" erhalten haben.
Die Konzeptbewertung sei auch nicht ausreichend dokumentiert, jedenfalls sei dies angesichts "der fehlenden Unterkriterien für die Punktdifferenzierung" zu erwarten.
Schließlich sei das Angebot der Beigeladenen wegen einer Abweichung von zwingenden Vorgaben der Vergabeunterlagen von der Wertung auszuschließen. Das Angebot sei auf Grundlage der bis einschließlich der Leistungsphase 3 erbrachten Entwurfsplanung zu erstellen gewesen. Es sei davon auszugehen, dass die Beigeladene von der Entwurfsplanung abweichende Lösungsvorschläge in Form von konstruktiven Änderungen angeboten habe. Womöglich hätten der Angebotsbearbeitung durch die verschiedenen Bieter auch unterschiedliche Entwurfsplanungen zugrunde gelegen, was ebenso vergaberechtswidrig sei.
Mit Nachprüfungsantrag vom 19.09.2025 hat die Antragstellerin beantragt:
1. Die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gem. § 160 ff. GWB gegen den Antragsgegner wird angeordnet.
2. Der Antragsgegner wird bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht verpflichtet, die Vergabe bis zum Zeitpunkt vor Angebotsabgabe zurückzuversetzen und das Vergabeverfahren in der Angebotsphase unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut durchzuführen bzw. zu wiederholen.
3. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin.
4. Es wird festgestellt, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin notwendig war.
5. Wir beantragen Akteneinsicht gem. § 165 Abs. 1 GWB.
Mit der Antragserwiderung vom 26.09.2025 hat der Antragsgegner beantragt,
1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen;
2. der Antragstellerin jede Akteneinsicht zu versagen, die über die bereits mit dieser Antragserwiderung von dem Antragsgegner freigegebenen Inhalte hinausgeht;
3. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für den Antragsgegner zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig war;
4. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners aufzuerlegen.
Der Antragsgegner ist der Ansicht, die Antragstellerin sei mit den erhobenen Rügen präkludiert, soweit sie die Intransparenz des Preiskriteriums, der qualitativen Zuschlagskriterien und des Wertungssystems sowie eine durch die Kriterien und das Wertungssystem begründete Diskriminierung der Antragstellerin beanstande. Diese behaupteten Vergaberechtsverstöße seien für die Antragstellerin aus den Vergabeunterlagen erkennbar gewesen. In gleicher Weise sei die Antragstellerin mit der Rüge der Ungleichbehandlung bei der geforderten Planprüfung präkludiert. Eine etwaige (behauptete) Ungleichbehandlung sei für die Antragstellerin bereits bei Durchsicht der Aufforderung zur Angebotsabgabe erkennbar gewesen.
Die Antragstellerin sei zudem mit der Behauptung präkludiert, ihr seien überhaupt keine Planunterlagen übermittelt worden bzw. der entsprechende Link aus der Aufforderung zur Angebotsabgabe habe zu keinem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens funktioniert. Die Antragstellerin hätte ein etwaiges Fehlen der Unterlagen bzw. von Zugriffsrechten auf diese Unterlagen vor Angebotsabgabe rügen müssen, zumal nach den Angaben der Antragstellerin mindestens drei Personen den Abruf des Links während der Angebotsphase versucht und das vermeintliche Nichtfunktionieren festgestellt haben.
Die Antragstellerin sei mangels hinreichend substantiierten Vortrags nicht antragsbefugt, soweit sie eine unzureichende Vergabedokumentation geltend mache sowie behaupte, an die Beigeladene seien andere und/oder weitergehende Vergabeunterlagen übermittelt worden.
Der Nachprüfungsantrag sei darüber hinaus unbegründet. Die Antragstellerin habe mit dem Vorabinformationsschreiben vom 09.09.2025 sowie mit dem Schreiben vom 12.09.2025 eine hinreichende Begründung für die Nichtberücksichtigung ihres Angebotes erhalten, die § 134 Abs. 1 GWB genüge.
Es liege auch keine Ungleichbehandlung gegenüber den übrigen Bietern durch den Ausschluss der Antragstellerin von der Honorierung für die Planprüfung vor. Da der Auftragnehmer mit seinen Leistungen an die bisherige Planung anzuknüpfen habe, sei der aktuelle Planungsstand von den Bietern im Vergabeverfahren umfänglich auf Vollständigkeit und Mangelfreiheit zu überprüfen gewesen. Da dies mit einem Aufwand einhergehe, der den gewöhnlichen Aufwand für die Angebotserstellung übersteige, sei hierfür eine Vergütung i.H.v. 15.000 Euro vorgesehen worden. Als bisherige Auftragnehmerin, die mit den zu prüfenden Planunterlagen bereits vertraut sei, sei die Antragstellerin hiervon ausgenommen. Die Feststellung und Behebung von Mängeln in der bisherigen Planung der Antragstellerin sei bereits mit der Vergütung für die Erbringung der Leistungsphasen 1-3 abgegolten.
Auch sei das Wertungssystem ist im Hinblick auf das Preiskriterium transparent und frei von Beurteilungs- und Ermessensfehlern bestimmt und angewendet worden. In der Aufforderung zur Angebotsabgabe sei klar bestimmt worden, welcher Preis für die Wertung herangezogen werde, nämlich die Summe aus beiden anzubietenden Pauschalvergütungen für die Gebäude Klinikum und Gesundheitszentrum. Die Antragstellerin habe das preislich günstigste Angebot abgegeben und in diesem Kriterium daher 30 Punkte erreicht. Die Preiswertung sei aufgrund der bekannt gegebenen Berechnungsmethode (lineare Interpolation) erfolgt.
Das Wertungssystem sei auch in Bezug auf die qualitativen Zuschlagskriterien nicht zu beanstanden. Der Vortrag der Antragstellerin, der Antragsgegner habe anhand von nicht bekanntgegebenen Unterkriterien bewertet, sei mit Blick auf die ausführliche Beschreibung der Erwartungshorizonte nicht nachvollziehbar. Der Antragsgegner habe klar festgelegt, welche Mindestinhalte er im Rahmen der Bietererklärungen erwartet habe. Das vorgesehene Wertungssystem, etwa die relative Bewertungsmethode, und die bekanntgegebenen qualitativen Zuschlagskriterien genügten auch den Anforderungen der Vergabeverfahrensvorschriften. Es sei insbesondere vergaberechtskonform, dass der Auftraggeber für die Erfüllung qualitativer Wertungskriterien Erfüllungs-/Notenstufen mit zugeordneten Punktwerten vergebe, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl konkret abhänge. Ein Auftraggeber könne nicht sämtliche denkbaren konzeptionellen Lösungsansätze der
Bieter vorhersehen und abstrakt vorab bewerten, vielmehr sei einem Konzeptwettbewerb eine Offenheit für konzeptionelle Lösungen der Bieter immanent.
Das Wertungssystem des Antragsgegners habe auch die positive Bewertung wirtschaftlicher Optimierungsansätze zugelassen. Es seien von den Bietern im Erwartungshorizont "ggf. Lösungskonzepte" gefordert und zudem festgelegt worden, dass die Konzepte unter dem Aspekt der Sicherstellung der Einhaltung der Kosten- und Terminziele bewertet würden. Nach verständiger Auslegung des Erwartungshorizonts bezögen sich die Herangehensweise und die Lösungsansätze für eine optimierte Tragwerksplanung immer auf eine möglichst wirtschaftliche Umsetzung der Objekt- und sonstigen Fachplanung. Wirtschaftliche Optimierungsvorschläge stellten auch keine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen dar.
Die Bietererklärung "Personaleinsatzplan" sei als Zuschlagskriterium vergaberechtskonform. Die Bindung des Personals für das Projekt sei in § 5 des Ingenieurvertrags vertraglich geregelt. Die Wertung des Kriteriums sei beurteilungsfehlerfrei vorgenommen worden. Eine Vorbefassung des von der Antragstellerin vorgesehenen Projektpersonals führe nicht automatisch und zwingend zu einer Besserbewertung. Die von der Antragstellerin vorgesehene stellvertretende Projektleitung sei im Vergleich der Konzepte schlechter zu bewerten gewesen, weil die Dauer der bisherigen Berufserfahrung kürzer gewesen sei und die angegebenen persönlichen Referenzen schlechter zu bewerten gewesen seien.
Auch sei die Vergabekonzeption und -durchführung im Übrigen vergaberechtskonform. Es seien allen Bietern mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe die gleichen Planunterlagen und Informationen als Grundlage für die Angebotserstellung zur Verfügung gestellt worden. Der Auftraggeber habe ein "ergänztes Vergabeunterlagenpaket" mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe auf der Vergabeplattform zur Verfügung gestellt, die technischen Unterlagen [...] zum Abruf bereitgestellt. Der Link sei für alle Bieter freigeschaltet und in Ziff. 1 der Aufforderung zur Angebotsabgabe bekanntgegeben worden. Während des Nachprüfungsverfahrens, am 30.10.2025, sei der Link automatisch abgelaufen, habe jedoch zuvor - während des gesamten Vergabeverfahrens - funktioniert.
Schließlich sei das gesamte Vergabeverfahren, auch die Konzeptwertung des Antragsgegners, fortlaufend ordnungsgemäß dokumentiert worden.
Das mit Beschluss vom 24.09.2025 beigeladene Unternehmen hat mit Schriftsatz vom 06.10.2025 beantragt,
1. den Nachprüfungsantrag als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen;
2. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen aufzuerlegen.
Die Beigeladene hat zur Begründung ausgeführt, die Antragstellerin sei mit den erhobenen Rügen präkludiert, soweit sie die fehlende Transparenz des Preiskriteriums und der qualitativen Zuschlagskriterien sowie die "Wertungssystematik" beanstande. Sie habe dies nicht vor Abgabe des Angebots gerügt, obwohl sich die "gerügten Elemente" aus den Vergabeunterlagen ergeben hätten. Gleiches gelte für die in den Vergabeunterlagen vorgesehene Planprüfung einschließlich der Honorierung dieser Prüfung.
Die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt, soweit sie eine unzureichende Vergabedokumentation sowie die Übermittlung weitergehender Unterlagen an die Mitbewerber, insbesondere an die Beigeladene, behaupte. Denn ihr Vortrag sei insoweit unsubstantiiert. Insbesondere sei es eine unsubstantiierte Mutmaßung, dass die Mitbieter "fortgeschriebene" Planstände oder "Optimierungswünsche" exklusiv erhalten hätten. Nach dem Vortrag des Antragsgegners seien identische Unterlagen für alle Bieter bereitgestellt und Fragen global beantwortet worden.
Der Nachprüfungsantrag sei im Übrigen auch unbegründet. Die Vorabinformation vom 09.09.2025 und die ergänzende Mitteilung vom 12.09.2025 genügten den gesetzlichen Anforderungen des § 134 GWB und ermöglichten der Antragstellerin, die Nichtberücksichtigung ihres Angebots nachzuvollziehen.
Die Antragstellerin sei auch nicht unzulässig benachteiligt worden, weil sie keine pauschale Aufwandsentschädigung für die Planprüfung erhalten habe. Sie sei vorbefasst und Erstellerin der zu prüfenden Entwurfsplanung. Die Honorierung der Planprüfung für die übrigen Bieter solle gerade den Vorbefassungsvorteil der Antragstellerin neutralisieren.
"Konzeptionelle, übergeordnete Aussagen zur Umsetzbarkeit, Funktionalität und Kostenoptimierung" seien zulässiger Gegenstand der qualitativen Zuschlagskriterien gewesen. Es handele sich dabei nicht um Lösungsvorschläge i.S.d. § 77 Abs. 2 VgV, die eine Vergütungspflicht auslösen würden.
Die Preiswertung sei hinsichtlich der Wertungsmethodik (lineare Interpolation) und des Wertungsgegenstands (Brutto-Pauschalvergütung nach dem Ingenieurvertrag i.V.m. dem Honorarangebotsblatt) transparent gewesen und fehlerfrei erfolgt. Der Umstand, dass die Punkteabstände im Vorabinformationsschreiben nicht mitgeteilt worden sind, beruhe auf legitimen Geheimhaltungsinteressen, da über die Preispunkte eine Rückrechnung auf den Angebotspreis der Mitbieter möglich sei.
Auch die Bewertung anhand der qualitativen Zuschlagskriterien sei vergaberechtmäßig gewesen. Insbesondere sei die Bewertung über Noten-/ Erfüllungsstufen mit Bandbreiten rechtmäßig. Auch die relative Konzeptbewertung durch einen Vergleich sei anerkannt. Eine nachträgliche Einführung neuer Unterkriterien sei nicht erfolgt, insbesondere nicht dadurch, dass der Antragsgegner in einem späteren Schreiben die Gründe der Punktdifferenzierung näher erläutert habe.
Die Bewertung des "Konzepts zur Umsetzung des Projekts" sei beurteilungsfehlerfrei erfolgt. Im Erwartungshorizont seien projektspezifische Herangehensweisen und "ggf. Lösungsansätze" gefordert gewesen. Wirtschaftliche Optimierungsansätze seien von den veröffentlichten Maßstäben erfasst. Der "Personaleinsatzplan" sei als Zuschlagskriterium geeignet und zulässig. Das "Schlüsselpersonal" sei durch § 5 des Ingenieurvertrags gebunden. Die Bewertung der von der Antragstellerin vorgesehenen stellvertretenden Projektleitung sei vom Beurteilungsspielraum des Antragsgegners gedeckt. Eine "automatische" Höherbewertung aufgrund der Vorbefassung der Antragstellerin müsse ausscheiden.
Der Antragsgegner habe qualitative Kriterien nach Erfüllungs- bzw. Notenstufen bewerten dürfen, ohne ex ante festzulegen, wovon jede Punktzahl konkret abhänge. Eine Dokumentation der Wertungsbegründung habe der Antragsgegner in einer Weise vorgenommen, mit der die Anforderungen an Plausibilität und Vergleichsbezug erfüllt seien.
Das Angebot der Beigeladenen sei auch nicht wegen einer Abänderung der bisherigen Entwurfsplanung auszuschließen. Das Angebot basiere ausdrücklich auf der als verbindlich vorgegebenen Planung aus der Leistungsphase 3. Die im Rahmen des Konzepts zur Umsetzung des Projekts dargestellten Optimierungsvorschläge seien zulässige, ex ante verlangte konzeptionelle Beiträge zur Sicherung der Kosten- und Terminziele in den Leistungsphasen 4 bis 6. Die entspreche dem Erwartungshorizont, wonach "ggf. Lösungsansätze" erwartet worden seien. Die Beigeladene habe, etwa durch die Berücksichtigung von erdbebenspezifischen Aspekten, keine "konstruktiven Änderungen an den Planungsunterlagen" vorgeschlagen.
Mit Schriftsatz des Antragsgegners vom 02.10.2025, Schriftsatz der Antragstellerin vom 02.10.2025 und Schriftsatz der Beigeladenen vom 06.10.2025 erteilten die Verfahrensbeteiligten jeweils ihr Einverständnis zu einer Entscheidung nach Lage der Akten.
Die 5-Wochen-Frist des § 167 Abs. 1 Satz 1 GWB wurde durch Verfügung des Vorsitzenden vom 20.10.2025 bis zum 21.11.2025 verlängert.
Mit rechtlichem Hinweis vom 29.10.2025 wies die Kammer darauf hin, dass der Nachprüfungsantrag voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Im Hinblick auf einen Schriftsatz der Antragstellerin vom 30.10.2025 ergänzte die Kammer ihre Ausführungen in Bezug auf die Rüge der Ungleichbehandlung der Antragstellerin mit weiterem Hinweis vom 30.10.2025. Die Beteiligten erhielten unter Fristsetzung bis zum 05.11.2025 Gelegenheit, zum rechtlichen Hinweis Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze samt Anlagen und die Vergabeunterlagen des Antragsgegners, die der Vergabekammer vorlagen, sowie auf die Vergabeakte verwiesen.
II.
Mit Zustimmung der Beteiligten konnte die Vergabekammer gem. § 166 Abs. 1 Satz 3 Var. 1 GWB nach Lage der Akten entscheiden.
Der Nachprüfungsantrag ist teilweise unzulässig. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er unbegründet.
A. Der Nachprüfungsantrag ist teilweise unzulässig.
1. Das Vergabenachprüfungsverfahren ist statthaft. Gemäß §§ 155, 156 Abs. 2 GWB unterliegt die Vergabe öffentlicher Aufträge der Nachprüfung durch die Vergabekammern. Der Antragsgegner ist öffentlicher Auftraggeber nach §§ 98, 99 Nr. 1 GWB.
2. Der Schwellenwert nach §§ 106 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB, Art. 4 der RL 2014/24/EU i.V.m. der Delegierten Verordnung (EU) 2023/2495 der Kommission vom 15.11.2023 ist durch den nachprüfungsgegenständlichen Auftrag erreicht. Die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Vergabekammer Baden-Württemberg ergibt sich aus §§ 159 Abs. 3 Satz 1 GWB, § 1 VNPVO.
3. Die Antragstellerin ist ihren Rügeobliegenheiten nur teilweise nachgekommen. Mit Schreiben der Antragstellerin vom 18.09.2025 rügte diese die Bewertung ihres Angebots und die beabsichtigte Erteilung des Zuschlags auf das Angebot der Beigeladenen angesichts einer Abweichung von zwingenden Vorgaben der Vergabeunterlagen durch die Beigeladene.
a. Soweit sich die Antragstellerin gegen die konkrete Wertung ihres "Personaleinsatzplanes" und des "Konzepts zur Umsetzung des Projekts" auf Grundlage der in der Aufforderung zur Angebotsabgabe niedergelegten Erwartungshorizonte wendet, hat sie die Bewertung mit Rügeschreiben vom 18.09.2025 und damit innerhalb von 10 Kalendertagen nach dem Vorabinformationsschreiben vom 09.09.2025 beanstandet (§ 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB).
b. Soweit sich die Antragstellerin im Rahmen der Rüge der Bewertung ihres Angebots nicht gegen die konkrete Angebotswertung wendet, sondern gegen die Zuschlagskriterien und die Wertungsmethodik als solche, ist sie mit diesem Vortrag gem. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB präkludiert und der Nachprüfungsantrag insoweit unzulässig. Dies gilt namentlich, soweit die Antragstellerin beanstandet, es sei aus den bekanntgemachten Wertungskriterien nicht erkennbar, nach welchen Unterkriterien die Punktespanne innerhalb eines erreichten Erfüllungsgrades bzw. einer dahingehenden Wertungsstufe ausgefüllt werde (aa), sowie insoweit, als die Antragstellerin geltend macht, die Preiswertung sei insbesondere hinsichtlich des Gegenstands der Preiswertung "unklar" und die relativen Preisabstände seien "manipulierbar" (bb).
aa. Die Antragstellerin konnte der "Aufforderung zur Angebotsabgabe" zum einen entnehmen, dass die Punktevergabe für das Zuschlagskriterium "Qualität" anhand der Erfüllungsgrade für die beiden Erwartungshorizonte (zu den beiden Konzepten "Personaleinsatzplan" und "Konzept zur Umsetzung des Projektes") erfolgt. Soweit die Antragstellerin dagegen meint, für sie sei "erst nach dem Bieterinformationsschreiben vom 12.09.2025" erkennbar gewesen, "dass der Antragsgegner nicht nach Punkten und nicht nach den im 'Erwartungshorizont' genannten Kriterien, sondern nach Erfüllungsgrad bewerten würde" (Antragsschrift vom 19.09.2025, Seite 8), kann sie damit nicht durchdringen. Denn bereits in der Aufforderung zur Angebotsabgabe waren die abgestuften Erfüllungsgrade ausgewiesen. Es war hiernach auch erkennbar, dass sich die Erfüllungsgrade auf die beiden unter Ziff. 2.2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe niedergelegten Erwartungshorizonte beziehen. So heißt es unter Ziff. 5.2.2:
"Die Punktevergabe erfolgt nach folgender Abstufung, welche den Erfüllungsgrad des Erwartungshorizonts (Ziff. 2.2) bemisst:"
Aus der Aufforderung zur Angebotsabgabe war auch ersichtlich, dass für jede Abstufung bzw. jeden Erfüllungsgrad lediglich eine Punktespanne angegeben ist, hingegen keine weiteren Unterkriterien zur Ausfüllung der Punktespannen.
bb. Zum anderen war für die Antragstellerin aus der Aufforderung zur Angebotsabgabe auch hinreichend erkennbar, wie die Preiswertung erfolgt. Sowohl der Gegenstand der Preiswertung ("Brutto-Pauschalvergütung gem. § 11 des Ingenieurvertrages i. V. m. Anlage 14 Honorarangebotsblatt") als auch die Wertungsmethode (lineare Interpolation mit näher beschriebener Berechnung) war aus den Vergabeunterlagen ersichtlich. Soweit die Antragstellerin meint, die Vergabeunterlagen hätten offengelassen, ob Gegenstand der Preiswertung das Preisangebot für das Gebäude Klinikum, das Preisangebot für das Gebäude Gesundheitszentrum oder die Summe aus beiden Preisen sei, so hätte die Antragstellerin eine etwaige Unklarheit hierüber auch bereits vor Angebotsabgabe erkennen können, sodass die Antragstellerin auch mit dem dahingehenden Vortrag präkludiert ist.
c. Die Antragstellerin ist ebenso mit dem Vortrag präkludiert, eine Ungleichbehandlung gegenüber den übrigen Bietern sei dadurch gegeben, dass ihr nicht bekannt gewesen sei, welche konkreten Unterlagen die übrigen Bieter für die Prüfung der vorhandenen Planung erhalten haben. In der Aufforderung zur Angebotsabgabe heißt es hierzu:
"Alle Bieter erhalten im Rahmen der Aufforderung zur Angebotsabgabe den aktuellen Stand der vorliegenden Entwurfsplanung in dem Leistungsbild Tragwerksplanung inkl. der Kostenberechnung der Objektplanung in Lph 3 [...]."
Hieraus konnte die Antragstellerin bereits vor Angebotsabgabe jedenfalls den Umstand entnehmen, dass die übrigen Bieter keine weitergehenden Unterlagen erhalten würden, die über die der Antragstellerin ohnehin bekannte Entwurfsplanung hinausgehen.
Ähnliches gilt, soweit die Rüge der Antragstellerin auch dahingehend zu verstehen sein sollte, dass den übrigen Bietern für die Prüfung der vorhandenen Planung eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 15.000 Euro gewährt worden sei, während die Antragstellerin eine Entschädigung bzw. ein Honorar für die Planprüfung nicht erhalten habe. Auch dies konnte die Antragstellerin bereits der Aufforderung zur Angebotsabgabe entnehmen, in der es heißt:
"Für die Prüfung der vorhandenen Planung und der Kostenberechnung erhalten alle Bieter, die ein ausschreibungskonformes (nicht auszuschließendes) Angebot abgeben, ein Honorar in Höhe von EUR 15.000,00 EUR netto. Ausgenommen ist der mit den bisherigen Planungsleistungen beauftragte Planer."
Die Rüge einer unzulässigen Ungleichbehandlung war insoweit bereits vor Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe veranlasst (§ 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB), wurde durch die Antragstellerin zu diesem Zeitpunkt indes nicht erhoben.
d. Die Antragstellerin ist schließlich mit der erstmals mit Schriftsatz vom 30.10.2025 erhobenen Rüge gem. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB präkludiert, der in der Aufforderung zur Angebotsabgabe unter Ziff. 1 befindliche Link zu den Vergabeunterlagen habe "nie funktioniert". Die Antragstellerin trägt insoweit vor, der Link habe "während des gesamten Vergabeverfahrens" nicht funktioniert, was der Geschäftsführer der Antragstellerin sowie zwei Mitarbeiterinnen bestätigen könnten. Die Antragstellerin hat eine dahingehende Rüge gegenüber dem Antragsgegner nicht erhoben, sondern diesen Umstand erstmals mit ihrer Stellungnahme auf die beiden rechtlichen Hinweise der Kammer vom 29.10.2025 und vom 30.10.2025 vorgebracht, obwohl sie den behaupteten Verstoß - die nicht vollständige Bereitstellung der Vergabeunterlagen (§ 41 Abs. 1 VgV) - nach eigenem Vorbringen bereits vor dem eingeleiteten Nachprüfungsverfahren u.a. durch ihren Geschäftsführer erkannt hat.
4. Die Antragstellerin ist nur teilweise antragsbefugt, § 160 Abs. 2 GWB. Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse am öffentlichen Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist nach § 160 Abs. 2 Satz 2 GWB darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Erforderlich ist ein unmittelbares Interesse des antragstellenden Unternehmens in dem Sinne, dass es den Erhalt des Auftrags für sich selbst anstrebt (Horn/Hofmann in: Burgi/Dreher/Opitz, Beck'scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, 4. Aufl. 2022, § 160 GWB Rn. 26).
a. Die Antragstellerin hat vorliegend fristgerecht ein Angebot abgegeben und durch die Beteiligung am Vergabeverfahren ihr Interesse am Auftrag hinreichend dokumentiert (vgl. Schäfer in: Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWBVergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 160 GWB Rn. 43).
b. Soweit die Antragstellerin ihre Wertung im Hinblick auf die einzureichenden Konzepte und die insoweit maßgeblichen qualitativen Zuschlagskriterien als beurteilungsfehlerhaft beanstandet, ist sie antragsbefugt. Sie macht damit eine Verletzung von Vergabevorschriften geltend, indem die Bewertung der eingereichten Konzepte - gemessen an dem vom Antragsgegner in der Aufforderung zur Angebotsabgabe niedergelegten "Erwartungshorizont" - fehlerhaft vorgenommen und dadurch ihre Chance, den Zuschlag zu erhalten, beeinträchtigt worden sei.
c. Der Antragstellerin fehlt jedoch die Antragsbefugnis hinsichtlich des von ihr gerügten Verstoßes gegen die Vorabinformationspflicht nach § 134 Abs. 1 GWB. Die Antragstellerin kann jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzt sein. Ob das Vorabinformationsschreiben vom 09.09.2025 sowie das Schreiben vom 12.09.2025 mit dem Betreff "Ausschlussbegründung" den Anforderungen des § 134 Abs. 1 GWB genügten, kann dahinstehen. Die Information über den Ausgang des Vergabeverfahrens gem. § 134 Abs. 1 GWB und die Pflicht des Auftraggebers, den Zuschlag nicht vor Ablauf der Wartepflicht zu erteilen, soll einem unterlegenen Bieter die Möglichkeit eröffnen, die Auswahlentscheidung im Vorfeld eines Nachprüfungsverfahrens zu rügen bzw. im Anschluss gegen die Entscheidung im Wege eines Nachprüfungsverfahrens vorgehen zu können (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.10.2018 - 15 Verg 7/18, BeckRS 2018, 27501 Rn. 19). Insbesondere durch eine Rüge im Vorfeld hat der Auftraggeber die Möglichkeit, ggf. noch korrigierend tätig zu werden. Vorliegend war die Antragstellerin in der Lage, nach Erhalt der Vorabinformation vom 09.09.2025 beim Antragsgegner Rügen vorzubringen und im weiteren Verlauf einen Nachprüfungsantrag zu stellen, was auch mit dem Rügeschreiben vom 18.09.2025 sowie mit vorliegendem Nachprüfungsantrag geschehen ist. Ein bloßer Verstoß gegen die Informationspflicht nach § 134 Abs. 1 GWB begründet keine Antragsbefugnis, da der Bieter durch eine angeblich fehlerhafte Vorabinformation keinen Schaden im Sinne des § 160 Abs. 2 Satz 2 GWB erleiden kann (Conrad in: Gabriel/Krohn/Neun, Handbuch Vergaberecht, 4. Aufl. 2024, § 34 Rn. 66; VK Bund, Beschl. v. 03.06.2018 - VK 2-44/18, ZfBR 2018, 811 [815]; VK Baden-Württemberg, Beschl. v. 13.08.2024 - 1 VK 38/24, BeckRS 2024, 27457 Rn. 88). Denn die Folge eines Verstoßes gegen die Informationspflicht wäre gem. § 135 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 GWB die Nichtigkeit eines Vertrags, den der öffentliche Auftraggeber mit dem ausgewählten Bieter geschlossen hat (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 06.06.2019 - 15 Verg 8/19, IBRRS 2020, 0543). Der Antragsgegner hat aber noch keinen Vertrag mit der Beigeladenen geschlossen, weil die Antragstellerin rechtzeitig angebliche Vergaberechtsverstöße gerügt und im Anschluss das Nachprüfungsverfahren eingeleitet hat.
Sollte der Antragsgegner mit dem Vorabinformationsschreiben vom 09.09.2025 in Verbindung mit dem Schreiben vom 12.09.2025 nicht den Vorgaben des § 134 Abs. 1, 2 GWB genügt haben, führte dies nicht zu einem Vergabeverstoß, der auf die Rechtsposition der Antragstellerin Einfluss haben könnte, sondern hätte allenfalls Auswirkungen auf die Rügefrist sowie die Anforderungen an die Substantiierung einer Rüge im Nachprüfungsverfahren (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.10.2018 - 15 Verg 7/18, BeckRS 2018, 27501 Rn. 20; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.9.2024 - 15 Verg 9/24, NZBau 2025, 126 [127 Rn. 18]).
d. Die Antragstellerin ist darüber hinaus nicht antragsbefugt, soweit sie rügt, der Antragsgegner habe die Bewertung des Angebots der Antragstellerin nur unzureichend dokumentiert. Für die Antragsbefugnis reicht es nicht, dass bloß die abstrakte Möglichkeit einer Rechtsverletzung in den Raum gestellt wird, sondern es ist erforderlich, dass eine Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften schlüssig vorgetragen wird (BGH, Beschl. v. 18.5.2004 - X ZB 7/04, NZBau 2004, 457 [458]; Summa in: Summa/Schneevogl, jurisPK-Vergaberecht, 7. Aufl. 2024 [Stand: 15.11.2024], § 160 GWB Rn. 99, 103).
Zwar dürfen die Anforderungen an die Bieter nicht überspannt werden und es ist an Rügen ein großzügiger Maßstab anzulegen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.04.2011 - Verg 58/10, ZfBR 2011, 508 [511]; OLG München, Beschl. v. 07.08.2007 - Verg 8/07, ZfBR 2007, 718 f.; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.09.2024 - 15 Verg 9/24, NZBau 2025, 126 [128 Rn. 22]). Da ein Bieter naturgemäß nur begrenzten Einblick in den Ablauf des Vergabeverfahrens hat, darf er im Vergabenachprüfungsverfahren behaupten, was er auf der Grundlage seines - oft nur beschränkten - Informationsstands redlicherweise für wahrscheinlich oder möglich halten darf, etwa wenn es um Vergabeverstöße geht, die sich ausschließlich in der Sphäre der Vergabestelle abspielen oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.09.2024 - 15 Verg 9/24, NZBau 2025, 126 [128 Rn. 22]; OLG Brandenburg, Beschl. v. 07.08.2012 - Verg W 5/12, BeckRS 2013, 810; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.04.2011, a.a.O.).
Ein Bieter kann jedoch nicht mit lediglich pauschalen und unsubstantiierten "ins Blaue hinein" erhobenen Behauptungen einen Nachprüfungsantrag in der Erwartung stellen, die Amtsermittlungspflicht der Vergabekammer werde zum Nachweis eines Vergabeverstoßes führen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.04.2011 - Verg 58/10, ZfBR 2011, 508 [511]; OLG Brandenburg, Beschl. v. 29.05.2012 - Verg W 5/12, ZfBR 2012, 615 [616]; Schäfer in: Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWBVergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 160 GWB Rn. 67). Der Antragsteller muss zumindest tatsächliche Anhaltspunkte oder Indizien vortragen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen. Ein Mindestmaß an Substantiierung ist einzuhalten; reine Vermutungen zu eventuellen Vergaberechtsverstößen reichen nicht aus (Schäfer in: Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 160 GWB Rn. 67; OLG Brandenburg, Beschl. v. 29.05.2012 - Verg W 5/12, ZfBR 2012, 615 [616]; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.09.2024 - 15 Verg 9/24, NZBau 2025, 126 [128 Rn. 22]).
Gemessen an diesem Maßstab stellt sich die Rüge der Antragstellerin, der Antragsgegner habe die Bewertung des Angebots der Antragstellerin nur unzureichend dokumentiert, als unzulässige Rüge "ins Blaue hinein" dar. Denn es bestand für die Antragstellerin kein begründeter Anhalt aufgrund von Äußerungen oder anderweitigem Verhalten des Antragsgegners für eine solche Annahme (vgl. zu einer unzulässigen Rüge eines Dokumentationsmangels "ins Blaue hinein" zuletzt OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.09.2024 - 15 Verg 9/24, NZBau 2025, 126 [131 Rn. 45]). Dem Vorabinformationsschreiben, das die Antragstellerin am 09.09.2025 erhielt, war eine eher abstrakt gehaltene Begründung für die Bewertung des Angebots der Antragstellerin hinsichtlich der beiden Bietererklärungen/Konzepte beigefügt, es erfolgte weder eine Ausweisung von den erreichten Bewertungspunkten noch eine Benennung der erreichten Erfüllungsgrade. In dem Schreiben des Antragsgegners vom 12.09.2025 waren sodann die erreichten Erfüllungsgrade für die jeweiligen Bietererklärungen genannt und es erfolgte eine etwas tiefergehende Begründung, erneut waren die konkret erreichten Bewertungspunkte nicht genannt. Hieraus konnte die Antragstellerin indes nicht schließen, dass eine Begründung für ihre Bewertung überhaupt nicht dokumentiert sei. Allein der Umstand, dass nicht die vollständige Bewertungsbegründung zu sämtlichen Wertungskriterien mit Vorabinformationsschreiben und einem weiteren Erläuterungsschreiben mitgeteilt wird, rechtfertigt nicht den Schluss, dass es keine dokumentierte Begründung gebe.
5. Die Frist des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB für die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens begann vorliegend mangels Mitteilung des Antragsgegners, der Rüge nicht abhelfen zu wollen, nicht zu laufen (vgl. zu dieser Rechtsfolge Gabriel/Mertens in: Gabriel/Mertens/Stein/Wolf, BeckOK Vergaberecht, 37. Ed. [Stand: 01.11.2023], § 160 GWB Rn. 177).
B. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er jedoch unbegründet.
1. Mit der Rüge, die Preiswertung sei insbesondere hinsichtlich des Gegenstands der Preiswertung "unklar" und relativen Preisabstände seien "manipulierbar", vermag die Antragstellerin nach Auffassung der Kammer - ungeachtet der Präklusion dieser Rüge (hierzu oben unter II. A. 3. a.) - auch in der Sache nicht durchzudringen.
Der Gegenstand der Preiswertung war durch die Vergabeunterlagen ebenso klar bestimmt (a) wie die Wertungsmethode, die sich zudem als vergaberechtskonform erweist (b). Der Antragsgegner hat die Bewertungsmethode auch fehlerfrei angewandt (c).
a. In der "Aufforderung zur Angebotsabgabe" war unter Ziff. 5.2.1 der Gegenstand der Preiswertung hinreichend bestimmt, indem klargestellt wurde, dass als "Bewertungspreis" die Brutto-Pauschalvergütung gem. § 11 des Ingenieurvertrages i. V. m. Anlage 14 (Honorarangebotsblatt) verstanden wird. Dass es um die gesamte Brutto-Pauschalvergütung geht und nicht lediglich um die Pauschalvergütung für das Gebäude "Klinikum" oder das Gebäude "Gesundheitszentrum", konnte ein verständiger Bieter dem Verweis auf § 11 des Ingenieurvertrags i. V. m. Anlage 14 entnehmen. Zwar differenziert § 11 des Ingenieurvertrags in dessen Absatz 1 nach der Pauschalvergütung für das Gebäude "Klinikum" (§ 11 Abs. 1 lit. a) und der Vergütung für das Gebäude "Gesundheitszentrum" (§ 11 Abs. 1 lit. b). Der Umstand, dass sich diese Differenzierung bei der Beschreibung der Preiswertung nicht wiederfindet, sondern pauschal auf die Vergütung nach § 11 des Ingenieurvertrages verwiesen wird, kann aus Sicht eines verständigen Bieters nach Auffassung der Kammer nur so verstanden werden, dass beide Preisangebote kumulativ in die Preiswertung einfließen sollen. Gleiches gilt für den Verweis der Aufforderung zur Angebotsabgabe auf Anlage 14 zum Vertrag (das Angebotsblatt). Auch dort findet sich zwar unter Ziff. 3 eine Differenzierung nach den beiden Preisangeboten. Doch enthält die Aufforderung zur Angebotsabgabe auch insoweit einen Pauschalverweis ohne nähere Differenzierung nach den Preisangeboten, sodass ein verständiger Bieter davon ausgehen muss, dass beide Preisangebote in die Preiswertung einfließen.
b. Hinsichtlich der Wertungsmethode war eine Punkteskala von 0 bis 30 Punkten vorgegeben, in die der Preis nach der unter Ziff. 5.2.1 der Aufforderung zur Angebotsabgabe beschriebenen Interpolationsmethode (konkret: einer einseitigen Interpolationsmethode) umgerechnet werden sollte. Eine solche Methode ist ebenso gängig (Beckmann in: Leinemann/Otting/Kirch/Homann, VgV/UVgO, 1. Aufl. 2024, § 58 VgV Rn. 128) wie vergaberechtskonform (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.03.2018 - VII Verg 54/17, BeckRS 2018, 10532 Rn. 46; Opitz in: Burgi/Dreher/Opitz, Beck'scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, 4. Aufl. 2022, § 127 GWB Rn. 143; Byok/ Wübbelt/Horschik in: Osseforth, Handbuch IT-Vergabe, 1. Aufl. 2022, § 11 Rn. 117).
c. Der Antragsgegner hat diese Bewertungsmethode auch - nach Überprüfung durch die Kammer - beanstandungsfrei angewandt und die erreichten Punktzahlen (unter Berücksichtigung lediglich der ersten Nachkommastelle ohne Auf- oder Abrundung) in der Vergabeakte im Rahmen der Angebotswertung dokumentiert.
2. Soweit die Antragstellerin beanstandet, es sei aus den bekanntgemachten Wertungskriterien nicht erkennbar, nach welchen Unterkriterien die Punktespanne innerhalb eines erreichten Erfüllungsgrades bzw. einer dahingehenden Wertungsstufe ausgefüllt wird, ist der Antrag - ungeachtet der Präklusion einer dahingehenden Rüge (vgl. oben unter II. A. 3. a.) - auch unbegründet.
Denn das durch den Antragsgegner bekanntgemachte Bewertungsschema erweist sich als vergaberechtskonform. Insbesondere ist es hierfür unschädlich, dass der Antragsgegner den Erfüllungsgraden lediglich Punktespannen - keine konkreten Punktwerte - zugeordnet hat, ohne dabei festzulegen, nach welchen (Unter-)Kriterien die Punkte innerhalb eines Erfüllungsgrades vergeben werden. Diese Vorgehensweise erlaubt dem Auftraggeber "lediglich eine Präzisierung, ob es sich im Rahmen der vorab festgelegten Note [bzw. im Rahmen des festgelegten Erfüllungsgrades] um eine eher bessere oder eher weniger gute Leistung handelt" (VK Niedersachsen, Beschl. v. 27.09.2016 - VgK-39/2016, BeckRS 2016, 19809, Einfügung durch die Kammer).
Hingegen war der Antragsgegner nicht verpflichtet, zur Wertung innerhalb der Erfüllungsgrade ein weiteres Schema oder eine weitere Methode festzulegen (vgl. zu einer insoweit ähnlichen Konstellation, in der jeder Bewertungsstufe Punktespannen zugeordnet waren, VK Nordbayern, Beschl. v. 01.03.2019 - RMF-SG21-3194-4-3, BeckRS 2019, 33025 Rn. 106 ff.; vgl. auch VK Saarland, Beschl. v. 21.07.2025 - 1 VK 02/2025: "Vor diesem Hintergrund war die Auftraggeberin nicht gehalten, im Vorhinein konkrete Abstufungen innerhalb der Punktespannen zu definieren und so einen konkreten Referenzmaßstab aufzuzeigen"; vgl. schließlich Delcuvé, Schulbenotung von Angeboten - Roma locuta, causa finita?, NZBau 2017, 646 [650]: "Eine Verpflichtung des Auftraggebers, die Notenstufen bzw. Punktwerte einer Bewertungsmethode durch konkrete Zielerreichungsgrade in Bezug auf die jeweiligen Zuschlagskriterien zu unterlegen, ist dogmatisch nicht belastbar."). Denn es kommt bei der Bewertung von Konzepten nicht darauf an, jeden Benotungswert rechnerisch herzuleiten. Die Vergabestelle hat keine Verpflichtung, einen Rechenweg der Gesamtpunktzahl genauestens darzustellen. Auch hat sie im Nachhinein keine Unterkriterien herauszuarbeiten bzw. diese mit genauen Punktzahlen zu bezeichnen (VK Nordbayern a.a.O., Rn. 110). Es genügt vielmehr, "wenn die Vergabestelle dokumentiert, auf welche Aspekte sie die Bewertung eines Konzepts im Einzelnen stützt. Sie hat dabei die Aspekte zu bezeichnen, denen sie positiv oder negativ besonderes Gewicht beimisst" (VK Nordbayern a.a.O., Rn. 111).
3. Soweit die Antragstellerin beanstandet, das Kriterium "Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung beauftragten Personals" sei als Zuschlagskriterium bereits ungeeignet, da allein durch den Hinweis in der Aufforderung zur Angebotsabgabe nicht sichergestellt sei, dass das bewertete Personal auch tatsächlich bei der Auftragsdurchführung zum Einsatz komme und nicht nachträglich durch weniger qualifiziertes Personal ersetzt werden könne, vermag sie auch damit nicht durchzudringen.
Der für die Wahl der Zuschlagskriterien ohnehin zu beachtende Auftragsbezug (§ 127 Abs. 3 Satz 1 GWB) ist für das Zuschlagskriterium "Qualität des Personals" zum einen insoweit "verschärft", als dieses Kriterium nur dann vorgesehen werden kann, "wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann" (§ 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV). Zum anderen muss vertraglich sichergestellt sein, dass dieses Niveau im Laufe der Vertragsausführung nicht absinken kann. Es muss also gewährleistet sein, dass die ursprünglich eingesetzten Mitarbeiter nur mit Zustimmung des öffentlichen Auftraggebers und nur durch qualitativ gleichwertiges Personal ersetzt werden können (VK Südbayern, Beschl. v. 30.3.2023 - 3194.Z3-3-01-22-49, NZBau 2023, 557 [559 Rn. 49]; Wagner in: Summa/Schneevogl, jurisPK-Vergaberecht, 7. Aufl. 2024 [Stand: 15.11.2024], § 58 VgV Rn. 85; Hattig/Gnittke in: Lausen/Müller, Handbuch Nachhaltigkeit im Vergaberecht, 1. Aufl. 2024, § 18 Rn. 36 Fn. 40).
Beides ist vorliegend der Fall. Jedenfalls bei der Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen spielt die Qualität des Personals eine erhebliche Rolle für die Qualität der Leistungen, sodass der von § 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV geforderte Auftragsbezug gegeben ist (Voppel in: Voppel/Osenbrück/Bubert, VgV, 4. Aufl. 2018, § 58 VgV Rn. 47; vgl. auch Erwägungsgrund 94 der Richtlinie 2014/24/EU). Es ist zudem gewährleistet, dass die ursprünglich eingesetzten Mitarbeiter nur mit Zustimmung des öffentlichen Auftraggebers und nur durch qualitativ gleichwertiges Personal ersetzt werden können. In § 5 Abs. 5 des vorgesehenen Vertrages, der Bestandteil der Vergabeunterlagen war, ist hierzu geregelt:
"Der AN kann einen Austausch des Projektleiters, des stellvertretenden Projektleiters sowie der weiteren Mitglieder des Projektteams nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung des AG vornehmen, es sei denn, Grund für den Austausch ist die Auflösung des Arbeitsverhältnisses oder ein anderer wichtiger Grund, den der AN nicht zu vertreten hat. Alle Personen gemäß Absatz 2 und 3 dürfen nur durch Mitarbeiter mit mindestens gleicher Qualifikation ersetzt werden, was der AN vor dem Austausch unaufgefordert nachzuweisen hat."
Damit ist vertraglich sichergestellt, dass das Niveau der Auftragsausführung im Laufe der Vertragsausführung nicht durch einen Austausch von Mitgliedern des Projektteams absinken kann.
4. Die Antragstellerin ist auch durch die vom Antragsgegner durchgeführte Wertung der von ihr mit dem Angebot eingereichten Konzepte nicht in ihren Rechten verletzt. Die vom Antragsgegner durchgeführte Konzeptwertung ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden.
a. Gemäß § 127 Abs. 1 Satz 1 GWB, § 58 Abs. 1 VgV wird der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Grundlage hierfür ist gemäß § 127 Abs. 1 Satz 2 GWB eine Bewertung des öffentlichen Auftraggebers, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt. Bei der Wertung der Angebote genießt der öffentliche Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum, der von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbar ist (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.10.2018 - 15 Verg 7/18, BeckRS 2018, 27501 Rn. 43; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.09.2024 - 15 Verg 9/24, NZBau 2025, 126 [130 Rn. 33]; Hölzl in: Münchener Kommentar zum Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2022, § 127 GWB Rn. 52 f.). Die Kontrolle durch die Vergabekammer beschränkt sich auf die Überprüfung, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde, keine sachwidrigen Erwägungen für die Entscheidung herangezogen wurden und nicht gegen allgemein gültige Bewertungsgrundsätze verstoßen wurde (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.9.2024 - 15 Verg 9/24, NZBau 2025, 126 [130 Rn. 33]; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09.2022 - VII-Verg 55/21, NZBau 2023, 674 [677 Rn. 48]). Insbesondere ist es der Vergabekammer verwehrt, ihre eigene Bewertung an die Stelle der Bewertung der Vergabestelle zu setzen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.01.2007 - Verg 46/06, BeckRS 2007, 3828; VK Baden-Württemberg, Beschl. v. 05.08.2021 - 1 VK 37/21, BeckRS 2021, 47711 Rn. 42; Opitz in: Burgi/Dreher/Opitz, Beck'scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, 4. Aufl. 2022, § 127 GWB Rn. 91; Voppel in: Voppel/Osenbrück/Bubert, VgV, 4. Aufl. 2018, § 58 VgV Rn. 69).
Voraussetzung dafür, dass im Nachprüfungsverfahren festgestellt werden kann, dass der Auftraggeber seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten hat, ist, dass die Wertung anhand der aufgestellten Zuschlagskriterien vertretbar, in sich konsistent und nachvollziehbar ist (VK Westfalen, Beschl. v. 01.02.2023 - VK 1 - 49/22, BeckRS 2023, 1031 Rn. 72). Nachvollziehbar ist eine Bewertung dann, wenn sich aus der Dokumentation über die Wertung ersehen lässt, warum das ausgewählte Angebot unter den weiteren Angeboten, die ebenfalls als wertbar angesehen werden, als das wirtschaftlichste bewertet wurde (vgl. VK Westfalen a.a.O.). Die Dokumentationspflicht des Auftraggebers kann insoweit als "Kehrseite" des Beurteilungsspielraums begriffen werden (vgl. VK Sachsen, Beschl. v. 06.10.2021 - 1/SVK/030-21, BeckRS 2021, 35723 Rn. 107 f.) und ist Voraussetzung dafür, dass die Nachprüfungsinstanzen überprüfen können, ob ein öffentlicher Auftraggeber die Grenzen seines Beurteilungsspielraums eingehalten hat (Hölzl in: Münchener Kommentar zum Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2022, § 127 GWB Rn. 57).
Neben der Benotung des Angebots des Antragstellers als solche ist die Bewertungsentscheidung eines öffentlichen Auftraggebers auch in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere demjenigen des Zuschlagsprätendenten, daraufhin zu überprüfen, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden (BGH, Beschl. v. 04.04.2017 - X ZB 3/17, NZBau 2017, 366 [371 Rn. 53]; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.12.2024 - Verg 24/24, BeckRS 2024, 35318 Rn. 50; vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschl. v. 15.01.2021 - 15 Verg 11/20, NZBau 2021, 560 [563 Rn. 31] im Rahmen der Dokumentationspflicht).
b. Ausgehend von diesen Maßstäben ist die Bewertung des Angebots der Antragstellerin nicht zu beanstanden.
aa. Soweit die Antragstellerin ausführt, es sei unzulässigerweise in die Bewertung eingeflossen, dass das Angebot der Beigeladenen "im Ergebnis der vertieften Analyse der bekanntgegebenen Planunterlagen mehrere Lösungsansätze zur (wirtschaftlichen) Optimierung der bisherigen Planung aufgezeigt" habe, vermag die Kammer eine Überschreitung des Beurteilungsspielraums nicht zu erkennen.
An dem in der "Aufforderung zur Angebotsabgabe" vorgesehenen Erwartungshorizont hat der Antragsgegner das Konzept zur Umsetzung des Projekts der Antragstellerin gemessen. Zutreffend ist zwar, dass die Notwendigkeit des Aufzeigens von Lösungsansätzen zur (wirtschaftlichen) Optimierung der bisherigen Planung nicht ausdrücklich im Erwartungshorizont im Rahmen der Beschreibung der Anforderungen an das Konzept genannt war. Dies war indes nicht notwendig. Sollen Konzepte bewertet werden, ist lediglich anzugeben, was bewertet wird, nicht hingegen, welche Inhalte ein Konzept haben muss, um eine möglichst gute Bewertung zu erlangen (Opitz in: Burgi/Dreher/Opitz, Beck'scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, 4. Aufl. 2022, § 127 GWB Rn. 138). Es war daher für die Einbeziehung in die Bewertung nicht veranlasst, die Integration von Lösungsansätzen zur wirtschaftlichen Optimierung als Mindestanforderung an das Konzept ausdrücklich vorzugeben.
Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die zur Erläuterung der Konzepte in der Aufforderung zur Angebotsabgabe aufgeführten Aspekte keine abschließende Auflistung darstellen, sondern vielmehr den (so ausdrücklich in den Vergabeunterlagen bezeichneten) "Erwartungshorizont" des Auftraggebers widerspiegeln. Die Hinterlegung eines derartigen Erwartungshorizonts kann nur in allgemeiner Form erfolgen, soweit es um die Bewertung von Konzepten, die der Bieter zu erarbeiten hat, und damit in gewissem Umfang um eine Art "kreative Leistung" geht (VK Bund, Beschl. v. 24.10.2014 - VK 2-85/14, IBRRS 2015, 0028). Eine genaue Definition dessen, was der Auftraggeber erwartet und als optimal ansieht, wäre nicht möglich, ohne dass der Auftraggeber selbst zuvor das jeweils optimale Konzept erarbeitet hätte und damit die Eigenleistung der Bieter vorwegnähme (Opitz in: Burgi/Dreher/Opitz, Beck'scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, 4. Aufl. 2022, § 127 GWB Rn. 138; Hölzl in: Münchener Kommentar zum Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2022, § 127 GWB Rn. 40). Damit ist zugleich nicht jede einzelne Überlegung, die der Auftraggeber im Rahmen der Konzeptbewertung anstellt, ein Zuschlagskriterium, das der Vorabbekanntmachung bedürfte (Hölzl in: Münchener Kommentar zum Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2022, § 127 GWB Rn. 35).
Im Rahmen des Erwartungshorizonts hatte der Antragsgegner zunächst für beide vorzulegenden Konzepte formuliert: "Die Konzepte sollen für die Erbringung der ausgeschriebenen Planungsaufgabe die Einhaltung der Kosten- und Terminziele durch ein auf das konkrete Vorhaben optimal abgestimmtes Projektteam und Herangehensweise sicherstellen."
Im Folgenden war zu dem Konzept zur Umsetzung des Projekts sodann festgehalten:
"Erwartet werden Aussagen und Einschätzungen zu besonders anspruchsvollen Aspekten des Projektes sowie konkret projektspezifische Erläuterungen der Herangehensweise und evtl. Lösungsansätze. [...]"
Vor dem Hintergrund, dass die Einhaltung der Kostenziele im Erwartungshorizont ausdrücklich genannt war, zum Konzept zur Umsetzung des Projekts sodann "evtl. Lösungsansätze" gefordert waren, erweist sich die Einbeziehung von Lösungsansätzen zur wirtschaftlichen Optimierung durch den Antragsgegner in die Bewertung als vom Beurteilungsspielraum gedeckt.
bb. Ähnliches gilt, soweit die Antragstellerin rügt, das Vorhandensein eines "Monitoring-/Reportingsystems" habe der Bewertung nicht zugrunde gelegt werden dürfen, weil im Erwartungshorizont keine Darstellung eines derartigen Systems, das "bei jedem erfahrenen Ingenieurbüro vorhanden" sei, gefordert gewesen sei (Antragsschrift vom 19.09.2025, Seite 7), oder, soweit die Antragstellerin rügt, im Rahmen des Personalkonzepts habe die "Kommunikation" aufgrund deren fehlender Nennung im Erwartungshorizont nicht berücksichtigt werden dürfen (Schriftsatz vom 08.10.2025, Seite 9). Der Erwartungshorizont enthielt, ohne dass dies per se unzulässig wäre, keine konkreten Vorgaben und Mindestanforderungen, sondern verlangte vielmehr von den Bietern die eigenständige Erläuterung ihrer - auf das Vorhaben abgestimmten - Herangehensweise.
cc. Die Kammer vermag auch keine Überschreitung des Beurteilungsspielraums darin zu erkennen, dass der Antragsgegner in die Bewertung hat einfließen lassen, dass die projektspezifische Erfahrung der stellvertretenden Projektleitung der Antragstellerin "deutlich hinter den Angeboten der beiden anderen Bieter" zurückbleibe. Zwar mag die durch die Antragstellerin vorgesehene stellvertretende Projektleitung aufgrund einer Vorbefassung mit dem Projekt eine größere projektspezifische Erfahrung im Hinblick auf das konkrete Projekt haben. Jedoch darf diese Erwägung bei der Wertung des Personalkonzepts keine Rolle spielen. Vielmehr hat der Auftraggeber den Bewertungsmaßstab für die Konzeptbewertung - hier im Rahmen des Erwartungshorizonts für den "Personaleinsatzplan" - so neutral zu fassen, dass aus etwaige Wissens- oder Erfahrungsvorsprüngen des Projektanten keine Wertungsvorteile entstehen (Bonhage in: Gabriel/Mertens/Stein/Wolf, BeckOK Vergaberecht, 37. Ed. [Stand: 15.05.2025], § 7 VgV Rn. 10; VK Bund, Beschl. v. 25.07.2024 - VK 1-58/24, BeckRS 2024, 22823 Rn. 60 ff.; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.05.2024 - VII-Verg 33/23, NZBau 2024, 695 [699 Rn. 42]). Bei der Bewertung der Berufsqualifikation und Erfahrung des vorgesehenen Personals wäre es daher unzulässig gewesen, die Antragstellerin aufgrund ihrer Vorbefassung mit dem Projekt besser zu stellen.
Der Antragsgegner durfte der Bewertung daher zugrunde legen, dass die Dauer der bisherigen Berufserfahrung des vorgesehenen stellvertretenden Projektleiters kürzer als bei der Beigeladenen ist, was für die Kammer aufgrund der Angaben in den Präsentationen der Antragstellerin und der Beigeladenen nachvollziehbar ist.
Soweit die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 08.10.2025 beanstandet, der Antragsgegner habe keine vergleichende Angebotswertung vorgenommen, so zeigt sich eine "inhaltlich vergleichende Betrachtung der in Textform eingereichten Konzepte" (Aufforderung zur Angebotsabgabe, Ziff. 5.2.2) etwa an diesem Punkt durch einen Vergleich der Berufserfahrung.
dd. Soweit die Antragstellerin beanstandet, der Antragsgegner habe mit dem "Wissenstransfer" ein Kriterium bewertet, das nicht im Erwartungshorizont definiert gewesen sei (Schriftsatz vom 08.10.2025, Seite 8), ergibt sich für die Kammer Gegenteiliges aus dem Erwartungshorizont zum Personalkonzept, wenn es dort heißt:
"Dabei hat der Bieter auch zu erläutern, wie er die Kontinuität und Effizienz der Leistungserbringung durch das vorgesehene Projektteam in allen Leistungsphasen sicherstellt (z. B. Vertretungsregelungen, interner Wissenstransfer, technische Mittel, örtliche Präsenz bzw. Sicherstellung von Präsenzterminen, bisherige Zusammenarbeit des Projektteams)."
Der Antragsgegner hat im Rahmen der Bewertung des Personalkonzepts durchaus positiv hervorgehoben, dass der Wissenstransfer bei der Antragstellerin durch den
"Einsatz der bisherigen Wissensträger aus Lph 1-3 gewährleistet" sei. Soweit der Antragsgegner zusätzlich berücksichtigt hat, dass der Wissenstransfer "im Team über die Organisationen hinweg [...] bisher nicht optimal" gewesen sei, vermag die Kammer auch insoweit keine Überschreitung des Beurteilungsspielraums durch eine unzulässige Bewertung der bisherigen Leistungen (aus den Leistungsphasen 1-3) zu erkennen. Denn im Erwartungshorizont war ausdrücklich die "bisherige Zusammenarbeit des Projektteams" als Beispiel für die "Kontinuität und Effizienz der Leistungserbringung" genannt.
ee. Die Wertung des Organigramms der Antragstellerin als "im Vergleich weniger informativ" ist für die Kammer aufgrund eines vorgenommenen Vergleichs der vorgelegten Organigramme nachvollziehbar. Insbesondere vermag die Kammer den dem Organigramm der Antragstellerin beigefügten Fotos - entgegen der Ausführungen der Antragstellerin (Schriftsatz vom 08.10.2025, Seite 8) - keine Rückschlüsse auf die Berufserfahrung zu entnehmen.
ff. Die Wertung, die "vorgesehene horizontale Aufteilung des Gebäudes auf die Bietergemeinschaft" sei "mit zusätzlichen Schnittstellen und damit Risiken verbunden", ist für die Kammer nachvollziehbar.
gg. Die Kammer vermag nicht zu erkennen, dass der Antragsgegner der Antragstellerin unterstellt habe, ihr Konzept führe zu "Bauzeitverzögerungen" sowie einem "gestörten Bauablauf". Vielmehr versteht die Kammer die entsprechende Anmerkung in der Wertungsbegründung so, dass das Konzept der Antragstellerin die Vermeidung von Umplanungs- und Wiederholungsplanungen in den Vordergrund stellt, auf die Vermeidung von Bauzeitverzögerungen hingegen keinen besonderen Fokus legt, ohne dass dabei zwangsläufig Bauzeitverzögerungen eintreten würden. hh. Auch die Wertungsbegründung hinsichtlich des Personalkonzepts, eine durchgehende Bearbeitung durch fast alle Mitglieder des Projektteams sei "nicht nachvollziehbar", ist für die Kammer insbesondere durch die Konkretisierung dieser Anmerkung auf die "Objektüberwachung" nachvollziehbar. Auch insoweit ist eine vergleichende Konzeptbewertung für die Kammer erkennbar, die gerade die Unterschiede zu den Konzepten der anderen Bieter - auch hinsichtlich des Personaleinsatzes in den verschiedenen Leistungsphasen - berücksichtigt.
ii. Der Umstand, dass ein paralleler Ablauf der Leistungsphasen 4 und 5 jedenfalls nicht zwingend ist und seitens des Antragsgegners in die Wertung einbezogen wurde, es sei "nicht schlüssig", dass die Leistungsphase 4 nicht vorab erfolgen könne, ist für die Kammer nachvollziehbar und vom Beurteilungsspielraum gedeckt. Dies spiegelt sich bereits in der Systematik der HOAI wider, wonach Grundleistung der Leistungsphase 5 das "Durcharbeiten der Ergebnisse der Leistungsphasen 3 und 4 unter Beachtung der durch die Objektplanung integrierten Fachplanungen" ist (Anlage 14 zu § 51 Abs. 5, § 52 Abs. 2 HOAI). Dass spätere Veränderungen der Werkplanung gegebenenfalls zu Änderungen oder Wiederholungen der Leistung führen, hat der Antragsgegner im Rahmen der Wertungsbegründung berücksichtigt, ohne deshalb eine Parallelität der Leistungsphasen 4 und 5 als zwingend anzusehen.
jj. Es erweist sich auch nicht als beurteilungsfehlerhaft, dass der Antragsgegner berücksichtigt hat, die Antragstellerin habe im Rahmen der Terminplanung "mit Terminen aus der Vergangenheit gearbeitet". Zwar mögen die von der Antragstellerin gewählten Termine auf einem "alten Terminplan des Architekten" beruhen und eine um 3 Monate vorgezogene Planung bedeuten, die der Architekt vormals akzeptiert hatte (Schriftsatz der Antragstellerin vom 08.10.2025, Seite 11). Doch lagen die Termine bereits zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe in der Vergangenheit, sodass die Wertung als "nicht verständlich" für die Kammer nachvollziehbar ist.
kk. Hinsichtlich der durch die Antragstellerin vorgestellten Varianten der Taktung bzw. Vorgaben der Taktung des Bauablaufs (Folien 27 ff.) vermag auch die Kammer der Präsentation nicht zu entnehmen, welche Variante die Antragstellerin befürwortet.
Zwar hat die Antragstellerin die Varianten mit den Worten "ungünstig", "realistisch", "restriktiv" und "zu restriktiv" gekennzeichnet und damit eine Bewertung vorgenommen. Diese gibt jedoch keinen Aufschluss darüber, welcher Variante die Antragstellerin letztlich den Vorzug geben will.
Der Umstand, dass der Antragsgegner in der Wertungsbegründung ausgeführt hat, die von der Antragstellerin "aufgezeigten terminlichen Varianten" würden "bereits den Gesamtterminplan nicht einhalten" und die Antragstellerin habe sich "nicht mit wichtigen Meilensteinen und den Terminen auf der Baustelle beschäftigt", resultiert nach Auffassung der Kammer aus der vorgenannten Darstellung der TaktungsVarianten, die nicht erkennen lässt, welcher dieser vier Varianten die Antragstellerin folgen will.
ll. Soweit der Antragsgegner den Fokus des Konzepts der Antragstellerin auf die Terminplanung hervorhebt, hingegen eine Erwähnung von Lösungsansätzen in bloß geringem Umfang ausmacht, ist auch dies nicht beurteilungsfehlerhaft. Insbesondere steht es mit dem Erwartungshorizont und den Vergabeunterlagen in Einklang, Lösungsansätze (etwa zur wirtschaftlichen Optimierung oder Behebung von Planungsmängeln) in das Konzept zu integrieren (vgl. zur Vereinbarkeit mit den Vorgaben der Vergabeunterlagen im Folgenden unter II. B. 6.). Dass die Antragstellerin einen Fokus des Konzepts auf die Terminplanung gelegt und von der Darstellung von Lösungsansätzen weitgehend abgesehen hat, dürfte unstreitig sein.
5. Die Kammer vermag der Antragstellerin nicht zu folgen, soweit die Antragstellerin eine Ungleichbehandlung rügt, indem ihr unbekannt sei, welche die Entwurfsplanung betreffenden Unterlagen die übrigen Bieter erhalten haben. Insbesondere vermag die Kammer keinen Verstoß gegen § 17 Abs. 13 Satz 2 VgV zu erkennen, indem zusätzliche Informationen nur bestimmten Bietern zur Verfügung gestellt worden seien (zu diesem Aspekt der Gleichbehandlung im Verhandlungsverfahren Ortner in: Summa/Schneevogl, jurisPK-Vergaberecht, 7. Aufl. 2024 [Stand: 15.11.2024], § 17 VgV Rn. 47).
Für die Kammer ist bereits nicht ersichtlich, dass den Bietern unterschiedliche Planunterlagen und Informationen zur Verfügung gestellt worden sind. In der Aufforderung zur Angebotsabgabe befand sich unter Ziff. 1 der Hinweis:
"Die Ausschreibungsunterlagen für dieses Verfahren bestehen aus den über die Vergabeplattform bereitgestellten Dokumenten sowie aus den über den Link ([...]) abrufbaren Unterlagen."
Unter dem Link waren, was die Kammer während des Nachprüfungsverfahrens mit Abruf am 27.10.2025 überprüft hat, die ergänzenden Planunterlagen ohne Passwortschutz oder Zugangsbeschränkung abrufbar. Auch die Antragstellerin hatte die Möglichkeit, sich hierüber zu informieren, welche Unterlagen aus der Entwurfsplanung den übrigen Bietern zur Verfügung gestellt wurden.
Mit dem erstmals am 30.10.2025 erhobenen Einwand, der Link habe "nie funktioniert", ist die Antragstellerin bereits präkludiert (hierzu oben unter II. A. 3. d.). Im Übrigen vermag die Kammer keine Anhaltspunkte für ein Nichtfunktionieren des Links zu erkennen. Die Kammer selbst konnte sich durch einen Abruf der Unterlagen am 27.10.2025 von einem Funktionieren des Links überzeugen. Den Umstand, dass der Link am 30.10.2025 nicht länger funktionierte, konnte der Antragsgegner durch einen automatischen "Ablauf" des Links aufgrund einer begrenzten zeitlichen Gültigkeit plausibel erklären. Auch der von der Antragstellerin dem Schriftsatz vom 30.10.2025 beigefügte Screenshot mit der Fehlermeldung "Diese Freigabe existiert nicht oder ist nicht mehr verfügbar" spricht nach Überzeugung der Kammer nicht für den von der Antragstellerin behaupteten Umstand, der Link habe nie funktioniert. Denn dem Screenshot lässt sich eine Datumsangabe nicht entnehmen, sodass für die Kammer offenbleibt, zu welchem Zeitpunkt der Screenshot aufgenommen wurde. Dass genau diese Fehlermeldung seit dem 30.10.2025 unter dem Cloud-Link erscheint, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Dafür, dass diese Fehlermeldung bereits zuvor erschien, hat die Antragstellerin keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen.
6. Das Angebot der Beigeladenen ist nicht gem. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV von der Wertung auszuschließen. Die Beigeladene hat insbesondere keine Änderung an den Vergabeunterlagen vorgenommen, soweit sie Lösungsvorschläge angeboten hat, die von der Entwurfsplanung der Leistungsphase 3 abweichen. Zwar sollte die bereits erfolgte Entwurfsplanung in Form des aktuellen Planungsstands die Grundlage für die nun ausgeschriebenen Leistungsphasen 4 bis 6 bilden. Jedoch vermag die Kammer nicht zu erkennen, dass der aktuelle Planungsstand für die Bieter als unveränderbar vorgegeben war. Vielmehr sollte der Auftragnehmer nach § 3 des Ingenieurvertrags "den aktuellen Stand der ihm übergebenen Planunterlagen, insbesondere der Entwurfsplanung (Leistungsphase 3) [...] gegen Honorierung auf inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit" prüfen. Bei Unvollständigkeit oder Mangelhaftigkeit der Entwurfsplanung sollte der Auftraggeber das Recht bekommen, vom Auftragnehmer eine Vervollständigung bzw. Nacherfüllung zu fordern, die auch vergütet werden sollte (§ 3 Abs. 1 lit. a des Ingenieurvertrags).
Dies entspricht auch den Grundleistungen im Leistungsbild Tragwerksplanung nach Anlage 14 zu § 51 Abs. 4, § 52 Abs. 2 HOAI. Hiernach ist das "Vervollständigen und Berichtigen der Berechnungen und Pläne" als Grundleistung der Leistungsphase 4 ausdrücklich vorgesehen, was indes keine Wiederholung der Leistungsphase 3 bedingt.
Die Kammer vermag schließlich nicht zu erkennen, dass in den übrigen Vergabeunterlagen die bisherige Entwurfsplanung als unveränderbar festgelegt wurde. Insbesondere vermag die Kammer Ziff. 2.1 der Aufforderung zur Angebotsabgabe eine solche Festlegung - entgegen der dahingehenden Ausführung der Antragstellerin (Antragsschrift vom 19.09.2025, Seite 13) - nicht zu entnehmen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 Abs. 3 und 4 GWB. Die Antragstellerin hat als unterliegende Beteiligte die Kosten der Vergabekammer und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu tragen, § 182 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 GWB.
Vorliegend entspricht es auch der Billigkeit, dass die Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen trägt, § 182 Abs. 4 Satz 2 GWB. Soweit sich ein Antragsteller bewusst und gewollt in einen Interessengegensatz zum Beigeladenen gestellt hat, entspricht es grundsätzlich der Billigkeit, bei Unterliegen des Antragstellers dem Beigeladenen einen Kostenerstattungsanspruch für seine notwendigen Verteidigungsmaßnahmen zuzuerkennen (Krohn in: Burgi/Dreher/Opitz, Beck'scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1. 4. Aufl. 2022, § 182 GWB Rn. 49). Entscheidend ist dabei, inwieweit sich der Beigeladene aktiv in das Verfahren eingebracht und dieses durch substanziellen Vortrag gefördert hat (Krohn a.a.O.). Vorliegend hat sich die Beigeladene aktiv in das Verfahren eingebracht und dieses durch ihren schriftsätzlichen Vortrag gefördert, insbesondere ist sie durch die Antragstellung selbst ein Kostenrisiko eingegangen.
Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten war für den Antragsgegner nicht für notwendig zu erklären. Gemäß § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG sind die Kosten eines Rechtsanwalts erstattungsfähig, wenn die Hinzuziehung notwendig war. Die Frage, ob es für einen öffentlichen Auftraggeber notwendig war, einen Rechtsanwalt zuzuziehen, ist auf der Grundlage einer differenzierenden Betrachtung nach den Umständen des Einzelfalles aufgrund einer ex-ante-Prognose zu entscheiden (vgl. BGH, Beschl. v. 26.09.2006 - X ZB 14/06, NZBau 2006, 800 [806 Rn. 61]; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.03.2015 - 15 Verg 11/14, BeckRS 2016, 12268 Rn. 8). Maßgeblich ist, ob ein verständiger Beteiligter unter Beachtung seiner Pflicht, die Kosten so gering als möglich zu halten, die Beauftragung eines Bevollmächtigten für notwendig erachten durfte. Zu fragen ist also, ob der Beteiligte unter den Umständen des Falles auch selbst in der Lage gewesen wäre, aufgrund der bekannten oder erkennbaren Tatsachen den Sachverhalt zu erfassen, der im Hinblick der Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren von Bedeutung ist, hieraus die für eine sinnvolle Rechtswahrung oder -verteidigung nötigen Schlüsse zu ziehen und das danach Gebotene gegenüber der Vergabekammer vorzubringen (BGH a.a.O.). Hierfür können neben Gesichtspunkten wie der Einfachheit oder Komplexität des Sachverhalts, der Überschaubarkeit oder Schwierigkeit der zu beurteilenden Rechtsfragen auch rein persönliche Umstände bestimmend sein, wie etwa die sachliche und personelle Ausstattung, also beispielsweise, ob er über eine Rechtsabteilung verfügt oder über andere Beschäftigte, von denen erwartet werden kann, dass sie auch Fragen des Vergaberechts sachgerecht bearbeiten können (BGH a.a.O.).
Konzentriert sich die Problematik eines Nachprüfungsverfahrens auf schlichte auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen einschließlich der dazugehörenden Vergaberegeln, spricht im Allgemeinen mehr dafür, dass der öffentliche Auftraggeber die erforderlichen Sach- und Rechtskenntnisse im Rahmen seines originären Aufgabenkreises selbst organisieren und aufbringen kann, es im Nachprüfungsverfahren eines anwaltlichen Beistands also nicht bedarf (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.09.2022 - 15 Verg 8/22, NZBau 2022, 615 [620 Rn. 54]). Zu berücksichtigen ist nämlich, dass der Auftraggeber sich in seinem näheren Aufgabenbereich die für ein Nachprüfungsverfahren notwendigen Sach- und Rechtskenntnisse grundsätzlich selbst zu verschaffen hat, während er sich für nicht einfach gelagerte Rechtsfragen, die zu den auftragsbezogenen Rechtsfragen hinzukommen, insbesondere wenn sie Bezüge zu höherrangigem Recht und Europarecht aufweisen, gegebenenfalls externen Rechtsrat einholen darf (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.03.2015 - 15 Verg 11/14, BeckRS 2016, 12268 Rn. 8; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.07.2013 - VII-Verg 40/12, BeckRS 2014, 3553; Zinger, Kosten des Rechtsschutzes im Vergaberecht, NZBau 2020, 695 [699]).
Gemessen an diesem Maßstab durfte der Antragsgegner die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten nicht für erforderlich halten. Von seinen Beschäftigten kann erwartet werden, dass ihnen die maßgeblichen Rechtsvorschriften bekannt sind, die mit einer Auftragsvergabe jenseits der Schwellenwerte verbunden sind. Dazu gehört auch, dass sie in der Lage sind, ihren bereits vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens eingenommenen Standpunkt zu verteidigen.
Die Beschäftigten hätten das Verfahren vor der Vergabekammer angesichts des vorliegenden Sachverhalts und der sich stellenden Rechtsfragen selbständig führen können. Besondere Verfahrenspflichten oder -obliegenheiten waren nicht zu beachten. Von ihnen wurde die Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung und eine Verfahrensförderung verlangt (§ 167 Abs. 2 GWB). Sie mussten ihre eigene Tätigkeit, insbesondere im Hinblick auf die Konzeption des Vergabeverfahrens - speziell der Zuschlagskriterien und des Wertungssystems - sowie die den Bietern zur Verfügung gestellten Vergabe- und Planunterlagen, darstellen und die Wertung der Konzepte, die bereits in der Vergabeakte dokumentiert war, rechtfertigen. Zur Stellungnahme auf das Vorbringen der Antragstellerin bedurfte es nicht der Beantwortung schwieriger rechtlicher Fragen aus Rechtsgebieten, mit denen sie sich nicht schon hätten auseinandersetzen müssen. Insbesondere bestanden auch keine Bezüge zu höherrangigem Recht und Europarecht.
Der Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit kann ergänzend in die Prüfung einfließen (so BayObLG, Beschl. v. 26.05.2023 - Verg 17/22, BeckRS 2023, 12183 Rn. 15), vermag jedoch für sich genommen nicht die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten zu begründen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.03.2020 - Verg 38/18, BeckRS 2020, 29123 Rn. 41 f.; VK Bund, Beschl. v. 23.05.2022 - VK 2-36/22, BeckRS 2022, 46497 Rn. 120; Hafkesbrink in: Gabriel/Mertens/Stein/Wolf, BeckOK Vergaberecht, 37. Ed. [Stand: 01.08.2024], § 182 GWB Rn. 186; Neun in: Gabriel/Krohn/Neun, Handbuch Vergaberecht, 4. Aufl. 2024, § 47 Rn. 26; vgl. auch Krohn in: Burgi/Dreher/Opitz, Beck'scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, 4. Aufl. 2022, § 182 GWB Rn. 64: "zweifelhaft"). Allein der Umstand, dass die Antragstellerin anwaltlich vertreten war, begründet daher nicht die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten aufseiten des Antragsgegners.
Die Kammer stellt bei der Verfahrenskostenfestsetzung nach § 182 Abs. 1 GWB in Verbindung mit §§ 3, 9 VwKostG maßgeblich auf ihren personellen und sachlichen Aufwand ab, der für das vorliegende Verfahren durchschnittlich war. Unter Zugrundlegung der wirtschaftlichen Bedeutung des Auftrags und unter
Berücksichtigung der Gebührentabelle des Bundes, die auch die Vergabekammer Baden-Württemberg aus Gründen der einheitlichen Handhabung der Gebührenberechnung zugrunde legt, wird eine Gebühr von 4.475,- Euro als angemessen festgesetzt.
Gem. § 182 Abs. 4 Satz 5 GWB findet ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren nicht statt.
IV.
[Rechtsmittelbelehrung]
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OLG Düsseldorf
Beschluss
vom 22.01.2024
Verg 14/23
1. Auch wenn an den Inhalt einer Rüge keine allzu strengen Anforderungen zu stellen sind, setzt eine ordnungsgemäße Rüge doch eine konkrete und deutliche vergaberechtliche Beanstandung voraus, so dass der öffentliche Auftraggeber erkennen kann, um welchen konkreten Verstoß es sich handelt, und dass von ihm die Beseitigung dieses Vergaberechtsfehlers verlangt wird.
2. Bieterfragen dienen einem anderen Zweck und stellen von daher grundsätzlich keine Rüge dar.
3. Die im Zusammenhang mit einer Bieterfrage getroffene Äußerung, "Die Position ist nicht kalkulierbar", erfüllt (hier) die Voraussetzungen einer Rüge nicht.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.01.2024 - Verg 14/23
Tenor:
1. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer fallen der Antragstellerin zur Last, die auch die notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin zu tragen hat.
2. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten im Verfahren vor der Vergabekammer durch die Antragsgegnerin war notwendig.
3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis 125.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin schrieb mit Bekanntmachung vom ... im offenen Verfahren die Elektrotechnik für den Neubau eines Gebäudes der medizinischen Fakultät EU-weit aus (Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, Bekanntmachungsnummer ....).
Einziges Zuschlagskriterium war der Preis (Ziffer II.2.5 der Bekanntmachung). Nach Ziffer 08.03. der Leistungsbeschreibung war die Gefahrenmeldeanlage via BACnet/ IP Schnittstelle auf die Managementebene T. E. CC aufzuschalten. Die zusätzlichen Datenpunktlizenzen waren vom Auftragnehmer bereit zu stellen. Die Antragstellerin richtete am 12. Februar 2023 insgesamt 18 die Vergabe betreffende Fragen an die Antragsgegnerin, die sie mit "wir habe folgende Bieterfragen" einleitete, darunter die Frage, nach welcher DIN-Norm die Brandmeldeanlage über das Gebäudeautomatisationssystem zurückgesetzt werden dürfe, und die Frage, warum die Lizenzen und Aufschaltung an ein Drittsystem durch einen Drittanbieter angeboten werden sollen. Diesen Fragen folgte jeweils der Zusatz "Die Position ist nicht kalkulierbar". Die Antragsgegnerin beantworte die Fragen dahingehend, dass die Managementstation der Gebäudeautomatisation am Standort das Fabrikat E. CC von der Firma T. sei, das zugelassen und zertifiziert sei und auf das alle neu zu errichtenden Anlagen aufgeschaltet werden müssten; die Anlage sei zwingend mit der Firma T. abzustimmen.
Die Antragstellerin hat kein Angebot abgegeben. Nach Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe hat die Antragstellerin mit Anwaltsschriftsatz vom 10. März 2023 einen Nachprüfungsantrag eingereicht, den sie mit Verstößen gegen die Gebote eindeutiger und erschöpfender Leistungsbeschreibung und der Produktneutralität sowie den Gleichbehandlungsgrundsatz begründet hat. Die geforderte Einbindung der Brandmeldeanlage an die Gebäudeautomation E. CC bevorteile Bieter mit Verbindungen zu deren Hersteller, obwohl die Anbindung auch über eine andere Schnittstelle möglich sei.
Die Vergabekammer hat mit Beschluss vom 21. April 2023 den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegt, wobei sie die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin für notwendig erklärt hat. Der Nachprüfungsantrag sei bereits unzulässig, denn die erforderliche Antragsbefugnis sei nicht gegeben. Ein Bieter, der angebotshindernde Vergaberechtsverstöße geltend mache, belege sein Interesse am Auftrag durch die Erhebung von Rügen und die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens. Vorliegend fehle es an der Erhebung von Rügen. Die Antragstellerin habe lediglich Bieterfragen gestellt, die die Anforderungen an eine Rüge nicht erfüllten.
Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. Bei der gebotenen systematischen Betrachtung seien ihre Fragen vom 12. Februar 2023 zugleich als positiv formulierte Rügen zu verstehen. An Rügen seien keine hohen Anforderungen zu stellen, wobei sich das erforderliche Abhilfeverlangen bereits aus dem Ansprechen der Problematik ergeben könne. Jedenfalls aber habe keine Notwendigkeit für eine Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten seitens der Antragsgegnerin bestanden. Ob es sich um reine Bieterfragen handele, sei keine komplizierte Rechts-, sondern bloße Auslegungsfrage.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2023 hat die Antragsgegnerin die Bieter über die Aufhebung des Vergabeverfahrens aus schwerwiegenden Gründen informiert, aufgrund des Vorbringens der Antragstellerin könne deren unangemessene Benachteiligung nicht ganz ausgeschlossen werden. Die Verfahrensbeteiligten haben daraufhin das Nachprüfungsverfahren unter Stellung wechselseitiger Kostenanträge übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Antragstellerin ist der Auffassung, die Antragsgegnerin habe die Kosten schon deswegen zu tragen, weil sie ihrem Rechtsschutzziel zum Erfolg verholfen habe. Die Antragsgegnerin hat demgegenüber auf die ihrer Ansicht nach fehlenden Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags verwiesen, den die Vergabekammer zu Recht als unzulässig verworfen habe. Die Antragstellerin habe ihre Rügeobliegenheit verletzt. Allgemeine Hinweise und Fragen stellten keine Rügen dar. Die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten sei notwendig gewesen.
II.
1. Nachdem sich das Vergabenachprüfungsverfahren durch die Aufhebung des Vergabeverfahrens erledigt hat, ist gemäß § 182 Abs. 3, Satz 5, Abs. 4 Satz 3, § 175 Abs. 2 i.V.m. § 71 Satz 1 GWB nur noch über die Kosten des Vergabenachprüfungsverfahrens nach Billigkeit zu befinden. Dies führt zur Auferlegung der Kosten auf die Antragstellerin.
a) Die Entscheidung nach § 182 Abs. 3 Satz 5, Abs. 4 Satz 3, §175 Abs. 2 GWB i.V.m. § 71 Satz 1 GWB über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nach billigem Ermessen zu treffen. Dabei ist es geboten, dass im Rahmen der zu treffenden Billigkeitsentscheidung alle Umstände des konkreten Falles einschließlich des voraussichtlichen Verfahrensausgangs berücksichtigt werden (Kühnen in Loewenheim/MeessenlRiesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann, Kartellrecht, 4. Auflage 2020, § 78 GWB Rn. 4). Insoweit genügt eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. Denn es entspricht nicht dem Zweck der Entscheidung über die Kosten nach Erledigung des Rechtsstreits, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017, KVR 10/16, NZKart 2017, 204 Rn. 6 - Kaiser's / Tengelmann; Senatsbeschluss vom 13. September 2018, VII-Verg 35717, ZfBR 2019, 402, 403).
b) Danach entspricht es vorliegend der Billigkeit, die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin der Antragstellerin aufzuerlegen, da ihre sofortige Beschwerde bei summarischer Prüfung zurückgewiesen worden wäre. Ihr Nachprüfungsantrag war, wie die Vergabekammer zu Recht angenommen hat, gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB unzulässig, weil die Antragstellerin die geltend gemachten Verstöße nicht bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe gerügt hat.
Auch wenn an den Inhalt einer Rüge keine allzu strengen Anforderungen zu stellen sind, setzt eine ordnungsgemäße Rüge doch eine konkrete und deutliche vergaberechtliche Beanstandung voraus, so dass der öffentliche Auftraggeber erkennen kann, um welchen konkreten Verstoß es sich handelt, und dass von ihm die Beseitigung dieses Vergaberechtsfehlers verlangt wird (Senatsbeschluss vom 12. Februar 2020, VII-Verg 24/19, NZBau 2020, 403 Rn. 21 - Schachtförderanlage Konrad 2). Von daher stellen allgemeine Fragen und Hinweise, Kritik oder Unverständnis genauso wenig eine ausreichende Rüge dar, wie die Ankündigung, man werde das nicht hinnehmen. Zudem muss deutlich werden, dass das Unternehmen nicht nur eine Anregung zur Optimierung des Vergabeverfahrens geben will, sondern ein vom Auftraggeber zu beseitigender Rechtsfehler geltend gemacht wird. Entscheidend ist, dass der Bieter objektiv gegenüber dem Auftraggeber deutlich macht, in welchem Punkt und aus welchem Grund er das Vorgehen des Auftraggebers für fehlerhaft hält und dass er eine Korrektur des Fehlers in seinem Sinne erreichen will (Senatsbeschluss vom 12. Februar 2020, VII-Verg 24/19, NZBau 2020, 403 Rn. 21 - Schachtförderanlage Konrad 2). Es muss folglich hinreichend deutlich werden, welches konkrete Tun oder Unterlassen der Vergabestelle für rechtswidrig erachtet wird und es muss klar sein, dass es sich um eine Beanstandung handelt und nicht lediglich um Bieterfragen (Eiermann, Primärrechtsschutz gegen öffentliche Auftraggeber bei europaweiten Ausschreibungen durch Vergabenachprüfungsverfahren, NZBau 2016, 13, 15). Bieterfragen dienen einem anderen Zweck und stellen von daher grundsätzlich keine Rüge dar. Sie dienen - wie Fragen allgemein - dem Verständnis, also der Aufklärung des Inhalts der Vergabeunterlagen. Durch eine Bieterfrage will das an der Ausschreibung interessierte Unternehmen Klarheit darüber gewinnen, was der öffentliche Auftraggeber fordert. Von den Antworten des öffentlichen Auftraggebers erwartet es eine Auslegungshilfe zu den Vergabeunterlagen, die je nach ihrem Inhalt dann eine Rügeobliegenheit nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB begründen kann (OLG Frankfurt, Beschluss vom 23. Dezember 2021, 11 Verg 6/21 ZfBR 2022, 295, 298). Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen hat die Vergabekammer in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass die Behauptung, "Die Position ist nicht kalkulierbar", im Zusammenhang mit den in Rede stehenden zwei Bieterfragen nicht als Rüge im Sinne von § 160 Abs. 3 GWB verstanden werden kann. Hiergegen ist nicht zu erinnern, insbesondere führt auch eine "systematische Gesamtbetrachtung" zu keinem anderen Ergebnis. Dem Vorbringen der Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 18. Februar 2023 war nicht mit der gebotenen Klarheit zu entnehmen, was sie genau beanstandet und welche Abhilfe sie erwartet. Dass sie die Pos. 08.03 des Leistungsverzeichnisses nur dann kalkulieren kann, wenn sie weitere Angaben zu Lizenzen, Anzahl und Art der Datenpunkte sowie weiteren Aspekten erhält, ergibt sich daraus jedenfalls nicht.
c) Gesichtspunkte der Billigkeit gebieten es vorliegend nicht, von der Maßgeblichkeit des voraussichtlichen Verfahrensausgangs abzuweichen und der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise aufzuerlegen. Zwar kann es im Einzelfall veranlasst sein, dem öffentlichen Auftraggeber unabhängig vom voraussichtlichen Verfahrensausgang die Kosten aufzuerlegen, wenn er der Rüge des Antragstellers nach Einleitung des Verfahrens doch noch abhilft (OLG München, Beschluss vom 10. April 2019, Verg 8/18, ZfBR 2020, 193, 195). Ein solcher Sachverhalt liegt hier indes nicht vor. Die Aufhebung des Vergabeverfahrens durch die Antragsgegnerin erfolgt nicht allein deshalb, weil sie die Beanstandungen der Antragstellerin für berechtigt hielt. Wie sich aus ihrem Schreiben vom 5. Juli 2023 ergibt war ihrer Meinung nach ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz lediglich möglich und nicht ganz auszuschließen. Überdies ging es ihr darum, weitere zeitliche Verzögerungen durch das Nachprüfungsverfahren zu vermeiden.
2. Gemäß § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG sind auch die Gebühren und Auslagen der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vor der Vergabekammer erstattungsfähig, da deren Hinzuziehung im Verfahren vor der Vergabekammer notwendig war.
Hierüber ist nicht schematisch, sondern auf der Grundlage einer differenzierenden Betrachtung des Einzelfalls zu entscheiden (BGH, Beschluss vom 26. September 2006, X ZB 14/06, NZBau 2006, 800 Rn. 61 - Polizeianzüge; Senatsbeschlüsse vom 16. März 2020, VII-Verg 38/18, BeckRS 2020, 29123 Rn. 34 und vom 15. Mai 2018, VII-Verg 58/17; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 2. November 2017, 11 Verg 8/17, ZfBR 2018, 198, 199). Entscheidend ist, ob der Beteiligte unter den Umständen des Falles auch selbst in der Lage gewesen wäre, aufgrund der bekannten oder erkennbaren Tatsachen den Sachverhalt zu erfassen und hieraus die für eine sinnvolle Rechtswahrung oder -verteidigung nötigen Schlüsse zu ziehen und das danach Gebotene gegenüber der Vergabekammer vorzubringen (BGH, Beschluss vom 26. September 2006, X ZB 14/06, NZBau 2006, 800 Rn. 61 - Polizeianzüge). Konzentriert sich das Nachprüfungsverfahren auf zum originären Aufgabenbereich des öffentlichen Auftraggebers bezogene auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen nebst den zugehörigen Vergabevorschriften ist die Zuziehung eines Rechtsanwalts für ihn im Allgemeinen nicht erforderlich. Stellen sich hingegen nicht einfach gelagerte Rechtsfragen, insbesondere verfahrensrechtlicher oder solcher Art, die auf einer höheren Rechtsebene als jener der Vergabeordnungen zu entscheiden sind, kann die Beteiligung eines Rechtsanwalts notwendig sein (Senatsbeschlüsse vom 31. Januar 2019, VII-Verg 9/18, BeckRS 2019, 40267 Rn. 20, und vom 21. Dezember 2022, VII-Verg 37/22; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. November 2017, 11 Verg 8/17, ZfBR 2018, 198, 199). Insoweit kann auch berücksichtigt werden, inwieweit die Vergabestelle über geschultes Personal und Erfahrung mit Vergabeverfahren verfügt (Senatsbeschluss vom 31. Januar 2019, VII-Verg 9/18, BeckRS 2019, 40267 Rn. 21; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. November 2017, 11 Verg 8/17, ZfBR 2018, 198, 199). Anerkannt ist darüber hinaus, dass der Gesichtspunkt der so genannten prozessualen Waffengleichheit in die Prüfung einfließen kann (Senatsbeschluss vom 16. März 2020, VII-Verg 38/18, BeckRS 2020, 29123 Rn. 34; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 2. November 2017, 11 Verg 8/17, ZfBR 2018, 198, 199; OLG München, Beschluss vom 11. Juni 2008 Verg 6/08, ZfBR 2008, 724, 725).
Vorliegend stellten sich vorrangig verfahrensbezogene Fragen zur Zulässigkeit, insbesondere im Hinblick auf die Antragsbefugnis und die Rügepräklusion. Entscheidend für die Frage der Rügepräklusion war dabei weniger die inhaltliche Auslegung der Bieterfragen der Antragstellerin, sondern das Herausarbeiten der für das Verständnis maßgeblichen unterschiedlichen Zielrichtungen von Bieterfragen und Rügen, deren eigenständige Beantwortung von einem universitären Auftraggeber nicht ohne Weiteres erwartet werden konnte.
3. Eine Entscheidung über die notwendigen Auslagen der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese die durch die Beiladung begründete Stellung im Beschwerdeverfahren nicht zu einer sachlichen Stellungnahme oder Antragstellung genutzt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2006, X ZB 14/06, NZBau 2006, 800 Rn. 63).
III.
Die Entscheidung über die Festsetzung des Werts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 50 Abs. 2 GKG. Demnach beträgt der Gegenstandswert fünf Prozent des Bruttoauftragswerts. Dabei ist vorliegend von der Schätzung der Antragsgegnerin auszugehen, da die Antragstellerin von der Abgabe eines Angebots abgesehen hatte.
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OLG Düsseldorf
Beschluss
vom 22.01.2025
Verg 25/24
1. Bezugsmaßstab für den Umsatz, die Kosten oder einen anderen tätigkeitsgestützten Wert sind Tätigkeiten, die der Ausführung von Aufgaben dienen, mit denen die gemeinsam kontrollierte juristische Person von den teilnehmenden öffentlichen Auftraggebern betraut worden ist.
2. Für die Betrauung mit der Ausführung einer Aufgabe im Sinne von § 108 Abs. 4 Nr. 2 GWB ist es erforderlich, dass die öffentlichen Auftraggeber der von ihnen kontrollierten juristischen Person eine eigene bisher in ihren Bereich fallende Aufgabe durch einen erkennbaren und inhaltlich festgelegten Akt zur Ausführung übertragen, ohne dass es hierzu eines Hoheitsakts oder eines Vertragsschlusses bedarf. Die Betrauung ist gleichzusetzen mit der Übertragung der Ausführung einer eigenen Aufgabe auf einen anderen.
3. Erhaltene institutionelle und projektbezogene Fördermittel stellen keinen berücksichtigungsfähigen "tätigkeitsgestützten Wert" und danach keinen Umsatz und keine Kostenerstattung für Tätigkeiten dar, die der Ausführung von Aufgaben dienen, mit denen die juristische Person betraut wurde.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.01.2025 - Verg 25/24
vorhergehend:
VK Bund, Beschluss vom 29.07.2024 - VK 2-61/24
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 29. Juli 2024 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Antragstellers haben die Beigeladene zu 2/3 und die Antragsgegnerin zu 1/3 zu tragen.
3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis 500.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin kündigte mit Bekanntmachung vom ... die beabsichtigte Vergabe einer Rahmenvereinbarung zur Übernahme und Durchführung der Projektträgerschaft für Aufgaben der Ressortforschung des Bundesministeriums für Gesundheit im Verhandlungsverfahren ohne Aufruf zum Wettbewerb an die Projektträger K. an (Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, Bekanntmachungsnummer ...). Zur Begründung war angegeben, es handele sich um eine Inhousevergabe, die nach § 108 Abs.1, Abs. 4, Abs. 5 GWB nicht dem Vergaberecht unterfalle.
Der Projektträger K. ist eine rechtlich unselbständige Organisationseinheit der Beigeladenen. Die Beigeladene ist eine gemeinnützige Forschungsgesellschaft. Zu ihren Aufgaben gehört nach § 2 Gesellschaftsvertrags (nachfolgend: GesV) das Betreiben der naturwissenschaftlich-technischen Forschung und Entwicklung an der Schnittstelle von Mensch, Umwelt und Technologien. Sie ist Mitglied der I. Gesellschafter sind die Antragsgegnerin, die 90 Prozent der Geschäftsanteile hält, und das Land Nordrhein-Westfalen, das 10 Prozent der Geschäftsanteile hält.
Organe der Beigeladenen sind nach § 5 GesV die Geschäftsführung, der Aufsichtsrat und die Gesellschafterversammlung. Die Beigeladene hat zwei Geschäftsführer. Ihr Aufsichtsrat besteht nach § 9 GesV aus höchstens zwölf Mitgliedern, von denen vier von der Antragsgegnerin und zwei vom Land Nordrhein-Westfalen entsandt und abberufen werden. Daneben wählt die Gesellschafterversammlung auf Vorschlag der Mitarbeiter zwei wissenschaftliche oder technische Mitarbeiter der Gesellschaft zu Aufsichtsräten und bis zu drei weitere Aufsichtsratsmitglieder. Eine Abwahl aus wichtigem Grund ist möglich. Zudem ist der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats der Beigeladen qua Amt Mitglied des Aufsichtsrats. Der Aufsichtsrat bestimmt eines seiner Mitglieder zum Vorsitzenden. Neben der Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer nach § 6 Abs. 3 GesV obliegt dem Aufsichtsrat nach § 10 GesV die Überwachung der Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung. Er entscheidet über die wichtigen forschungsrelevanten und finanziellen Angelegenheiten der Gesellschaft sowie über außergewöhnliche, über den Rahmen des laufenden Geschäftsbetriebs hinausgehende Rechtsgeschäfte. Zudem kann er weitere Geschäfte von seiner Zustimmung abhängig machen. Der Aufsichtsrat entscheidet nach § 12 GesV mit einfacher Mehrheit, wobei bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden entscheidet. Bestimmte Beschlüsse, darunter die Wahl des Vorsitzenden, können nicht gegen die Stimme der von der Antragsgegnerin und dem Land Nordrhein-Westfalen entsandt Mitglieder gefasst werden. Der Gesellschafterversammlung obliegen nach § 13 GesV alle Angelegenheiten, die nicht einem anderen Organ zugewiesen sind, insbesondere die Entscheidung über Änderungen Gesellschaftsvertrags, die Festlegung der Grundsätze für die Verwendung der Forschungsergebnisse und die Feststellung der Jahresabschlüsse. Die Gesellschafterversammlung fasst ihre Beschlüsse grundsätzlich einstimmig, ausgenommen die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder und der Abschlussprüfer sowie die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen (§ 15 GesV).
Die Beigeladene finanziert sich überwiegend über institutionelle Zuwendungen und projektbezogene Fördermittel, die sie im Rahmen von Zuwendungsbescheiden von der Antragsgegnerin und dem Land Nordrhein-Westfalen erhält. Daneben erzielt sie Einkünfte aus Projektträgerverträgen, die im Rahmen wettbewerblicher Vergabeverfahren von der Antragsgegnerin oder dem Land Nordrhein-Westfalen an sie vergeben worden sind. Nach ihrem eigenen Vortrag stammen insgesamt etwas über 80 Prozent ihrer Mittel von der Antragsgegnerin und dem Land Nordrhein-Westfalen.
In den Jahren 2008 bis 2020 sind Projektträgerleistungen wie die vorliegenden wiederholt von der Antragsgegnerin EU-weit ausgeschrieben worden, wobei die Rahmenverträge jeweils eine Laufzeit von vier Jahren hatten. Der Antragsteller ist Vorauftragnehmer der Projektträgerleistungen. Am 6. Dezember 2023 entschied die Antragsgegnerin, erstmalige eine Inhouse-Vergabe an die Beigeladene einzuleiten. Die Beigeladene gab im Frühjahr 2024 ein Angebot ab, das die Antragsgegnerin für zustimmungsfähig erachtet, weshalb sie zur Wahrung vergaberechtlichen Rechtschutzes am 27. Mai 2024 die eingangs wiedergegebene freiwillige ex-ante-Bekanntmachung nach § 135 Abs. 3 GWB veranlasst hat.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 31. Mai 2024 rügte der Antragsteller die angekündigte Direktvergabe als vergaberechtswidrig, weil die Voraussetzungen einer Inhouse-Vergabe nicht erfüllt seien. Die Antragsgegnerin wies die Rüge mit Schreiben vom 14. Juni 2024 zurück. Die Voraussetzungen für eine Inhouse-Vergabe nach § 108 Abs. 4, Abs. 5 GWB seien gegeben, weil sie über die Gesellschafterversammlung und den Aufsichtsrat gemeinsam mit dem Land Nordrhein-Westfalen die Kontrolle über die Beigeladene ausübe. Die Beigeladene tätige auch mehr als 80 Prozent ihrer Umsätze mit ihren beiden Gesellschaftern, lediglich im Jahr 2022 sei diese Schwelle geringfügig unterschritten worden.
Der Antragsteller hat daraufhin Nachprüfung beantragt und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen einer Bereichsausnahme nach § 108 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 GWB lägen nicht vor. Es fehle an einer gemeinsamen Kontrolle über die Beigeladene wie über eine eigene Dienststelle. Es bestehe ein Aufsichtsrat, dem weitreichende Befugnisse zugewiesen seien und der das beschlussfassende Organ der Beigeladenen im Sinne des § 108 Abs. 5 Nr. 1 GWB sei. Der Aufsichtsrat entscheide über die wichtigen forschungsrelevanten und finanziellen Angelegenheiten, er kontrolliere und steuere die Geschäftsführung. Dieser setze sich nicht ausschließlich aus dem Kreis der öffentlichen Auftraggeber zusammen, vielmehr stellten diese lediglich die Hälfte der Mitglieder. Auch fehle es an der Voraussetzung des § 108 Abs. 5 Nr. 3 GWB, wonach kein Interessengegensatz bestehen dürfe. Weite Bereiche der Tätigkeit der Beigeladenen unterfielen dem grundrechtlichen Schutz der Wissenschaftsfreiheit, in dem ein Weisungsrecht nicht bestehe. Zudem übe die Beigeladene keine wesentlichen Tätigkeiten im Sinne des § 108 Abs. 4 Nr. 2 GWB für die Antragsgegnerin und das Land NRW aus. Die Beigeladene sei durch ihre Gesellschafter nicht betraut worden. Es entfielen entgegen § 108 Abs. 4 Nr. 2 GWB weniger als 80 Prozent der Tätigkeit der Beigeladenen auf Aufgaben für ihre Gesellschafter, da die Fördermittel herauszurechnen seien, weil diese kein Entgelt für eine Tätigkeit darstellten.
Der Antragsteller hat beantragt,
1. der Antragsgegnerin zu untersagen, im Vergabeverfahren den Zuschlag zu erteilen;
2. der Antragsgegnerin aufzugeben, in dem streitgegenständlichen Vergabeverfahren geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die dargestellten Rechtsverletzungen des Antragstellers zu beseitigen und bei fortbestehender Vergabeabsicht ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren durchzuführen;
3. die Vergabeakte/Dokumentation zur geplanten Direktvergabe beizuziehen und dem Antragsteller unverzüglich Akteneinsicht zu gewähren;
4. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers für notwendig zu erklären;
5. der Antragsgegnerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens sowie die Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung einschließlich der vorprozessualen Anwaltskosten aufzuerlegen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
1. den Nachprüfungsantrag des Antragstellers zurückzuweisen;
2. dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens einschließlich ihrer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Auslagen aufzuerlegen;
3. festzustellen, dass die Hinzuziehung ihrer Verfahrensbevollmächtigten notwendig war.
Sie sei gemeinsam mit dem Land Nordrhein-Westfalen in der Lage, über die Beigeladene eine ähnliche Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle auszuüben, da die wesentlichen Entscheidungen von der Gesellschafterversammlung einstimmig getroffen würden. Der Aufsichtsrat habe hingegen nur bei einigen enumerativ aufgezählten Angelegenheiten gegenüber der Geschäftsführung Weisungsbefugnis. Zudem setze sich auch der Aufsichtsrat aus ihren Vertretern und denen des Landes Nordrhein-Westfalen zusammen. Dass das Organ sich ausnahmslos aus Vertretern der beteiligten öffentlichen Auftraggeber rekrutieren müsse, sei nicht erforderlich und auch mit der zu Art. 12 Abs. 3 UAbs. 2 Nr. 1 der Vergaberichtlinie 2014/24/EU ergangenen Rechtsprechung nicht zu vereinbaren. Eine Interessenkongruenz sei nicht erforderlich. Es genüge, dass die Beigeladene keine ihr zuwiderlaufenden Interessen verfolge. Bei der Überschreitung der 80-Prozent-Schwelle sei auch die institutionelle Förderung zu berücksichtigen.
Die Vergabekammer hat mit Beschluss vom 29. Juli 2024 der Antragsgegnerin untersagt, den Auftrag an die Beigeladene zu erteilen und ihr bei fortbestehender Beschaffungsabsicht eine gemeinschaftsweite Bekanntmachung aufgegeben. Der Nachprüfungsantrag sei zulässig und begründet. Der Antragsteller habe sein Interesse am Auftrag durch die Rüge und die Einreichung des Nachprüfungsantrags hinreichend dokumentiert, die Frist des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB sei gewahrt. In der Sache handele es sich um einen öffentlichen Auftrag, der nach den Vorschriften des Vergaberechts zu vergeben sei, da die Voraussetzungen für eine Inhouse-Vergabe nicht vorlägen. Die Antragsgegnerin übe weder allein noch gemeinsam mit dem Land Nordrhein-Westfalen eine mit der über eine eigene Dienstelle vergleichbare Kontrolle über die Beigeladene aus. Zu den Leitungsorganen der Beigeladenen gehöre auch ihr Aufsichtsrat, der zur Hälfte aus Mitgliedern bestehe, die nicht von den Gesellschaftern entsandt seien. Nach dem Wortlaut des § 105 Abs. 4 Nr. 1 i. V. m. Abs. 5 Nr. 1 GWB müssten sich die beschlussfassenden Organe der juristischen Person aus Vertretern sämtlicher teilnehmender öffentlicher Auftraggeber zusammensetzen, woraus sich ergebe, dass diese sich ausschließlich aus deren Vertretern zusammensetzen müssten. Der Begriff "zusammensetzen" impliziere eine Ausschlusswirkung zu Lasten anderer. Soweit das Oberlandesgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 4. März 2020, VII-Verg 11/18, vier Mitarbeitervertreter in der zwölfköpfigen Gesellschafterversammlung für unschädlich erachtet habe, fuße diese auf der gesetzlichen Vorgabe in § 52 Abs. 1 GmbHG und sei auf einen fakultativen Aufsichtsrat nicht übertragbar. Vorliegend seien sogar sechs der zwölf Aufsichtsräte nicht von den öffentlichen Auftraggebern entsandt. Während die sechs entsandten Aufsichtsräte wenigstens indirekt weisungsgebunden seien, weil sie jederzeit abberufen werden könnten, seien die sechs gewählten Aufsichtsräte nicht weisungsgebunden. Im Übrigen stehe auch der grundrechtliche Schutz der Beigeladenen als Forschungseinrichtung nach Art. 5 Abs. 3 GG der Ausübung einer mit der über eine Dienststelle vergleichbaren Kontrolle entgegen. Unabhängig davon sei die vorliegende Konstellation auch nicht mehr mit dem Grundgedanken der Inhouse-Privilegierung vergleichbar, nach der Beauftragungen 100-prozentiger Tochtergesellschaften freigestellt würden, soweit sie Aufgaben ausführen, die ansonsten dem öffentlichen Auftraggeber selbst oblegen hätten. Auch das Wesentlichkeitskriterium sei nicht erfüllt. Die Beigeladene erhalte über 50 Prozent ihrer Mittel als Förderung, die nicht für Aufgaben gewährt werde, mit denen die Beigeladene von ihren Gesellschaftern betraut sei. Das Betreiben von Wissenschaft und Forschung als generelle Zweckbestimmung der Beigeladenen stelle keine Aufgabenbetrauung dar; die institutionelle Förderung sei keine Gegenleistung für eine konkrete Tätigkeit.
Gegen diese Entscheidung haben die Antragsgegnerin und Beigeladene jeweils fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt und diese umfassend begründet. Die Beigeladene trägt vor, die von der Rechtsprechung geforderte wirksame Einwirkung der Antragsgegnerin und des Landes Nordrhein-Westfalen auf ihre strategischen Entscheidungen sei nach der gebotenen funktionalen Betrachtung gewährleistet. Ein Ausschließlichkeitserfordernis könne in § 108 Abs. 5 Nr. 1 GWB nicht hineingelesen werden; Formulierungen wie "ausnahmslos" und "ausschließlich" fehlten gerade. Eine solche Ansicht finde auch weder in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Senats noch in der Literatur eine Stütze. Es genüge eine effektive gemeinsame Kontrolle, die vorliegend gegeben sei. So bestehe ihre Gesellschafterversammlung, deren Befugnisse umfassend seien, da sie über die Änderung des Gesellschaftsvertrags beschließe, ausschließlich aus den Vertretern des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen. Auch der Aufsichtsrat werde von ihnen dominiert. Durch Bund und Land würden sechs Mitglieder entsandt. Ihr Aufsichtsrat habe seit dem 15. Februar 2022 nur elf Mitglieder, da die Gesellschafter statt der maximal drei frei wählbaren Mitglieder nur zwei gewählt hätten. Doch selbst bei zwölf Mitgliedern sei eine ausreichende Kontrolle sichergestellt, da Bund und Land auch bei den fünf zu wählenden Mitgliedern signifikante Einflussmöglichkeiten zukämen, da diese von der Gesellschafterversammlung gewählt werden müssten und jederzeit aus wichtigem Grund abgewählt werden könnten. Auch gebe bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag, der bislang immer dem Kreis der vom Bund entsandten Mitglieder angehört habe. Dass das Kontrollkriterium nicht erfordere, dass sich ihr Aufsichtsrat ausschließlich aus den von den kontrollierenden öffentlichen Auftraggebern entsandten Vertreten zusammensetze, ergebe sich auch aus demin der englischen Sprachfassung der Richtlinie verwandte "are composed of". Dieses werde nicht abschließend verstanden, wie Satzbeispiele im Cambridge Dictonary wie "Air is composed manily of nitrogen and oxigen" zeigten. Für das deutsche Verb "zusammensetzen" gelte jedenfalls im europarechtlichen Sprachgebrauch nichts Anderes. Sei eine Ausschließlichkeit des Personengremiums gewollt, werde das Adverb "ausschließlich" hinzugefügt, wie etwa in Art. 36 Abs. 1 der Verordnung (EU)2018/848, Ziffer 8.2 des Anhangs I zu Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 und Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) 1432/2003. Auch habe der Richtliniengeber ausweislich Erwägungsgrund 31 lediglich die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union präzisieren wollen, die für eine gemeinsame Kontrolle eine Beteiligung jeder der Stellen für ausreichend erachtet habe. Hierfür genüge, wie Art. 12 Abs. 3 UAbs. 2 lit. ii der Vergaberichtlinie klarstelle, ein maßgeblicher Einfluss. Der Ausübung einer der über eine Dienststelle ähnlichen Kontrolle stehe auch nicht die Wissenschaftsfreiheit entgegen, da jedenfalls die in Rede stehende Tätigkeit ihrer Projektträger-K.-Organisationseinheit im Bereich des Wissenschaftsmanagements und Wissenschaftsverwaltung gar nicht erfasst sei.
Auch das Wesentlichkeitskriterium sei erfüllt. Der Richtliniengeber habe auf einen Betrauungsakt abgestellt und damit die auf entgeltliche Verträge abstellende Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gerade nicht wortgleich umgesetzt, sondern das Tatbestandsmerkmal erheblich geöffnet. Ausreichend sei es, wenn die beherrschte juristische Person satzungsgemäße Aufgaben für den sie beherrschenden öffentlichen Auftraggeber wahrnehme. Soweit sie institutionelle Förderung erhalte, handele es sich um Betrauungsakte in Gestalt von Förderbescheiden. Die Fördermittel dienten neben der institutionellen Förderung der zweckgebundenen Durchführung konkreter Programme. Eine derartige Förderung von Wissenschaft und Forschung sei eine Pflichtaufgabe des Staates, wobei derartige Zuwendungen haushaltsrechtlich nur gewährt werden dürften, wenn die Erfüllung des Zwecks der Aufgabenstellung und Zielsetzung des Bundes dienlich sei. Im Falle der Zweckverfehlung könnten die gewährten Mittel zurückgefordert werden. Der aus der Richtlinie stammende Begriff "betraut" erfasse alle Übertragungen einer öffentlichen Aufgabe, die dem Aufgabenkreis des öffentlichen Auftraggebers zuordenbar sei. Die Betrauung im Sinne der Richtlinie sei nicht auf die Übertragung durch Hoheitsakt und auch nicht auf hoheitliche Aufgaben beschränkt, sie könne auch im Gesellschaftsvertrag erfolgen. Erfasst würden zudem alle zur eigentlichen Aufgabe akzessorischen Tätigkeiten, sofern sie zur wirksamen Erfüllung der öffentlichen Aufgabe beitrügen. Wissenschaft und Forschung seien Staatsaufgaben. So sei im Hinblick auf die den staatlichen Organen obliegende Risikovorsorge eine Beobachtung der Erkenntnisfortschritte der Wissenschaft geboten. Ohne eine belastbare und anhand wissenschaftlicher Methoden gewonnene Erkenntnisgrundlage sei eine sinnvolle Erfüllung der verfassungsrechtlichen Aufgaben nicht möglich. Hiervon gehe auch die EU-Kommission aus. Die hierfür erforderlichen Maßnahmen erfülle die Ressortforschung, die insofern Teil hoheitlichen staatlichen Handelns sei. Die hierunter erfassten Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten des Bundes dienten der Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Vorbereitung staatlichen Handelns. Sie sei zum Großteil in Behördenform institutionalisiert, wie etwa der Bundesforschungsanstalt, es könnten aber auch privat verfasste Entitäten mit ihr betraut werden. Insbesondere die Förderung von Wissenschaft und Forschung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 und Art. 91 b GG sei staatliche Aufgabe des Bundes. Auch sie sei errichtet worden, um Wissenschaft und Forschung zu betreiben und so die Grundlagen für staatliches Handeln zu legen. So sei sie in den Forschungsgebieten Energie, mit Schwerpunkten in Erzeugung und Speicherung von Wasserstoff sowie nukleare Entsorgung, Information, mit Schwerpunkten im Bereich der Computertechnologie, sowie Erde und Umwelt, mit den Schwerpunkten Ressourcennutzung und Bioökonomie, tätig.
Die Antragsgegnerin hat während des laufenden Beschwerdeverfahrens mit Bekanntmachung vom ... (Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, Bekanntmachungsnummer ...) sowie Änderungsbekanntmachung vom ... (Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, Bekanntmachungsnummer ...) die Vergabe einer Rahmenvereinbarung "Projektträgerschaft des Bundesministeriums für Gesundheit im Bereich der Ressortforschung" im Zeitraum 1. Januar 2025 bis zum 31. Dezember 2026 mit der Option der Verlängerung um zwei Jahre im offenen Verfahren EU-weit ausgeschrieben.
Die Beigeladene beantragt,
1. den Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 29. Juli 2024, Az. VK 2-59/24, aufzuheben;
2. dem Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens vor der Vergabekammer sowie ihre zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Aufwendungen aufzuerlegen.
Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt, nachdem sie mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2024 ihre sofortige Beschwerde zurückgenommen.
Der Antragsteller beantragt,
1. die sofortige Beschwerde der Beigeladenen vom 12. August 2024 gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 29.07.2024, Az.: VK2 61/24 zurückzuweisen;
2. der Beigeladenen und der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragstellers nach § 182 Abs. 4 GWB aufzuerlegen.
Der Antragsteller verteidigt die Entscheidung der Vergabekammer. Die Voraussetzungen einer Inhouse-Vergabe nach § 108 Abs. 4 und Abs. 5 GWB seien nicht gegeben. Da die Beigeladene über einen Aufsichtsrat verfüge, der nicht ausschließlich aus Vertretern sämtlicher teilnehmender öffentlicher Auftraggeber nach § 108 Abs. 5 Nr. 1 GWB zusammengesetzt sei, sei eine gemeinsame, ähnliche Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle durch die beiden Gesellschaften nicht möglich. Der Antragsgegnerin gelinge auch keine gemeinsame Kontrolle nach § 108 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 GWB über den Dringlichkeitsausschuss, der in Fällen besonderer Dringlichkeit eigenmächtige Beschlüsse des Aufsichtsrats herbeiführen kann. Zutreffend habe die Vergabekammer zudem erkannt, dass gerade nicht mehr als 80 Prozent der Tätigkeiten der Beigeladenen der Ausführung von Aufgaben dienten, mit denen sie von der Antragsgegnerin betraut worden sei. Bei den von der Beigeladenen angegebenen "Eigenumsätzen" handle es sich schon dem Grunde nach nicht um solche zugrundeliegenden Aufgaben, mit denen die Beigeladene im Sinne des § 108 Abs. 4 GWB betraut werden könnte, da diese nicht im Aufgabenspektrum des Auftraggebers lägen und es sich um keine Leistungen handle, für die der öffentliche Auftraggeber eine Gewährleistungsverantwortung trage, weil sie etwa nicht anders auf dem Markt bereitgestellt werden könnten.
II.
Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen, über die nach der Beschwerderücknahme der Antragsgegnerin allein noch zu entscheiden ist, ist zulässig, in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
Sie ist form- und fristgerecht eingereicht. Die erforderliche Beschwer der Beigeladenen ist nach § 171 Abs. 1 Satz 2 GWB gegeben, weil sie am Verfahren vor der Vergabekammer beteiligt war und die Vergabekammer der Antragsgegnerin die Erteilung des Zuschlags an sie untersagt und dieser bei fortbestehender Beschaffungsabsicht die gemeinschaftsweite Bekanntmachung aufgegeben hat. Die materielle Beschwer der Beigeladenen durch die Entscheidung der Vergabekammer ist nicht dadurch entfallen, dass die Antragsgegnerin zwischenzeitlich eine Rahmenvereinbarung "Projektträgerschaft des Bundesministeriums für Gesundheit im Bereich der Ressortforschung" für den Zeitraum 1. Januar 2025 bis zum 31. Dezember 2026 mit der Option der zweimaligen Verlängerung um ein Jahr EU-weit ausgeschrieben hat. Hierdurch ist keine Erledigung in der Hauptsache eingetreten; die Entscheidung der Vergabekammer ist nicht gegenstandslos geworden. Nach § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB erledigt sich das Nachprüfungsverfahren durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder in sonstiger Weise. Ein typischer Fall der Erledigung in sonstiger Weise ist die Abhilfe durch den Auftraggeber im laufenden Nachprüfungsverfahren (OLG Celle, Beschluss vom 30. Oktober 2024, 13 Verg 8/14; OLG München, Beschluss vom 19. Juli 2012, Verg 8/12). Das zwischenzeitlich eingeleitete Vergabeverfahren stellt eine solche Abhilfe des gerügten Vergaberechtsverstoßes jedoch nicht dar. Die Antragsgegnerin hat nicht von ihrem ursprünglichen Vorhaben, die Übernahme und Durchführung der Projektträgerschaft in-house ohne Durchführung einer EU-weiten Ausschreibung an die Beigeladene zu vergeben Abstand genommen. Dies ergibt sich aus der Änderungsbekanntmachung vom 10. September 2024. Dort hat die Antragsgegnerin ausdrücklich klargestellt, dass es sich um eine Vergabe zur interimsweisen Bedarfsdeckung für zunächst zwei Jahre handelt, weil die beabsichtigte Inhouse-Vergabe Gegenstand einer Überprüfung durch die Nachprüfungsinstanzen ist und daher noch nicht umgesetzt werden kann (Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, Bekanntmachungsnummer ...). Der Formulierung "noch nicht umgesetzt werden kann" ist der Wille der Antragsgegnerin zu entnehmen, im Falle eines Obsiegens die bisher beabsichtigte Inhouse-Vergabe umzusetzen. Die Vergabe erfolgt auch nicht für den im Rahmen der verfahrensgegenständlichen Inhouse-Vergabe vorgesehenen Zeitraum von vier Jahren, sondern fest nur für zwei Jahre. Die Verlängerungsoption um einmalig zwei weitere Jahre besteht ausdrücklich nur für den Fall, dass die Antragsgegnerin vor den Nachprüfungsinstanzen unterliegt. Dies unterstreicht den Willen der Antragsgegnerin, an der beabsichtigten Inhouse-Vergabe an die Beigeladene festzuhalten und die Verlängerungsoption nur zu nutzen, wenn ihr der Zuschlag an diese endgültig untersagt wird.
2. In der Sache hat die sofortige Beschwerde der Beigeladenen keinen Erfolg. Der Nachprüfungsantrag des Antragstellers ist zulässig und begründet.
a) Der Nachprüfungsantrag des Antragstellers ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen ist eröffnet. Zwar sind die durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz in das GWB eingeführten Voraussetzungen eines sogenannten Inhouse-Geschäfts in § 108 GWB als Bereichsausnahme formuliert, mit der Folge, dass bei deren Vorliegen der 4. Teil des GWB keine Anwendung findet. Dies bedeutet aber nicht, dass eine Überprüfung durch die Vergabenachprüfungsinstanzen ausscheidet. Vielmehr sind in diesem Fall die Voraussetzungen einer Inhouse-Vergabe beziehungsweise des § 108 GWB im Rahmen der Begründetheit zu prüfen (Senatsbeschlüsse vom 4. März 2020, VII-Verg 11/18, BeckRS 2020, 8809 Rn. 24, und vom 18. Dezember 2019, VII-Verg 16/16 BeckRS 2019, 38392 Rn. 33; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 30. Januar 2014, 11 Verg 15/13). Der Antragsteller ist auch im Sinne von § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Er hat sein Interesse am Auftrag bekundet und eine Verletzung seiner Rechte durch den behaupteten drohenden Vergaberechtsverstoß einer unzulässigen Direktvergabe ohne Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens nach dem 4. Teil des GWB geltend gemacht. An seiner Leistungsfähigkeit bestehen keine Bedenken. Der Antragsteller hat zuletzt Projektträgerleistungen für die Antragsgegnerin erbracht. Unschädlich ist, dass der Antragsteller selbst kein Angebot abgegeben hat, weil er gerade durch die von ihm gerügte beabsichtigte Direktvergabe des Auftrags an die Beigeladene an der Angebotsabgabe gehindert war (Senatsbeschluss vom 4. März 2020, VII-Verg 11/18, BeckRS 2020, 8809 Rn. 25).
b) Der Nachprüfungsantrag ist begründet. Die Voraussetzungen für eine Direktvergabe außerhalb des Anwendungsbereichs des Kartellvergaberechts sind nicht erfüllt.
Nach § 108 Abs. 4 GWB ist der 4. Teil des GWB nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen, bei denen der öffentliche Auftraggeber gemeinsam mit anderen öffentlichen Auftraggebern über die juristische Person eine ähnliche Kontrolle ausübt wie jeder der öffentlichen Auftraggeber über seine eigenen Dienststellen (Nr. 1, sog. Kontrollkriterium), mehr als 80 Prozent der Tätigkeiten der juristischen Person der Ausführung von Aufgaben dienen, mit denen sie von den öffentlichen Auftraggebern betraut wurde (Nr. 2, sog.Tätigkeits- oder Wesentlichkeitskriterium), und an der juristischen Person keine direkte private Kapitalbeteiligung besteht (Nr. 3).
Es bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung, ob - so wie die Vergabekammer angenommen hat - bereits die Voraussetzungen einer gemeinsamen Kontrolle nicht erfüllt sind (siehe unter aa). Jedenfalls scheitert die Zulässigkeit einer Direktvergabe am sog. Wesentlichkeitskriterium (siehe unter bb).
aa) Nach § 108 Abs. 5 GWB besteht eine gemeinsame Kontrolle im Sinne von § 108 Abs. 4 Nr. 1 GWB, wenn sich die beschlussfassenden Organe der juristischen Person aus Vertretern sämtlicher teilnehmender öffentlicher Auftraggeber zusammensetzen (Nr. 1), die öffentlichen Auftraggeber gemeinsam einen ausschlaggebenden Einfluss auf die strategischen Ziele und die wesentlichen Entscheidungen der juristischen Person ausüben können (Nr. 2) und die juristische Person keine Interessen verfolgt, die den Interessen der öffentlichen Auftraggeber zuwiderlaufen (Nr. 3). Der Senat teilt die Auffassung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, dass die Antragsgegnerin und das Land Nordrhein-Westfalen gemeinsame einen ausschlaggebenden Einfluss auf die strategischen Ziele und wesentliche Entscheidungen der Beigeladenen ausüben können (siehe unter (1) und kein Interessengegensatz besteht (siehe unter (2). Ob die Voraussetzungen von § 108 Abs. 5 Nr. 1 GWB erfüllt sind, ist zumindest zweifelhaft (siehe unter (3).
(1) Die Antragsgegnerin und das Land Nordrhein-Westfalen erfüllen die Voraussetzungen des § 108 Abs. 5 Nr. 2 GWB.
Erforderlich ist nach der genannten Vorschrift, dass die Antragsgegnerin und das Land Nordrhein-Westfalen gemeinsam in der Lage sind, eine strukturelle und funktionelle Kontrolle über die Beigeladene auszuüben (EuGH, Urteil vom 29. November 2012, C-182/11, Rn. 27 - Econord SpA). Ausschlaggebend hierfür ist eine Gesamtschau aller maßgeblichen Umstände im Einzelfall (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 30.01.2013, Verg 56/12 mwNachw.). Vorliegend ist dem Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen zu entnehmen, dass ihre beiden Gesellschafter, also die Antragsgegnerin und das Land Nordrhein-Westfalen im Rahmen der Gesellschafterversammlung aber auch als Mitglieder des Aufsichtsrats gemeinsam auf die strategischen Ziele und wesentlichen Entscheidungen der Beigeladenen Einfluss ausüben können.
Von den Aufgaben der Gesellschafterversammlung, die insbesondere in § 13 Abs. 2 GesV unter a) - m) aufgezählt sind, muss die überwiegende Anzahl von der Antragsgegnerin und Land Nordrhein-Westfalen gemeinsam beschlossen werden. Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bedürfen gemäß § 15 Abs. 2 GesV in der Regel der Einstimmigkeit. Hiervon gibt es nur drei Ausnahmen, die jedoch Entscheidungen betreffen, die keinen unmittelbaren Einfluss auf die strategischen Ziele und die unternehmerische Ausrichtung der Beigeladenen haben. Es handelt sich um die Berufung von zwei wissenschaftlichen oder technischen Mitarbeitern der Gesellschaft zu Aufsichtsratsmitgliedern gemäß § 9 Abs. 2 c) GesV und bis zu drei weiteren von der Gesellschafterversammlung gewählten Mitgliedern gemäß § 9 Abs. 2 d) GesV sowie um die Wahl des Abschlussprüfers und die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen Mitglieder der Geschäftsführung oder des Aufsichtsrats.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben überdies die Möglichkeit den zusätzlich zur Gesellschafterversammlung gemäß § 52 GmbHG eingerichteten Aufsichtsrat der Beigeladenen zu dominieren. Der Aufsichtsrat hat ausschlaggebenden Einfluss auf die strategischen Ziele und wesentlichen Entscheidungen der Beigeladenen und ihrer geschäftsführenden Organe. Alle wesentlichen unter § 10 Abs. 3 a) - f) GesV aufgeführte Geschäfte der Geschäftsführung bedürfen der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats. Zudem kann er weitere Geschäfte von seiner Zustimmung abhängig machen (§ 10 Abs. 5 GesV). Darüber hinaus überwacht der Aufsichtsrat die Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung (§ 10 Abs. 1 GesV). Er ist gemäß § 10 Abs. 2 S. 1 GesV berechtigt, den Geschäftsführern insbesondere in wichtigen forschungsrelevanten und finanziellen Angelegenheiten Weisungen zu erteilen.
Die Antragsgegnerin und das Land Nordrhein-Westfalen können als Mitglieder des Aufsichtsrats gemeinsam ausschlaggebenden Einfluss auf die Beschlussfassungen des Aufsichtsrats ausüben. Nach § 12 Abs. 4 GesV können bestimmte dort aufgeführte Entscheidungen nicht gegen die Stimme der vom Bund und Land gemäß § 9 Abs. 2 a) und b) GesV entsandten Mitglieder getroffen werden. Bei allen übrigen gemäß § 12 Abs. 3 GesV mit einfacher Mehrheit zu fassenden Beschlüssen des Aufsichtsrats verfügen die Antragsgegnerin und das Land Nordrhein-Westfalen gemeinsam über eine Mehrheit. Nach § 9 Abs. 1 GesV sind die Antragsgegnerin mit vier und das Land Nordrhein-Westfalen mit zwei entsandten Vertretern am Aufsichtsrat beteiligt. In allen Konstellationen, in denen der Aufsichtsrat - wie derzeit - weniger als die zulässige Höchstzahl von zwölf Mitgliedern hat, verfügen die Antragsgegnerin und das Land Nordrhein-Westfalen daher zusammen mit sechs Stimmen über eine eindeutige Mehrheit, die ihnen die Möglichkeit verschafft, gemeinsam eine wirksame Kontrolle über die Beigeladene auszuüben. Eine solche Kontrollmöglichkeit ist aber auch bei zwölf Aufsichtsratsmitgliedern gewährleistet. Bei den ein bis drei weiteren Aufsichtsratsmitgliedern, die nach § 9 Abs. 2 lit. d GesV von der Gesellschafterversammlung und damit allein von Vertretern der Antragsgegnerin und dem Land Nordrhein-Westfalen gewählt werden, sind diese völlig frei und werden daher bei lebensnaher Betrachtung nur solche Personen wählen, die ihren Einfluss auf die strategischen Ziele und die wesentlichen Entscheidungen der Beigeladenen unterstützen. Doch selbst wenn eine hinreichende Loyalität nicht oder nicht mehr gewährleistet sein sollte, ist die erforderliche Kontrolle unabhängig von der in § 9 Abs. 4 Satz 3 GesV geregelten Möglichkeit, Aufsichtsratsmitglieder aus wichtigem Grund abzuwählen, jedenfalls deswegen gewährleistet, weil bei Stimmengleichheit nach § 12 Abs. 3 Satz 2 GesV die Stimme des Vorsitzenden entscheidet. Dieser kann nach § 12 Abs. 4 i. V. m. § 9 Abs. 3 GesV nicht gegen die Stimme der von der Antragsgegnerin und dem Land Nordrhein-Westfalen entsandten Mitglieder gewählt werden, weshalb faktisch immer ein Vertreter des Bundes Vorsitzender sein wird.
(2) Die Beigeladene verfolgt keine Interessen, die den Interessen der Antragsgegnerin und des Landes Nordrhein-Westfalen zuwiderlaufen. Ein Zielkonflikt besteht schon deswegen nicht, weil die von der Beigeladenen zu betreibende Forschung von der Antragsgegnerin und dem Land Nordrhein-Westfalen gewollt ist, wie sich aus § 2 GesV ergibt. Ein Interessengegensatz wird auch nicht dadurch begründet, dass es sich bei der Beigeladenen um eine Forschungseinrichtung handelt. Die Ausübung einer gemeinsamen Kontrolle über die Beigeladene bedeutet keinen Eingriff in die nach Art. 5 Abs. 3 GG geschützte Freiheit der Forschung. Dies gilt unabhängig davon, dass die verfahrensgegenständlichen Projektträgerleistungen schon nicht dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG unterfallen dürften, da Hilfstätigkeiten wie ein Wissenschaftsmanagement nicht von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützt sind (Gärditz in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, 104. EL April 2024, GG Art. 5 Abs. 3 Rn. 137, 138).
(3) Fraglich ist jedoch, ob das Erfordernis einer gemeinsamen Kontrolle an § 108 Abs. 5 Nr. 1 GWB scheitert, weil dem Aufsichtsrat der Beigeladenen als beschlussfassendem Organ nicht nur Vertreter der Antragsgegnerin und des Landes Nordrhein-Westfalen sondern weitere stimmberechtigte Personen angehören.
§ 108 Absatz 5 Nr. 1 Satz 1 GWB fordert, dass sich die beschlussfassenden Organe der juristischen Person aus Vertretern sämtlicher teilnehmender öffentlicher Auftraggeber "zusammensetzen". In Art. 12 Abs. 3 UAbs. 2 lit I) der Vergaberichtlinie 2014/24/EU, der durch die Regelung in § 108 Abs. 5 Nr. 1 GWB in nationales Recht umgesetzt worden ist, findet sich eine nahezu gleichlautende Formulierung. Vergleichbare Formulierungen finden sich zudem in anderen Sprachfassungen. Der Wortsinn des Verbs "zusammensetzen" spricht zunächst dafür, dass die beschlussfassenden Organe ausschließlich mit Vertretern der teilnehmenden öffentlichen Auftraggeber besetzt sein müssen, mithin Dritte dort nicht vertreten sein dürfen. Das Wort Zusammensetzung beschreibt die Art und Weise wie etwas als Ganzes zusammengesetzt ist, also die einzelnen Bestandteile, Glieder oder Personen. Als Synonym für das Wort "zusammensetzen" wird daher auch der Begriff "bestehend aus" verwendet. Allerdings ist in diesem Zusammenhang in den Blick zu nehmen, dass nach Erwägungsgrund 31 der Vergaberichtlinie die in Rede stehende Regelung lediglich der Präzisierung der einschlägigen Rechtsprechung dient, wobei sich diese Präzisierung auf die Grundsätze stützen soll, die in der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union dargelegt wurden. In der Rechtsprechung findet sich die Forderung nach einer Besetzung der beschlussfassenden Organe ausschließlich mit Vertretern der teilnehmenden öffentlichen Auftraggeber indes nicht. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat als Voraussetzung einer gemeinsamen Kontrolle und einer Vertretung in den beschlussfassenden Organen der juristischen Person durch sämtliche teilnehmenden öffentlichen Auftraggeber aufgeführt, dass eine gemeinsame Kontrolle wie über die eigenen Dienststellen nur dann erfüllt ist, "wenn jede dieser Stellen sowohl am Kapital als auch an den Leitungsorganen der Einrichtung beteiligt ist" (EuGH, Urteil vom 29. November 2012, C-182/11, NZBau 2013, 55 Rn. 27 - Econord SpA). Eine Beteiligung sämtlicher teilnehmender öffentlicher Auftraggeber an den Leitungsorganen bedeutet aber nicht zugleich, dass keine weiteren dritten Personen in den Leitungsorganen beteiligt sein dürfen. Im Übrigen kann eine gemeinsamen Kontrolle auch dann bestehen, wenn - so wie vorliegend - die Leistungsorgane nicht ausschließlich mit Vertretern der öffentlichen Auftraggeber besetzt sind.
Obwohl somit kein eindeutiges Auslegungsergebnis gefunden werden kann, kommt eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV nicht in Betracht. Es fehlt an der erforderlichen Entscheidungserheblichkeit, weil jedenfalls das Wesentlichkeitskriterium (§ 108 Abs. 4 Nr. 2 GWB) nicht erfüllt ist (siehe nachfolgend unter bb).
bb) Die Voraussetzungen des § 108 Abs. 4 Nr. 2 GWB sind vorliegend nicht erfüllt, weil bei der Bestimmung des prozentualen Anteils von mehr als 80 Prozent der Tätigkeiten der Beigeladenen nach § 108 Abs. 7 GWB die von der Antragsgegnerin und dem Land Nordrhein-Westfalen zugewandten institutionellen und projektbezogenen Fördermittel unberücksichtigt bleiben müssen.
Nach § 108 Abs. 4 Nr. 2 GWB müssen mehr als 80 Prozent der Tätigkeiten der juristischen Person der Ausführung von Aufgaben dienen, mit denen sie von den öffentlichen Auftraggebern oder von einer anderen juristischen Person, die von diesen Auftraggebern kontrolliert wird, betraut wurde, wobei nach § 108 Abs. 7 GWB zur Bestimmung des prozentualen Anteils der durchschnittliche Gesamtumsatz der letzten drei Jahre vor Vergabe des öffentlichen Auftrags oder ein anderer geeigneter tätigkeitsgestützter Wert, wie zum Beispiel die Kosten, die der juristischen Person oder dem öffentlichen Auftraggeber in dieser Zeit in Bezug auf Liefer-, Bau- und Dienstleistungen entstanden sind, heranzuziehen ist. Zum durchschnittlichen Gesamtumsatz der Beigeladenen aus den letzten drei Jahren zählen jedoch nicht die Geldbeträge, die sie von der Antragsgegnerin und dem Land Nordrhein-Westfalen durch Zuwendungsbescheide zur Förderung bestimmter Forschungen erhalten hat. Bleiben diese Fördermittel unberücksichtigt, wird die 80%-Schwelle nicht erreicht, weil die Fördermittel mehr als 50 Prozent der angegebenen Umsätze ausmachen.
Die von der Antragsgegnerin und dem Land Nordrhein-Westfalen erhaltenen Fördermittel stellen keinen berücksichtigungsfähigen "tätigkeitsgestützten Wert" im Sinne von § 108 Abs. 7 GWB dar. Bezugsmaßstab für den Umsatz, die Kosten oder einen anderen tätigkeitsgestützten Wert sind Tätigkeiten, die der Ausführung von Aufgaben dienen, mit denen die gemeinsam kontrollierte juristische Person von den teilnehmenden öffentlichen Auftraggebern betraut worden ist. Was unter einer Betrauung im Sinne von § 108 Abs. 4 Nr. 2 GWB zu verstehen ist, wird nicht einheitlich beantwortet.
(1) Weitgehend Einigkeit besteht in der deutschen Kommentarliteratur darüber, dass die geforderte Betrauung mit der Ausführung einer Aufgabe mehr umfasst als die in der zuvor ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union herangezogenen Tätigkeiten auf der Grundlage von Vergabeentscheidungen des kontrollierenden öffentlichen Auftraggebers (so EuGH, Urteil vom 11. Mai 2006, C-340/04, NZBau 2006, 452 Rnrn. 65, 66 - Carbotermo) und in Anlehnung an Art. 106 Abs. 2 AEUV auch eine Veranlassung zur Ausführung der Aufgabe durch einen Betrauungsakt in anderer Weise ausreichen kann (Ganske in Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 5. Aufl. 2024, § 108 Rn. 33; Portz in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 108 Rnrn. 90, 122 ff.; Gurlit in Burgi/Dreher/Opitz, Beckꞌscher Vergaberechtskommentar, 4. Aufl. 2022, GWB § 108 Rn. 17; Hofmann, Inhouse-Geschäfte nach dem neuen GWB, VergabeR 2016, 189, 192), weil der hinter § 108 GWB stehende Art. 12 der Vergaberichtlinie - auch in anderen Sprachfassungen - begrifflich zwischen der Vergabe eines öffentlichen Auftrags im Wege des Inhouse-Geschäfts und der Tätigkeit in Ausführung von Aufgaben, mit denen die kontrollierte juristische Person durch den öffentlichen Auftraggeber betraut wurde, unterscheidet (Ziekow in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 5. Aufl. 2024, GWB § 108 Rn. 34). Dabei geht die herrschende Meinung davon aus, dass das bloße Eröffnen eines Betätigungsfelds für ein von einem öffentlichen Auftraggeber kontrolliertes Unternehmen durch dessen Gesellschaftszweck nicht ausreichend ist (Ziekow in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 5. Aufl. 2024, GWB § 108 Rn. 37; Ganske in Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 5. Aufl. 2024, § 108 Rn. 33; Portz in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 108 Rn. 92, Rn. 125; a.A. Müller-Wrede in Die Neuregelung zur In-House-Vergabe, VergabeR 2016, 292, 297), sondern das Merkmal der Betrauung insoweit einer Eingrenzung bedarf (Gurlit in Burgi/Dreher/Opitz, Beckꞌscher Vergaberechtskommentar, 4. Aufl. 2022, GWB § 108 Rn. 18). Erforderlich sei die aktive Zuordnung der Aufgabe zu dem betreffenden Unternehmen durch einen inhaltlich eindeutigen und festgelegten Akt (Ganske in Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 5. Aufl. 2024, § 108 Rn. 33; Portz in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 108 Rn. 92; Gurlit in Burgi/Dreher/Opitz, Beckꞌscher Vergaberechtskommentar, 4. Aufl. 2022, GWB § 108 Rn. 18; Ziekow in NZBau 2015, 258, 260). Dies könne zwar auch in Gestalt einer verbindlichen gesellschaftsvertraglichen Regelung geschehen (Gurlit a. a. O.). Um als Betrauungsakt angesehen werden zu können, müsse aber im Gesellschaftsvertrag klar definiert werden, welche Leistungen zu erbringen sind und welcher Teil des Aufgabenspektrums des beauftragenden öffentlichen Auftraggebers vom beherrschten Unternehmen übernommen wird (Lösch in Gestaltungsmöglichkeiten und rechtliche Grenzen ausschreibungsfreier Inhouse-Vergaben, VergabeR 2016, 541, 546; Ziekow in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 5. Aufl. 2024, GWB § 108 Rn. 37). Zudem könne das beauftragte Unternehmen von dem öffentlichen Auftraggeber nur im Rahmen seiner Kompetenz und Zuständigkeit betraut werden (Lösch in Gestaltungsmöglichkeiten und rechtliche Grenzen ausschreibungsfreier Inhouse-Vergaben, VergabeR2016, 541, 544).
Vereinzelt werden weitere formale und inhaltliche Anforderungen an den Betrauungsakt in Anlehung an den parallelen Regelungsbereich in den beihilferechtlichen Vorgaben der Europäischen Kommission gestellt (Portz in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 108 Rn. 92).
(2) In der vergaberechtlichen Judikatur hat sich die Vergabekammer Rheinland in ihrem Beschluss vom 6. Dezember 2018, VK 52/17, ausführlich mit dem Begriff der Betrauung befasst und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass durch § 108 Abs. 4 Nr. 2 GWB keine neue Begrifflichkeit eingeführt worden sei. Ein Bezug zu der Regelung des Art. 106 Abs. 2 AEUV finde in den Normtexten keine Stütze, weil es in zahlreichen anderen Sprachfassungen an einer derartigen terminologischen Übereinstimmung der beiden Bestimmungen fehlt, so etwa in der französischen, italienischen, spanischen, portugiesischen, niederländischen, dänischen und polnischen Fassung. Allerdings sei der Begriff "betraut" im Rahmen des Wesentlichkeitskriteriums keineswegs neu, er lasse sich auf die Carbotermo-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zurückführen. Dessen deutsche Übersetzung wonach "der Umsatz ausschlaggebend (sei), den das fragliche Unternehmen aufgrund der Vergabeentscheidungen der kontrollierenden Körperschaft erzielt", laute in der authentischen und deshalb rechtlich allein maßgeblichen italienischen Fassung "il fatturato determinante è rappresentato da quello che l'impresa in questione realizza in virtù delle decisioni di affidamento adottate dall'ente locale controllante" (EuGH, Urteil vom 11. Mai 2006, C-340/04, ECLI:EU:C:2006:308 Rn. 65 - Carbotermo). Das Wort "affidamento" habe allgemeinsprachlich die Bedeutung "Vertrauen", "Anvertrauen", "Betrauung". In der italienischen Verwaltungssprache werde es darüber hinaus im Sinne von "Auftragserteilung" bzw. "Vergabe" (eines Auftrags der öffentlichen Hand oder einer Konzession) verwandt (de.pons.com/übersetzung/italienisch-deutsch/affidamento). Ebenso benutze der Gerichtshof das zum gleichen Wortstamm gehörende Wort "affidare" (Partizip Perfekt "affidato"), das allgemeinsprachlich "betrauen", "anvertrauen" oder "übertragen" bedeutet, im Sinne von (einen öffentlichen Auftrag oder eine Konzession) "vergeben" (EuGH, Urteil vom 11. Mai 2006, C-340/04, ECLI:EU:C:2006:308 Rn. 57 - Carbotermo) und das Wort "affidatario" im Sinne von "Auftragnehmer (EuGH,Urteil vom 17. Juli 2008, C-371/05, ECLI:EU:C:2008:410, Rn. 22). Diese Terminologie des Europäischen Gerichtshofs zur Definition des Wesentlichkeitskriteriums sei unverändert in Art. 12 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b, Abs. 3 UAbs. 1 lit. b der Vergaberichtlinie 2014/24/EU übernommen worden; in der italienischen Sprachfassung dieser Bestimmungen finde sich an der Stelle des deutschen Wortes "betraut" das Wort "affidato". Diesem Befund widersprächen auch nicht die Formulierungen in anderen Sprachfassungen der Richtlinie; das englische "to entrust", das französische "confier" und das spanische "confiar" meinten außer "anvertrauen" oder "betrauen" auch "beauftragen" bzw. "übertragen". Es sollte also offensichtlich in die endgültige Richtlinienfassung keine neue Begrifflichkeit eingeführt werden, die eine inhaltliche Änderung gegenüber der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs beinhalten könnte. Eine dahingehende Annahme liege umso ferner als mittels eines neuen, in seinem Bedeutungsgehalt ungeklärten Tatbestandsmerkmals zusätzliche Rechtsunsicherheit in eine Bestimmung hineingetragen würde, welche ausweislich des Erwägungsgrundes 31 die bestehende Rechtsunsicherheit gerade beseitigen sollte. Die Benutzung des Wortes "betraut" dürfte daher lediglich auf die unreflektierte Übernahme der Eigenheiten der in der einschlägigen Judikatur des Europäischen Gerichtshofs benutzten italienischen Verwaltungssprache in die deutsche Richtlinienfassung zurückzuführen sein.
Zu berücksichtigen seien folglich nur solche Aufgaben, hinsichtlich derer eine Vergabe im Sinne der Terminologie der Carbotermo-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vorliege. Es müsse sich also im weiteren Sinne um einen Beschaffungsvorgang handeln, mit dem ein Bedarf des die juristische Person kontrollierenden öffentlichen Auftraggebers gedeckt werden solle. Ein öffentlicher Auftraggeber habe die Möglichkeit, seine im allgemeinen Interesse liegenden Aufgaben mit seinen eigenen administrativen, technischen und sonstigen Mitteln zu erfüllen, ohne gezwungen zu sein, sich an externe Einrichtungen zu wenden, die nicht zu seinen Dienststellen gehören. Dieser Gedanke könne auf diejenigen Fälle ausgedehnt werden, in denen der Vertragspartner eine rechtlich von dem öffentlichen Auftraggeber verschiedene Einrichtung sei, wenn der öffentliche Auftraggeber über die fragliche Einrichtung eine ähnliche Kontrolle ausübe wie über seine eigenen Dienststellen und diese Einrichtung ihre Tätigkeit im Wesentlichen mit der oder den öffentlichen Stellen verrichte, die ihre Anteile innehaben. Der öffentliche Auftraggeber greift in solchen Fällen auf seine eigenen Mittel zurück (EuGH, Urteil vom 8. Mai 2014, C-15/13, EuZW 2014, 512 Rn. 25 - TU Hamburg-Harburg"). Bei den in §108 Abs. 4 Nr. 2 GWBgenannten Aufgaben müsse es sich also um eigene Aufgaben des öffentlichen Auftraggebers handeln, deren Wahrnehmung der Auftraggeber auf die juristische Person überträgt. Die Regelung des §108 Abs. 4 Nr. 2 GWBweiche folglich nur insoweit von der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ab, als an die Stelle der vom Gerichtshof geforderten Berücksichtigung aller qualitativen und quantitativen Umstände des Einzelfalls eine feste Grenze von 80 Prozent getreten sei.
(3) Der Senat schließt sich den vorgenannten Auffassungen insoweit an, als für die Betrauung mit der Ausführung einer Aufgabe im Sinne von § 108 Abs. 4 Nr. 2 GWB auch nach Ansicht des Senats erforderlich ist, dass die öffentlichen Auftraggeber der von ihnen kontrollierten juristischen Person eine eigene bisher in ihren Bereich fallende Aufgabe durch einen erkennbaren und inhaltlich festgelegten Akt zur Ausführung übertragen, ohne dass es hierzu eines Hoheitsakts oder eines Vertragsschlusses bedarf. Ausschlaggebend ist eine richtlinienkonforme Auslegung der Begrifflichkeit. Hiernach ist die Betrauung gleichzusetzen mit der Übertragung der Ausführung einer eigenen Aufgabe auf einen anderen. Bereits nach deutschem Sprachverständnis bedeutet das Verb betrauen, jemandem eine Aufgabe übertragen, damit er sie für einen erledigt. Diesen Bedeutungsgehalt haben auch die in anderen Sprachfassungen benutzten Worte "affidamenti" in italienscher, "confiées" in französischer und "entrusted" in englischer Sprache wie die Vergabekammer Rheinland in der zuvor zitierten Entscheidung zutreffend ausgeführt hat. Sie werden jeweils allgemeinsprachlich mit betrauen, anvertrauen oder übertragen übersetzt. Ein solches Verständnis findet in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eine weitere Stütze, der den Begriff "betraut" im Sinne der Übertragung einer Aufgabe wie öffentlicher Dienstleistungen auf einen (privaten) Dritten verwendet (vgl. EuGH, Urteil vom 9. November 2023, C-271/22, NZA 2024, 115 Rnrn. 16, 28 - Keolis Agen) beziehungsweise einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe auf eine Einrichtung (EuGH, Urteil vom 5. September 2024, C-109/23; NJW 2024, 3283 Rn. 41). Die ursprüngliche Übersetzung des englischsprachigen Kompromissvorschlags des Vorsitzenden des Rates vom 27. November 2012 spricht ebenfalls für eine solches Verständnis. So wird die Formulierung "more than 80 % of the activities of that legal entity are carried out in the performance of tasks entrusted to it by the controlling contracting authorities (...)" (Document 16725/12), in dem erstmals der Begriff "entrusted" verwandt wurde, mit "mehr als 80 % der Tätigkeiten dieser juristischen Person dienen der Ausführung von Aufgaben, die ihr von den die Kontrolle ausübenden öffentlichen Auftraggebern (...) übertragen wurden" übersetzt (Dokument 16725/1/12 REV vom 30. November 2012).
Dass es sich bei den übertragenen Aufgaben um originär dem öffentlichen Auftraggeber obliegende Aufgaben handeln muss, bestätigt Art. 2 Abs. 1 UAbs. 2 der Konzessionsvergaberichtlinie 2014/23/EU, der zum Verständnis der Regelungen über die Inhouse-Vergabe auch im Rahmen der Vergaberichtlinie herangezogen werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2019, C-285/18, NZBau 2020, 173 Rn. 47 - Stadt Kaunas). Danach können die Gebietskörperschaften wählen, ob sie "ihre Aufgaben von öffentlichem Interesse" selbst erfüllen oder "Wirtschaftsteilnehmer damit betrauen". Das Ergebnis, dass es sich um die Übertragung zum Aufgabenkreis der kontrollierenden öffentlichen Auftraggeber gehörenden Aufgaben im Sinne einer, jedenfalls im weiteren Sinne Vergabe und demzufolge einer damit einhergehenden Erfüllungsverpflichtung der damit betrauten juristischen Person des Privatrechts handeln muss, steht im Einklang mit Erwägungsgrund 31 zur Vergaberichtlinie. Danach dient die Regelung zwar der Präzisierung der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, diese soll sich jedoch auf die Grundsätze stützen, die in der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union dargelegt wurden. Nach dieser Rechtsprechung war - wie eingangs ausgeführt - allein der Umsatz ausschlaggebend, den das fragliche Unternehmen auf Grund der Vergabeentscheidungen, Konzessionserteilungen und anderen von der Körperschaft eingegangenen Rechtsbeziehungen der kontrollierenden Körperschaft erzielt (EuGH, Urteil vom 11. Mai 2006, C-340/04, NZBau 2006, 452 Rnrn. 65, 67 - Carbotermo).
(4) Die der Beigeladenen von der Antragsgegnerin und dem Land Nordrhein-Westfalen zugewandten institutionellen und projektbezogenen Fördermittel stellen danach keinen Umsatz und keine Kostenerstattung für Tätigkeiten der Beigeladenen dar, die der Ausführung von Aufgaben dienen, mit denen sie von der Antragsgegnerin oder dem Land Nordrhein-Westfalen betraut wurde. Die aufgrund der Zuwendungen erfolgten Forschungen sind keine Tätigkeiten der Beigeladenen, die ihr von der Antragsgegnerin und dem Land Nordrhein-Westfalen übertragen worden sind.
(a) Eine solche Aufgabenübertragung kann nicht in der Gründung der Beigeladenen durch die Antragsgegnerin und das Land Nordrhein-Westfalen mit dem in § 2 GesV festgelegten Gegenstand und Zweck der Gesellschaft gesehen werden. Nach § 2 Abs. 1 GesV ist es u.a. Aufgabe der Gesellschaft naturwissenschaftlich-technische Forschung und Entwicklung an der Schnittstelle von Mensch, Umwelt und Technologien zu betreiben und weitere nationale und internationale Aufgaben auf dem Gebiet der Grundlagen- und anwendungsnahen Forschung, insbesondere Vorsorgeforschung zu übernehmen oder sich hieran zu beteiligen. Damit wird der Beigeladenen aber keine konkrete Forschungsaufgabe übertragen, vielmehr wird ihr hierdurch lediglich eine umfassende wissenschaftliche Betätigung ermöglicht. Eine derartige (Grundlagen-)Forschung gehört zudem nicht zum Aufgabenkreis der Antragsgegnerin oder des Landes Nordrhein-Westfalen. Zum einen steht einer solchen umfassenden unmittelbaren Staatsforschung bereits die durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützte Freiheit der Forschung entgegen. Zum anderen obliegt der Antragsgegnerin als dem Bund nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 13 GG im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung ausdrücklich lediglich die Regelung der Förderung der Forschung, nach Art 91 b GG kann er mit den Ländern bei der Förderung der Forschung zusammenwirken. Eine Förderung zielt jedoch auf die Unterstützung einer fremden Tätigkeit. Gerade aus der Normierung der Förderung der Forschung Dritter als staatlicher Aufgabe folgt daher, dass die Forschung selbst nicht Aufgabe des Staates sein kann.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Bund im Rahmen evidenzbasierten Handelns wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen hat. Die Antragsgegnerin hat auch insoweit keinen eigenen Forschungsauftrag, sondern ihre Aufgabe als Normgeberin ist lediglich, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln nach allen Seiten zu beobachten und zu bewerten, um gegebenenfalls weitergehende Schutzmaßnahmen treffen zu können (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2011, 1 BvR 1502/08, NVwZ 2011, 991 Rn. 38 - Fluglärmschutzgesetz). Hierfür werden die von anderen gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse ausgewertet. Dass sich die staatliche Genehmigungspraxis bei einer auf den "Stand von Wissenschaft und Technik" abstellenden Gesetzesvorgabe an dem nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen für erforderlich Erachteten auszurichten hat (BVerfG, Beschluss vom 8. August 1978, 2 BvL 8/77, NJW 1978, 359, 362 - Schneller Brüter), gibt der Antragsgegnerin die Beachtung dieser Erkenntnisse, aber gerade nicht ihre Gewinnung auf. Daraus, dass sie als Genehmigungsbehörde bei sich widersprechenden Sachverständigengutachten in aller Regel nicht umhin kommt, zu wissenschaftlichen Streitfragen Stellung zu nehmen (BVerfG, Beschluss vom 8. August 1978, 2 BvL 8/77, NJW 1978, 359, 362 - Schneller Brüter), lässt sich ein allgemeiner Forschungsauftrag nicht ableiten. Anderes lässt sich auch aus der jüngsten, von der Beigeladenen angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht ableiten. Danach darf der Gesetzgeber zwar die bei mit erheblichen Ungewissheiten verbundenen wissenschaftlichen Erkenntnissen verbleibenden Entscheidungsspielräume nicht nach politischem Belieben ausfüllen, sondern muss den sich aus belastbare Daten ergebenden Hinweisen Rechnung tragen (BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021, 1 BvR 2656/18, NJW 2021, 1723 Rn. 215 - Klimaschutzgesetz); er muss diese Ungewissheiten aber gerade nicht selbst einer Klärung zuführen.
Zwar schließt das Fehlen eines allgemeinen Forschungsauftrags es nicht aus, dass die Antragsgegnerin zur Vorbereitung, Unterstützung oder Umsetzung politischer Entscheidungen in den Zuständigkeitsbereich ihrer jeweiligen Ressorts fallende aktuelle gesellschaftliche, technologische und wirtschaftliche Fragestellungen im Rahmen einer der Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Entscheidungshilfen dienenden "Ressortforschung" aufgreift und insoweit auch Forschungseinrichtungen mit der Beantwortung konkreter Fragestellung beauftragt. Soweit die Antragsgegnerin diesbezüglich konkrete Forschungsaufträge an die Beigeladene vergeben haben sollte, wäre der durch diese erzielte Umsatz auch im Rahmen des Wesentlichkeitskriteriums zu berücksichtigen. Hierzu trägt sie aber nichts vor.
(b) Die Beigeladene wird nicht aufgrund der jeweiligen Zuwendungsbescheide von der Antragsgegnerin und dem Land Nordrhein-Westfalen mit der Ausführung bestimmter Forschungen betraut. Mit dem Erlass eines Zuwendungsbescheids überträgt die Antragsgegnerin keine eigene Aufgabe, sondern gewährt für eine vom Förderungsempfänger unterhaltene Einrichtung oder für ein vom Förderungsempfänger initiiertes Projekt eine finanzielle Unterstützung. Zwar sind die Zuwendungen zweckgebunden und dürfen folglich nur für bestimmte Forschungsprogramme verwendet werden. Damit ordnen die Zuwendungsgeber aber nicht - so wie für den Betrauungsakt erforderlich - aktiv dem Zuwendungsempfänger eine Aufgabe zu, die dieser auszuführen hat. Es ist nicht der Zuwendungsgeber der bestimmt, welche konkrete Forschung die Beigeladene betreiben soll. Es ist vielmehr die Beigeladene die den Inhalt und den Umfang der Forschung festlegt. Für die institutionelle Förderung entwickelt die Beigeladene ihre Forschungsprogramme, für die sie dann Fördermittel beantragt. Auch für die projektbezogene Förderung legt die Beigeladene den konkreten Forschungsgegenstand in ihrem Antrag auf Bewilligung von Fördergeldern fest. Überdies begründet der Zuwendungsbescheid keine Erfüllungsverpflichtung gegenüber der Antragsgegnerin und dem Land Nordrhein-Westfalen. Eine Zuwendung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Finanzierungsempfänger keine selbstständig durchsetzbare Verpflichtung eingeht, einen bestimmten Erfolg zu erzielen, sondern erhaltene Gelder bei nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch allenfalls zurückzahlen muss, (vgl. zur Abgrenzung Zuwendung - Auftrag: Senatsbeschluss vom 11. Juli 2018, VII-Verg 1/18, NZBau 2018, 628 Rn. 27). Der Beigeladenen ist es folglich freigestellt, von der Durchführung des Forschungsprojekts abzusehen. Im Falle der Nichtdurchführung müssen lediglich bereits erhaltene Mittel zurückgeführt werden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 175 Abs. 2 i.V.m. § 71 Satz 1, Satz 2 GWB. Demnach trägt die Beigeladene die Kosten ihres unbegründeten Rechtsmittels, wobei es der Billigkeit entspricht, ihr auch die notwendigen Auslagen des Antragstellers aufzuerlegen. Neben der Beigeladenen ist aber auch die Antragsgegnerin billigerweise zur Kostentragung verpflichtet, nachdem sie sich durch die Rücknahme ihrer sofortigen Beschwerde mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2024 selbst in die Rolle der Unterlegenen begeben hat (BGH, Beschluss vom 25. September 2007, KVZ 22/07, BeckRS 2007, 17563; BGH, Beschluss vom 7.November 2006, KVR 19/06, NJW-RR 2007, 616 Rn. 2; Senatsbeschluss vom 20. Mai 2019, VII-Verg 60/18, BeckRS 2019, 44976 Rn. 6; Kühnen, in: Loewenheim/Meesen/Riesenkampff/ Kersting/Meyer-Lindemann, Kartellrecht, 4. Aufl. 2020, § 78 GWB Rn. 7). Da diese Rücknahme vor Einleitung des schriftlichen Verfahrens und damit vor dem - dem Schluss der mündlichen Verhandlung entsprechenden - Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze noch eingereicht werden können, erfolgt ist, und im Verhältnis zur Antragsgegnerin infolgedessen auch keine Sachentscheidung ergeht, entspricht es der Billigkeit, die Kosten im Verhältnis 2/3 zu 1/3 zwischen der Beigeladenen und der Antragsgegnerin aufzuteilen.
Die Entscheidung über die Festsetzung des Werts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 50 Abs. 2 GKG. Demnach beträgt der Gegenstandswert fünf Prozent der Bruttoauftragssumme. Dabei ist zwar grundsätzlich auf die Summe des Angebots abzustellen, das der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren eingereicht hat, weil er mit dem Nachprüfungsantrag seine Chance auf den Auftrag wahren will (BGH, Beschluss vom 18. März 2014, NZBau 2014, 452 Rn. 7; Senatsbeschluss vom 10. Februar 2021, VII-Verg 22/20, BeckRS 2021, 8801 Rn. 56). Liegt aber - wie vorliegend - ein Angebot des Antragstellers nicht vor, ist auf den objektiven Wert des Auftrages, dessen Vergabe beabsichtigt ist, abzustellen. Hierfür bieten insbesondere die Schätzungen des Auftraggebers einen hinreichenden Anhaltspunkt. Bei einem fortgeschrittenen Verfahren können auch die in der späteren Angebotsphase von anderen Bietern erklärten Angebotspreise einen gewichtigen Anhaltspunkt für den Wert des zu vergebenden Auftrages bieten (Senatsbeschluss vom 17. Mai 2016, VII-Verg 12/16, BeckRS 2016, 13181 Rn. 3). Da vorliegend eine Direktvergabe an die Beigeladene beabsichtigt war, kann auf deren Angebot zurückgegriffen werden, das dem Senat inzwischen vorliegt.
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OLG Frankfurt
Beschluss
vom 09.10.2025
11 Verg 3/25
1. Die Bestimmung des Beschaffungsgegenstands ist im Ausgangspunkt von den Vergabenachprüfungsinstanzen nicht zu kontrollieren. Allerdings kann auch in der Ausgestaltung von Wertungskriterien eine gemäß § 31 Abs. 6 VgV, § 97 Abs. 2 GWB vergaberechtswidrige verdeckt produktspezifische Ausschreibung liegen, wenn die Wertungskriterien so ausgestaltet sind, dass bestimmte Unternehmen in besonderem Maß die Anforderungen erfüllen und es den anderen Unternehmen nicht möglich ist, auch unter Berücksichtigung etwaiger weiterer Zuschlagskriterien, den Zuschlag zu erhalten.*)
2. Sieht sich ein Bieter aufgrund eigener von ihm zuvor geschlossener Verträge gehindert, eine ausgeschriebene Rahmenvereinbarung mit einer bestimmten Gestaltung der Bezugsberechtigung zu schließen, liegt hierin jedenfalls dann keine Ungleichbehandlung iSv § 97 Abs. 2 GWB, wenn die Ausgestaltung der Bezugsberechtigung seitens der Vergabestelle von einem nachvollziehbaren sachlichen Grund getragen ist.*)
OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.10.2025 - 11 Verg 3/25
vorhergehend:
VK Hessen, 01.08.2025 - 96e 01.02/24-2025
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer des Landes Hessen vom 1.8.2025 (Az. 96e 01.02/24-2025) gemäß § 173 Abs. 1 Satz 2 GWB bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde zu verlängern, wird zurückgewiesen.
Der Antragstellerin wird Gelegenheit gegeben, bis zum 29.10.2025 mitzuteilen, ob sie die sofortige Beschwerde weiterverfolgt.
Gründe
I.
Das Vergabeverfahren betrifft die Vergabe eines Rahmenvertrags für die Bereitstellung von Software für ein digitales Bürgeramt mit Video-Beratung in einem offenen Verfahren nach der VgV.
Die Antragsgegnerin ist zentrale IT-Dienstleisterin für die hessischen Kommunen und ihre Einrichtungen.
Die Antragstellerin bietet Softwareleistungen und insbesondere Dienstleistungen im Bereich der digitalen Verwaltung an. Mit den Ländern Bayern und Baden-Württemberg bestehen hierbei Verträge mit der Antragstellerin, die Exklusivitätsrechte für die dortigen IT-Dienstleister vorsehen; nur diese dürfen in den beiden Bundesländern die Leistungen der Antragstellerin vertreiben.
Die Antragsgegnerin war bereits vor der streitgegenständlichen Vergabe aus einem mit der Antragstellerin bestehenden Rahmenvertrag bezugsberechtigt und hätte auf der Grundlage dieses Rahmenvertrags die streitgegenständliche Leistung bei der Antragstellerin ohne Ausschreibung einkaufen können. Die Antragsgegnerin führte 2023 eine Markterkundung durch. Im Oktober 2023 veröffentlichte sie europaweit eine freiwillige Transparenzbekanntmachung, mit der sie dem Markt die beabsichtigte Direktvergabe an die Antragstellerin ankündigte. Es kam zu Verhandlungen der Antragstellerin mit der Antragsgegnerin, die letztlich scheiterten, da keine Einigung über den Preis erzielt werden konnte. Daraufhin entschloss sich die Antragsgegnerin, die gewünschte Leistung bedarfsgerecht zu konzipieren und einen Vertrag im Wettbewerb zu vergeben.
Im Jahr 2024 führte die Antragsgegnerin eine weitere Markterkundung durch, um einen Überblick über die geeigneten und verfügbaren Lösungen zu erhalten und die Leistungsbeschreibung bedarfs- und sachgerecht formulieren zu können. Hierfür recherchierte sie zunächst im Internet verfügbare Anbieter, Produktvarianten sowie technische und funktionale Merkmale. Nach dieser Recherche lud sie die Antragstellerin, die Beigeladene und ein weiteres am Markt etabliertes Unternehmen zur Präsentation ihrer Produkte ein. Bei der Präsentation wurden die Produkte im Hinblick auf Funktionalität, Systemanforderungen, Erweiterbarkeit und Benutzerfreundlichkeit evaluiert.
Auf der Grundlage von im Rahmen der Markterkundung 2024 gewonnenen Erkenntnissen konkretisierte die Antragsgegnerin die zu beschaffende Leistung und bildete diese in der Leistungsbeschreibung (Anlage BF 2) und der Anforderungsliste (Anlage BF 3) ab. Unter anderem sollte die zu beschaffende Leistung eine bestimmte Softwarelösung, X (nachfolgend "X") einbinden. Hinsichtlich der Softwarelösung X hatte die Antragsgegnerin bereits einen hohen Grad an Standardisierung und ein eigenes Know-how aufgebaut.
Mit EU-weiter Auftragsbekanntmachung vom 15.4.2025 schrieb die Antragsgegnerin die Leistung nach den Vorschriften der Vergabeverordnung im offenen Verfahren aus. Der Rahmenvertrag soll einen Zeitraum von 48 Monaten umfassen mit der Option einer einmaligen Verlängerung um 12 Monate. Zuschlagskriterien sollen der Preis mit einer Gewichtung von 40% und die Qualität mit einer Gewichtung von 60% sein (Ziff. 5.1.10 der Bekanntmachung).
Nach Ziffer 5.1.9 der Bekanntmachung sollen im Hinblick auf die technische und berufliche Leistungsfähigkeit mindestens drei Referenzprojekte aus den letzten drei Jahren im kommunalen Sektor nachgewiesen werden, wobei mindestens eine Referenz die Softwarelösung X umgesetzt haben muss. Im Laufe des Vergabeverfahrens stellte die Antragsgegnerin allerdings klar, dass sie die Anforderung auch als erfüllt ansehe, wenn eine vergleichbare Softwarelösung im Bereich Terminverwaltung in einer Referenz beinhaltet ist.
Die Bekanntmachung, die Bewerbungsbedingungen und die Vergabeunterlagen enthalten Regelungen, wonach die Vergabestelle Erfassungsformulare, insbesondere Preis-/ Erfassungsblätter (nachfolgend auch "Preisblätter"), bereitstellt. Ob diese Regelungen die Bieter zur Verwendung der Preisblätter verpflichten - so die Antragsgegnerin - oder nur als Wunsch der Antragsgegnerin zu verstehen sind, diese zu verwenden - so die Antragstellerin - ist zwischen den Parteien streitig. Nach Ziff. 21.1 - Formale Prüfung - der Bewerbungsbedingungen werden Angebote insbesondere dann ausgeschlossen, wenn sie nicht die erforderlichen Preisangaben enthalten, nicht die formalen Anforderungen erfüllen, die ggf. in den Vergabeunterlagen oder der Bekanntmachung aufgestellt sind, oder nicht die vorgeschriebenen Erfassungsformulare verwenden, es sei denn, es ist ausdrücklich eine Ausnahme hiervon zugelassen. Wegen der Einzelheiten der Vorgaben wird auf deren Wiedergabe in dem angefochtenen Beschluss der Vergabekammer, dort Seiten 4 bis 7, und die nachfolgenden Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin stellte u.a. die Preis-/ Erfassungsblätter "Lizenzen Landkreis", "Lizenzen Stadt/ Gemeinde" und "Implementierung" bereit. In diesen wird darauf hingewiesen, dass nur die dort gelb markierten Felder von den Bietern auszufüllen sind. Die grau markierten Felder geben die jeweilige Gewichtung des angebotenen Preises wieder. Es handelt sich bei den Preisblättern um Excel-Dateien, bei denen in verschiedenen Zellen Formeln hinterlegt sind, welche die dort von den Bietern eingetragenen Beträge zur "automatischen" Berechnung wertungsrelevanter Zwischenbeträge verwenden. Ob die Verwendung insbesondere der Preis-/ Erfassungsblätter für die Antragstellerin möglich und zumutbar war, steht zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin im Streit.
Der Anforderungskatalog ist in der Weise ausgestaltet, dass Anforderungen zum Teil (im Fall des Nichtvorliegens) als Ausschlusskriterien eingeordnet sind, zum Teil als Wertungskriterien und zum Teil als Informationen, die nicht zu einer Bewertung führen. Die als Wertungskriterien bestimmten Anforderungen werden jeweils mit 0 Punkten ("nicht erfüllt"), 5 Punkten ("grundlegend erfüllt") oder 10 Punkten ("in besonderem Maße erfüllt") bewertet.
Der abzuschließende Rahmenvertrag, der den Vergabeunterlagen beigefügt war (Anlage BF 4), sieht in Ziff. 1.4 ("Bezugsberechtigte") eine Regelung vor, nach der die Antragsgegnerin aus der Rahmenvereinbarung bezugsberechtigt ist und für ihre Kunden Abrufe vornehmen kann. Zu den Kunden der Antragsgegnerin gehören nach der genannten Regelung des Rahmenvertrags u.a. die Beteiligungen der Antragsgegnerin und hierbei u.a. die Fa. Y eG, eine bundesweite Genossenschaft der öffentlichen IT-Dienstleister. Wegen des Wortlauts der Regelung Ziff. 1.4 des Rahmenvertrags wird auf dessen Wiedergabe im angegriffenen Beschluss der Vergabekammer, Seite 8, Bezug genommen.
Am 3.5.2025 richtete die Antragstellerin an die Antragsgegnerin eine Bieteranfrage, die u.a. Fragen zum Preisblatt und zur Referenz X betraf. Hierauf antwortete die Antragsgegnerin mit der Bieterinformation 1 vom 8.5.2025 (Anlage BF 5). Aus dieser ergibt sich, dass ein Bieter die Verlängerung der Bieterfrist über den 13.5.2025 hinaus beantragt hatte, was die Antragsgegnerin ablehnte.
Mit Schreiben vom 12.5.2025 (Anlage BF 6) rügte die Antragstellerin die Leistungskriterien, da diese auf den Leistungskatalog der Beigeladenen zugeschnitten seien, wie sie näher darlegte. Zudem rügte sie, dass Ziff. 1.4 (Bezugsberechtigung) des Rahmenvertrags sie, die Antragstellerin, faktisch ausschließe. Die Antragsgegnerin wisse, dass sie, die Antragstellerin, in anderen Bundesländern exklusive Verträge mit Gebietsrechenzentren abgeschlossen habe, die sie bei Abschluss des Rahmenvertrags im Hinblick auf die Regelung zur Bezugsberechtigung (Ziff. 1.4 des Rahmenvertrags) verletzen würde. Sie biete daher eine Begrenzung der Verträge auf Hessen, ggf. ergänzt um Rheinland-Pfalz, an und eine individuelle Absprache in anderen Konstellationen. Ferner führte sie aus, dass eine "Überschneidung hinsichtlich der Struktur des Preisblattes zur Featureauflistung des Online Bürgerbüros das Argument der Bevorzugung" zu untermauern scheine.
Auf diese Rüge antwortete die Antragsgegnerin in der Angebotsfrist, die am 13.5.2025 um 10:00 Uhr endete, nicht.
An diesem Tag reichte die Antragstellerin ein Angebot ein (Anlage BF 7). Eine der beigefügten Referenzen umfasste die Anbindung des Systems X.
Die Antragstellerin hatte die von der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellten Preis-/ Erfassungsblätter "Lizenzen Stadt/Gemeinde" und "Lizenzen Landkreis" in der Weise ausgefüllt, dass sie in die jeweiligen Zellen, die für die geforderte Preisangabe vorgesehen waren, z.T. "s. Anlage Lizenzen", z.T. "- Euro" und in der Zeile "Text-Chat-Übersetzer" "n.a." angegeben hatte. Die von der Antragstellerin dabei in Bezug genommene Anlagen enthalten jeweils den ausdrücklichen Hinweis, dass die tatsächlichen Kosten je Stadt/ Gemeinde bzw. je Landkreis nach der Einwohnerzahl berechnet würden und keine "Mittelwertkalkulation" erfolge. Hierzu sind entsprechende "Beispielsrechnungen" angegeben.
Das von der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellte Preis-/ Erfassungsblatt "Implementierung" wurde von der Antragstellerin in der Weise ausgefüllt, dass in den Zellen, die für die Eintragung von Festpreisen für bestimmte dort genannte Leistungen vorgesehen sind, lediglich der Hinweis "Siehe Anlage" angegeben wurde. Die beigefügte "Anlage zu Preisblatt Implementierung" sah Preise für verschiedene von der Antragstellerin selbst definierte Leistungen vor, die sie zum Teil nach Aufwand, zum Teil mit Pauschalen bepreiste. Einen einheitlichen durchschnittlichen Tagessatz gab sie nicht an.
Das Angebot der Antragstellerin erfüllte alle als Ausschlusskriterien formulierte Anforderungen. Bei den Wertungskriterien erhielt sie nahezu überwiegend die volle Punktzahl, teilweise die halbe Punktzahl und nur vereinzelt null Punkte. Insgesamt erzielte sie 410 von 490 möglichen Punkten.
Mit Informationsschreiben gemäß § 134 GWB vom 27.5.2025 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, ihr Angebot sei wegen eines Verstoßes gegen die zwingend einzuhaltenden formalen Anforderungen im Hinblick auf die verwendeten Preisblätter und der fehlenden Angabe wesentlicher Preispositionen vom Verfahren gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 VgV auszuschließen (Anlage BF 10). Unter anderem führte sie zur Begründung aus, die Anlage zum Preisblatt "Implementierung", die die Antragstellerin selbst erstellt habe, enthalte nicht die geforderten Positionen, die zur Bewertung der Implementierungskosten notwendig seien. Sie, die Antragsgegnerin, beabsichtige, der Beigeladenen am 7.6.2025 den Zuschlag zu erteilen.
Mit Schreiben vom 28.5.2025 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, der Rüge vom 12.5.2025 nicht abzuhelfen (Anlage BF 11). In Bezug auf die Klausel Ziff. 1.4 des Rahmenvertrags betreffend die Bezugsberechtigung sei die Antragstellerin eigenverantwortlich vertragliche Bindungen mit anderen öffentlichen Auftraggebern eingegangen, was im eigenen Risikobereich der Antragstellerin liege. Sie, die Antragsgegnerin, könne die Vergabeunterlagen nicht zur Berücksichtigung individueller Belange anpassen, da dies gegen den Gleichbehandlungs- und Transparenzgrundsatz verstoße. Die Leistungsanforderungen stimmten nicht mit dem Preiskatalog und der Preisstruktur eines anderen Anbieters überein, sondern basierten auf branchenüblichen, allgemeinen und standardisierten Begriffen und Kategorien.
Mit anwaltlichen Schreiben vom 4.6.2025 rügte die Antragstellerin den Ausschluss ihres Angebots (Anlage BF 12). Ein Ausschlussgrund liege nicht vor, da sie in den Preisblättern "Lizenzen" z.T. Preise von Euro "0,00" bzw. "-" eingetragen, mithin einen Preis angegeben habe. In dem Preisblatt "Implementierung" habe sie Preise angegeben, die sich auf die ausgeschriebenen Leistungen bezögen und daher auch vollständig seien. Sie habe zudem ein Konzept zur Projektabwicklung angegeben und auf einzelne Produktleistungen Bezug genommen. Daher fehle keine Preisangabe, es handele sich jedenfalls nur um unwesentliche Einzelpositionen, die den Gesamtpreis nicht änderten.
Sie wiederholte zudem in diesem Schreiben die Rüge der fehlenden produktneutralen Ausschreibung und der Vergaberechtswidrigkeit der Regelung im Rahmenvertrag über die Bezugsberechtigung (Ziff. 1.4) und setzte der Antragsgegnerin eine Frist bis zum 5.6.2025, 11:00 Uhr.
Mit E-Mail vom 5.6.2025 teilte die Antragsgegnerin mit, den Rügen nicht abzuhelfen, da sie unbegründet seien (Anlage BF 12). Sie verwies insoweit auf ihr Schreiben vom 28.5.2025.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 6.6.2025 hat die Antragstellerin ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet (Anlage BF 14). Sie hat im Hauptantrag beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Vergabeverfahren im Fall fortbestehender Vergabeabsicht produktneutral neu auszuschreiben. Hilfsweise hat sie beantragt, die Antraggegnerin zu verpflichten, die Angebotswertung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.
Sie hat ihr Vorbringen wiederholt, die Antragsgegnerin habe den Grundsatz der Produktneutralität verletzt, da sie die Leistungsbeschreibung und den Anforderungskatalog auf das Produktportfolio der Beigeladenen zugeschnitten habe, wobei sie, die Antragstellerin, annehme, dass die Antragsgegnerin dies auch nicht ordnungsgemäß dokumentiert habe. Sie hat zusätzlich geltend gemacht, die Forderung einer Referenz in Bezug auf die Software X sei ebenfalls vergabewidrig.
Auch sei das Wertungssystem, das für die Zuschlagserteilung die Qualität mit 60% und den Preis mit 40% berücksichtige, gerade im Hinblick auf die zu Gunsten der Beigeladenen formulierten Leistungsanforderungen vergaberechtswidrig.
Sie hat weiter geltend gemacht, Ziff. 1.4 des Rahmenvertrags sei wettbewerbswidrig und diskriminierend, da sie, die Antragstellerin, hierdurch zum Vertragsbruch gegenüber ihren Kunden in Bayern und Baden-Württemberg gezwungen werde.
Der Ausschluss ihres Angebots sei vergaberechtswidrig. Sie habe die geforderten Preise in die von ihr selbst erstellten Anlagen eingetragen. Sie sei berechtigt gewesen, diese zu verwenden, da sich aus der Bekanntmachung lediglich der Wunsch der Antragsgegnerin ergebe, dass die zur Verfügung gestellten Preisblätter verwendet würden; ein Zwang hierzu habe nicht bestanden. Die in den Preisblättern hinterlegten Formeln seien zudem unvollständig und unrichtig.
Sie gehe zudem davon aus, dass die Antragsgegnerin vor Ablauf der Wartefrist des § 134 GWB der Beigeladenen den Zuschlag erteilt habe. Letztlich habe die Antragsgegnerin sie, die Antragstellerin, dadurch behindert, dass sie die erste Rüge erst nach Ablauf der Angebotsfrist beantwortet habe. Sie hat umfassende Einsicht in die Vergabeakte beantragt.
Mit Schriftsatz vom 15.7.2025 hat sie ergänzend ausgeführt, die Antragsgegnerin habe den Wertungspreis unzutreffend errechnet. Sie habe zudem den angebotenen Rabatt auf den Wertungspreis aufgeschlagen, anstatt ihn abzuziehen. Schließlich habe die Antragsgegnerin sie durch die Ausgestaltung des Preisblattes diskriminiert, da dieses nicht den Anforderungskatalog widerspiegele, sondern sich auf Preisangaben beschränke, wobei selbst eine nachvollziehbare Referenzierung zwischen Preisangabe und Anforderungskatalog fehle. Die so abgefragten Preisangaben entsprächen im Wesentlichen der internen Preisstruktur und -angaben der Beigeladenen.
Die Antragsgegnerin hat geltend gemacht, der Nachprüfungsantrag sei unzulässig. Die Antragstellerin könne selbst im Fall des Obsiegens aufgrund des zu hohen Preisangebots den Zuschlag nicht erhalten.
Mit ihrer erstmals im Schriftsatz vom 15.7.2025 geäußerten Rüge einer vermeintlich wettbewerbswidrigen Preisstruktur sei die Antragstellerin präkludiert. Denn sie habe sich - wie sich aus ihrer Bieteranfrage ergebe - im Detail mit der Preisstruktur beschäftigt. Wäre ihr das Ausfüllen der Preisblätter unzumutbar oder unmöglich gewesen, hätte sie dies bei Angebotserstellung erkennen und vortragen müssen. Als mit öffentlichen Auftragsvergaben vertrautes Unternehmen habe sie die Grundregel "keine Abweichungen von den Vorgaben der Vergabeunterlagen" gekannt.
In Bezug auf die Rüge der angeblich vergaberechtswidrig geforderten Referenz zur Anbindung von X verfüge die Antragstellerin über die erforderliche Referenz, so dass bereits aus diesem Grund die Rüge unzulässig sei.
Der Antrag sei jedenfalls unbegründet, da sich aus den Vergabeunterlagen keine Bevorzugung der Beigeladenen ergebe. Sie, die Antragsgegnerin, habe markt- und branchenübliche Formulierungen verwendet und die Anforderungen entsprächen fast vollständig absoluten Standardfunktionen, die für die beabsichtigte Verwendung offensichtlich zweckmäßig seien. Die angeblichen Übereinstimmungen der Anforderungsliste mit dem Produktportfolio der Beigeladenen verletzte die Antragstellerin nicht in ihrem Recht auf fairen Wettbewerb, da die Antragstellerin selbst (unstreitig) sämtliche Anforderungen erfülle, die als Ausschlusskriterien formuliert seien. Einen Anspruch, mit ihrer Lösung die Maximalpunktzahl zu erreichen, habe die Antragstellerin nicht.
Das Wertungssystem und die Gewichtung von Preis mit 40% und Qualität mit 60% sei, wie sie näher ausführt, nicht zu beanstanden.
Die Regelung über die Bezugsberechtigung im Rahmenvertrag (Ziff. 1.4) sei nicht zu beanstanden. Es sei nicht Aufgabe der Vergabestelle, ohne ihr Zutun entstandene Wettbewerbsnachteile einzelner Bieter, die diese durch privatvertragliche Bindungen gegenüber Dritten eingegangen seien, auszugleichen.
Den Vergabeunterlagen liege eine bei der Antragsgegnerin etablierte Leistungsstruktur zugrunde, die auf den Bedarf ihrer Kunden zurückzuführen und üblich sei und nicht die Preisstruktur der Beigeladenen übernehme. Durch die vertragliche Einbeziehung der Fa. Y eG sei der Kreis der Bezugsberechtigten nicht nur auf Hessen begrenzt.
Jedenfalls durch die fehlende Angabe eines einheitlichen durchschnittlichen Tagessatzes im Preisblatt "Implementierung" fehle eine wesentliche Preisangabe, so dass das Angebot der Antragstellerin zu Recht gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV ausgeschlossen worden sei. Zudem habe die Antragstellerin durch den geänderten Leistungszuschnitt für einzelne Preispositionen und die Änderungen an der vorgegebenen Preisstruktur im Preisblatt "Implementierungen" den Ausschlussgrund des § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV erfüllt. Da die Antragstellerin zudem unterschiedliche Tagessätze je nach der Seniorität des eingesetzten eigenen Personals vorsehe, verhindere sie mit den von ihr vorgenommenen Abweichungen die für einen Wettbewerb erforderliche Vergleichbarkeit ihres Angebots mit den Konkurrenzangeboten, so dass das Angebot auszuschließen gewesen sei.
Der Antragstellerin wurde von der Vergabekammer lediglich zum Teil die beantragte Akteneinsicht gewährt.
Unter dem 2.7.2025 erteilte die Vergabekammer einen rechtlichen Hinweis, wonach der Nachprüfungsantrag weder im Haupt- noch im Hilfsantrag Erfolg haben werde, da er zum großen Teil bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet sei. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 863 bis 869 der Vergabekammerakte (nachfolgend: "VergKA") Bezug genommen.
Zu diesem Beschluss nahmen die Parteien nachfolgend Stellung.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Der auf produktneutrale Neuausschreibung gerichtete Hauptantrag sei unzulässig. Die Rüge der fehlenden produktneutralen Ausschreibung sei bereits unschlüssig, da die Antragstellerin nicht vortrage, dass allein die Beigeladene die entsprechenden Anforderungen erfüllen könne; sie trage nicht einmal vor, selbst die Anforderungen nicht erfüllen zu können. Sie habe auch nicht dargetan, dass die gestellten Anforderungen nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt seien. Vielmehr sei es aus Sicht der Vergabekammer nachvollziehbar, dass ein digitales Bürgeramt sämtliche Funktionen eines tatsächlichen "Behördengangs" abbilden könne. Zudem habe die Antragstellerin die Kriterien, deren Nichterfüllung zum Ausschluss führten, vollständig erfüllt. Hinsichtlich der Wertungskriterien habe sie zum Teil die maximale Punktzahl erreicht. Dass es für einzelne Wertungskriterien zu Punktabzügen gekommen sei, habe die Antragstellerin hinzunehmen. Soweit die Antragstellerin wegen der angeblich fehlenden Produktneutralität auf die Wertungskriterien "Übersetzungsfunktion" und "Begutachtung inklusive Geolokalisierung" verweise, habe ein anderer Bieter beide Funktionen, die Übersetzungsfunktion sogar mit der Maximalpunktzahl, erfüllt. Schließlich entsprächen die von der Vergabestelle verwendeten Preisblätter nicht denjenigen der Beigeladenen.
Auch die Rüge, die fehlende Produktneutralität zeige sich durch die Forderung einer Referenz für die Verwendung von X, sei unschlüssig. Es sei nicht dargelegt, dass diese Eignungsanforderung nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Auftragsgegenstand stehe. Auch erfülle die Antragstellerin selbst mit einer Referenz dieses Eignungskriterium. Schließlich hätte die Antragstellerin diesen Verstoß bis zur endgültigen Angebotsabgabe rügen müssen und sei daher gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB präkludiert.
Hinsichtlich beider Punkte (Produktneutralität, insbesondere wegen der Forderung einer Referenz für die Verwendung von X) fehle der Antragstellerin zudem die Antragsbefugnis, da sie nicht einmal die Möglichkeit eines Verstoßes gegen § 31 Abs. 6 Satz 1 VgV oder § 122 Abs. 4 Satz 1 GWB dargelegt habe, insbesondere nicht, dass sie die Anforderungen, die zudem sachgerecht seien, nicht erfüllen könne.
Soweit die Antragstellerin die Vergaberechtswidrigkeit der Regelung über die Bezugsberechtigung im Rahmenvertrag rüge, könne sie hierauf den Hauptantrag, der auf eine produktneutrale Neuausschreibung gerichtet sei, nicht stützen. Dies gelte ebenso, soweit sie geltend mache, ihr Angebot sei zu Unrecht ausgeschlossen worden.
Der Hilfsantrag, der auf die Wiederholung der Angebotswertung gerichtet sei, sei ebenfalls zum Teil bereits unzulässig.
Die Rüge, das Bewertungssystem verstoße gegen das Vergaberecht, sei gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 GWB präkludiert. Die Antragstellerin, die nach ihren eigenen Angaben auf die Erbringung von IT-Dienstleistungen spezialisiert sei und gezeigt habe, dass sie über Kenntnisse des Marktes und der in diesem Markt tätigen Unternehmen verfüge, habe sich ausweislich ihres Rügeschreibens vom 12.5.2025 intensiv mit den Vergabeunterlagen befasst und die gerügte Überschneidung zwischen Anforderungskatalog und Leistungskatalog der Beigeladenen konkret dargelegt. Dies belege, dass die Antragstellerin eine vermeintliche Problematik hinsichtlich der Gewichtung des Qualitätskriteriums hätte erkennen können. Es könne von dem Bieterkreis verlangt werden, zu erkennen, dass das gerügte "Zusammenspiel" von (angeblicher) Produktbezogenheit und Qualitätswirkung wettbewerbswidrig wäre.
Dies gelte auch für die erstmals von der Antragstellerin im Schriftsatz vom 15.7.2025 ausgesprochene Rüge einer vermeintlich vergaberechtswidrigen Preisstruktur. Auch diese Rüge sei aufgrund der Erkennbarkeit der angeblichen Problematik gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB präkludiert. Die Antragstellerin habe sich ausweislich der Bieteranfrage vom 5.5.2025 im Detail mit der Preisstruktur beschäftigt. Die gerügten Umstände seien kalkulationsrelevant und damit für jeden Bieter, der ein Unternehmen führe, erkennbar, zumal die Antragstellerin vorliegend eine eigene Preisstruktur für das Angebot erstellt habe.
Im Übrigen sei der Hilfsantrag auch nicht begründet. Es komme auf die vermeintlich wettbewerbswidrige Regelung zur Bezugsberechtigung im Rahmenvertrag nicht an, da das Angebot der Antragstellerin zwingend auszuschließen gewesen sei. Unabhängig hiervon sei die Klausel nicht wettbewerbswidrig. Dass die Antragstellerin sich privatrechtlich gegenüber Dritten verpflichtet habe, falle in ihre eigene unternehmerische Risikosphäre. Die Antragsgegnerin sei nicht gehalten, etwaige hieraus entstehende Wettbewerbsnachteile auszugleichen. Sie müsse auch nicht die Leistung so ausrichten, dass sich jeder Bieter gleichermaßen an der Ausschreibung beteiligen könne.
Die Antragstellerin sei zudem zwingend auszuschließen. Indem sie anstelle der vorgegebenen Preis-/ Erfassungsbögen eigene Preis-/ Erfassungsbögen eingereicht und in den vorgegebenen Preis-/ Erfassungsbögen "n.a." oder "-,Euro" angegeben habe, könne dies bereits eine Änderung der Vergabeunterlagen iSv § 57 Abs. 1 Nr. 4 iVm § 53 Abs. 7 Satz 1 VgV darstellen. Denn die Antragsgegnerin habe eindeutig und zweifelsfrei in der Bekanntmachung vorgegeben, dass zwingend die von ihr zur Verfügung gestellten Preis-/ Erfassungsbögen verwendet werden müssten. Die in den hierfür eingesetzten Excel-Sheets hinterlegten Formeln ermöglichten eine identische Berechnung der Preise und damit eine Vergleichbarkeit der verschiedenen Bieterangebote. Die Ersetzung der vorgegebenen Erfassungsbögen beeinträchtige daher den Gleichbehandlungsgrundsatz und stelle eine Änderung der Vergabeunterlagen dar.
Soweit die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer die angebliche Unverständlichkeit des Preisblattes "Implementierungen" geltend gemacht habe, sei sie gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB präkludiert. Sie hätte erneut eine Bieteranfrage stellen müssen, wenn die Antwort auf ihre frühere Anfrage aus ihrer Sicht nicht hinreichend gewesen sei.
Wegen der Nichtverwendung der geforderten Preis-/ Erfassungsblätter hätte das Angebot jedenfalls nicht die geforderten Unterlagen enthalten und sei unvollständig gewesen. Daher sei das Angebot gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 2 iVm § 53 Abs. 7 Satz 2 VgV auszuschließen gewesen. Eine Nachforderung von Unterlagen habe nicht im Ermessen der Antragsgegnerin gestanden.
Jedenfalls habe der Ausschlussgrund gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV iVm § 53 Abs. 7 Satz 2 VgV vorgelegen, weil die Antragstellerin nicht das Preisblatt "Implementierung" mit den Preisangaben ausgefüllt, sondern auf ein selbst erstelltes Anlagenblatt verwiesen habe. Diesem hätten Angaben nach dem von der Antragsgegnerin vorgegebenen Leistungszuschnitt gefehlt, da die Antragstellerin selbst Positionen der angebotenen Leistung definiert und diese zum Teil mit pauschalen, zum Teil mit nach Aufwand kalkulierten Preisen versehen habe, während die Antragsgegnerin einen einheitlichen durchschnittlichen Personentagessatz gefordert habe. Eine Nachforderung nach § 56 Abs. 3 Satz 2 VgV sei nicht in Betracht gekommen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde, mit der sie im Hauptantrag beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die bisherige Ausschreibung "in dem erforderlichen Umfang" aufzuheben und die Leistung neu auszuschreiben. Hilfsweise soll die Antragsgegnerin verpflichtet werden, die Angebotswertung zu wiederholen. Sie beantragt gleichzeitig, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde bis zur Entscheidung über sie gemäß § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB zu verlängern.
Sie ist der Auffassung, es sei die aufschiebende Wirkung der Beschwerde bis zur Entscheidung über diese zu verlängern (§ 173 Abs. 1 Satz 3 GWB). Der Antrag sei nur abzulehnen, wenn nach summarischer Prüfung gewichtige Belange der Allgemeinheit einen zügigen Abschluss des Vergabeverfahrens erforderten. Könne die Erfolgsaussicht der Beschwerde noch nicht abschließend beurteilt werden, sei aufgrund der Interessenabwägung dem Rechtsschutz der Antragstellerin der Vorrang einzuräumen.
Daher sei dem Antrag zu entsprechen, da die Beschwerde zulässig und begründet sei, die Antragsgegnerin eine Vielzahl von Vergabeverstößen begangen habe und andernfalls der hieraus drohende Schaden für die Antragstellerin irreversibel sei, da es sich um ein in strategischer Hinsicht sehr bedeutsames Projekt handele.
Für die Antragsgegnerin bedeute die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung keinen gravierenden Nachteil. Weder seien erhebliche finanzielle Nachteile ersichtlich, noch bestehe sonst eine besondere Dringlichkeit der Beschaffung. Dass es der Antragsgegnerin so eilig nicht sei, ergebe sich bereits daraus, dass sie sich im Oktober 2023 noch freiwillig für eine EU-weite Transparenzbekanntmachung entschieden habe; die Antragsgegnerin hätte daher die streitgegenständliche Leistung bereits seit langem beschafft haben können.
Die sofortige Beschwerde sei begründet, da der Nachprüfungsantrag zulässig und begründet sei. Sie wiederholt und vertieft insoweit ihr Vorbringen vor der Vergabekammer:
Der Hauptantrag sei zulässig.
Die angeblich fehlende Schlüssigkeit ihres Vorbringens könne bereits im Grundsatz allenfalls zur Unbegründetheit, nicht aber zur Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags führen. Zudem sei das Vorbringen schlüssig.
Sie, die Antragstellerin, habe einen Verstoß gegen § 31 Abs. 6 VgV vorgetragen. Denn sie habe dargelegt, dass sie dann, wenn die Ausschreibung produktneutral und nicht auf die Beigeladene zugeschnitten gewesen wäre, eine höhere Wertungspunktzahl erhalten hätte und ihr Angebot voraussichtlich erstplatziert gewesen wäre. Zudem habe sie schlüssig vorgetragen, dass die Antragsgegnerin die Preisprüfung fehlerhaft vorgenommen habe, da sie den Ausschluss der Antragstellerin mit der Nichterfüllung einer Anforderung beschrieben habe, die gar keine "Muss-Anforderung" gewesen sei. Sie habe schließlich dargelegt, dass die Antragsgegnerin den Wertungspreis fehlerhaft ermittelt habe. Bei produktneutraler Ausschreibung und ordnungsgemäßer Wertung hätte sie eine konkrete Zuschlagschance gehabt.
Sie sei auch antragsbefugt, da sie dann, wenn die Antragsgegnerin in anderer Weise das Produkt beschrieben hätte, mehr Wertungspunkte hätte erreichen können und ein niedrigerer Preis zu berücksichtigen gewesen wäre, so dass sie Bestbieterin geworden wäre.
Auch der Hilfsantrag sei zulässig. Sie sei mit ihren Rügen nicht präkludiert. Die Vergabekammer habe zu Unrecht die Erkennbarkeit des Vergabeverstoßes bejaht, soweit sie die Vergaberechtswidrigkeit des Bewertungssystems und der Preisstruktur gerügt habe. Die Prüfung der zugrunde liegenden Fragestellungen setze eine juristische Auseinandersetzung voraus, zu der sie, die Antragstellerin, selbst nicht in der Lage gewesen sei.
Der Hauptantrag sei begründet.
Zum einen verstoße die Ausschreibung gegen den Grundsatz der Produktneutralität (§ 31 Abs. 6 Satz 1 VgV), da die Antragsgegnerin die Leistungsbeschreibung auf die Produkte der Beigeladenen zugeschnitten und damit verdeckt produktbezogen ausgeschrieben habe. Dies sei geschehen, indem die Wertungskriterien in der Anforderungsliste in solcher Weise festgelegt worden seien, dass die Beigeladene die meisten Punkte erzielen und mithin auch den Zuschlag erhalten werde.
So erfülle insbesondere allein die Beigeladene die Anforderung "Screensharing", was die Antragsgegnerin wisse. Es sei nicht erkennbar, warum die Antragsgegnerin diese Funktion benötige, sie sei nicht marküblich.
Sie, die Antragstellerin, habe auch die Anforderung "Begutachtung" nicht erfüllen können, während die Beigeladene hier die volle Punktzahl erhalten habe. Die Antragsgegnerin habe diesen Punkt nur deshalb aufgenommen, damit die Beigeladene dieses Wertungskriterium erfüllen könne. Es sei insbesondere nicht ersichtlich, wofür die Antragsgegnerin eine Geolokalisierung benötige, was sie auch in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer nicht habe darlegen können. Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Geolokalisierung sei zweifelhaft.
Bei der Anforderung "zweiter Sachbearbeiter", die nach ihrem Wortlaut dem Produktangebot der Beigeladenen entspreche, habe sie, die Antragstellerin, nur 5 von 10 Wertungspunkten erhalten können.
Die in der Anforderung der Übersetzungsfunktion vorgesehenen Sprachen seien solche, die nur die Beigeladene anbiete. Die geforderten Sprachen spiegelten nicht die Gruppen der in Hessen eingewanderten Anwohner wider und entsprächen daher nicht dem Beschaffungsbedarf der Antragsgegnerin.
Die Beigeladene habe das unter der Anforderung "Screensharing" ebenfalls geforderte Ausschlusskriterium "Black & Whitelisting" nicht erfüllt, das Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer gewesen sei. Die Vergabekammer habe zum einen in dem angefochtenen Beschluss zu Unrecht von der "Whiteboardfunktion" gesprochen (Beschluss S. 22 unten), die gar nicht Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung gewesen sei, was das fehlende technische Verständnis der Vergabekammer belege. Wenn die Vergabekammer weiter ausführe (Beschluss S. 23 oben), es sei Sache der Antragsgegnerin zu beurteilen, ob die Anforderungen erfüllt würden und ggf. sei ein etwaiger Nachbesserungsbedarf zu beheben, verkenne sie, dass es sich um ein Ausschlusskriterium handele, so dass das Angebot der Beigeladenen, erfülle es die Anforderung nicht, auszuschließen wäre.
Des Weiteren habe die Antragsgegnerin eine fehlerhafte Preiswertung durchgeführt, indem sie den Wertungspreis unzutreffend und fehlerhaft berechnet habe.
Außerdem verletze die Regelung in Ziff. 1.4 der Rahmenvereinbarung die Antragstellerin in ihren Rechten.
Daneben entsprächen die in den Preis-/ Erfassungsblättern "Lizenzen Stadt/ Gemeinde" und "Lizenzen Landkreis" abgefragten Preise dem Preismodell der Beigeladenen. Die von der Antragsgegnerin dort für bestimmte Positionen ("Basis Modul", "Identifikation", "Protokoll", "Signatur", "Payment" und "Text-Chat-Übersetzen") abgefragten Preise würden von der Beigeladenen außerhalb des Vergabeverfahrens so für die von ihr angebotenen Leistungen gefordert. Die Beigeladene habe daher ihre Preise in die passenden Positionen der Preis-/ Erfassungsblätter eintragen können. Ihr, der Antragstellerin, sei dies nicht möglich gewesen. So sei etwa die Leistung "Protokoll" bereits in ihrem Basismodul enthalten, so dass sie hierfür keine gesonderten Preise habe anbieten können, was die Antragsgegnerin zum Anlass genommen habe, zu Unrecht ihr Angebot auszuschließen.
Zudem seien die Preisblätter und die Wertung der Preise insoweit vergaberechtswidrig, als die Antragsgegnerin dort Vorgaben gemacht habe, die nicht durch die von ihr geltend gemachten Bedürfnisse im Bundesland Hessen gerechtfertigt werden könnten. Denn die Preisabfragen der Antragsgegnerin im Preisblatt bezögen sich auf Landkreise mit solchen Einwohnerzahlen, wie sie in Hessen nicht existierten. In der Erörterung vor der Vergabekammer habe die Antragsgegnerin insoweit angegeben, über die Fa. Y bundesweit handlungsfähig zu sein. Daher argumentiere die Antragsgegnerin widersprüchlich.
Zu Unrecht habe die Antragsgegnerin das Angebot der Antragstellerin ausgeschlossen. Die Preisblätter der Antragsgegnerin seien offenbar fehlerhaft, da insbesondere der Rabatt als Zuschlag auf den Angebotspreis addiert worden sei und das Preisblatt "Implementierung" nicht habe ausgefüllt werden können. Insbesondere sei das Preisblatt "Implementierung" für sie, die Antragstellerin, nicht verständlich gewesen, weshalb sie am 5.5.2025 eine Bieteranfrage an die Antragsgegnerin geschickt habe, die diese erst am 8.5.2025 beantwortet habe. Da bereits am 13.5.2025 die Angebotsfrist abgelaufen, der 10.5. und 11.5.2025 ein Wochenende gewesen sei und die Antragsgegnerin eine Verlängerung der Angebotsfrist verneint habe, sei eine erneute Bieteranfrage für sie, die Antragstellerin, nicht möglich gewesen, zumal die Antragsgegnerin deutlich gemacht habe, ihre Unterlagen nicht ändern zu wollen.
Auch die von der Vergabekammer in der mündlichen Verhandlung vorgeschlagene Alternative, das Angebot "unter Vorbehalt" einzureichen oder gar kein Angebot einzureichen, seien nicht in Betracht gekommen. Sie, die Antragstellerin, habe bereits in der Verhandlung vor der Vergabekammer deutlich gemacht, dass es für die nicht vergaberechtlich geschulte Rechtsabteilung der Antragstellerin nicht möglich gewesen sei, zu wissen, dass eine Vergabestelle zur Beantwortung einer Bieteranfrage, nicht aber zur Beantwortung einer Rüge verpflichtet sei.
Sie nehme zudem an, dass die Antragsgegnerin bereits vor Ablauf der Wartefrist der Beigeladenen den Zuschlag erteilt habe.
Die Antragsgegnerin habe sie, die Antragstellerin auch behindert, indem sie deren erste Rüge nicht vor Abgabe des Angebots beantwortet habe.
Schließlich habe die Antragsgegnerin bewusst eine effektive weitergehende Akteneinsicht verwehrt. Sie sei auf die weitere Akteneinsicht angewiesen, um die Frage der Definition des Beschaffungsbedarfs auf der Grundlage der Markterkundung, der (angeblich) erfolgten Änderung des Beschaffungsbedarfs und der sachlichen Rechtfertigung der produktbezogenen Kriterien zu klären.
Die Antragstellerin beantragt,
1. die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über die Beschwerde gemäß § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB zu verlängern,
2. den Beschluss der 2. Vergabekammer Hessen vom 1. August 2025 (96e 01.02/24-2025) aufzuheben,
3. der Antragsgegnerin zu untersagen, in dem Vergabeverfahren "digitales Bürgeramt mit Video-Beratung - ..." den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen,
4. die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Vergabeverfahren "digitales Bürgeramt mit Video-Beratung - ..." in dem erforderlichen Umfang aufzuheben und die Leistung bei fortbestehender Beschaffungsabsicht unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu wiederholen,
5. hilfsweise zu 4:
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Angebotswertung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu wiederholen,
6. die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die Kosten vor der Vergabekammer und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin der Antragsgegnerin aufzuerlegen,
7. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin vor der Vergabekammer für notwendig zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag unter Ziff. 1 des Beschwerdeschriftsatzes auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde (§ 173 Abs. 1 Satz 3 GWB) zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin verteidigt die angefochtene Entscheidung und wiederholt und vertieft ihr Vorbringen.
Jedenfalls fehle der Antragstellerin die Antragsbefugnis, da sie selbst bei vollem Obsiegen nicht für den Zuschlag vorzusehen wäre. Denn auch wenn sie in Bezug auf die von ihr beanstandeten Anforderungskriterien mit der maximalen Punktzahl zu bewerten wäre und der von ihr selbst im Nachprüfungsverfahren genannte Wertungspreis zugrunde gelegt würde, bleibe ihr Angebot in der Gesamtwertung hinter demjenigen der Beigeladenen zurück. Das Angebot der Beigeladenen sei auch nicht auszuschließen. Zudem sei das Angebot der Antragstellerin jedenfalls zu Recht ausgeschlossen worden, da sie die nicht die zwingend vorgeschriebenen Preisblätter, sondern eigene Preisblätter verwendet habe.
Soweit sie die Preisstruktur der Preisblätter rüge, sei sie präkludiert. Sie, die Antragsgegnerin, habe die Bieteranfrage der Antragstellerin zu den Preisblättern beantwortet. Sollte dies unzureichend gewesen sein, wie die Antragstellerin jetzt behaupte, hätte die Antragstellerin dies rechtzeitig rügen oder erneut nachfragen müssen. Dies habe sie jedoch nicht getan, sondern ohne weitere Thematisierung dieses Punktes ihr Angebot abgegeben.
Jedenfalls sei die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde nicht zu verlängern. Die Antragstellerin habe nach ihrem eigenen Vortrag kein Interesse, den Rahmenvertrag mit der rechtmäßigen Regelung der Bezugsberechtigung zu Gunsten der Fa. Y abzuschließen. Der Antragstellerin komme eine besonders privilegierte Stellung auf dem bundesweiten Markt zu, da allein ihr Produkt eine SAP-Schnittstelle aufweise, die für etliche Kommunen zwingende Voraussetzung sei, was aber für die von den hessischen Kommunen überwiegend verwendeten Systeme nicht gelte. Die Antragstellerin wolle das Nachprüfungsverfahren daher dazu nutzen, noch an möglichst viele hessische Kommunen, die dringend auf Einführung einer Software zur Einrichtung digitaler Bürgerämter warteten, ihre Produkte zu vertreiben.
Mit Beschluss vom 25.8.2025 hat der Senat die Beiladung der Fa. Q GmbH ausgesprochen.
Die Beigeladene trägt vor, ihr Produkt erfülle vollumfänglich die als Ausschlusskriterium ausgestaltete Anforderung des "Black & Whitelisting", nämlich die Anforderung 1.1 Screensharing, "Durch Pflege einer White-List muss verhindert werden, dass versehentlich Inhalte falscher Applikationen übertragen werden."
Mit Beschluss vom 1.9.2025 hat der Senat die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin gegen den angefochtenen Beschluss einstweilen bis zur endgültigen Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde vom 19.8.2025 verlängert.
II.
Der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ist zulässig, insbesondere ist die sofortige Beschwerde gemäß §§ 171, 172 GWB form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Er hat aber in der Sache keinen Erfolg (§ 173 Abs. 2 GWB).
Die Entscheidung über die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung orientiert sich an den Vorgaben des § 173 Abs. 2 GWB. Danach lehnt das Gericht den Antrag ab, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung sind das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers, die Erfolgsaussichten der Beschwerde, die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren den Auftrag zu erhalten und das Interesse der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Der Eilantrag ist zurückzuweisen, wenn die sofortige Beschwerde in der Sache bereits bei summarischer Prüfung von vornherein ohne jede Aussicht auf Erfolg ist (§ 173 Abs. 2 GWB).
So liegt der Fall hier, weil die sofortige Beschwerde weder im Hauptantrag (nachfolgend zu A) noch mit dem Hilfsantrag (nachfolgend zu B) Aussicht auf Erfolg hat.
Abgesehen davon wäre vorliegend bei der Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin zu berücksichtigen, dass sie selbst ausgeführt hat, den Rahmenvertrag, der in Ziff. 1.4 der Fa. Y bundesweit die Bezugsberechtigung eröffnet, nicht schließen zu können, da sie damit Exklusivitätsvereinbarungen mit IT-Dienstleistern in Bayern und Baden-Württemberg verletze. Da die Regelung Ziff. 1.4 des Rahmenvertrags, wie nachfolgend ausgeführt werden wird, vergaberechtsgemäß ist, bestehen Zweifel an einem erheblichen Interesse der Antragstellerin an der Auftragserteilung.
A. Nach der gebotenen summarischen Prüfung hat der Hauptantrag, der dahin auszulegen ist, dass die Antragsgegnerin verpflichtet werden soll, im Fall der fortbestehenden Beschaffungsabsicht die Leistung neu auszuschreiben, keine Aussicht auf Erfolg.
Für diesen Antrag sind die Rügen des fehlerhaften Ausschlusses der Antragstellerin sowie der fehlerhaften Berechnung der von der Antragstellerin angegebenen Preise nicht von Relevanz, da ihr Erfolg nicht eine Neuausschreibung, sondern nur die mit dem Hilfsantrags geltend gemachte Neubewertung zur Folge hätte.
1. Der Hauptantrag ist in Bezug auf die Rüge der fehlenden produktneutralen Ausschreibung der Leistung im Hinblick auf den Anforderungskatalog (hierzu nachfolgend a)), die Rüge, die Beigeladene habe wegen Nichterfüllung eines Ausschlusskriteriums ausgeschlossen werden müssen (hierzu nachfolgend b)) und die vermeintliche Vergaberechtswidrigkeit der Regelung Ziff. 1.4. des Rahmenvertrags (hierzu nachfolgend c)) zulässig. Ebenso ist der Hauptantrag im Hinblick auf die Rüge zulässig, die Preisstruktur sei wegen des im Preisblatt abgefragten Preismodells auf die Beigeladene abgestimmt und daher vergaberechtswidrig (hierzu nachfolgend d)).
Der Hauptantrag ist demgegenüber in Bezug auf die Rüge der Antragstellerin, die Preisstruktur sei auch insofern auf die Beigeladene abgestimmt, als dort Abfragen zu Landkreisen mit solch hohen Einwohnerzahlen erfolgten, die in Hessen nicht existierten (hierzu nachfolgend e)), unzulässig.
Im Einzelnen:
a) Der Hauptantrag ist im Hinblick auf die Rüge, die Ausschreibung sei wegen der Ausgestaltung der Wertungskriterien des Anforderungskatalogs nicht produktneutral erfolgt und verstoße daher gegen § 31 Abs. 6 VgV, zulässig.
Diese Rüge hat die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren dahin weiter konkretisiert, dass sie nicht nur dadurch benachteiligt und diskriminiert werde, dass der Anforderungskatalog mit den dort geforderten Leistungen auf das Produkt der Beigeladenen ausgerichtet sei, sondern auch dadurch, dass das Wertungssystem die Qualität und damit die Erfüllung des Anforderungskatalogs mit 60% als Zuschlagskriterium gewichte, während der Preis lediglich mit 40% berücksichtigt werde.
aa) Die Antragstellerin ist mit dieser Rüge nicht präkludiert. Sie hat in ihrem Schreiben vom 12.5.2025, das auch nach dem Vortrag der Antragsgegnerin noch vor Ablauf der Angebotsfrist bei ihr einging, gerügt, dass die vorgegebenen Anforderungskriterien auf das Produkt der Beigeladenen zugeschnitten seien, die hierdurch bevorzugt sei und damit die Rüge rechtzeitig erhoben (§ 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB).
bb) Die Antragstellerin ist insoweit antragsbefugt iSv § 160 Abs. 2 GWB.
Sie rügt, durch eine verdeckt produktspezifische Ausschreibung, die gegen § 31 Abs. 6 Satz 1 VgV verstoße, in ihren Rechten verletzt zu sein. Sie hat ein Angebot abgegeben und damit ihr Interesse an dem Auftrag dokumentiert. Sie macht geltend, dass dann, wenn die Ausschreibung nicht verdeckt produktspezifisch erfolgt wäre, ihr Angebot anders gewertet worden wäre, da es ihr durch die (verdeckt) produktspezifische Ausschreibung nicht möglich gewesen sei, eine höhere Zahl an Punkten zu erreichen. Deshalb - sowie wegen der ebenfalls zu beanstandenden Preiswertung - wäre ihr Angebot nicht für den Zuschlag vorgesehen gewesen. Dies ist zur Darlegung eines Schadens im Sinne einer Verringerung der Zuschlagschance ausreichend (§ 160 Abs. 2 Satz 2 GWB).
Ob letztlich die Annahme der Antragstellerin richtig ist, ob es also für eine Verletzung von § 31 Abs. 6 VgV genügt, dass die Antragstellerin mit ihrem Produkt wegen der Ausschreibung eine geringere Wertung befürchten muss, ist keine Frage der Antragsbefugnis, sondern der Begründetheit.
Die Antragstellerin ist antragsbefugt, ohne dass es darauf ankommt, ob ihr Angebot wirksam ausgeschlossen wurde. Denn auch im Fall des wirksamen Ausschlusses besteht unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit der Gewährung einer sog. zweiten Chance (grundlegend: BGH, Beschlüsse vom 26.9.2006 - X ZR 14/06 - Polizeianzüge und vom 10.11.2009 - X ZB 8/09 - Endoskopiesystem) eine Antragsbefugnis für solche Rügen fort, deren Behebung eine teilweise Aufhebung des bisherigen Vergabeverfahrens oder die Untersagung der Zuschlagserteilung an die Zuschlagsprätendentin erforderte und damit auch der Antragstellerin die Möglichkeit eröffnete, sich - im Fall fortbestehender Beschaffungsabsicht der Antragsgegnerin - durch ein neues Angebot am Vergabeverfahren zu beteiligen. Dies ist für die Rüge, die Ausschreibung sei unter Verletzung von § 31 Abs. 6 VgV erfolgt, der Fall.
Die Antragsbefugnis ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil - so die Antragsgegnerin - auf das Angebot der Antragstellerin keinesfalls ein Zuschlag erfolgen könne, da die Antragstellerin auch bei Bewertung der von ihren beanstandeten Kriterien mit der maximalen Punktzahl und der Berücksichtigung des von der Antragstellerin selbst angegebenen Wertungspreises nur eine geringere Wertung hätte erzielen können als die Beigeladene. Wäre wegen Verstoßes gegen § 31 Abs. 6 VgV neu auszuschreiben, ergäben sich andere Anforderungen bzw. andere Wertungsvorgaben, zudem käme es ggf. auch zu einer anderweitigen Preisberechnung. Daher kann nicht bereits jetzt festgestellt werden, dass die Antragstellerin im Fall der Neuausschreibung keine Möglichkeit hätte, sich erfolgreich an einer solchen zu beteiligen.
cc) Für die Zulässigkeit der Rüge kommt es nicht darauf an, ob die Antragstellerin die Voraussetzung für die Vergaberechtswidrigkeit schlüssig dargelegt hat. Die Schlüssigkeit ist eine Frage der Begründetheit, nicht der Zulässigkeit.
b) Die Rüge der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren, die Beigeladene habe das unter der Anforderung "Screensharing" ebenfalls geforderte Ausschlusskriterium "Black & Whitelisting" nicht erfüllt, so dass ihr Angebot hätte ausgeschlossen werden müssen, ist zulässig. Die Antragstellerin ist insoweit antragsbefugt und die Rüge ist nicht gemäß § 160 Abs. 3 GWB präkludiert.
c) Der Nachprüfungsantrag ist in Bezug auf die Rüge der Antragstellerin, die Ausschreibung diskriminiere und benachteilige durch die Regelung der Bezugsberechtigung im Rahmenvertrag (Ziff. 1.4) die Antragstellerin, begünstige die Beigeladene und verstoße damit gegen § 97 Abs. 2 GWB (und ggf. § 31 Abs. 6 VgV), zulässig.
Die Antragstellerin ist antragsbefugt; es gelten die Ausführungen zu a) entsprechend.
Die Antragstellerin ist auch mit der Rüge nicht präkludiert (§ 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB). Denn sie hat bis zum Ablauf der Angebotsfrist, nämlich mit ihrer Rüge vom 12.5.2025, geltend gemacht, sie, die Antragstellerin, werde durch die genannte Regelung des Rahmenvertrags faktisch vergaberechtswidrig von der Vergabe ausgeschlossen.
d) Die Antragstellerin macht in der sofortigen Beschwerde geltend, der Zuschnitt des Preismodells sei vergaberechtswidrig, da die konkrete Ausgestaltung der in den Preis-/ Erfassungsblättern "Lizenzen Stadt/ Gemeinde" und "Lizenzen Landkreis" abgefragten Preise auf die Preisstruktur auf die Beigeladene abgestimmt sei. Die dort abgefragten Preise u.a. für die Positionen "Basis Modul", "Identifikation", "Protokoll", "Signatur", "Scannen", "Payment", "Text-Chat-Sender" würden nach dem Preismodell der Beigeladenen von ihr so angeboten und könnten daher von ihr ohne weiteres eingetragen werden, was ihr, der Antragstellerin, wegen ihrer abweichenden Preisstruktur nicht möglich gewesen sei.
Der Nachprüfungsantrag ist in Bezug auf diese Rüge zulässig.
Die Antragstellerin ist antragsbefugt; es gelten die obigen Ausführungen zu a) entsprechend.
Die Antragstellerin ist mit dieser Rüge nicht gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB präkludiert. Denn sie hat diese Rüge bereits in dem Rügeschreiben vom 12.5.2025 erhoben. Zwar verhält sich das Rügeschreiben vom 12.5.2025 in dem zweiseitigen Anschreiben hierzu nicht. In der dort in Bezug genommenen Anlage 1 rügt die Antragstellerin aber auch die Struktur des Preisblattes. Denn dort heißt es:
"Ferner erscheint uns eine Überschneidung hinsichtlich der Struktur des Preisblattes zur Featureauflistung des Online Bürgerbüros das Argument der Bevorzugung zu untermauern".
Nachfolgend werden die in den Preis-/ Erfassungsblättern "Lizenzen Stadt/ Gemeinde" und "Lizenzen Landkreis" genannten Leistungen, die Gegenstand der Preisabfrage sind, einer Preisübersicht der Beigeladenen gegenübergestellt.
e) Die Antragstellerin rügt darüber hinaus die Vergaberechtswidrigkeit der im Preis-/ Erfassungsblatt "Lizenzen Landkreise" abgefragten Preisstruktur gemäß § 97 Abs. 2 GWB. Dort würden Preise für Landkreise mit über 500.000 Einwohnern (Landkreise mit bis zu 500.000, bis zu 700.000 und über 700.000 Einwohner) abgefragt, für die kein Beschaffungsbedarf bestehe, da in Hessen kein Landkreis mehr als 500.000 Einwohner habe. Die Festlegung sei daher sachwidrig. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Preisstruktur auch insofern auf die Beigeladene zugeschnitten sei.
Dieser Zuschnitt benachteilige zudem Anbieter, die einen Preis pro Einwohner anbieten, da ein Mittelwert für bestimmte Kategorien mangels existierender Kommunen/ Landkreise nicht ermittelt werden könne. Die Antragsgegnerin hätte Bietern, die mit einem anderen Preismodell als die Beigeladene kalkulieren, eine nachvollziehbare Bewertungslogik bereitstellen müssen, die ihnen ein realistisches Angebot ermöglicht hätte.
Die Vergabekammer ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin mit dieser Rüge gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB präkludiert ist (Beschluss S. 26 unter III.), da der gerügte Vergaberechtsverstoß für die Antragstellerin aus den Vergabeunterlagen erkennbar war.
§ 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB setzt neben der Erkennbarkeit der Tatsachen eine Erkennbarkeit des Rechtsverstoßes voraus. Diese ist auch auf die rechtliche Bewertung der Tatsachen als Vergaberechtsverstoß zu beziehen. "Erkennbar" iSv § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB sind nur solche Verstöße, die laienhaft und ohne Anwendung juristischen Sachverstands ins Auge fallen; übersteigerte tatsächliche und rechtliche Anforderungen dürfen diesbezüglich nicht an einen Bieter gestellt werden. Maßstab ist ein durchschnittlicher fachkundiger Bieter, der die übliche Sorgfalt anwendet. Ein durchschnittlicher Bieter muss insbesondere nicht die Rechtsprechung der Vergabesenate und Vergabekammern kennen (Senat, Beschluss vom 30.3.2021 - 11 Verg 18/20 Rn. 63 f., zit nach juris mwN).
Auf dieser Grundlage war für die Antragstellerin der gerügte Vergaberechtsverstoß aus den Vergabeunterlagen erkennbar, so dass sie ihn bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe hätte rügen müssen (§ 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB), was nicht geschehen ist.
Die Antragstellerin führte in ihrem Schreiben vom 12.6.2025 selbst aus, die Vergabeunterlagen sorgfältig analysiert zu haben.
Sie hat sich auch mit den in den Preis-/ Erfassungsblättern abgefragten Preisen und zwar auch im Hinblick auf deren Bezugsgrößen beschäftigt. Denn sie hat folgende Bieteranfrage gestellt:
"Reiter Implementierung
Auf was für eine Kundengruppe beziehen sich die Projektdienstleistungen? Sollen hier die Aufwände pro anwendende Stadt/Gemeinde/Landkreis aufgelistet werden oder eine Gesamtschätzung? Die Aufwände unterscheiden sich maßgeblich je nach Größe der einführenden Stadt/ Gemeinde/ Landkreis. Wenn eine Gesamtschätzung abgegeben werden soll, was ist das dafür anzunehmende Mengengerüst an Städten/Gemeinden/Landkreisen mit den entsprechenden Einwohnergrößenkategorien?"
Gegenstand dieser Bieteranfrage war zwar nicht das Preis-/ Erfassungsblatt "Lizenzen Landkreis", sondern das Preis-/ Erfassungsblatt "Implementierung", dass die Preise für bestimmte Leistungen der Implementierung einheitlich abfragte, ohne auf verschiedene Größen oder Größenkategorien der Bezugsgrößen, nämlich der Städte/ Gemeinden bzw. Landkreise, bei denen die Implementierung vorzunehmen ist, abzustellen.
Aus der Bieteranfrage ergibt sich aber, dass die Antragstellerin der Auffassung war, dass im Hinblick auf die unterschiedlichen Aufwände je Größe der Stadt/ Gemeinde bzw. Landkreis kein einheitlicher Preis von ihr angegeben werden könne. Sie hat daher die abgefragten Preise im Hinblick auf ihre Bezugsgröße analysiert und kritisch gewürdigt.
Dies lässt ohne weiteres den Schluss zu, dass sich die Antragstellerin im Grundsatz damit auseinandergesetzt hat, ob und in welcher Weise die abgefragten Preise zu der Größe der Städte/ Gemeinden bzw. der Landkreise in Bezug stehen. Anhaltspunkte dafür, dass dies lediglich in Bezug auf die abgefragten Preise für die Implementierung, nicht aber in Bezug auf die abgefragten Preise der Lizenzen (für Landkreise und Stadt/ Gemeinden) erfolgt sein sollte, bestehen nicht. Die Preisgestaltung allgemein ist kalkulationsrelevant und gehört zu den Kernparametern, mit denen sich der Bieter im Rahmen der Vergabe intensiv auseinandersetzt.
Warum der Antragstellerin hierbei nicht aufgefallen sein sollte, dass die Preisabfragen in dem Preisblatt "Lizenzen Landkreis" - wie sie reklamiert - in Bezug auf die Bezugsgröße, nämlich die Größe der abgefragten Landkreise, nicht sachgerecht sind, da sie für das Land Hessen nicht "passen" und sie daher - nach ihrem Vorbringen - aufgrund ihres Preismodells an einer sachgerechten Preisangabe gehindert ist, ist nicht nachvollziehbar. Insbesondere hat sie es ausweislich ihres Rügeschreibens vom 12.6.2025 als vergaberechtswidrig bewertet, dass bestimmte abgefragte Preisstrukturen (nach ihrer Rüge) auf die Beigeladene zugeschnitten sind.
Wenn die Antragstellerin in der sofortigen Beschwerde demgegenüber geltend macht, die Rüge der Vergaberechtswidrigkeit der Preisstruktur sei nicht präkludiert, da diese Bewertung eine juristische Auseinandersetzung erfordert hätte, zu der die Antragstellerin nicht in der Lage gewesen sei, setzt sie sich mit den o.g. konkreten Umständen des vorliegenden Falles nicht auseinander.
2. Soweit der Hauptantrag in Bezug auf die genannten Rügen zulässig ist, ist er unbegründet. Dies gilt für die Rüge des Verstoßes gegen § 31 Abs. 6 VgV und § 97 Abs. 2 GWB im Hinblick auf die Gestaltung der Anforderungsliste (hierzu nachfolgend a)), im Hinblick auf die in den Preisblättern "Lizenzen Stadt/ Gemeinde" und "Lizenzen Landkreise" abgefragte Preisstruktur (hierzu nachfolgend b)), die gerügte Vergaberechtswidrigkeit der Regelung der Bezugsberechtigung Ziff. 1.4 im Rahmenvertrag (hierzu nachfolgend c)) und den angeblich fehlerhaft unterbliebenen Ausschluss des Angebots der Beigeladenen (hierzu nachfolgend d)).
a) Die Rüge, die Ausschreibung verstoße im Hinblick auf den Anforderungskatalog gegen § 31 Abs. 6 VgV ist unbegründet.
aa) Bei der Beschaffungsentscheidung für ein bestimmtes Produkt, eine Herkunft, ein Verfahren oder dergleichen ist der öffentliche Auftraggeber im rechtlichen Ansatz ungebunden. Die Entscheidung wird erfahrungsgemäß von zahlreichen Faktoren beeinflusst, unter anderem von technischen, wirtschaftlichen, gestalterischen oder solchen der sozialen, ökologischen oder ökonomischen Nachhaltigkeit. Die Wahl unterliegt der Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers, deren Ausübung dem Vergabeverfahren vorgelagert ist. Sie muss zunächst einmal getroffen werden, um eine Nachfrage zu bewirken. Das Vergaberecht regelt demnach nicht, was der öffentliche Auftraggeber beschafft, sondern nur die Art und Weise der Beschaffung. Einer besonderen vergaberechtlichen Ermächtigungsgrundlage bedarf die Bestimmung des Auftragsgegenstands durch den Auftraggeber nicht. Sie ergibt sich aus der Vertragsfreiheit. Die danach im jeweiligen Fall vorgenommene Bestimmung des Beschaffungsgegenstands ist von den Vergabenachprüfungsinstanzen im Ausgangspunkt nicht zu kontrollieren (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.7.2024 - VII-Verg 2/24 mWN, Rn. 79 f., zit nach juris).
Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 VgV hat der öffentliche Auftraggeber aber die Leistungsbeschreibung in einer Weise zu fassen, dass sie allen Unternehmen den gleichen Zugang zum Vergabeverfahren gewährt. In der Leistungsbeschreibung darf nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren, das die Erzeugnisse oder Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens kennzeichnet, verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden. Es muss den Unternehmen der gleiche Zugang zum Vergabeverfahren gewährt werden, so dass die geforderte Leistung nicht so beschrieben werden darf, dass sie von vornherein nur von bestimmten Unternehmen mit bestimmten Produkten erbracht werden kann. Solche Verweise sind nur zulässig, wenn dieser Verweis durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist (§ 31 Abs. 6 S. 1, 2. HS VgV) oder wenn der Auftragsgegenstand andernfalls nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann (§ 31 Abs. 6 S. 2, 1. HS VgV) (OLG Düsseldorf, aaO - VII-Verg 2/24; vgl. auch Senat, Beschluss vom 16.4.2019 - 11 Verg 2/19 - Flugzeugschlepper zu § 28 Abs. 6 SektVO, Rn 67ff., zit nach juris).
bb) Auf dieser Grundlage lässt sich nicht feststellen, dass die Antragsgegnerin gegen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung iSv § 31 Abs. 6 VgV verstoßen hat.
(1) Die Antragsgegnerin hat keine konkreten Produktvorgaben gemacht, sondern lediglich Anforderungen an die Software formuliert. Diese hat sie in dem Anforderungskatalog zum Teil als Ausschlusskriterien und zum Teil als Wertungskriterien formuliert und schließlich zum Teil der Kategorie "Information" zugeordnet, wobei die Anforderungen der letztgenannten Kategorie nicht gewertet wurden. Die Wertungskriterien hat sie in der Weise gestaltet, dass diese mit 10 Punkten ("in besonderem Maße erfüllt"), 5 Punkten ("grundlegend erfüllt") und 0 Punkten ("nicht erfüllt") bewertet werden konnten.
Die Antragstellerin rügt insoweit die Ausgestaltung des Anforderungskatalogs in Bezug auf die Wertungskriterien und macht geltend, die Antragsgegnerin habe diese so gestaltet, dass die Beigeladene den Zuschlag hätte erhalten müssen, was sie zusätzlich durch die Gewichtung der Qualität mit 60% sichergestellt habe.
Demgegenüber sind die als Ausschlusskriterien formulierten Anforderungen lediglich insoweit Gegenstand ihrer Rügen, als sie geltend macht, die Beigeladene habe eine dieser Anforderungen ("Black & Whitelisting") nicht erfüllt und hätte daher ausgeschlossen werden müssen (hierzu nachfolgend d)). Die Ausgestaltung der als Ausschlusskriterien formulierten Anforderungen im Übrigen rügt sie zu Recht nicht, da sie selbst sämtliche dieser Anforderungen erfüllt hat, so dass hieraus eine verdeckt produktspezifische Ausschreibung zu Gunsten der Beigeladenen nicht hergeleitet werden kann.
(2) In der damit allein gerügten Ausgestaltung der als Wertungskriterien formulierten Anforderungen kann im Ausgangspunkt eine vergaberechtswidrige verdeckt produktspezifische Ausschreibung liegen. Zwar hat der Senat angenommen, dass Anforderungen, die nicht als Ausschlusskriterien ausgestaltet sind, für die Frage der produktbezogenen Ausschreibung nicht in Betracht kämen (Senat, aaO - 11 Verg 2/19 - Flugzeugschlepper, Rn. 73, zit. nach juris). Dort war aber einziges Zuschlagkriterium der Preis, so dass nicht festgestellt werden konnte, dass die Nichterfüllung dieser weiteren Kriterien für die Zuschlagserteilung von Bedeutung sein würde.
Die Anforderungen, die die Antragsgegnerin vorliegend als Wertungskriterien formuliert hat, können aber Einfluss auf die Zuschlagsentscheidung haben. Denn durch die Wertungskriterien wird das Zuschlagskriterium "Qualität" ermittelt, das im überwiegenden Maße, mit 60%, neben dem Preis mit 40% für die Zuschlagsentscheidung zugrunde gelegt wird. Im Hinblick auf die Zuschlagsrelevanz kommt daher im Ausgangspunkt die Ausgestaltung auch der Wertungskriterien als verdeckt produktspezifische Ausschreibung in Betracht.
Damit ergibt sich aber auch, dass nicht jede Ausgestaltung der Wertungskriterien als eine unzulässige verdeckt produktspezifische Ausschreibung gewertet werden kann. Es kommt vielmehr darauf an, ob die als Wertungskriterien formulierten Anforderungen so ausgewählt wurden, dass es den weiteren Unternehmen auf Grund dieser Vorgaben nicht möglich ist, auch unter Berücksichtigung des Kriteriums "Preis" den Zuschlag zu erhalten.
(3) Danach stellt die Ausgestaltung der als Wertungskriterien formulierten Anforderungen vorliegend keine verdeckt produktspezifische, die Beigeladene begünstigende Ausschreibung dar.
(a) Gegen die Annahme, die Ausgestaltung der Wertungskriterien stelle vorliegend eine unzulässige produktspezifische Ausschreibung dar, spricht bereits, dass die Antragstellerin selbst von den insgesamt 490 möglichen Punkten 410 Punkte und die Beigeladene 460 Punkte erzielte. Dass die Beigeladene damit nicht die volle Punktzahl erhielt, spricht bereits gegen die Annahme, die Wertungskriterium seien auf sie ausgerichtet und ermöglichten nur ihr, den Zuschlag zu erhalten. Jedenfalls ist die Punktedifferenz von 50 Punkten zwischen der Bewertung der Beigeladenen und der Bewertung der Antragstellerin im Hinblick auf die Gewichtung des Kriteriums Preis mit 40% gegenüber der Gewichtung des Kriteriums Qualität mit 60% aufholbar.
(b) Nichts anderes ergibt sich unter Berücksichtigung des detaillierten Vorbringens der Antragstellerin hinsichtlich der einzelnen als Wertungskriterien formulierten Anforderungen:
Die Antragstellerin hatte zunächst im Nachprüfungsantrag verschiedene als Wertungskriterien formulierte Anforderungen genannt, die nach ihrem Vorbringen unzulässig auf das Produkt der Beigeladenen ausgerichtet seien.
Eine Mehrzahl der von ihr genannten Anforderungen sind jedoch solche, hinsichtlich derer das Angebot der Antragstellerin selbst mit der maximalen Wertungspunktzahl (10 Punkte) bewertet wurde. Für diese Anforderungen gilt daher ohne weiteres, dass auch andere Unternehmen sie erfüllen, mithin eine unzulässige verdeckt produktspezifische Ausschreibung ausscheidet. Es handelt sich hierbei um die (von der Antragstellerin zuvor im Nachprüfungsantrag gerügten) Anforderungen
- 1.1 Screensharing, Anforderung "Der Bürger kann einzelne Punkte in der übertragenen Sicht markieren, um den Sachbearbeiter darauf hin zu weisen",
- 1.10 Begutachtung, Anforderung "Der Sachbearbeiter kann Fotos aus dem laufenden Video-Stream aufnehmen, sichten (...) und protokollieren" und
- 1.14 Zweiter Sachbearbeiter: Anforderungen "Es kann ein zweiter Sachbearbeiter im Gespräch zugeschaltete werden (..)" und "Der zweite Sachbearbeiter kann die Gesprächsführung übernehmen".
Eine weitere von der Antragstellerin im Nachprüfungsantrag gerügte Anforderung (1.14 Zweiter Sachbearbeiter, Anforderung: "Der erste Sachbearbeiter kann das Gespräch verlassen, wobei der zweite Sachbearbeiter übernimmt"), hat die Antragstellerin selbst jedenfalls "grundlegend erfüllt" und wurde damit mit 5 von 10 Punkten bewertet. Darüber hinaus hat ein weiterer (neben der Antragstellerin und der Beigeladenen) beteiligter Bieter für diese Anforderung 10 Punkte erhalten. Damit ergibt sich auch insofern kein Zuschnitt der Anforderung auf das Produkt der Beigeladenen.
Darüber hinaus hat die Antragstellerin gerügt, die Anforderung "1.13 Übersetzungsfunktion" sei auf die Beigeladene zugeschnitten. Die Antragsgegnerin habe hier die Übersetzung bestimmter an sich erforderlicher Sprachen nicht gefordert, um es so der Beigeladenen zu ermöglichen, sich überhaupt an der Ausschreibung zu beteiligen (vgl. Nachprüfungsantrag S. 22). Sie habe zudem umgekehrt Sprachen gefordert, die "in Hessen nicht vertreten" seien und daher die Anforderung ebenfalls auf die Beigeladene ausgerichtet.
Mit dieser Rüge dringt die Antragstellerin bereits deshalb nicht durch, da ein weiterer Bieter für die Anforderung "1.13 Übersetzungsfunktion" und dort den Unterpunkt der Unterstützung der dort im Einzelnen genannten Sprachen die volle Punktzahl erhielt, so dass nicht festgestellt werden kann, dass diese Anforderung auf die Beigeladene zugeschnitten sei.
Zudem hat die Antragstellerin nach ihrem Angebot die Übersetzungsfunktion (Ziff. 1.13 des Anforderungskatalogs) mit den drei jeweils separat zu wertenden Unterpunkten simultane Übersetzung des Gesprächs, Abdeckung bestimmter dort genannter Sprachen und vollständige Protokollierungen der Übersetzungen überhaupt nicht erfüllt und damit hier 30 Punkte "eingebüßt". Dieser Punktverlust beruhte nicht darauf, dass das Produkt der Antragstellerin bestimmte geforderte Sprachen nicht abgedeckt hätte, sondern darauf, dass das Produkt der Antragstellerin die Übersetzungsfunktion überhaupt nicht bereitstellte.
Letztlich gilt nur hinsichtlich zweier als Wertungskriterien formulierter Anforderungen, dass diese von keinem der am Vergabeverfahren beteiligten Bieter mit Ausnahme der Beigeladenen erfüllt wurden; die Beigeladene erhielt insoweit jeweils 10 Punkte, die anderen Bieter jeweils 0 Punkte. Es handelt sich um die Anforderung
- 1.1 Screensharing, Anforderung "Der Sachbearbeiter kann dem Bürger erlauben, innerhalb des übermittelten Bildschirm-Ausschnitts selber Eingaben zu tätigen" und
- 1.10 Begutachtung, Anforderung: "Der Sachbearbeiter kann eine Geolokalisierung zur Standortbestimmung des Bürgers durchführen, die auch protokolliert wird."
Es kann offenbleiben, ob - wie die Antragsgegnerin behauptet - die erstgenannte Anforderung üblich sei, mithin die Leistung von Wettbewerbern der am Vergabeverfahren beteiligten Bieter angeboten wird. Denn selbst wenn man annimmt, dass beide Anforderungen nur von der Beigeladenen erfüllt werden könnten, genügte dies nicht für die Annahme einer vergaberechtswidrigen verdeckt produktspezifischen Ausschreibung. Denn eine solche Gestaltung der Anforderungskriterien ermöglichte es der Beigeladenen, allenfalls insgesamt 20 Punkte mehr zu erreichen als die weiteren Bieter. Ein solch geringer Punktevorsprung von 20 Punkten bei maximal erzielbaren 490 Punkten kann nicht sicherstellen, dass das Angebot der Beigeladenen im Zuschlagskriterium "Qualität" die beste Wertung erreicht. Dies wird bereits dadurch bestätigt, dass die Beigeladene vorliegend bei ihrem Angebot insgesamt mehr als diese 20 Punkte, nämlich 30 Punkte gegenüber der maximalen Punktzahl einbüßte. Umso weniger könnte durch eine solche Gestaltung der beiden Anforderungen damit sichergestellt werden, dass es den weiteren Bietern nicht gelänge, jedenfalls durch die von ihnen angebotenen Preise, die mit 40% Zuschlagskriterium darstellen, einen etwaigen "Vorsprung" der Beigeladenen auszugleichen.
Es kommt damit nicht darauf an, ob die beiden vorgenannte Anforderungen durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt sind, sie mithin durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt sind und nachvollziehbare, objektive und auftragsbezogene Gründe vorliegen, die bei Festlegung willkür- und diskriminierungsfrei sein müssen (Senat, aaO - 11 Verg 2/19 - Flugzeugschlepper, Rn. 78ff., zit. nach juris).
Gleichzeitig ergibt sich aus den obigen Ausführungen, dass die Rüge der Antragstellerin auch insofern keinen Erfolg hat, als sie geltend macht, die Diskriminierung der weiteren Bieter gegenüber der Beigeladenen werde dadurch fortgeführt, dass die Antragsgegnerin das Zuschlagskriterium Qualität mit 60% gegenüber dem Kriterium Preis mit nur 40% werte.
b) Auch die weitere Rüge der Antragstellerin, die Preisstruktur der in den Preis-/ Erfassungsblättern "Lizenzen Stadt/ Gemeinde" und "Lizenzen Landkreise" sei an die Preisstruktur der Beigeladenen angelehnt und verstoße daher gegen § 31 Abs. 6 VgV bzw. das Gleichbehandlungsgebot (§ 97 Abs. 2 GWB), ist unbegründet.
aa) Die Antragstellerin macht geltend, die Struktur der Preisblätter lehne sich insofern an die Preisstruktur der Beigeladenen an, als die Preis-/ Erfassungsblätter für die Lizenzen u.a. Preise für die Positionen "Basis Modul", "Identifikation", "Protokoll", "Signatur", "Scannen", "Payment", "Text-Chat-Sender" abfragten. Diese Ausgestaltung der Bepreisung des Basismoduls und der weiteren Leistungen werde in dieser Weise von der Beigeladenen angeboten. Daher sei es der Beigeladenen möglich gewesen, "ihre" Preise in die passenden Positionen einzutragen, was ihr, der Antragstellerin, nicht möglich gewesen sei. So sei im Preismodell der Antragstellerin etwa die Leistung "Protokoll" bereits im Basismodul enthalten, so dass sie hierfür keinen gesonderten Preis habe angeben können.
Der Umstand, dass es - nach dem genannten Vortrag - der Beigeladenen mit geringerem Aufwand möglich war, die Preis-/ Erfassungsblätter auszufüllen als anderen Bietern, rechtfertigt für sich gesehen nicht die Annahme einer Diskriminierung oder vergaberechtswidrigen Ungleichbehandlung der Bieter. Das Vorbringen kann nur dann Erfolg haben, wenn sich ergäbe, dass andere Bieter als die Beigeladene tatsächlich aufgrund dieser Art der Preisabfrage daran gehindert wären, ein Angebot abzugeben und auf dessen Grundlage den Zuschlag zu erhalten. Dies ist aber nicht dargelegt:
Umfasst das Produkt eines Bieters - wie von der Antragstellerin geltend gemacht - bereits ein Basismodul, das bestimmte nachfolgend im Preis-/ Erfassungsblatt preislich zusätzlich abgefragte Leistungen (wie etwa "Protokoll") umfasst, kann der Bieter zwar für die zusätzlich abgefragten Leistungen keinen zusätzlichen Preis angeben bzw. muss diesen mit "0" angeben. Doch ist nicht ersichtlich, dass einem Bieter in diesem Fall ein Nachteil erwächst. Denn unterhalb der Zeilen "Basismodul" und der Zeilen für die anzugebenen Preise für die zusätzlichen Leistungen findet sich in den Preis-/ Erfassungsblättern jeweils eine mit "Summe" bezeichnete Zeile. In dieser Zeile findet sich in der letzten Spalte, die mit "Gewichtung" überschrieben ist, die Eintragung "80%", während die Spalte "Gewichtung" in den vorangehenden Zeilen, die die Zeilen "Basismodul" und die zusätzlichen Leistungen betrifft, durchgestrichen ist. Damit ergibt sich, dass die Preiswertung in Bezug auf die in diesen Preis-/ Erfassungsblättern abgefragten Preisen jeweils lediglich auf die Summe der Preise abstellt, die sich aus den Preisen des Basismoduls und der Preise für die zusätzlichen Leistungen errechnet.
Damit wird ein Bieter, der die Software in einem Basismodul zu einem bestimmten Preis anbietet, das bereits weitere nachfolgend abgefragte Leistungen umfasst, in gleicher Weise bewertet, wie der Bieter, der ein Basismodul und die verschiedenen zusätzlichen Leistungen jeweils mit zusätzlichen Preisen anbietet, wenn die Summe der Preise des Basismoduls und der zusätzlichen Leistungen gleich hoch ist.
Ob - wie die Antragstellerin in diesem Zusammenhang geltend macht - sie selbst so verfahren ist und die Antragsgegnerin auch unter Verweis auf entsprechende Angaben von Preisen mit "0" oder "-" zu Unrecht das Angebot der Antragstellerin ausschloss, kann an dieser Stelle dahinstehen. Denn das Erfordernis einer Neuausschreibung, wie sie die Antragstellerin im Hauptantrag verfolgt, ergäbe sich selbst dann nicht, wenn die Antragsgegnerin die Antragstellerin möglicherweise zu Unrecht im Hinblick hierauf ausgeschlossen hätte. Abgesehen davon ist die Antragstellerin jedenfalls im Hinblick auf andere Angaben in den Preis-/ Erfassungsblättern zu Recht ausgeschlossen worden (vgl. hierzu nachfolgend B).
c) Auch die Rüge der Antragstellerin, die Ausschreibung sei im Hinblick auf Ziff. 1.4 des Rahmenvertrags vergaberechtswidrig, ist unbegründet.
Die Regelung über die Bezugsberechtigung in Ziff. 1.4 hat unstreitig zur Folge, dass auch die Fa. Y, an der die Antragsgegnerin beteiligt ist, aus der Rahmenvereinbarung bezugsberechtigt ist. Die Fa. Y wäre damit auch berechtigt, auf der Grundlage des Rahmenvertrags die Software der Antragstellerin in anderen Bundesländern als Hessen, insbesondere in Bayern und Baden-Württemberg zu vertreiben. Da die Antragstellerin ihrerseits in diesen Bundesländern bereits vor der Ausschreibung das exklusive Vertriebsrecht an dortige IT-Dienstleister vergeben hatte, verletzte sie mit Abschluss des Rahmenvertrags, sollte dieser die genannte Bezugsberechtigung in Ziff. 1.4 vorsehen, diese exklusiven Vertriebsrechte. Die Antragstellerin rügt, die Antragsgegnerin habe von dem exklusiven Vertriebsrecht gewusst und sie wissentlich hiermit von dem Abschluss des Vertrags ausgeschlossen. Sie behandele sie damit entgegen § 97 Abs. 2 GWB ungleich.
Dem ist nicht zu folgen. Der Umstand, dass die Antragstellerin sich gehindert sieht, sich an der Vergabe zu beteiligen, beruht darauf, dass sie sich zuvor dazu entschlossen hat, sich für die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg exklusiv an andere IT-Dienstleister zu binden. Die Entscheidung der Antragstellerin, in einer bestimmten Region in einer bestimmten Weise tätig zu werden, ist ihrem eigenen Risikobereich zuzurechnen. Dieser Umstand ist nicht anders einzuordnen, als wenn sich die Antragstellerin etwa vertraglich verpflichtet hätte, nur in einer bestimmten Region oder nur in einem bestimmten quantitativen Umfang tätig zu werden. Die sich hieraus ergebenden Folgen sind allein von dem jeweiligen Bieter, hier der Antragstellerin, zu tragen.
Dies gilt jedenfalls, wenn der Umstand, der die Antragstellerin letztlich an der Teilnahme an dem Vergabeverfahren hindert, von einem nachvollziehbaren sachlichen Grund getragen ist. Dies ist vorliegend zu bejahen: Die Antragsgegnerin ist an der Fa. Y beteiligt und hat aus diesem Grund ein nachvollziehbares Interesse, der Fa. Y eine umfassende wirtschaftliche Betätigung, mithin auch außerhalb von Hessen, zu ermöglichen. Insoweit steht das Interesse der Antragstellerin einerseits, in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit in Baden-Württemberg und Bayern mittels der exklusiven Rechteeinräumung tätig zu werden, dem Interesse der Antragsgegnerin, über die Fa. Y ebenfalls in diesen Bundesländern tätig zu werden, gleichwertig gegenüber.
Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, es wäre der Antragsgegnerin dann, wenn sie ein bundeslandüberschreitendes Interesse an der Beschaffung der Leistung "digitales Bürgeramt" gehabt hätte, möglich gewesen, die Leistung über die Fa. Y direkt zu beziehen. Dies habe sie aber nicht getan, sondern sich für eine eigene Beschaffung entschieden. Dem ist nicht zu folgen. Zum einen ist es im Grundsatz allein Sache der Vergabestelle zu entscheiden, ob, wie und in welchem Umfang sie einen etwaigen Beschaffungsbedarf erfüllen will. Zum anderen kann die Antragsgegnerin aus dieser Argumentation für die hier streitgegenständliche Vergabe für sich nichts herleiten. Denn dann, wenn die Antragsgegnerin die Leistung über die Fa. Y unmittelbar bezogen hätte, hätte sie keine Möglichkeit gehabt hätte, sich an dem Vergabeverfahren zu beteiligen.
d) Schließlich rügt die Antragstellerin erstmals im Beschwerdeverfahren, die Beigeladene erfülle nicht die als Ausschlusskriterium formulierte Anforderung des "Black- & Whitelisting" (1.1 Screensharing, Anforderung: "Durch Pflege einer White-List muss verhindert werden, dass versehentlich Inhalte falscher Applikationen übertragen werden.") und hätte daher ausgeschlossen werden müssen. Auch diese Rüge ist unbegründet.
Letztlich schließt die Antragstellerin die Nichterfüllung dieser Anforderung seitens der Beigeladenen lediglich aus folgendem Umstand: Die Vergabekammer führt in dem angefochtenen Beschluss (S. 22 f.) zu der Anforderung des "Black- & Whitelistings", der in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer diskutiert wurde (und den der angefochtene Beschluss fälschlich mit der Anforderung "Whiteboardfunktion" verwechselt habe), aus, dass es Sache der Antragsgegnerin sei zu beurteilen, ob die Anforderungen von der Beigeladenen erfüllt worden sei und dass ggf. ein etwaiger Nachbesserungsbedarf zu beheben sei. Die Antragstellerin rügt insoweit, die Vergabekammer verkenne, dabei dass es sich bei der Anforderung des "Black- & Whitelistings" um ein Ausschlusskriterium handele, dessen Nichterfüllung zum Ausschluss des Angebots führen müsse.
Die genannte Schlussfolgerung ist zu Unrecht erfolgt, da das Produkt der Beigeladenen nach deren Angebot diese Anforderung erfüllt.
B. Da der Hauptantrag keinen Erfolg hat, war über den Hilfsantrag zu entscheiden, mit dem die Antragstellerin die Wiederholung der Wertung erreichen will. Doch hat der Hilfsantrag keinen Erfolg, da das Angebot der Antragstellerin zu Recht ausgeschlossen wurde; ihre Rüge, mit der sie geltend macht, der Ausschluss sei zu Unrecht erfolgt, ist zulässig aber unbegründet.
1. Die Rüge der Antragstellerin, der Ausschluss ihres Angebots sei zu Unrecht erfolgt, ist zulässig. Sie ist antragsbefugt (§ 160 Abs. 2 GWB) und ist auch mit der Rüge nicht präkludiert, da sie in dem vorgerichtlichen anwaltlichen Schriftsatz vom 4.6.2025 rechtzeitig den Angebotsausschluss als vergaberechtswidrig gerügt hat.
2. Die Rüge ist allerdings unbegründet.
Zutreffend hat die Vergabekammer angenommen, dass die Antragstellerin gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 5 iVm § 53 Abs. 7 Satz 2 VgV zu Recht ausgeschlossen wurde, weil ihr Angebot nicht die erforderlichen Preisangaben enthielt und es sich hierbei nicht nur um unwesentliche Einzelpositionen handelt, deren Einzelpreise den Gesamtpreis nicht verändern oder die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht beeinträchtigen (§ 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV).
Dies gilt, soweit die Antragstellerin in das von der Antragsgegnerin vorgegebene Preis-/ Erfassungsblatt "Implementierung" keine Preise eingetragen hat, sondern auf die von ihr erstellte "Anlage zu Preisblatt Implementierung" verwiesen und dort Preisangaben gemacht hat.
a) Die Antragsgegnerin hat mit dem Preisblatt "Implementierung" Preisangaben für bestimmte, dort genannte fünf Leistungen gefordert ("Customizing/ Parametrierung/ Implementierung des Systems", "Einführungsunterstützung/ Roll-Out und Schulungen", "Benutzer- und Rollenkonzept", "Produktivsetzung des neuen Systems" und "Betreuung nach Produktivstart"). Daneben konnten "Sonstige Leistungen" bepreist werden sowie bestimmte vom Bieter anzugebende Optionen. Hinsichtlich sämtlicher Preisangaben fordert das Preisblatt die Angabe entweder "nach Aufwand", wobei ein durchschnittlicher Tagessatz und die Anzahl der Personaltage angegeben werden muss, oder als Festpreis.
b) Die Antragsgegnerin hatte die Angabe genau dieser Preise gefordert. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Antragsgegnerin die Verwendung der von ihr bereitgestellten Preis- Erfassungsblätter ("Lizenz Stadt/ Gemeinde", "Lizenz Landkreis" und "Implementierung") zwingend vorgegeben hatte. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Unter Ziff. 14.2 (Erfassungsformulare) heißt es:
"Den Vergabeunterlagen sind Erfassungsformulare beigefügt, bei denen es sich um spezielle Microsoft Word-Dateien oder Microsoft Excel-Dateien handelt, die an den dafür vorgesehenen Stellen elektronisch auszufüllen und zu vervollständigen sind sowie anschließend als PDF-Dateien zu speichern sind. Die Erfassungsformulare sind für das Angebot zu verwenden, soweit nicht ausnahmsweise andere Unterlagen zugelassen (z.B. die EEE-Dokumente [vgl. Nummer 18], Präqualifizierungssystem [Nummer 17]) oder gefordert sind."
Unter Ziff. 16.5 der Bewerbungsbedingungen heißt es unter der Überschrift "Übermittlung und Form der Angebote, § 53 VgV", dass die Angebote ausschließlich mithilfe elektronischer Mittel und nach Maßgabe der für dieses Vergabeverfahren festgelegten Konkretisierungen und Anforderungen verschlüsselt einzureichen sind. Weiter hat die Antragsgegnerin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Angebote, die diese Bedingungen nicht erfüllen, vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.
Weiter heißt es:
"Im Rahmen der Angebotseinreichung sind folgende Besonderheiten vom Bieter zwingend zu beachten [Anm.: auch im Original durch Fettdruck hervorgehoben]:
...
- Für die Angebotseinreichung sind die in den Vergabeunterlagen enthaltenen, elektronisch ausfüllbaren Erfassungsformulare, Vorlagen und Preisblätter/Erfassungsblätter (zusammen "Angebotsdokumente") zu verwenden.
..."
Weiter heißt es unter Ziff. 16.6 (Vollständigkeit, geforderte Unterlagen)
"Das Angebot muss vollständig sein.
Das Angebot ist nur vollständig, wenn bis zur Angebotsfrist sämtliche geforderten Unterlagen, Dokumente, Angaben und Eintragungen vollständig erfolgt und alle geforderten Lieferungen und Leistungen angeboten und enthalten sind. Hierzu zählen auch ggfs. "als optional"-nachgefragte Leistungen.
Sämtliche geforderten Unterlagen (d.h. z.B. Eigenerklärungen, Nachweise, Preisblätter und sonstige Dokumente) müssen vollständig und wahrheitsgemäß ausgefüllt eingereicht werden. Soweit nicht ausdrücklich etwas anderes zugelassen ist, müssen alle geforderten Unterlagen zusammen mit dem Angebot fristgerecht bei der in Nummer 6 bezeichneten Stelle eingereicht werden.
..."
Unter Ziff. 16.9 (Preisangaben und Preisprüfung) heißt es:
"Das Angebot muss alle im Preisblatt geforderten Angaben und Erklärungen enthalten. ..."
Das Angebotsdeckblatt, das ebenfalls Teil der Vergabeunterlagen ist, listet unter der Überschrift "Einzureichende Unterlagen und zugleich Liste der einzureichenden Unterlagen" verschiedene Unterlagen auf. Hier heißt es:
"Anlage Preis- und Erfassungsblatt
Sofern für mehr als ein Los ein Angebot eingereicht wird, ist für jedes Angebot losbezogene Preis und Erfassungsblatt einzureichen."
Schließlich hat die Antragsgegnerin, wie in dem angegriffenen Beschluss auf S. 4 f. ausgeführt, in Ziff. 14.2 - Erfassungsformulare - der Bewerbungsbedingungen der Bekanntmachung unter Verweis auf §§ 57 Abs. 1, 53 Abs. 5 bis 9 VgV darauf hingewiesen, dass Angebote ausgeschlossen werden, die insbesondere "nicht vollständig sind, insbesondere nicht die beizubringenden oder nachgeforderten Unterlagen, Eintragungen oder Angaben enthalten oder die nicht die erforderlichen Preisangaben enthalten, es sei denn, es handelt sich um unwesentliche Einzelpositionen, deren Einzelpreise den Gesamtpreis nicht verändern oder die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht beeinträchtigen".
Damit ergibt sich klar, dass die Bieter die Preis-/ Erfassungsblätter ausfüllen und damit sämtliche dort abgefragten Preise angeben müssen und andernfalls der Ausschluss des Angebots erfolgt.
Nichts anderes ergibt sich aus der von der Antragstellerin in Bezuggenommene Vorgabe in Ziff. 5.1.12 der Bekanntmachung, in der es heißt:
"[...] Erfassungsformulare für alle Erklärungen werden bereitgestellt. Entsprechende Formblätter sind verfügbar und sollten mit dem Angebot eingereicht werden [...]." [Anm: Hervorhebung nur hier].
Zutreffend führt die Vergabekammer insofern aus, dass dieser allgemeine, für sämtliche Unterlagen geltende Hinweis durch die konkret für die Preisangaben bzw. Preisblätter aufgestellten Vorgaben dahin konkretisiert wurden, dass diese verwendet werden müssen.
c) Gegen diese zwingende Verpflichtung hat die Antragstellerin verstoßen, da sie die in dem Preis-/ Erfassungsblatt "Kosten Implementierung" abgefragten Preise nicht angegeben hat.
Dies gilt selbst dann, wenn man annehmen würde, dass trotz der unter b) wiedergegebenen Angaben in den Vergabeunterlagen die Bieter berechtigt gewesen wären, die geforderten Preise nicht mittels der vorgegebenen Erfassungsblätter, sondern in anderer Weise anzugeben. Denn auch die von der Antragstellerin eingereichte "Anlage zu Preisblatt Implementierung" (Anlage ASt 15 zum Nachprüfungsantrag) gibt nicht die im Preis- Erfassungsblatt "Implementierung" abgefragten Preise an.
aa) Zu Recht macht die Antragsgegnerin bereits geltend, dass nicht nachvollziehbar sei, ob und wie die in der Anlage zum Preisblatt Implementierung bepreisten Leistungsbestandteile unter die von den Antragsgegnerin im Preis-/ Erfassungsblatt abgefragten Preispositionen subsumiert werden können.
So hat die Antragstellerin geltend gemacht, der im Preis-/ Erfassungsblatt Implementierungen abgefragte Preis für den "Produktivstart" sei in den unter Ziff. 1.2 der Anlage, dort unter Pos. 1 bis 4 der Anlage angegeben (sog. Initial Cloud Setup). Tatsächlich enthalten die Pos. 1 bis 4 der Anlage Preisangaben jeweils zum "Initial Cloud Setup". Ein solcher "Initial Cloud Setup" findet sich aber auch unter Pos. 6 der Anlage ("Initiales Cloud Setup (TEST/DEV/DEMO): Initiale Bereitstellung einer nichtproduktiven Instanz der Lösung für den Kunden auf Basis einer bestehenden produktiven Instanz."). Allein hieraus ergibt sich, dass - selbst auf der Grundlage des Vorbringens der Antragstellerin - keine klare Zuordnung der in der Anlage genannten Preise zu den im Preis-/ Erfassungsblatt abgefragten Preise möglich ist.
bb) Insbesondere enthält die von der Antragstellerin erstellte "Anlage Implementierung" nicht die von der Antragsgegnerin mit dem Preis- und Erfassungsblatt geforderte Angabe eines jeweils einheitlichen Preises für jeden der dort angegebenen fünf Leistungen.
So hat die Antragstellerin beispielsweise in der von ihr erstellten Anlage unter Ziff. 1.2, Pos. 1 bis 4 nicht einen einheitlichen Preis für die Leistung des "Initial Cloud Setup" angegeben, sondern vier unterschiedliche Preise. Das preiswerteste "Initial Cloud Setup" unter Pos. 1 sieht die Bereitstellung der Lösung, die Koordination der Projektmitarbeiter der Antragsgegnerin und die Abstimmung mit dem Projektleiter des Kunden vor. Eine Implementierung eines Fachprozesses ist nicht enthalten. Demgegenüber beinhalten die Varianten Pos. 2, 3 und 4 auch die Konfiguration eines "Fach-/ Behördenprozesses". Dabei unterscheiden die Varianten der Pos. 2, 3 und 4 nach der Zahl der potenziellen Anwender des Fach/ Behördenprozesses: Pos. 2 gibt den Preis für bis zu fünf potenzielle Anwender des Prozesses an, Pos. 3 für bis zu 20 potenzielle Anwender und Pos. 4 für 21 und mehr potenzielle Anwender.
Die Antragstellerin hat damit nicht den im Preisblatt geforderten einheitlichen Preis, sondern vier verschiedene Varianten angegeben, die je nach Größe des Endkunden bzw. Anzahl der potenziellen Anwender variieren. Dieses Preismodell der Antragstellerin entspricht nicht dem von der Antragsgegnerin im Preis-/ Erfassungsblatt abgefragten Modell eines einheitlichen Preises für die jeweilige Lösung unabhängig von der jeweiligen Bezugsgröße, dh. unabhängig von der Größe der Kommune oder der Anzahl der dortigen Anwender.
In vergleichbarer Weise nennt die Antragstellerin in ihrer Anlage unter der Ziff. 1.2, dort in Pos. 7 bis 9 gestaffelte Preise für "Behördenprozesse". Pos. 7 nennt einen Preis für einen "Behördenprozess S", Pos. 8 für einen "Behördenprozess M" und Pos. 9 für einen "Behördenprozess L", wobei sich "Behördenprozesse" nach der Anzahl der potenziellen Anwender des Behördenprozesses unterscheiden (bis zu 5, bis zu 20, mehr als 20 Anwender).
cc) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, sie habe das Preis-/ Erfassungsblatt "Implementierung" nicht richtig verstanden, ihre entsprechende Bieteranfrage sei von der Antragsgegnerin nicht hinreichend beantwortet worden.
Die Antragstellerin hatte zu dem "Reiter Implementierung", wie bereits ausgeführt, folgende Frage gestellt:
"Auf was für eine Kundengruppe beziehen sich die Projektdienstleistungen? Sollen hier die Aufwände pro anwendende Stadt/Gemeinde/Landkreis aufgelistet werden oder eine Gesamtschätzung? Die Aufwände unterscheiden sich maßgeblich je nach Größe der einführenden Stadt/Gemeinde/Landkreis. Wenn eine Gesamtschätzung abgegeben werden soll, was ist das dafür anzunehmende Mengengerüst an Städten/ Gemeinden/ Landkreisen mit den entsprechenden Einwohnergrößenkategorien?"
Aus dieser Frage ergibt sich, dass der Antragstellerin klar war, dass nur ein einheitlicher Preis für diese Leistungen angegeben werden sollte. Da die Preise aber ihrer Auffassung nach entsprechend der Größe der Einheiten zu variieren waren, fragte sie nach einem "Mengengerüst", mithin einer Vorgabe, in welcher Weise sie einen einheitlichen Preis auf der Grundlage ihres Preismodells, das unterschiedliche Preise je nach Bezugsgröße vorsah, berechnen soll.
Hierauf antwortete die Antragsgegnerin Folgendes:
"Ausgeschrieben ist eine Rahmenvereinbarung mit einem Wirtschaftsteilnehmer ohne Abnahmeverpflichtung. Dies erfolgt vor dem Hintergrund, dass die Bedarfsträger in ihrer Beschaffungsentscheidung frei und keine Verpflichtung besteht, sich aus dem hier ausgeschriebenen Vertrag zu bedienen. Die Implementierungskosten sind daher kalkulatorisch auf das Geschäftsmodell des Bieters aufzustellen."
Aus dieser Antwort ergibt sich, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin wegen der fehlenden Abnahmeverpflichtung der Kommunen ein solches Mengengerüst nicht zur Verfügung stellen würde. Es oblag damit letztlich dem Kalkulationsrisiko der Antragstellerin, einen einheitlichen Angebotspreis zu ermitteln ("kalkulatorisch auf das Geschäftsmodell des Bieters aufzustellen").
Aus der o.g. Antwort auf die Bieteranfrage bestand kein Anlass für die Annahme, dass die Angabe von verschiedenen, nach der Größe der jeweiligen Kommune bzw. dem Umfang der zu erwartenden Aufwände variierende Preise von der Antragsgegnerin akzeptiert werden würde. Dass die Antragstellerin verstanden hatte, dass sie einen einheitlichen Preis anzubieten hat, ergibt sich letztlich schon aus der Fragestellung der Antragstellerin in der Bieterfrage. Jedenfalls wäre sie gehalten gewesen, ggf. noch einmal nachzufragen.
Ihrem Einwand, es wäre klar gewesen, dass eine solche weitere Nachfrage bei der Antragsgegnerin keinen Erfolg haben würde, da die Antragsgegnerin bereits ihre Bitte um Verschiebung der Angebotsfrist abgelehnt habe, ist nicht zu folgen. Aus den Vergabeunterlagen ergibt sich, dass die genannte Bieterfrage der Antragstellerin nicht die Bitte auf Fristverlängerung enthielt; die Bitte um Verlängerung der Angebotsfrist war von einem anderen Bieter gestellt worden. Dass die Antragsgegnerin auf eine erneute (unterstellte) Anfrage der Antragstellerin zu den erforderlichen Preisangaben im Rahmen der Implementierung nicht rechtzeitig reagiert hätte, ergibt sich damit nicht.
Jedenfalls sah sich die Antragstellerin zudem in der Lage, noch vor Ablauf der Angebotsfrist verschiedene Punkte zu rügen. Hätte sie sich tatsächlich in diesem Zeitpunkt nicht in der Lage gesehen, das Preis-/ Erfassungsblatt "Implementierung" auszufüllen, hätte es nahgelegen, dies zumindest auch zu erwähnen, was nicht geschah. Vielmehr hat die Antragstellerin ohne weiteres mit ihrem Angebot die von ihr erstellten Anlagen zu dem Preisblättern eingereicht.
dd) Außerdem werden die in der "Anlage Implementierung'" von der Antragstellerin angegebenen Preise den im Preis-/ Erfassungsblatt von der Antragsgegnerin angeforderten Preisen auch insofern nicht gerecht, als die Antragsgegnerin die mit dem Preis-/ Erfassungsblatt "Implementierung" abgefragten Preise jeweils entweder als Aufwand unter Angabe eines einheitlichen Tagessatzes und der Anzahl der Personentage oder als Festpreis fordert.
Demgegenüber gibt die Antragstellerin in der von ihr gestellten Anlage etwa die Leistung der Behördenprozesse (Ziff. 1.2, Pos. 7 bis 9) in der Weise an, dass sie jeweils einen Festpreis benennt (abhängig, wie ausgeführt, von der Anzahl der potenziellen Anwender). Dieser Festpreis umfasst nach den Erläuterungen aber jeweils nur den Behördenprozess "Basismodul + Payment". Nach den Angaben in Pos. 7 bis 9 sollen Projektleistungen zu zusätzlichen Funktionsbausteinen "nach Aufwand abgerechnet werden".
ee) Schließlich müssen nach dem Preis-/ Erfassungsblatt "Implementierung" der Antragsgegnerin die nach Aufwand angegebenen Preise mit einheitlichem Stundensatz und der Anzahl der Personentage angegeben werden. Auch diesem Erfordernis entspricht die Preisangabe in der Anlage Implementierung nicht. Ausweislich Ziff. 1.2, Pos. 10 bis 12 bietet die Antragstellerin keinen einheitlichen Preis pro Person an, sondern der Preis variiert abhängig von der Seniorität ihrer Mitarbeiter; es sind mithin drei verschiedene Tagessätze genannt.
ff) Die von der Antragstellerin in Abweichung zu den im Preisblatt "Implementierungen" geforderten Preisangaben in der Anlage angegebenen Preise verhindern die für einen Wettbewerb erforderliche Vergleichbarkeit des Angebots der Antragstellerin mit den Konkurrenzangeboten.
gg) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, es handele sich bei den (von ihr in Abrede gestellten) etwa fehlenden Preisangaben im Preisblatt "Implementierung" allenfalls um unwesentliche Preisangaben iSv § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV, da sich die Kosten der Implementierung im Verhältnis zu den Kosten der Lizensierung nicht einmal im Prozentbereich bewegten (Nachprüfungsantrag S. 42).
Auch dem ist nicht zu folgen. § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV bejaht die Unwesentlichkeit der Preisangabe, wenn der Einzelpreis den Gesamtpreis nicht verändert, was hinsichtlich der insgesamt fehlenden Angaben der Preise für die Implementierung insgesamt ersichtlich nicht der Fall ist. Daneben kann eine Preisangabe unwesentlich sein, wenn sie die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht beeinträchtigt. Daraus ergibt sich, dass es nicht darauf ankommt, in welchem Umfang der Preisangabe Kosten des Bieters gegenüberstehen, sondern welche Bedeutung die Preisangabe für den Vergabewettbewerb hat. Da die Antragsgegnerin die angebotenen Preise für die Implementierung mit 20% zur Bestimmung des Zuschlagskriteriums "Preis" gewichtet (weitere 40% jeweils "Lizenzen Stadt/ Gemeinde" und "Lizenzen Landkreis"), kann nicht festgestellt werden, dass die fehlenden Preisangaben der Implementierung für die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht relevant wären und es sich daher um einen unwesentlichen Preis iSv § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV handelt. Ob und in welchem Umfang den fehlenden Preisangaben Kosten des Bieters gegenüberstehen, ist insoweit nicht relevant.
Damit ergibt sich gleichzeitig, dass eine Nachforderung der Preisangaben gemäß § 56 Abs. 3 Satz 1 und 2 VgV ausscheidet.
3. Ohne Erfolg macht die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung geltend, ihr sei eine effektive Akteneinsicht bewusst verwehrt worden; die Vergabekammer habe ihre Ausführungen dazu, warum sie weitere Akteneinsicht benötige, nicht berücksichtigt.
Es erscheint bereits fraglich, ob die Antragstellerin mit dieser Argumentation Erfolg haben kann, wenn sie im Beschwerdeverfahren - wie vorliegend - den weitergehenden Antrag auf Akteneinsicht nicht weiterverfolgt. Dies kann aber letztlich offenbleiben, da die Antragstellerin jedenfalls nicht dargelegt hat, für eine effektive Rechtsverteidigung weitere Akteneinsicht zu benötigen.
Zur Begründung des Erfordernisses weiterer Akteneinsicht trägt sie vor, sie benötige diese für die Frage der Definition des Beschaffungsbedarfs auf der Grundlage der Markterkundung seitens der Antragsgegnerin, zur Ermittlung (angeblich) erfolgter Änderungen des Beschaffungsbedarfs und zur Frage der sachlichen Rechtfertigung der von ihr gerügten produktbezogenen Anforderungskriterien.
Damit ist das Erfordernis weiterer Akteneinsicht nicht dargetan. Wie ausgeführt, ergibt sich aus der Bestimmung der als Wertungskriterien bestimmten Anforderungen keine gegen § 31 Abs. 6 VgV und § 97 Abs. 2 GWB verstoßende verdeckte produktspezifische Ausschreibung. Damit kommt es nicht darauf an, ob die Auswahl der als Wertungskriterien formulierten Leistungsanforderungen gerechtfertigt ist, mithin ob dafür nachvollziehbare, objektive und auftragsbezogene Gründe vorliegen, die bei Festlegung willkür- und diskriminierungsfrei.
Angebot nicht auskömmlich: Trotzdem kein Ausschluss?
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VK Nordbayern
Beschluss
vom 02.10.2025
RMF-SG21-3194-10-31
1. Verlangt der öffentliche Auftraggeber eine aktuell gültige EfBV-Zertifizierung, beziehen sich die Anforderungen auf den für die Leistungserbringung vorgesehenen Betriebsstandort.
2. Der Bieter muss konkrete Gründe darlegen, die den Anschein widerlegen, dass sein Angebot nicht ungewöhnlich niedrig ist. Dazu muss er seine Kalkulation und deren Grundlagen erläutern. Die Erläuterungen des Bieters müssen umfassend, in sich schlüssig und nachvollziehbar sowie gegebenenfalls durch geeignete Nachweise objektiv überprüfbar sein. Verbleibende Ungewissheiten gehen zu seinen Lasten.
3. Ist das Angebot des Bieter unauskömmlich, besteht grundsätzlich keine Verpflichtung zu einer weiteren Prüfung, ob der Bieter mit der Preisgestaltung wettbewerskonforme Ziele verfolgt und den Auftrag ordnungsgemäß ausführen kann, wenn sich der Bieter auf die Auskömmlichkeit beruft.
VK Nordbayern, Beschluss vom 02.10.2025 - RMF-SG21-3194-10-31
Tenor:
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Vergabestelle und der Beigeladenen.
3. Es wird festgestellt, dass die Hinzuziehung von Bevollmächtigten durch die Vergabestelle und die Beigeladene notwendig war.
4. Die Gebühr für dieses Verfahren beträgt ### Euro.
5. Auslagen sind nicht angefallen.
Sachverhalt:
1. Mit Bekanntmachung vom ### leitete die VSt ein EU-weites offenes Verfahren zur Vergabe von Abfalllogistik/-entsorgungsdienstleistungen ### für den Zeitraum vom 01.01.2026 bis zum 31.12.2029 samt zwei jeweils zweijährigen Verlängerungsoptionen zu Gunsten der VSt ein. Die Ausschreibung erfolgte aufgeteilt auf zwei Lose. Im streitgegenständlichen Los 1 wurde die Sammlung von sperrigen Abfällen per Abrufsystem mit Betrieb eines Sperrmüll-Wiegesystems inkl. Sortierung von Wertstoffen (Kunststoffe, Altmetall und Altholz) ausgeschrieben. Los 2 betrifft die Sammlung von E-Geräten, Containertransporte und Gestellung einer Übergabestelle nach ElektroG.
Unter Ziffer 5.1.9 der Auftragsbekanntmachung (Eignungskriterien) wird für die gegenständliche Beschaffung u.A. eine aktuell gültige Zertifizierung nach EfBV (§ 56 KrWG), für ausländische Bieter ein gleichwertiger Nachweis verlangt.
Einziges Zuschlagkriterium ist ausweislich Ziffer 5.1.10 der Auftragsbekanntmachung der Preis.
Die Abfuhr des Sperrmülls erfolgt nach erfolgter Anmeldung im Abrufsystem. Die Bereitstellung erfolgt durch den Bürger getrennt in zwei Sorten (Altholz und Restsperrmüll). Die Abholung erfolgt innerhalb von zwei Wochen nach Anmeldung, bei Expressanmeldung erfolgt die Abfuhr innerhalb von drei Werktagen nach Anmeldung. Der Sperrmüll wird insgesamt verwogen und es werden Gebühren auf die Restsperrmüllmenge erhoben. Der Sperrmüll aus ### darf nicht gemischt mit Abfällen anderer Herkunft sortiert werden, um eine Vermischung zu vermeiden (BVB Los 1 Nr. 2.3, Nr. 8.4 sowie Nr. 18.1).
Nach erfolgter Einsammlung ist der Restsperrmüll in verschiedene Fraktionen zu sortieren (Sperrmüll zur Beseitigung, incl. Altholz AIV, Altholz Al bis III, Altmetall und Altkunststoffe (PE und PP, s. TVB Los 1 Ziffer 4.6). Die verschiedenen Fraktionen sind den von der VSt benannten Anlagen anzudienen (BVB Los 1 Nr. 2.3). Der Auftragnehmer ist zu einem sog. Fullservice-Angebot verpflichtet, muss also den Bürgern anbieten, sperrige Abfälle (kostenpflichtig) aus dem Gebäude zu bringen (BVB Los 1 Nr. 2.17).
Der Auftragnehmer ist verpflichtet, die nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz und BayAbfG sowie allen anderen jetzt und künftig einschlägigen und gültigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften für die gewerbsmäßige Sammlung und den gewerbsmäßigen Transport von Abfällen notwendigen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen vorzuhalten. Dazu gehört auch die Vorhaltung der Zertifizierung nach EfbV (§ 56 KrWG), ISO oder vergleichbar über die gesamte Laufzeit des Vertrags (BVB Los 1 Nr. 2.1).
Es kann die Anpassung der vereinbarten Entgelte verlangt werden, gemäß den Indizes für Tarifverdienste und Arbeitszeiten und der Erzeugerpreisindizes (BVB Los 1 Nr. 11). Dabei bleibt ein fixer Anteil X unverändert. Die Anteile L (Lohn/Gehälter), Anteil R (Reparatur/Wartung/Sonstiges) und Anteil D (Diesel/Kraftstoffe) unterliegen der Preisgleitung.
Die BGl ist jeweils Bestandsbieterin.
Nach dem Leistungsverzeichnis waren folgende Positionen zu bepreisen:

Zur Ermittlung des Wertungspreises sah das Leistungsverzeichnis folgende Formel vor:
Gemäß dem Leistungsverzeichnis weiden die Preise der Verlängerungsoptionen (2030-2033) zu 100 % gewertet.
2. Die ASt hat ein form- und fristgerechtes Angebot abgegeben.
Die ASt hat dabei ihren Fixkostenanteil mit 100 % gesetzt.
3. Mit Nachricht vom 02.04.2025 forderte die VSt die ASt zur Vorlage der Kalkulation bezogen auf die angegebenen Sortierkosten (Pos. 2 im Leistungsverzeichnis) an.
Mit Nachricht vom 03.04.2025 übermittelte die ASt die Kalkulation insoweit.
Mit Schreiben vom 07.04.2025 übermittelte die VSt der ASt weitere Fragen.
Unter anderem wurden folgende Fragen bzw. Punkte seitens der VSt aufgeworfen:
- detaillierte Anlagenbeschreibung mit Angabe der Sortierschritte, auch in Bezug auf das Vermischungsverbot.
- Angabe, von welchem Standort die Abfalleinsammlung erfolgt, Angabe, wo Abfalltransporte in der Kalkulation berücksichtigt sind bzw. Anforderung der insoweitigen Kalkulation.
- Angabe der Kalkulation der Automatisierung; Angabe, wie Sortenreinheit erreicht wird.
- Angabe, ob Kalkulation die Vertragsverlängerung und Steigerungsraten berücksichtigt.
Mit Schreiben vom 09.04.2025 antwortete die ASt hierauf.
Die ASt machte insoweit Angaben zur Systematik der Tourenplanung, zur Tagesleistung der Müllfahrzeuge, zu den vorgesehenen Einsatztagen und zu der vorgesehenen Sammellogistik.
Des Weiteren wurden zwei Referenzen angegeben.
Zur Sortierung werde die Anlage in ### genutzt, bei Störfällen die Anlage in ###.
Des Weiteren wurde erklärt, dass es in den ersten vier Jahren jährliche Lohnsteigerungen geben werde. In der restlichen Vertragslaufzeit gehe man von gleichbleibenden bzw. sinkenden Lohnkosten aus. Der Berechnungspreis der Kraftstoffkosten sehe einen Sicherheitszuschlag über die Laufzeit vor. Daneben verweise man auf den Großkundeneinkaufsvorteil.
Mit Schreiben vom 24.04.2025 lud die VSt die ASt zu einem Bietergespräch am 06.05.2025 u.A. mit dem Fachberater ein.
Über das Bietergespräch hat die ASt ein Protokoll angefertigt, das sie der VSt mit Schreiben vom 10.05.2025 übersandte. Im Anschreiben führt die ASt aus, dass sie von der Auskömmlichkeit des Angebots ausgehe; zudem wurde das Erreichen der Aufgreifschwelle bezweifelt. Weiter wurde ausgeführt, dass ein überragendes Interesse am Erhalt der zu Los 1 ausgeschriebenen Leistungen bestehe.
Laut dem Protokoll wurde insbesondere der von der ASt für die Sortierung angesetzte Sortierpreis thematisiert, der aus Sicht der VSt zu niedrig sei.
Laut dem Protokoll seien Leistungswerte vom derzeitigen Sperrmüllentsorger, der BGl, der ASt vorgelegt und besprochen worden.
Mit Schreiben vom 19.05.2025 nahm die VSt hierzu Stellung und übermittelte insbesondere Anmerkungen zum Protokoll. Die VSt gehe von einer fehlerhaften Kalkulation aus.
Mit Schreiben vom 22.05.2025 übermittelte die VSt der ASt eine Reihe von Fragen.
Insbesondere wurde die ASt zur Abgabe der Urkalkulation in Bezug auf die Abfuhrlogistik aufgefordert.
Weiter wurde insbesondere eine Stellungnahme zu den im Rahmen des Bietergesprächs übergebenen Leistungsdaten des derzeitigen Entsorgers erbeten.
Weiter wurde eine Auskunft dazu erbeten, auf welchen Referenzerfahrungen die angegebenen Leistungszahlen beruhen und warum diese auf den hiesigen Fall übertragbar sind.
Die von der ASt angegebene Sortierleistung liege deutlich über der anfallenden Sortiermenge. Es wurde abgefragt, wie sichergestellt wird, dass eine herkunftsgetrennte Sortierung erfolgt. Die Genehmigung für den Standort ### wurde angefordert.
Mit Schreiben vom 27.05.2025 antwortete die ASt hierauf.
Mit dem Schreiben wurde die Urkalkulation übermittelt.
Mit dem Schreiben wurde insbesondere ausgeführt, dass sich die Fahrzeugtechnik der ASt von der des Bestandsauftragnehmers deutlich unterscheide. Weiter wurde bestätigt, dass das vorgesehene Sammelsystem bei den genannten Referenzen bereits zum Einsatz gekommen ist. Es werde zu keinen Vermischungen mit Mengen aus anderen Herkunftsgebieten kommen. Im Hinblick auf die Thematisierung der Kapazität der angegebenen Sortieranlage werde eine herkunftsgetrennte Sortierung zugesagt. Mit dem Schreiben wurde eine Genehmigung (auszugsweise) zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur zeitweiligen Lagerung von Abfällen in ### übermittelt.
Insgesamt habe man auskömmlich kalkuliert, wäre jedoch im Hinblick auf das Interesse am Auftrag willens und als solide geführtes und finanziell rundum gesundes Unternehmen zugleich in der Lage, den Auftrag auch im Falle einer - wider Erwarten - defizitären Entwicklung durchzuführen. Es sei abschließend festzuhalten, dass im Zuschlagsfalle die ausgeschriebenen Leistungen über die gesamte Vertragslaufzeit einschließlich einer etwaigen Vertragsverlängerung ordnungsgemäß erbracht werden können.
4. Im Vergabevermerk vom 13.06.2025 wurde der vorgesehene Ausschluss der ASt bzw. der beabsichtigte Zuschlag an die VSt näher begründet.
Die Aufgreifschwelle sei erreicht. Der angegebene Angebotspreis (Jahrespreis) liege deutlich unter dem entsprechenden Preis der BGl. Der mit einer Preisentwicklungsprognose errechnete Wertungspreis der ASt liege noch einmal deutlich stärker unter dem entsprechenden Preis der BGl.
Es sei aufgefallen, dass die ASt bzgl. des Preises in Pos. 2 des LV (Sortierkosten) einen Preis in Ansatz bringe, der stark unter dem von der BGl hierfür angesetzten Preis liege. Die ASt gehe insoweit kalkulatorisch von einer hohen Gesamtjahres-Sortierleistung aus.
Es habe sich auch die Frage nach der Auskömmlichkeit bezogen auf die Preisbildung für die Sammellogistikleistung gestellt. Angesichts von Information über die Sammlung des derzeitigen Entsorgers habe die VSt die Überzeugung, dass auch die Sammellogistikleistung, wie sie die ASt vorsieht, nicht zum abgegebenen Preis erbracht werden könne. In der Folge sei es erforderlich gewesen, die Kalkulation der Logistikleistung einer Detailprüfung zu unterziehen.
Die ASt habe im Ergebnis den erforderlichen Nachweis (Verweis auf OLG Düsseldorf, U. v. 12.04.2023) bezüglich der Seriosität seines Angebots nicht erbracht. Nach Prüfung der Urkalkulation der ASt gehe die VSt davon aus, dass die von der ASt angesetzten Sammeltage nicht reichen, auch im Vergleich zur BGl. Die ASt habe zu diesem Sachverhalt nicht konkret Stellung genommen. Die von der ASt genannten Referenzen würden die erfolgte Durchführung der hier eingesetzten Sammelsystematik nicht belegen.
Die ASt habe nicht den Nachweis geführt, dass sie die angegebenen hohen Sortierleistungen erreicht. Der angegebene Sortierpreis sei nur plausibel, wenn in einer technischen Großanlage sortiert werde. Die sich für die ASt ergebende rechnerische Sortierkapazität werde durch die Ausschreibungsmenge nur zu einem kleinen Teil in Anspruch genommen. Es stelle sich die Frage, ob die Sortierung anderer Abfälle zur Kostendeckung beitragen könne.
Die Auskunft der zuständigen Stelle zu dem von der ASt benannten Standort ergebe, dass insoweit eine Sortierung derzeit nur in begrenztem Umfang möglich sei, weil die Genehmigung teilweise erloschen sei. Der Betrieb einer Sortieranlage mit dieser begrenzten Kapazität sei wirtschaftlich nicht darstellbar.
Als weitere Auffälligkeit wurde aufgeführt, dass die ASt sämtliche Kosten fix angesetzt haben, obgleich in den vorliegenden Kalkulationen u.A. von (verschiedenen) Preissteigerungen bei den Personalkosten in den ersten vier Jahren ausgegangen wird.
In der Gesamtschau habe die ASt nicht den erforderlichen und geforderten Nachweis geführt, dass die Leistung, wie sie ausgeschrieben ist, zum abgegebenen Preis erbracht werden könne. Vielmehr stütze eine Vielzahl von Erkenntnissen das vorliegende Ergebnis, dass unrealistische Annahmen den niedrigen Preis begründen. Es lägen Informationen vor, welche den Angaben des Bieters widersprechen.
In der Gesamtschau sei ein Ausschluss des Angebots zu Los 1 zwingend, da die Leistung zum abgegebenen Preis nicht erbracht werden könne.
5. Der ### der VSt beschloss am 21.07.2025, das Angebot der ASt auszuschließen und die BGl zu beauftragen. In der Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass die ASt aus Sicht der VSt nicht den erforderlichen und geforderten Nachweis führen konnte, dass die Leistung, so wie sie ausgeschrieben wurde, zum abgegebenen Preis erbracht werden könne. Die vorliegenden Erkenntnisse würden daher zu dem Ergebnis führen, dass unrealistische Annahmen den niedrigen Preis begründen würden. Aus diesem Grund sei das Angebot auszuschließen, da die Leistung zum abgegebenen Preis nicht erbracht werden könne.
6. Mit Schreiben vom 24.07.2025 teilte die VSt der ASt mit, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag auf die BGl zu erteilen. Der Ausschluss des Angebots der ASt sei zwingend, weil diese nicht den Nachweis geführt habe, dass die Leistung, wie sie ausgeschrieben ist, zum abgegebenen Preis erbracht werden kann. Die Begründung deckt sich im Wesentlichen mit der Begründung im Vergabevermerk.
7. Mit Schreiben vom 28.07.2025 erhob die ASt hiergegen Rüge.
Die Begründung deckt sich im Wesentlichen mit der Begründung des Nachprüfungsantrags.
8. Mit Schreiben vom 30.07.2025 wies die VSt die Rüge zurück.
9. Am 01.08.2025 stellte die ASt einen Nachprüfungsantrag und beantragte,
1. dem Antragsgegner zu untersagen, in dem europaweiten offenen Verfahren "Abfuhr sperriger Abfälle (Los 1), Abfuhr E-Schrott (Los 2)" (Kennziffer der Auftragsbekanntmachung im EU-Amtsblatt: ### Veröffentlichungsnummer der Bekanntmachung: ###) in Los 1 den Zuschlag auf das Angebot der ### zu erteilen;
2. dem Antragsgegner aufzugeben, im streitgegenständlichen Vergabeverfahren die Ablehnung der Zuschlagserteilung auf das Angebot der Antragstellerin zu Los 1 zurückzunehmen, das Vergabeverfahren bei Los 1 in den Stand der Angebotswertung zurückzuversetzen und - bei fortbestehender Beschaffungsabsicht - den Zuschlag auf das Angebot der Antragstellerin zu Los 1 zu erteilen, zumindest die Preisaufklärung bzw. die im Rahmen von § 60 Abs. 3 Satz 1 VgV erforderliche Prognoseentscheidung betreffend das Angebot der Antragstellerin zu Los 1 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen;
3. der Antragstellerin gemäß § 165 GWB Einsicht in die Vergabeakten des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zu gewähren;
4. dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen;
5. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten seitens der Antragstellerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen folgendes ausgeführt:
Es bestünden ernsthafte Zweifel daran, dass die VSt vergaberechtskonform in eine Preisprüfung eintreten durfte. Es bleibe insbesondere unklar, ob das angeführte Angebot des zweitplatzierten Bieters tauglicher Bezugspunkt for die vermeintliche Preisabweichung sein könne. Es bleibe insoweit auch offen, warum die VSt zunächst lediglich die Kalkulation hinsichtlich der Sortierkosten angefordert hat.
Die ASt habe die Preise aus ihrem Angebot zu Los 1 objektiv zufriedenstellend aufgeklärt, sodass der VSt die Ablehnung des Zuschlags auf das Angebot der ASt verwehrt sei. Die ASt habe ihre Sammelsystematik genügend erläutert. Die Leistungswerte des Bestandsauftragnehmers könnten nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Die ASt habe hinreichend dargelegt, dass die zugrunde gelegten Sortierleistungen erreicht werden. Die VSt könne sich für ihre Position einer nicht zufriedenstellenden Aufklärung aufgrund unzureichend plausibilisierter Leistungswerte nicht auf den Beschluss des OLG Düsseldorf vom 13.04.2023 stützen. Der Sachverhalt dieser Entscheidung - es geht um Gebäudereinigungsleistungen - sei nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Die VSt habe keine unvoreingenommene und ergebnisoffene Preisprüfung vorgenommen, sondern offensichtlich zielgerichtet auf das gewünschte Ergebnis hingearbeitet.
Es fehle an einer ordnungsgemäßen Prognoseentscheidung der VSt, dass die ASt auf Grundlage der angebotenen Preise nicht in der Lage ist, den Vertrag ordnungsgemäß zu erfüllen. Dies zeige sich insbesondere dadurch, dass die VSt im Schreiben vom 24.07.2025 davon spreche, dass der Ausschluss zwingend sei. Im Übrigen hätte eine Prognoseentscheidung vergaberechtskonform nur zu Gunsten des Angebots der ASt ausfallen müssen, zumal das Angebot der ASt als auskömmlich zu bewerten sei. Die ASt habe in den Schreiben vom 10.05.2025 und vom 27.05.2025 betont, dass sie ein überragendes Interesse am Erhalt der zu Los 1 ausgeschriebenen Leistungen habe, im Sinne eines wettbewerbskonformen Ziels. Des Weiteren habe die ASt im Schreiben vom 27.05.2025 hervorgehoben, dass sie als solide geführtes und finanziell rundum gesundes Unternehmen zugleich willens und in der Lage ist, den Auftrag - auch im Falle einer wider Erwarten -defizitären Situation bzw. Entwicklung vollumfänglich und ordnungsgemäß über die Vertragslaufzeit einschließlich einer etwaigen Verlängerung auszuführen. Dabei sei außerdem zu beachten, dass der gegenständlich zu Los 1 ausgeschriebene Auftrag im Gesamtauftragsportfolio der Antragstellerin nur einen kleinen Anteil ausmache. Gleichermaßen habe der mit dem hiesigen Auftrag erzielte bzw. erzielbare Umsatz nur einen entsprechend geringen Anteil am Gesamtumsatz der Antragstellerin. Selbst im Falle eines Defizits könne daher mit Blick auf die finanzielle Lage und die finanziellen Ressourcen der Antragstellerin kein Zweifel daran bestehen, dass die Prognose nur positiv zu Gunsten der Antragstellerin und einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung ausfallen könne.
Im Übrigen sei von Dokumentationsdefiziten auszugehen.
10. Mit Schreiben vom 05.08.2025 erwiderte die VSt hierauf und stellte folgenden Anträge:
1. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 1. August 2025 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Nachprüfungsverfahrens.
3. Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten durch den Antragsgegner wird für notwendig erklärt.
11. Mit Schreiben vom 12.08.2025 begründete die VSt ihren Antrag näher. Im Wesentlichen wurde folgendes ausgeführt:
Die Sammelmenge müsse durch den Auftragnehmer an einem geeigneten und genehmigten Betriebsstandort in die Fraktionen Restsperrmüll, Altholz, Altmetall und Kunststoff sortiert und in Container verladen werden. Eine Vermischung der Sammelmenge mit Mengen sonstiger Herkunft sei auszuschließen, da die aussortierten Wertstofffraktionen an die durch ### im Rahmen weiterer Vergabeverfahren beauftragten Verwertungsbetriebe sortenrein angedient werden müssen.
Die Aufgreifschwelle sei erreicht. Das Angebot der BGl stelle einen tauglichen Relationsansatz dar. Es hätten keine Anhaltspunkte dafür bestanden, am Angebot der BGl zu zweifeln.
Die Preisprüfung sei ordnungsgemäß erfolgt. Nach deren Abschluss seien eine Reihe Auffälligkeiten verblieben, die die ASt nicht befriedigend habe aufklären können.
Insbesondere habe die ASt die veranschlagte Sammelleistung nicht zufriedenstellende erklären können.
Die ASt habe auch den niedrigen Sortierpreis nicht zufriedenstellend aufklären können. Für eine wirtschaftliche Sortierung bedürfte es den Angaben der ASt in der Urkalkulation nach eine deutlich höhere Sortiermenge als dort derzeit genehmigt sei.
Die ASt habe - entgegen der Vorgaben im Leistungsverzeichnis - ein Festpreisangebot angeboten und die Fixkostenanteile mit 100% beziffert. Dies, obwohl die ASt gemäß ihrer eigenen Kalkulation von Steigerungen sowohl bei Löhnen als auch beim Diesel ausgeht. Ausweislich der (Ur-) Kalkulationen beziehe sich die Steigerung lediglich auf die ersten vier Vertragsjahre. Eine Kalkulation der Folgejahre (Verlängerungsoptionen) enthalte die Kalkulation nicht. Die ASt gebe hierzu lediglich an, dass die Löhne nach Ablauf der Grundvertragslaufzeit nicht mehr steigen werden. Es sei festzustellen, dass die ASt mit der Kalkulation die Vorgaben des Preisblattes "umgehe".
Ausweislich der Angaben auf den Deckblättern der vorgelegten Urkalkulationen würden sich diese lediglich auf die Grundvertragslaufzeit von vier Jahren plus eine Verlängerungsoption beziehen. Ausgeschrieben seien neben der Grundvertragslaufzeit jedoch zwei (einseitige) Verlängerungsoptionen von jeweils zwei Jahren, die nur die VSt wahrnehmen könne. Kalkuliert seien lediglich die ersten vier Jahre Grundvertragslaufzeit, eine Kalkulation der Verlängerungsoptionen enthielten die Urkalkulationen nicht.
Zur Prognose- und Ausschlussentscheidung wurde folgendes vorgetragen:
Die VSt habe die Ergebnisse der Aufklärung und die durch die ASt eingereichten Angaben und Unterlagen umfassend gewürdigt und auf dieser Basis eine Prognose- und sodann eine Ausschlussentscheidung das Angebot der ASt betreffend getätigt. Dabei habe die VSt die Entscheidung nicht nur in einer Gesamtschau gewürdigt, sondern mit Blick auf die bestehenden Zweifel auch Rückschlüsse auf das Leistungsversprechen der ASt gezogen. Dies gehe aus der Dokumentation hervor. Dass diese Ausschlussentscheidung "zwingend" war, sei dem Umstand geschuldet, dass der Gesetzgeber in § 60 Abs. 3 Satz 1 VgV ein sog. gebundenes Ermessen bei weiterhin bestehenden Zweifeln vorgesehen habe (BGH, Beschluss vom 31. Januar 2017 - X ZB 10/16). Bei der Prognoseentscheidung komme der VSt ein Beurteilungsspielraum zu (OLG Hamburg, B. v. 06.09.2019, 1 Verg 3/19).
Eine Auskömmlichkeit des Angebotes unterstellt, wäre das Angebot gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 1, 4 bzw. 5 VgV auszuschließen. Denn die ASt habe sich nicht an die Vorgaben zur Kalkulation gehalten. Das Leistungsverzeichnis enthalte im Abschnitt Wertpreisberechnung klare Vorgaben zur Kalkulation. An diese Vorgabe habe sich die ASt nicht gehalten, sondern die gesamten Kosten in einen Fixkostenanteil kalkuliert.
12. Die Beiladung erfolgte am 14.08.2025.
13. Der ASt wurde am 20.08.2025 Akteneinsicht erteilt.
14. Mit Schriftsatz vom 22.08.2025 nahm die ASt erneut Stellung. Insbesondere wurde folgendes ausgeführt:
Die ASt habe mit Schreiben vom 10.05.20205 und 27.05.2025 ausdrücklich versichert, dass sie die Leistungen zu den angebotenen und aus ihrer Sicht auskömmlichen Preisen über die gesamte Vertragslaufzeit ordnungsgemäß ausführen kann und wird und zugleich auch betont, dass ein überragendes Interesse am Erhalt der zu Los 1 ausgeschriebenen Leistungen besteht. Die ASt habe im Schreiben vom 27.05.2025 auch betont, dass sie als solide geführtes und finanziell rundum gesundes Unternehmen willens und in der Lage ist, den Auftrag auch im Falle einer wider Erwarten defizitären Situation bzw. Entwicklung vollumfänglich und ordnungsgemäß über die Vertragslaufzeit einschließlich einer etwaigen Verlängerung auszuführen.
Das Erreichen der Aufgreifschwelle wird weiter bestritten.
Die Antragstellerin habe die Preise nachvollziehbar und zufriedenstellend aufgeklärt. Es werde bezweifelt, dass die VSt sich die Ergebnisse der durch den Fachberater durchgeführten Preisaufklärung zu eigen gemacht hat.
Dem Vortrag der VSt, dass die ASt nicht habe erklären können, wie sie die ihrer Kalkulation zugrundeliegende Sammelleistung erreichen könne, wurde entgegengetreten. Nach Informationen der ASt realisiere die BGl bei der Ausführung des Bestandsauftrags in erheblichem Maße Sonderleistungen auf Stundenlohnbasis.
Die Einwände der VSt gegen die benannten Referenzen seien unbegründet.
Die Anforderungen an die Sortierung seien entgegen den Behauptungen der VSt in den benannten Referenzprojekten nicht niedriger.
Die VSt habe auf Grundlage der Kalkulation der ASt errechnet, dass deren Sortierpreis kalkulatorische eine hohe Jahresmenge erfordere. Aus Sicht der VSt sei nicht ersichtlich, woher die erforderliche Menge komme. Hierzu wendet die ASt ein, dass der für die Sortierung erforderliche Standort ### im Aufbau sei und die Voraussetzungen dafür geschaffen würden, möglichst zeitnah die Mengenzielgröße zu erreichen. Bis dies erreicht sei, trage die ASt bewusst das Risiko, keinen Gewinn zu erzielen.
Der Standort ### sei für die Lagerung und die Sortierung von Sperrmüll genehmigt und geeignet. Derzeit sei eine Lagerung sowie eine Sortierung in gewisser Größenordnung pro Werktag zulässig. Es werde eine Genehmigung in deutlich erweiterter Größenordnung angestrebt. Es gebe Signale der Genehmigungsbehörde, dass von einer entsprechenden Genehmigungsfähigkeit auszugehen ist.
Hinsichtlich des von der VSt für die ASt angenommenen Fixpreisangebots könne ein Angebotsausschluss nicht begründet werden (unter Verweis auf OLG Frankfurt a. M., B. v. 01.10.2020, 11 Verg 9/20). Es obliege der Kalkulationshoheit des jeweiligen Bieters, welche Kostenbestandteile er in welchem Verhältnis fix setzt.
Es sei nicht ersichtlich, dass sich die VSt die Entscheidung ihres Fachberaters über Prognose und Ausschluss des Angebots der ASt zu eigen gemacht habe. Falls überhaupt von dem Vorliegen einer ordnungsgemäßen Prognoseentscheidung auszugehen sei, fehle es an einer ausreichenden Begründung. Insbesondere habe die VSt die Gesichtspunkte, die für eine ordnungsgemäße Leistungserbringung streiten, nicht berücksichtigt.
15. Mit Schriftsatz vom 02.09.2025 nahm die VSt erneut Stellung. Insbesondere wurde noch folgendes ausgeführt:
Die VSt habe sich die Empfehlung des Beraters mit Beschluss ### vom 21.06.2025 zu eigen gemacht.
Es bleibe dabei, dass das Angebot wegen Missachtung der Kalkulationsvorgaben auszuschließen ist. Das OLG Frankfurt a. M. gehe in der von der ASt zitierten Entscheidung davon aus, dass ein Verstoß gegen Kalkulationsvorgaben zum Ausschluss führt, habe allerdings in dem streitgegenständlichen Fall keine entsprechende Vorgabe in den Vergabeunterlagen gesehen, was vorliegend anders sei, da die im Preisblatt einzutragenden Werte explizit auch der Wertung der Angebote dienten. Die ASt habe in ihrer vorgelegten Kalkulation auch mit variablen Kosten gerechnet, was sich aber im Preisblatt nicht wiederfinde. Die ASt habe sich damit einen Wertungsvorteil verschafft.
Die ASt habe letztlich die auffällig hohe Sammelleistung nicht erklären können. In diesem Zusammenhang verkenne die ASt, dass die in Bezug auf die BGl thematisierten Sonderleistungen hier ohnehin erbracht werden müssen, da die Vergabeunterlagen hier zu einem Fullservice-Angebot verpflichten würden (Besondere Vertragsbedingungen Los 1 Nr. 2.17). Die Ausführungen bezogen auf die Plausibilisierung der Kalkulation des Preises für die Sortierung seien neu und könnten damit nach dem Abschluss der Preisprüfung keine Berücksichtigung finden. Die Immissionsschutzbehörde könne die Behauptungen in Bezug auf die Genehmigung so nicht bestätigen.
Insgesamt sei der ASt der Nachweis der Auskömmlichkeit des Angebots nicht gelungen. Vielmehr hätten sich Lücken in der Herangehensweise gezeigt, die die ASt bis zum Abschluss der Preisprüfung nicht ausräumen konnte.
Nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (B. v. 12.04.2023, Verg 26/22) würden Restzweifel bei der Aufklärung zwingend zum Ausschluss führen. Die VSt habe sehr wohl unter Berücksichtigung der Abwägungen die Prognoseentscheidung getroffen, dass eine ordnungsgemäße Leistungserbringung nicht zu erwarten ist. Grundlage dafür seien die dokumentierten Befunde bzw. Unstimmigkeiten und Defizite in der Nachweisführung der ASt. Im Übrigen könne der Preis nach dem Vortrag des Bieters nur auskömmlich oder aus wettbewerbsökonomischen Gründen unauskömmlich sein.
16. Der BGl wurde am 04.09.2025 Akteneinsicht erteilt.
17. Mit Schriftsatz vom 1 1.09.2025 nahm die ASt erneut Stellung. Insbesondere wurde der Vortrag zu der Thematik, dass die ASt auch im Fall einer defizitären Entwicklung ordnungsgemäß leisten könne, vertieft. Die VSt habe dazu vorgetragen, dass der Preis nach dem Vortrag des Bieters nur auskömmlich oder aus wettbewerbskonformen Gründen unauskömmlich sein könne. Dem trete die ASt entgegen und ein solches ergebe sich insbesondere nicht aus der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 12.04.2023. Der Bieter könne sich auch in den Fällen, in denen er selbst von einem auskömmlichen Angebot ausgeht, zusätzlich auf wettbewerbskonforme Ziele berufen, um sich für den Fall abzusichern, dass der Auftraggeber zu der Einschätzung gelangt, dass der Preis unauskömmlich ist bzw. Zweifel hinsichtlich der Auskömmlichkeit verbleiben (unter Verweis auf VK Südbayern, B. v. 05.06.2018, Z3-3-3194-1-12-04/18). Das Angebot der ASt sei nicht wegen Missachtung der Kalkulationsvorgaben auszuschließen. Entgegen der Auffassung der VSt streite hierfür die zitierte Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. (B. v. 01.10.2020, 11 Verg 9/20). Entgegen der Auffassung der VSt sei der Vortrag der ASt im Nachprüfungsverfahren zur Thematik der Preisprüfung nicht als neu zu bezeichnen. In Bezug auf die Sammellogistik wies die ASt darauf hin, dass die nach den Vergabeunterlagen verpflichtend vorzusehenden Fullservice-Leistungen nicht während der regulären Sammeltour erbracht werden müssen.
18. Mit Schriftsatz vom 18.09.2025 nahm die BGl Stellung und beantragte,
1. den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 1. August 2025 zurückzuweisen;
2. der Antragstellerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens, einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen und Kosten der Beigeladenen, aufzuerlegen;
3. festzustellen, dass die Hinzuziehung anwaltlicher Bevollmächtigter durch die Beigeladene notwendig war.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen folgendes ausgeführt:
Die BGl gehe davon aus, dass die ASt den Standort ### für die Sortierung benannt habe. Dieser verfüge jedoch nicht über eine Sortieranlage. Es werde bezweifelt, dass dieser Standort für die hier ausschreibungspflichtigen Sortierleistungen hinreichend geeignet, genehmigt und zertifiziert ist. Wenn die ASt den Standort ### nicht ursprünglich für die Leistungserbringung angeboten hätte, sondern stattdessen den Standort ###, läge eine zwischenzeitliche Angebotsänderung vor, die gem. § 15 Abs. 5 Satz 2 VgV zum Angebotsausschluss führen muss. Die ASt habe mit ihren Angebotserklärungen auch gegen die Kalkulationsvorgaben der Ausschreibung verstoßen, so dass ihr Angebot gem. § 57 Abs. 1 Nr. 1, 4 und/oder Nr. 5 VgV auszuschließen sei. Die BGl gehe davon aus, dass die ASt Preissteigerungserwartungen für variable Kosten gleichsam in den Fixkostenanteil verschoben hat. Es sei aufgrund der Struktur des Leistungsverzeichnisses und der anderweitigen Vorgaben in den Bewerbungsbedingungen unzweifelhaft, dass die Bieter für die variablen Kosten den ihnen zukommenden Anteil an der Preisgleitung in Gestalt eines Prozentsatzes zu kalkulieren und zu erklären hatten.
Zur Sammellogistik wurde ausgeführt, dass die geographische Strukturierung des Gebietes und die vertraglich vorgesehenen kurzen Abholfristen vorliegend eine Tourenplanung erschweren würden. Die thematisierten Fullservice-Leistungen würden durch gesondertes Personal der BGl erbracht. Im Übrigen werde die Sammelleistung regelmäßig nicht durch das Sammelvolumen der einzelnen Fahrzeuge, sondern durch die Zahl und Lage der Anfahrstellen limitiert.
19. Mit Schriftsatz vom 19. September 2025 nahm die VSt erneut Stellung. Im Wesentlichen wurde folgendes ausgeführt:
Die von der ASt einerseits behauptete Auskömmlichkeit und die andererseits behauptete Verfolgung wettbewerbskonformer Ziele würden sich nicht nur aus rechtlichen, sondern auch aus logischen Gründen ausschließen. Der ASt sei es im Übrigen bis heute nicht gelungen, nachvollziehbare Nachweise für ihre Auskömmlichkeit oder die Verfolgung wettbewerbskonformer Ziele vorzubringen; die ASt habe den Nachweis für die Verfolgung wettbewerbskonformer Ziele bei Unauskömmlichkeit des Angebots nicht erbracht. Die ASt habe zu ihren insoweitigen Behauptungen keine Nachweise erbracht. Der Vortrag zu dem Gesichtspunkt der Verfahrensherrschaft des ### wurde vertieft.
Der Vortrag zu dem Verstoß gegen die Kalkulationsvorgaben durch die ASt wurde vertieft. Der Vortrag zu der Genehmigungslage hinsichtlich der von der ASt benannten Sortieranlage wurde vertieft.
20. Mit Schriftsatz vom 24.09.2025 nahm die VSt erneut Stellung. Insbesondere wurde folgendes ausgeführt:
Die ASt habe mit dem Angebot lediglich ein EfbV-Zertifikat vorgelegt, das die Sortieranlage in ### gerade nicht beinhalte. Eine Abfrage des Entsorgungsfachbetrieberegisters habe ergeben, dass der Standort in ### immer noch nicht zertifiziert wurde. Die ASt habe mit ihrem Angebot eine Bescheinigung der ### vom 03. Dezember 2024 vorgelegt, aus der hervorgehe, dass der Zertifizierungsprozess diesen Standort betreffend derzeit noch andauern würde. Der Ausschluss des Angebots der ASt werde nun zusätzlich auf diesen Aspekt gestützt.
21. Mit Schriftsatz vom 24.09.2025 nahm die ASt erneut Stellung. Insbesondere wurde noch folgendes ausgeführt:
Der für die Sortierung vorgesehene Standort verfüge über alle für die Sortierung der verfahrensgegenständlichen Abfälle notwendigen Genehmigungen. Die ASt verfüge über eine EfB-Zertifizierung für alle ihre Standorte einschließlich des für die Sortierung der verfahrensgegenständlichen Abfälle vorgesehenen Standorts. Letzterer sei nach dessen Übernahme durch die ASt als bereits zuvor als Entsorgungsfachbetrieb zertifizierter Standort im üblichen Verfahren in das Efb-Zertifikat integriert und werde auch im Rahmen der anstehenden Neuausstellung im Zertifikat selbst aufgeführt werden.
22. In der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2025 hatten die Beteiligten Gelegenheit, sich zur Sache zu äußern.
23. Mit Schriftsatz vom 30.09.2025 nahm die ASt erneut Stellung.
Es wurde die vollständige Genehmigung für den Standort ### übergeben. Weiter wurde eine Bescheinigung der ### vom 25.09.2025 betreffend den Standort ### übergeben.
Aus letzterer ergebe sich, dass der betreffende Standort- gültig bis zum 03.07.2025, mithin auch bei Angebotsabgabe - über eine andere Entsorgergemeinschaft zertifiziert war und der Standort nunmehr voraussichtlich im Oktober 2025 - mithin vor Leistungsbeginn - in das Efb-Zertifikat der Antragstellerin integriert werde.
Die ASt sei der Anforderung zur Vorlage einer aktuell gültigen Zertifizierung nach EfBV nachgekommen. Eine solche sei von der ASt unstreitig vorgelegt worden. Mit dem Wortlaut der diesbezüglichen Anforderung sei eine Auslegung dahingehend, dass von der mit Angebotsabgabe vorzulegenden Zertifizierung alle Standorte, an denen ausschreibungsgegenständliche Leistungen erbracht werden sollen, erfasst sein müssen, nicht vereinbar. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass mit dem Angebot nicht alle Standorte zu benennen gewesen seien und mithin mit einer solchen Auslegung eine abschließende Eignungsprüfung nicht möglich gewesen sei. Dafür streite auch, dass nach Ziffer 2.1 der Besonderen Vertragsbedingungen für die EfBV-Zertifizierung auf die Vertragslaufzeit abzustellen ist. Wenn die Auslegung der VSt zutreffen würde, würde es für die Eignungsprüfung im Hinblick auf Referenzen genügen, wenn die VSt schlicht die Vorlage von Referenzen fordern würde.
24. Im Übrigen wird hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die Verfahrensakte der Vergabekammer, das Protokoll der mündlichen Verhandlung und die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, Bezug genommen.
Begründung:
Der zulässige Nachprüfungsantrag ist nicht begründet.
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
a) Die Vergabekammer Nordbayern ist für das Nachprüfungsverfahren nach § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 2 S. 2 BayNpV sachlich und örtlich zuständig.
b) Die Vergabestelle ist öffentlicher Auftraggeber nach § 99 GWB.
c) Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen öffentlichen Auftrag im Sinne von § 103 GWB.
d) Der Auftragswert übersteigt den Schwellenwert nach Art. 4 der Richtlinie 2014/24/EU (§ 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB).
Die ASt ist antragsbefugt, § 160 Abs. 2 GWB.
f) Die Rügeobliegenheit nach § 160 Abs. 3 GWB wurde beachtet.
g) Der Zuschlag wurde noch nicht erteilt, § 168 Abs. 2 S. 1 GWB.
2. Der Nachprüfungsantrag ist nicht begründet.
a) Der Ausschluss des Angebots der ASt wegen fehlender Eignung stellt keinen Vergaberechtsverstoß dar.
Ziffer 5.1.9 der Auftragsbekanntmachung verlangt für die gegenständliche Beschaffung eine aktuell gültige Zertifizierung nach EfBV (§ 56 KrWG), für ausländische Bieter einen gleichwertigen Nachweis.
Die Auftragsbekanntmachung ist nach dem objektiven Empfängerhorizont der potentiellen Bieter auszulegen (BGH, B. v. 07.01.2014, X ZB 15/13; OLG München, B. v. 21.04.2017, Verg 2/17). Es geht also darum, wie die betroffenen Fachkreise, also Unternehmen, die sich in der Branche der hier ausgeschriebenen Leistungen bewegen, diese Anforderung verstehen durften. Nach diesem Maßstab war die Anforderung hier so zu verstehen, dass das vorzulegende Zertifikat die für die Leistung vorgesehenen Standorte beinhaltet.
Das Entsorgungsfachbetriebezertifikat ist sowohl betriebs- als auch standortbezogen. Denn nach § 56 Abs. 3 S. 1 KrWG werden neben Anforderungen hinsichtlich der Zuverlässigkeit und der Fach- und Sachkunde des Personals auch Anforderungen hinsichtlich der Organisation, und der gerätetechnischen und sonstigen Ausstattung gestellt, die sich nach dem Wortsinn auf einen bestimmten Standort richten. Beispielsweise ist nach S. 4 Abs. 1 EfbV für jeden Standort eine Person für Leitung und Aufsicht zu bestellen. Weiterhin ist für jeden Standort ein Betriebstagebuch zu führen, § 5 Abs. 1 EfbV. Weiterhin gibt § 56 Abs. 3 S. 2 KrWG vor, dass in dem Zertifikat die zertifizierten Tätigkeiten des Betriebes, insbesondere bezogen auf seine Standorte und Anlagen genau zu bezeichnen sind. Schließlich ist für das Zertifikat vorgesehen, dass die Standorte im Zertifikat jeweils getrennt in je einer einzelnen Anlage aufzuführen sind. Weiter ist vorgesehen, dass die zertifizierten Tätigkeiten für jeden Standort gesondert aufzuführen sind, s. den amtlichen Vordruck nach Anlage 3 zu S 25 EfbV. Somit werden die inhaltlichen Anforderungen jeweils für die einzelnen Standorte des Betriebes zertifiziert.
Angesichts dieser Anforderungen bzw. dieser Vorgaben für den Zertifizierungsprozess, die Unternehmen, die sich derartigen Zertifizierungen unterziehen, bekannt sein müssen, bezieht sich die Anforderung der Vorlage eines aktuell gültigen EfB-Zertifikats auf die für die Leistungserbringung vorgesehenen Standorte. Dafür spricht der Sinn und Zweck der Anforderung und der rechtliche und fachliche Hintergrund der EfB-Zertifizierung. Damit werden bestimmte Anforderungen definiert, die gerade auch für die Standorte gestellt werden. Der Beleg dieser Anforderungen, das Zertifikat, wäre vor diesem Hintergrund für die VSt sinnentleert, wenn er nicht den für die Leistungserbringung vorgesehenen Standort umfassen würde. Dieses Verständnis steht mit dem Wortlaut der Anforderung in Einklang.
Diesem Ergebnis steht der Einwand der ASt nicht entgegen, dass auch gegenüber fachkundigen Bietern bei der Forderung von Referenzen regelmäßig nähere Festlegungen in der Auftragsbekanntmachung erforderlich sind. Denn hinsichtlich der Festlegung von Referenzanforderungen besteht ein gewisser Spielraum, während die Anforderungen an ein EfB-Zertifikat durch den Gesetzgeber detailliert festgelegt sind.
Da es der VSt darum geht, dass die zur Leistungserbringung vorgesehenen Standorte mit der Zertifizierung gewissen Standards entsprechen, gilt dieses Verständnis unabhängig davon, dass die Standorte nicht explizit abgefragt wurden und ggf. erst später bekannt werden. Im Rahmen der - berechtigten - Preisaufklärung hat die ASt ihr Angebot dahingehend konkretisiert, dass die Leistungserbringung vom Standort ### erfolge. Diese Angabe wird damit Vertragsbestandteil (s. auch Ziffer 1.3 der Besonderen Vertragsbedingungen). Die Tatsache, dass von den Bietern zunächst keine expliziten Angaben zu den Standorten gefordert wurden, entbindet diese nicht davon, die geforderten Anforderungen für die von den Bietern für die Leistungsausführung vorgesehenen Standorte einzuhalten. Weiterhin ist auch eine abschließende Eignungsprüfung möglich, wenn die Standorte (zunächst) nicht bekannt sind; umgekehrt ist die VSt aber auch nicht gehindert, in die Eignungsprüfung erneut einzutreten, wenn Informationen betreffend die Eignung noch bekannt werden (jedenfalls im offenen Verfahren besteht kein Vertrauensschutz hinsichtlich einer durchgeführten Eignungsprüfung, s. BGH, B. v. 07.01.2014, X ZB 15/13). In zeitlicher Hinsicht ergibt sich aus der Formulierung "aktuell", dass das für die Leistungserbringung vorgesehene Zertifikat zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe vorliegen muss. Dieses Verständnis ist vor dem Gesichtspunkt der Prüfbarkeit durch die VSt plausibel, zumal Zertifizierungen längere Zeit in Anspruch nehmen können. Das zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe durch die ASt vorgelegte EfB-Zertifikat umfasst den Standort ### nicht. Daran ändert auch die mit dem Angebot vorgelegte Stellungnahme des Zertifizierers vom 03.12.2024 nichts. Denn diese betrifft nicht das EfB-Zertifikat selbst für den Standort ###, sondern betrifft lediglich die vorgesehene Einbeziehung dieses Standorts In das E -Zertifikat, die zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe ausweislich der Stellungnahme noch nicht vollzogen war. An diesem Ergebnis ändert auch die nachgereichte Stellungnahme des Zertifizierers vom 25.09.2025 nichts. Auch diese weist keine Zertifizierung für den Standort ### um Zeitpunkt der Angebotsabgabe für die ASt aus.
Die Kammer ist überdies der Auffassung, dass die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz eine inhaltliche Nachbesserung von Unterlagen verbieten (OLG München, B. v. 21.04.2017, Verg 2/17; Ziekow/Völlink, § 56 VgV, Rn. 23). Auch diese Grundsätze sprechen letztlich dafür, dass grundsätzlich Eignungskriterien mit der Angebotsabgabe inhaltlich erfüllt werden müssen.
Diesem Verständnis steht die Formulierung, dass Zertifizierungen nach EfBV über die gesamte Laufzeit des Vertrages vorzuhalten sind (Ziffer 2.1 der Besonderen Vertragsbedingungen) nicht entgegen. Zunächst sind Anforderungen in der Bekanntmachung vorrangig gegenüber Anforderungen in den Vergabeunterlagen, zumal wenn die Auslegung aufgrund des Textes in der Bekanntmachung eindeutig ist. Es besteht allerdings vorliegend auch kein Widerspruch. Die in der zitierten Ziffer 2.1 aufgestellte vertragliche Anforderung, dass u. A. die Zertifizierung während der Laufzeit des Vertrages vorgehalten werden muss, ist angesichts der begrenzten Gültigkeitsdauer eines EfB-Zertifikats (§ 56 Abs. 3 KrWG) plausibel. Dies spricht nicht dagegen, das Vorhandensein eines solchen Zertifikats als Eignungskriterium aufzustellen und die Vorlage mit dem Angebot zu verlangen, um eine Prüfung zu ermöglichen.
b) Der von der VSt mit Nichteinhaltung der Kalkulationsvorgaben begründete und auf § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV gestützte Angebotsausschluss hält einer vergaberechtlichen Nachprüfung stand.
Das Leistungsverzeichnis enthält hinsichtlich der Eintragung des jährlichen Gesamtpreises Felder für den Anteil der Fixkosten, des Anteils Lohn/Gehälter, des Anteils Reparatur/Wartung/Sonstiges und des Anteils Kraftstoff. Diese vier Werte werden Vertragsbestandteil für die Preisanpassungsklausel. Zudem sind die Werte bedeutsam für die Wertungspreisberechnung. Für die Werte mit Ausnahme des Wertes für Fixkosten sind Preissteigerungsraten festgelegt, die der Berechnung des Wertungspreises dienen. Es kann dabei offenbleiben, ob das Leistungsverzeichnis damit Vorgaben trifft, in welchem Ausmaß Eintragungen bei den verschiedenen Werten vorzunehmen sind bzw. ob damit vorgegeben wird, dass bei allen Werten Eintragungen vorzusehen sind oder ob Bietern beispielsweise ermöglicht wird, ganz oder zu einem gewissen Teil Kosten als fix anzusetzen.
Denn nach Auffassung der Vergabekammer triff das Leistungsverzeichnis insoweit zumindest die Vorgabe, dass Kosten insoweit nicht den Fixkosten zugeordnet werden dürfen, wenn der Bieter insoweit selbst von Preissteigerungen ausgeht. Insofern verletzt der Bieter die Vorgabe der angeforderten Eintragungen und macht keine kalkulationsentsprechenden Angaben (in der von der ASt insoweit zu ihren Gunsten angeführten Entscheidung des OLG Frankfurt a. M., B. v. 01.10.2020, 11 Verg 9/20 bestand keine Abweichung zwischen der tatsächlichen und der angegebenen Gewichtung im Angebot des betreffenden Bieters).
So liegt der Fall hier. Die ASt hat keine Eintragung für den Wert Lohn/Gehälter vorgenommen. Die ASt geht jedoch in ihrer zu Position 2 vorgelegten Kalkulation von jährlichen Preissteigerungen für Personalkosten für die ersten vier Jahre aus. Die ASt geht auch in ihrer mit Schreiben vom 27.05.2025 übermittelten Kalkulation (in anderem Umfang) von Preissteigerungen für Personalkosten für die ersten vier Jahre aus.
c) Der Ausschluss des Angebots der ASt wegen Unauskömmlichkeit begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Gem. § 60 Abs. 3 S. 1 VgV darf der öffentliche Auftraggeber nach Prüfung bzw. Preisaufklärung den Zuschlag auf ein Angebot ablehnen, wenn ihm nach der Prüfung der Preis dieses Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheint und der Bieter die geringe Höhe des angebotenen Preises nicht zufriedenstellend aufklären kann.
Die VSt prüft die Angemessenheit des Preises anhand der im Zusammenhang mit der Angebotseinreichung vorliegenden oder angeforderten Unterlagen über die Preisermittlung des betreffenden Bieters. Reicht dies nicht aus, um die Angemessenheit befriedigend beurteilen zu können, gibt die VSt dem Bieter Gelegenheit, den Nachweis der Seriosität seines Angebots zu erbringen.
Dabei ist zu beachten, dass es Sache des Bieters ist, den Nachweis der Seriosität seines Angebots zu erbringen. Der Bieter muss konkrete Gründe darlegen, die den Anschein widerlegen, dass sein Angebot nicht seriös ist. Dazu muss er seine Kalkulation und deren Grundlagen erläutern. Die Erläuterungen des Bieters müssen umfassend, in sich schlüssig und nachvollziehbar sowie gegebenenfalls durch geeignete Nachweise objektiv überprüfbar sein. Verbleibende Ungewissheiten gehen zu seinen Lasten. (OLG Düsseldorf, B. v. 12.03.2023, Verg 26/22; Ziekow/Völlink, § 60 VgV, Rn. 8).
Ein Missverhältnis zwischen Preis und Leistung ist zu verneinen, sofern das betreffende Angebot tatsächlich auskömmlich, also kein Unterkostenangebot ist, oder zwar unauskömmlich ist, der betreffende Bieter mit der Preisgestaltung aber wettbewerbskonforme Ziele verfolgt, wie zum Beispiel das Bestreben, auf einem bislang nicht zugänglichen Markt oder bei einem bestimmten Auftraggeber mit einem Angebot Fuß zu fassen oder in prekärer Unternehmenslage einen Deckungsbeitrag zu den Gemeinkosten zu erzielen und der Bieter trotz Unauskömmlichkeit die Zuverlässigkeit nachweisen kann, den Auftrag bis zu einer längstmöglichen vertraglichen Befristung ordnungsgemäß auszuführen (OLG Düsseldorf a.a.O.).
Kann der öffentliche Auftraggeber die geringe Höhe des angebotenen Preises nicht zufriedenstellend aufklären, darf er den Zuschlag auf dieses Angebot ablehnen, § 60 Abs. 3 VgV. Die Berechtigung, den Zuschlag auf solche Angebote abzulehnen trägt dem Anliegen des Vergabewettbewerbs Rechnung, die wirtschaftlichste Beschaffung zu realisieren. Unangemessen niedrige Angebotspreise bergen insoweit gesteigerte Risiken, die sich in vielfältiger Weise verwirklichen können. Der Auftragnehmer kann infolge der zu geringen Vergütung in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und den Auftrag deshalb nicht vollständig ausführen. Der Schutz der öffentlichen Interessen setzt aber nicht erst bei derart gravierenden Gefährdungen ein. Öffentliche Interessen sind in schützenswerter Weise auch dadurch gefährdet, dass der betreffende Anbieter in Anbetracht des zu niedrigen Preises versuchen könnte, sich des Auftrags so unaufwändig wie möglich und insoweit auch nicht vertragsgerecht zu entledigen, durch möglichst viele Nachträge Kompensation zu erhalten oder die Ressourcen seines Unternehmens auf besser bezahlte Aufträge zu verlagern, sobald sich die Möglichkeit dazu bietet (OLG Düsseldorf, a.a.O.).
Die Entscheidung darüber, ob der Angebotspreis angemessen und der Bieter in der Lage ist, den Vertrag ordnungsgemäß durchzuführen, prognostiziert die VSt aufgrund gesicherter tatsächlicher Erkenntnisse, wobei ihr ein von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbarer Wertungsspielraum zukommt (OLG Düsseldorf a.a.O.). Die Nachprüfungsinstanzen bewerten nicht, ob das Angebot des Bielers auskömmlich ist oder nicht, sondern ob die Entscheidung der VSt auf Basis eines zutreffend und hinreichend ermittelten Sachverhalts und einer gesicherten Erkenntnisgrundlage getroffen wurde und im Ergebnis nachvollziehbar und vertretbar ist (Ziekow/Völlink, § 60 VgV, Rn. 14d).
Dem Auftraggeber ist ein rechtlich gebundenes Ermessen eingeräumt. Die Verwendung des Verbs "dürfen" in § 60 Abs. 3 VgV ist nicht so zu verstehen, dass es im Belieben des Auftraggebers stünde, den Auftrag trotz weiterbestehender Ungereimtheiten doch an den betreffenden Bieter zu vergeben. Die Ablehnung des Zuschlags ist vielmehr grundsätzlich geboten, wenn der Auftraggeber verbleibende Ungewissheiten nicht zufriedenstellend aufklären kann (OLG Düsseldorf, a.a.O.)
aa) In der Rechtsprechung der Vergabesenate sind Aufgreifschwellen anerkannt, bei deren Erreichen eine Verpflichtung des Auftraggebers angenommen wird, in eine nähere Prüfung der Preisbildung des fraglichen Angebots einzutreten. Diese Aufgreifschwelle ist nach der Rechtsprechung in der Regel bei einem Preisabstand von 20 Prozent zum nächsthöheren Angebot erreicht. Als Bezugspunkt kommt auch der Abstand zur Auftragswertschätzung in Betracht (OLG Düsseldorf, B. v. 12.03.2023, Verg 26/22).
Nach diesen Maßstäben ist hier die Aufgreifschwelle erreicht. Der bezifferte Abstand ist sowohl in Bezug auf die Jahrespreise als auch in Bezug auf die Wertungspreise deutlich überschritten; der Preisabstand gegenüber dem drittplatzierten Bieter liegt noch einmal darüber. Die Aufgreifschwelle wäre auch im Verhältnis zur Auftragswertschätzung deutlich überschritten.
bb) Die VSt ist hier - für die Kammer nachvollziehbar - von einem Unterkostenangebot ausgegangen.
Die VSt ist gem. Vermerk ihres Fachberaters vom 13.06.2025, den sich die VSt jedenfalls mit dem Kreistagsbeschluss vom 21.07.2025 zu eigen gemacht hat, von einem Unterkostenangebot ausgegangen.
Die Entscheidung ist im Vermerk vom 13.06.2025 ausführlich begründet. Die VSt hat ausführlich begründet, welche Zweifel an der Auskömmlichkeit des Angebots bzw. der Kalkulation auch nach Durchführung einer Aufklärung verbleiben.
Die VSt hat insoweit dokumentiert, welche Zweifel aus ihrer Sicht hinsichtlich des Preises für die Sortierung (Ziffer 2 des Leistungsverzeichnisses) und die insoweitige Kalkulation bestehen. Die VSt hat anhand der in der insoweit vorgelegten Kalkulation vorgesehenen Arbeitsstunden für die Kammer nachvollziehbar beziffert, dass die Kalkulation von einer Sortiermenge ausgeht, die deutlich über die hier nach der Ausschreibung anfallende Menge hinausgeht. Die ASt wurde hierzu mit Schreiben vom 22.05.2025 angehört und ist dem im Antwortschreiben vom 27.05.2025 und auch im weiteren Vortrag nicht substantiiert entgegengetreten. Des Weiteren hat die VSt ihre insoweitigen Zweifel aus Sicht der Kammer nachvollziehbar insbesondere damit begründet, dass die Genehmigungssituation des Standortes ### nur einen geringen Teil der Sortierkapazität bzw. Sortiermenge, die der Kalkulation zugrunde liegt, hergibt. Diese Zweifel an der Auskömmlichkeit hat die ASt nicht mit ihrem späteren nicht weiter substantiierten und belegten Vortrag, dass eine deutliche Ausweitung der Kapazitäten des Standorts ### auf die Zielgröße angestrebt sei und dass eine deutliche Ausweitung der Genehmigung über den derzeit von der VSt angegebenen genehmigten Sortierumfang angestrebt sei, widerlegt.
Die VSt hat insoweit ausführlich dokumentiert, welche Zweifel an der Auskömmlichkeit im Hinblick auf die Sammellogistik bestehen. Die VSt geht insoweit davon aus, dass die von der ASt angesetzte tägliche Sammelleistung unrealistisch hoch sei und nicht zu bewerkstelligen sei. Sie zieht dabei einen Vergleich zu den Leistungswerten des Bestandsauftragnehmers. Die ASt hatte der VSt dazu auf Nachfrage mit Schreiben vom 09.04.2025 ihre Sammellogistik geschildert und auch die täglichen Leistungsangaben genannt. Die ASt wurde von der VSt hierzu mit Schreiben vom 22.05.2025 angehört. Die ASt verwies insoweit zur Erklärung ihrer von der BGl abweichenden Leistungswerte auf den Einsatz einer anderen Fahrzeugtechnik, nahm dies jedoch in der mündlichen Verhandlung zurück. Die VSt hat auch Besonderheiten des Abfuhrgebiets wie kurze Abholfristen und die erforderlichen langen Strecken herausgestellt. Zu dem Einwand der ASt, dass die BGl nach ihrer Kenntnis in erheblichem Maße Sonderleistungen erbringe, hat diese irr der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der nach den Ausschreibungsunterlagen geschuldete Transport der Abfälle von der Haushaltung zum Bereitstellungspunkt (Nr. 2.17 TVB) seitens der BGl durch gesondertes Personal und nicht durch das Personal des Sammelfahrzeugs erbracht werden. Die Einwände der ASt können die von der VSt aufgeführten Zweifel nicht entkräften.
Die VSt hat als Auffälligkeit der Kalkulation als Widerspruch festgestellt, dass die. ASt ihre Fixkostenanteile mit 100 % beziffert, obwohl bei den Kalkulationen von Steigerungen bei den Löhnen ausgegangen wird. Als Unklarheit wurde auch aufgeführt, dass die kalkulierte Lohnsteigerung in den von der ASt vorgelegten beiden Kalkulationen eine andere Größe hat, weiterhin, dass in den Zeiträumen der Verlängerungsoptionen dagegen nicht von Lohnsteigerungen ausgegangen wird. Die VSt hat im Hinblick auf die Bezifferung der Fixkostenanteile mit .100 % herausgestellt, dass dadurch die Preisdifferenz zwischen den Angeboten der ASt und der BG! über die Gesamtzeit weiter zunimmt und dass die Differenz zwischen dem Aufwand für die zu erbringende Leistung und der vertraglichen Vergütung weiter ansteigen wird. Die VSt hat weiterhin festgestellt, dass die VSt lediglich eine Kalkulation vorgelegt habet die die ersten vier Jahre des Vertragszeitraums betrifft.
Insgesamt erachtet die Kammer daher die Entscheidung der VSt, das Angebot der ASt nach durchgeführter Angebotsauswertung als unauskömmlich zu bewerten, für nachvollziehbar und von dem Wertungsspielraum der VSt gedeckt, zumal nach den dargestellten Grundsätzen die ASt in der Nachweispflicht ist und verbleibende Ungewissheiten zu ihren Lasten gehen.
cc) Die von der VSt aufgrund ihrer Einschätzung zur Unauskömmlichkeit des Angebots aufgrund der von der VSt aufgeworfenen Zweifel getroffene Prognoseentscheidung, dass die Leistung nicht zum abgegebenen Preis erbracht werden kann, ist aus Sicht der Kammer nachvollziehbar.
Nach Auffassung der Kammer war insoweit eine weitere Prüfung der Frage, ob die ASt trotz Unauskömmlichkeit die Zuverlässigkeit nachweisen kann, den Auftrag bis zu einer längstmöglichen vertraglichen Bindung ordnungsgemäß auszuführen, weil der Bieter mit der Preisgestaltung wettbewerbskonforme Ziele verfolgt, nicht erforderlich.
Denn nach Auffassung der Kammer ist eine Prüfung und Prognoseentscheidung insoweit grundsätzlich nicht erforderlich, wenn sich der Bieter auf die Auskömmlichkeit beruft. Dies liegt nach Auffassung der Kammer in der skizzierten Nachweispflicht und Beweislastverteilung im Rahmen der Preisaufklärung begründet; der Vortrag des Bieters muss überprüfbar sein. Dies liegt auch in der skizzierten Anforderung begründet, dass der Vortrag des Bieters im Rahmen der Preisaufklärung schlüssig und nachvollziehbar sein muss (OLG Düsseldorf, B. v. 12.03.2023, Verg 26/22; Ziekow/Völlink, § 60 VgV, Rn. 8). Aus diesen Gründen ist das von der Rechtsprechung aufgestellte Alternativverhältnis, wonach ein Missverhältnis zwischen Preis und Leistung bei Auskömmlichkeit oder Zuverlässigkeit trotz Unauskömmlichkeit wegen wettbewerbskonformer Gründe (OLG Düsseldorf a.a.O.) nicht vorliegt, so zu deuten, dass eine Prüfung der Zuverlässigkeit Pei Unauskömmlichkeit grundsätzlich nicht erfolgen muss, wenn sich der Bieter auf die Auskömmlichkeit beruft. Insbesondere ist insoweit eine Prüfung und Prognoseentscheidung zur Frage der Zuverlässigkeit trotz Unauskömmlichkeit nach Auffassung der Kammer nicht möglich, wenn der VSt eine Kalkulation vorliegt, die den Fall der Auskömmlichkeit betrifft. Die VSt kann dann das Risiko für die ordnungsgemäße Vertragserfüllung unter Berücksichtigung der vom Bieter für die Rechtfertigung der Unauskömmlichkeit vorgetragenen Gründe grundsätzlich nicht ordnungsgemäß abschätzen, wenn sie nicht die Höhe des kalkulierten Defizits kennt. Aufgrund der Nachweispflicht des Bieters kann diese Unschärfe nicht zulasten der VSt gehen und diese istgrundsätzlich nicht gehalten, in dieser Situation eine weitere Prüfung und Prognose wettbewerblicher Gründe zur Rechtfertigung der Unauskömmlichkeit vorzunehmen. Ein Vortrag, der sich - wenn auch nur hilfsweise - neben der Auskömmlichkeit auch auf die Zuverlässigkeit bei Unauskömmlichkeit stützt, ist grundsätzlich unschlüssig und widersprüchlich. Der vorliegende Fall ist dergestalt, dass die Kammer nach den dargestellten Grundsätzen zu einer weiteren Prüfung und Durchführung einer Prognoseentschejdung hinsichtlich von Gründen, die für die Rechtfertigung eines unauskömmlichen Angebots streiten, nicht verpflichtet war. Denn die von der VSt vorgelegte Kalkulation basiert auf dem Erzielen eines Gewinns. Die ASt hat diese Kalkulation und deren Richtigkeit im Verfahren verteidigt. Die ASt hat sich im Rahmen der Preisaufklärung auf Nachfrage auf die Auskömmlichkeit des Angebdts berufen (Schreiben vom 10.05.2025 und 27.05.2025). Auch im Nachprüfungsverfahren streitet die ASt für die Auskömmlichkeit. Die Abschätung des Risikos für die Vertragsausführung bei Unauskömmlichkeit angesichts dieses in die andere Richtung gerichteten Vortrags ist daher erschwert.
Aus den genannten Gründen kommt die Kammer auch im Hinblick auf die von der ASt zitierte Entscheidung der VK Südbayern (B. v. 05.06.2018, Z3-3-3194-1-12-04/18) zu der genannten Auffassung, dass grundsätzlich keine Verpflichtung zur Prüfung der Zuverlässigkeit bei Unauskömmlichkeit besteht, wenn sich der Bieter auf die Auskömmlichkeit beruft. Ungeachtet dessen steht die Entscheidung der VK Südbayern zu dieser Rechtsauffassung auch nicht in Widerspruch. Denn in dem von der VK Südbayern entschiedenen Falt ist die VSt von einer Auskömmlichkeit des Angebots ausgegangen. Die weiter angestellten hilfsweisen Überlegungen zur Durchführung des Auftrags im Fall der Unauskömmlichkeit gingen dort, soweit ersichtlich, von der VSt aus. Sie betreffen den hypothetischen Fall, dass ein Einnahmebestandteil, der bereits mit einem Sicherheitsabschlag bedacht ist, nicht zum Tragen kommt, wenn es insoweit nicht zu Einnahmen kommt. Dies war für die VSt abschätzbar, da dieser Einnahmebestandteil in der Kalkulation ausgewiesen war; der Fall des Nichteintritts von Einnahmen (Ausbleiben von ärztlichen Behandlungen am Oktoberfest) war weder von einem Handeln der VSt noch des Bieters abhängig. Die Entscheidung ist auch deswegen nicht übertragbar, da die VSt in ihrer Prognoseentscheidung maßgeblich auf das mit dem Auftrag verbundene Prestige, die Einzigartigkeit der Referenz und die erstmalige Übernahme des Auftrags, der seit weit über 100 Jahren von einem Konkurrenten durchgeführt wird, abgestellt hat. Die Entscheidung dürfte somit einen singulären Fall betreffen.
Aus den genannten Gründen kommt es für die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung der VSt, dass vorliegend die Ordnungsmäßigkeit der Vertragsausführung nicht erwartet werden kann, nicht mehr auf die Einschätzung der VSt zu den hilfsweise vorgetragenen Argumenten der ASt für die Rechtfertigung eines etwaig unauskömmlichen Angebots an. Die VSt hatte insoweit mit Schriftsatz vom 19.09.2025 vorgetragen, dass der Vortrag zum gewünschten Ausbau des Standorts ### nicht belegt sei; die ASt habe keine Belege zur Auslastung aus anderen Aufträgen und zu Genehmigungsanträgen vorgelegt. Der Genehmigungsbehörde des ### liege noch kein Genehmigungsantrag vor. Nach der Rechtsprechung käme es im Rahmen der Prognoseentscheidung nicht nur auf den Aspekt der wirtschaftlichen Schwierigkeiten an. Öffentliche Interessen sind in schützenswerter Weise auch dadurch gefährdet, dass der betreffende Anbieter in Anbetracht des zu niedrigen Preises versuchen könnte, sich des Auftrags so unaufwändig wie möglich und insoweit auch nicht vertragsgerecht zu entledigen, durch möglichst viele Nachträge Kompensation zu erhalten oder die Ressourcen seines Unternehmens auf besser bezahlte Aufträge zu verlagern, sobald sich die Möglichkeit dazu bietet (OLG Düsseldorf, B. v. 12.03.2023, Verg 26/22).
Aufgrund dieser Umstände ist die von der VSt getroffene Ausschluss- und Prognoseentscheidung im Hinblick auf den Aspekt der Unauskömmlichkeit für die Kammer nachvollziehbar. Die Ermessensausübung war nach Auffassung der Kammer korrekt. Die VSt hat die Gründe, die aus ihrer Sicht für den fehlenden Nachweis der Auskömmlichkeit sprechen, ausführlich hergeleitet. Darauf nimmt die Schlussfolgerung Bezug. Angesichts des rechtlich gebundenen Ermessens im Rahmen des § 60 Abs. 3 VgV ist die Entscheidung der VSt auch im Ergebnis ermessensgerecht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 GWB.
a) Die ASt trägt die Kosten des Verfahrens, weil sie mit ihren Anträgen unterlegen ist (§ 182 Abs. 3 Satz 1 GWB).
b) Die Kostenerstattungspflicht gegenüber der VSt und der BGl ergibt sich aus § 182 Abs. 4 GWB.
c) Die Hinzuziehung von Bevollmächtigten war für die VSt und die BGl notwendig (§ 182 Abs. 4 GWB i.V.m. Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG entspr.).
Es handelt sich um einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht einfach gelagerten Fall, so dass es der VSt und der BGl nicht zuzumuten war, das Verfahren vor der Vergabekammer selbst zu führen. Auch die ASt war gleichermaßen rechtsanwaltlich vertreten.
d) Die Gebühr war nach § 182 Abs. 2 GWB festzusetzen. Im Hinblick auf die Bruttoangebotssumme der Ast und unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen personellen und sachlichen Aufwands der Vergabekammer errechnet sich entsprechend der Tabelle des Bundeskartellamtes eine Gebühr in Höhe von ### Euro Hinsichtlich des von den Verlängerungsoptionen erfassten Zeitraums (letzte vier Jahre) wurde die Bruttoangebotssumme mit 50 % berücksichtigt.
e) Der von der ASt geleistete Kostenvorschuss von 2.500,- Euro wird mit der zu zahlenden Gebühr verrechnet. Die ASt erhält über den Differenzbetrag eine Kostenrechnung i.H.v. ### Euro.
"Anmerkung" = Rüge?
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VK Sachsen-Anhalt
Beschluss
vom 07.04.2025
3 VK LSA 47-49/24
1. Die Antragsbefugnis fehlt, soweit der Antragsteller sich nur auf eine Absicht des Antragsgegners beruft, das Vergabeverfahren aufzuheben - insoweit ist weder ein Schaden bereits entstanden, noch droht ein solcher zu entstehen.*)
2. Für eine Rüge muss nach dem objektiven Empfängerhorizont dem betreffenden Vorbringen zweifelsfrei zu entnehmen sein, welcher Sachverhalt für vergaberechtswidrig gehalten und dass "Abhilfe" verlangt bzw. erwartet wird. Der Rügende muss eine ernsthafte, verbindliche und/oder konkrete vergaberechtliche "Beanstandung" zum Ausdruck bringen. Der Vergabestelle soll die Möglichkeit der Korrektur gegeben werden. Eine bloße Anmerkung oder die Äußerung einer Rechtsauffassung ist noch keine Rüge.*)
3. In den Fällen einer Präklusion aufgrund nicht erhobener Rüge ist auch das Vorbringen gegen einen Ausschluss wegen der nicht/nicht rechtzeitig gerügten Umstände ebenfalls präkludiert. Hier haben sich die vermeintlichen Vergaberechtsverstöße lediglich fortgesetzt.*)
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 07.04.2025 - 3 VK LSA 47-49/24
Tenor:
1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens für die Amtshandlungen der Nachprüfungsbehörde.
3. Die Verfahrenskosten beziffern sich auf 750,00 Euro.
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin schrieb im Wege der Öffentlichen Ausschreibung auf Grundlage der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A (VOB/A) - Ausgabe 2019 das Vorhaben "Ausbau [...]" aus.
Die Schätzung des Gesamtauftragswertes belief sich auf einen Betrag in Höhe von [...] Euro netto.
Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte u. a. am 17.07.2024 im eVergabe-Portal www.evergabeonline.de.
Die ausgeschriebene Leistung wurde in drei Lose aufgeteilt.
Der Bekanntmachung war unter Buchstabe w) hinsichtlich der Beurteilung der Eignung zu entnehmen:
"Präqualifizierte Unternehmen führen den Nachweis der Eignung durch den Eintrag in die Liste des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen e.V. (Präqualifikationsverzeichnis). Bei Einsatz von Nachunternehmen ist auf gesondertes Verlangen nachzuweisen, dass diese präqualifiziert sind oder die Voraussetzung für die Präqualifikation erfüllen.
[...]
Sind die Nachunternehmen präqualifiziert, reicht die Angabe der Nummer, unter der diese in der Liste des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen e.V. (Präqualifikationsverzeichnis) geführt werden. [...]
Darüber hinaus hat der Bieter zum Nachweis seiner Fachkunde folgende Angaben gemäß § 6a Abs.
3 VOB/A zu machen:
[...]
Auf gesondertes Verlangen sind vom Bestbieter und gegebenenfalls seinen Nachunternehmen für Bauleistungen sowie den Mitgliedern einer Bietergemeinschaft nachfolgende Nachweise und Erklärungen vorzulegen:
[...]
aktuell gültige Bescheinigung in Steuersachen / Finanzamt (falls nur im Original oder als beglaubigte Kopie gültig, Vorlage im Original oder beglaubigte Kopie)
[...]
Bei Vorlage eines gültigen Nachweises einer Präqualifikation bzw. Angabe einer gültigen Präqualifikationsnummer werden die bei der Präqualifizierungsstelle hinterlegten Nachweise und Erklärungen anerkannt.
Die auf gesondertes Verlangen vorzulegenden Nachweise, welche nur im Original oder als beglaubigte Kopie gültig sind, sind postalisch im Original oder als beglaubigte Kopie zu übermitteln. Alternativ können diese Nachweise im Original auch direkt in der Zentralen Vergabestelle abgegeben werden.
[...]
Die auf gesondertes Verlangen geforderten Nachweise und Erklärungen sind innerhalb von 5 Werktagen vorzulegen. Die Frist für die Nachreichung der geforderten Nachweise und Erklärungen kann im Ausnahmefall, gemäß § 8 (3) Satz 3 TVergG LSA, verlängert werden.
Werden uns die geforderten Nachweise und Erklärungen nicht fristgerecht vorgelegt, führt dies zwingend zum Ausschluss des Angebotes."
Aus dem Formblatt 211 einschließlich Anlage hierzu ergab sich, dass auf gesondertes Verlangen bestimmte Nachweise vom Bieter und ggf. seinen Nachunternehmern, so die aktuell gültige Bescheinigung in Steuersachen (falls nur im Original oder als beglaubigte Kopie gültig im Original oder als beglaubigte Kopie), vorzulegen waren.
Insgesamt gingen neun Angebote zur Angebotsfrist ein, wobei die Antragstellerin sich mit vier Hauptangeboten am Verfahren beteiligt hat.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist Hauptangebot 1 der Antragstellerin.
Mit E-Mail vom 26.09.2024 forderte die Antragsgegnerin sie auf, folgende Nachweise und Erklärungen bis zum 02.10.2024 nachzureichen:
"[...]
- aktuell gültige Bescheinigung in Steuersachen Finanzamt (falls die Bescheinigung nur im Original oder als beglaubigte Kopie gültig, Vorlage im Original oder als beglaubigte Kopie)
[...]
Von Ihrem Nachunternehmen für Bauleistungen ... sind folgende Nachweise nachzureichen:
[...]
- aktuell gültige Bescheinigung in Steuersachen Finanzamt (falls die Bescheinigung nur im Original oder als beglaubigte Kopie gültig, Vorlage im Original oder als beglaubigte Kopie)
[...]
Bei Vorlage eines gültigen Nachweises einer Präqualifikation bzw. Angabe einer gültigen Präqualifikationsnummer zur ausgeschriebenen Leistung werden die bei der Präqualifizierungsstelle hinterlegten Nachweise und Erklärungen anerkannt.
[...]
Erklärungen, welche nur im Original oder als beglaubigte Kopie gültig sind, sind postalisch im Original oder als beglaubigte Kopie ebenfalls bis zum 02.10.2024 an folgende Adresse zu übermitteln.
[...]"
Unter dem 30.09.2024 versicherte die Antragstellerin per E-Mail gegenüber der Antragsgegnerin, alle geforderten Bescheinigungen fristgerecht beibringen zu wollen. Für die Nachunternehmer teilte die Antragstellerin in diesem Zusammenhang ergänzend mit, dass alle geforderten Nachweise für sie bei der Präqualifizierungsstelle vorlägen oder anderweitig zur Verfügung gestellt würden. Einige im Original geforderte Unterlagen habe sie "sicherheitshalber" dem Antwortschreiben nochmal angehängt.
Ergänzend fügte die Antragstellerin der E-Mail folgende "Kurze Anmerkung" an:
"[...] Bei der PQ, der Präqualifizierung, wird die Eignung eines Unternehmens vollständig erfasst. Damit hat das Unternehmen die Sicherheit, nicht aus formellen Gründen, z. B. wegen fehlender Eignungsnachweise, aus einem Vergabeverfahren ausgeschlossen zu werden. [...]"
Mit Datum vom 01.10.2024 bat die Antragsgegnerin die Antragstellerin um die noch ausstehende Übersendung von Nachweisen und Erklärungen, darunter die Bescheinigung in Steuersachen im Original der Nachunternehmer ... bis zum 02.10.2024.
Noch am selben Tag teilte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin mit, die nachgeforderten Unterlagen der vorstehenden Nachunternehmer seien postalisch auf dem Weg. Mit E-Mail vom 02.10.2024 verlängerte die Antragsgegnerin die Frist zur Vorlage der fehlenden Unterlagen auf den 08.10.2024, 11.00 Uhr.
Die Antragstellerin legte am 08.10.2024 Kopien der Bescheinigungen in Steuersachen der Nachunternehmer ... vor. Am 10.10.2024 übergab die Antragstellerin der Antragsgegnerin die Bescheinigungen in Steuersachen für diese Nachunternehmer im Original.
Im Rahmen der Angebotswertung vermochte die Antragsgegnerin kein zuschlagsfähiges Angebot zu ermitteln.
Mit Schreiben vom 02.12.2024 informierte sie daher die Antragstellerin gemäß § 19 Abs. 1 Tariftreue- und Vergabegesetz Sachsen-Anhalt (TVergG LSA) über die beabsichtigte Aufhebung des Vergabeverfahrens sowie die Nichtberücksichtigung ihres Angebotes 1 mit der Begründung, dass die Bescheinigungen in Steuersachen im Original von den Nachunternehmern ... zum (bereits verlängerten) Fristende nicht vorgelegen hätten. Aus diesem Grund sei das Angebot gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A auszuschließen.
Daraufhin rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 04.12.2024 ihren Ausschluss sowie die beabsichtigte Aufhebung des Vergabeverfahrens. Zur Begründung trug sie vor, die Antragsgegnerin verkenne, dass die im Informationsschreiben benannten Nachunternehmer präqualifiziert seien. Für die Vorlage der Steuerbescheinigungen im Original habe keine Grundlage bestanden, was die Antragstellerin weiter ausführte. Der Ausschluss sei demnach vergaberechtswidrig erfolgt.
Die Antragsgegnerin half der Rüge nicht ab und teilte dies der Antragstellerin mit Schreiben vom 11.12.2024 mit. In der Bekanntmachung seien alle Nachweise und Erklärungen aufgeführt worden, die auf gesondertes Verlangen seitens des Bestbieters und ggf. seiner Nachunternehmer vorzulegen gewesen seien. Die fehlenden Bescheinigungen in Steuersachen im Original seien in der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen wirksam gefordert worden. Aufgrund der nicht fristgerechten Vorlage dieser Bescheinigungen von den Nachunternehmern ... sei das Angebot der Antragstellerin gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A sowie unter Anwendung von § 8 Abs. 2 Nr. 3 TVergG LSA von der Wertung auszuschließen gewesen. Ein Ermessensspielraum habe nicht bestanden. Die Antragsgegnerin teilte schließlich mit, mangels zuschlagsfähiger Angebote das Vergabeverfahren aufheben zu wollen.
Mit Schreiben vom 12.12.2024 wiederholte die Antragstellerin im Wesentlichen ihre Rüge. Auch liege für eine grundsätzlich mögliche Aufhebung des Vergabeverfahrens kein Aufhebungsgrund nach § 17 VOB/A vor.
Mit Schreiben vom 16.12.2024 stellte die Antragsgegnerin darauf ab, dass gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. w VOB/A in der Bekanntmachung festzulegen sei, auf welche Art und Weise Eignungskriterien und Nachweise für eine Eignungsprüfung herangezogen würden. Von diesen Vorgaben habe die Antragsgegnerin nicht einseitig abweichen können. Ein Verzicht auf die geforderten Nachweise stelle einen groben Verstoß gegen die Chancengleichheit und das Transparenzgebot dar. Aber selbst wenn die Forderung zur Vorlage der Bescheinigung in Steuersachen im Original vergaberechtswidrig gewesen wäre, sei die Antragstellerin mit diesem Vortrag präkludiert.
Daraufhin beantragte die Antragstellerin unter dem 23.12.2024 bei der 3. Vergabekammer die Nachprüfung des streitgegenständlichen Verfahrens. Die Kammer informierte die Antragsgegnerin hierüber mit Schreiben vom 27.12.2024.
Nach dem Vortrag der Antragstellerin richte sich der Nachprüfungsantrag gegen sämtliche der drei ausgeschriebenen Lose. Der Angebotsausschluss sei rechtswidrig erfolgt, da der Antragsgegnerin Präqualifikationsnachweise der betreffenden Unternehmen vorgelegen hätten. Die Antragstellerin habe die durch die Antragsgegnerin erst am 26.09.2024 vorgenommene Nachforderung der Eignungsunterlagen (im Original) für präqualifizierte Unternehmen mit E-Mail vom 30.09.2024 gerügt. Sämtliche präqualifizierte Unternehmen hätten ihre Eignung bereits nachgewiesen. Die Antragstellerin habe gleichwohl versucht, "ausdrücklich 'sicherheitshalber', d. h. ohne die Hoffnung auf eine Abhilfe der Rüge aufgegeben zu haben - unter erheblichen Anstrengungen, die geforderten Nachweise ... beizubringen." Insbesondere habe sie die Verletzung in ihren Rechten rechtzeitig gerügt. Es sei unschädlich, dass sie mit der E-Mail vom 30.09.2024 zugleich und ausdrücklich sicherheitshalber versucht habe, die nachgeforderten Unterlagen beizubringen. Die ordnungsgemäße Rüge setze eine Beanstandung voraus, die den gerügten Verstoß hinreichend konkret benenne und mit einer vollständigen und nachvollziehbaren Sachverhaltsdarstellung verbinde. Die Antragstellerin habe klar zu erkennen gegeben, dass sie die Anforderung für rechtswidrig erachte. Entsprechende Gründe habe sie dazu ebenfalls vorgetragen, wobei inhaltlich ein großzügiger Maßstab an eine ordnungsgemäße Rüge anzulegen sei. Die Äußerung der Antragstellerin könne nur dahingehend verstanden werden, dass sie die Antragsgegnerin zu einer Änderung habe veranlassen wollen. Darüber hinaus habe die Antragstellerin erstmals mit dem Schreiben vom 02.12.2024 von der Entscheidung der Antragsgegnerin Kenntnis erlangt, welches sie sodann mit Schreiben vom 04.12.2024 rechtzeitig gerügt habe. Auch die beabsichtigte Aufhebung habe die Antragstellerin nach Kenntnisnahme am 11.12.2024 mit Schreiben vom 12.12.2024 rechtzeitig gerügt.
Zur Begründung des Antrages äußerte die Antragstellerin im Weiteren die Ansicht, die Antragsgegnerin habe sie nicht ausschließen dürfen. Daneben trug sie etwa noch vor, dass bei objektiver Auslegung der Bekanntmachung, die insoweit keine eindeutige Festlegung enthalte, die Antragsgegnerin die Vorlage von Originalbescheinigungen lediglich von den Bietern verlangt habe, die zuvor ihre Eignung mit Einzelnachweisen und über Eigenerklärungen nachgewiesen haben.
Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf ein rechtsfehlerfreies Verfahren. Daher sei die Antragsgegnerin dazu gehalten, ihren erkannten Fehler zu korrigieren. Eine rechtswidrige Nachforderung rechtfertige keinen rechtswidrigen Ausschluss.
Die erkennende Kammer hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 14.02.2025 angehört und mitgeteilt, dass nach vorläufiger Prüfung der Nachprüfungsantrag als unzulässig zurückzuweisen sei. Die Antragstellerin habe den vermeintlichen Vergaberechtsverstoß spätestens mit dem Erhalt des Nachforderungsschreibens der Antragsgegnerin vom 26.09.2024 im Sinne des § 19 Abs. 4 Nr. 1 TVergG LSA erkannt, jedoch nicht rechtzeitig gegenüber der Antragsgegnerin gerügt. Bei der E-Mail seitens der Antragstellerin vom 30.09.2024 an die Antragsgegnerin handele es sich eben nicht um eine Rüge, so dass die Antragstellerin mit der Geltendmachung der streitgegenständlichen Vergaberechtsverstöße in dem Rügeschreiben vom 04.12.2024 bzw. im Nachprüfungsantrag präkludiert sei. Darüberhinausgehende Vergaberechtsverstöße habe die Antragstellerin weder vorgetragen, noch seien diese ersichtlich. Im Übrigen fehle es hinsichtlich der beantragten Fortführung des Vergabeverfahrens bei fortbestehender Beschaffungsabsicht - wegen der von der Antragsgegnerin nur mitgeteilten Absicht zur Aufhebung des Vergabeverfahrens - an der Antragsbefugnis.
Hierzu erwiderte die Antragstellerin mit Schreiben vom 21.02.2024, dass sie der Ansicht der Vergabekammer nicht folge. Die Antragstellerin bekräftigte, dass sie die Nachforderung der Unterlagen mit E-Mail vom 30.09.2024 rechtzeitig gerügt habe. Diese habe den Anforderungen an eine Rüge genügt. Der E-Mail sei eindeutig zu entnehmen, dass die Antragstellerin von einem Nachweis der Eignung durch die Präqualifizierung ausgehe und die Anforderung von weiteren Eignungsnachweisen für nicht zulässig erachte. Dennoch habe sie versucht, die Nachweise vorzulegen, um keinen Rechtsverlust zu erleiden. Dies werde dadurch untermauert, dass die Antragstellerin die Unterlagen nur "sicherheitshalber" vorgelegt bzw. um Mitteilung gebeten habe, wenn "trotz ihres Hinweises auf die Präqualifizierung" die Antragsgegnerin weiterhin von fehlenden Unterlagen ausgehe. Daraus sei ersichtlich, dass die Antragstellerin mit dem Vorgehen der Antragsgegnerin nicht einverstanden gewesen sei und eine Korrektur des Fehlers habe erreichen wollen.
Außerdem habe die Antragstellerin zwei unabhängige Entscheidungen der Antragsgegnerin gerügt. Maßgeblich sei hier nicht die Nachforderung, sondern die Ausschlussentscheidung. Selbst bei Annahme der Rügepräklusion sei nach Ansicht der Antragstellerin der Ausschluss von der Reichweite dieser Präklusion nicht erfasst. Etwas anderes könne nur dann angenommen werden, wenn der Ausschluss die zwangsläufige Folge der vorherigen rechtswidrigen Entscheidung gewesen wäre. Sei jedoch eine erneute Entscheidung notwendig und sei die Antragsgegnerin insoweit nicht gebunden, so handele es sich um einen eigenständigen Verstoß, der separat gerügt werden könne und müsse.
Insoweit bezog die Antragstellerin die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 11.10.2007, Rs. C 241/06) in ihre Argumentation ein.
Im Übrigen verbleibe neben dem Angebot der Antragstellerin kein wertbares Angebot, sodass sich vorliegend die Annahme einer Rügepräklusion verfahrenshemmend statt (grundsätzlich) -beschleunigend auswirke. Hierzu führte die Antragstellerin ebenfalls Rechtsprechung an.
Die Antragstellerin beantragt daher sinngemäß,
1. bei fortbestehender Beschaffungsabsicht das Vergabeverfahren nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer fortzuführen,
2. bei fortbestehender Beschaffungsabsicht das Vergabeverfahren auf den Zeitpunkt vor Angebotswertung zurückzuversetzen und diese unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen,
3. ihr Akteneinsicht zu gewähren, insbesondere im Hinblick auf die Dokumentation der Nachforderung und des Ausschlusses,
4. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären,
5. der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung durch die Antragstellerin aufzuerlegen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin hat ihren Vortrag mit Schreiben an die Vergabekammer vom 10.01.2025 im Wesentlichen wiederholt, aber auch vertieft.
So seien nicht nur in der Bekanntmachung, sondern auch im Formblatt 211 bzw. der Anlage hierzu alle geforderten Nachweise und Erklärungen aufgeführt gewesen.
Die Antragstellerin habe also nicht erst mit dem Nachforderungsschreiben vom 26.09.2024 von der Notwendigkeit der Vorlage der Bescheinigungen im Original erfahren.
Innerhalb der Angebotsfrist habe sie die Eignungskriterien nicht gerügt. Die Nachricht der Antragstellerin vom 30.09.2024 sei keine Rüge gewesen, sondern nur ein Hinweis.
In diesem Zusammenhang sei auch festzustellen, dass die Antragstellerin innerhalb eines Zeitraumes von 65 Kalendertagen, zwischen der "Rüge" und der Versendung des Informationsschreibens nach § 19 Abs. 1 TVergG LSA kein Nachprüfungsverfahren oder sonstige rechtliche Schritte eingeleitet habe. Die Möglichkeit von Rücksprachen zur Klarstellung habe die Antragstellerin nicht genutzt.
Im Weiteren stellte die Antragsgegnerin - zum Teil wiederholend und unter Bezugnahme auf Rechtsprechung - ihre Auffassung zur Nachweisführung von präqualifizierten Bietern dar.
II.
Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist unzulässig.
Die Antragsgegnerin ist öffentlicher Auftraggeber gemäß § 2 Abs. 1 TVergG LSA.
Die 3. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt ist gemäß den §§ 19 Abs. 2, 24 TVergG LSA i. V. m. der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Vergabekammern (Bek. des MW vom 17.04.2013 - 41-32570-17, veröffentlicht im MBl. LSA Nr. 14/2013) für die Nachprüfung des vorliegenden Vergabeverfahrens örtlich und sachlich zuständig.
Die Antragstellerin ist überwiegend antragsbefugt gemäß § 23 TVergG LSA i. V. m. § 160 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB).
Sie hat durch die Abgabe eines Angebotes ihr Interesse am Auftrag dokumentiert und dargelegt, dass ihr durch die vermeintlich unzulässige Nachforderung der Bescheinigung in Steuersachen im Original für präqualifizierte (Nach-)Unternehmer - mit der Folge des Angebotsausschlusses - ein Schaden zu entstehen droht.
Der Antragstellerin fehlt die Antragsbefugnis allerdings insoweit, als sie sich auf die (bloße) Absicht der Antragsgegnerin beruft, das Vergabeverfahrens aufheben zu wollen. Insoweit ist der Antragstellerin durch die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften weder ein Schaden im Sinne des § 23 TVergG LSA i. V. m. § 160 Abs. 2 S. 2 GWB bereits entstanden, noch droht ein solcher zu entstehen.
Die Antragstellerin ist jedoch - entgegen ihrem Vorbringen - ihrer Rügeobliegenheit nicht nachgekommen. Sie ist mithin mit ihrem Vorbringen gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 1 TVergG LSA präkludiert.
Danach ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrages erkannt und gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Werktagen schriftlich oder elektronisch gerügt hat.
Von einem positiven Erkennen bzw. einer positiven Kenntnis wird im Allgemeinen (erst) dann gesprochen, wenn dem Antragsteller zum einen die den Verstoß begründenden Tatsachen bekannt sind (Tatsachenkenntnis) und wenn er zum anderen zumindest i. S. einer "Parallelwertung in der Laiensphäre" erkennt, dass diese Tatsachen einen Verstoß gegen Vergabevorschriften darstellen bzw. den Schluss auf eine Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen rechtfertigen (Kenntnis der Rechtsfehlerhaftigkeit), (vgl. Carsten Nowak in Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, GWB § 160 Rn. 67; ähnlich - zu den Voraussetzungen für die Kenntniserlangung - auch Dicks/Schnabel in Ziekow/Völlink, 5. Aufl. 2024 GWB § 160 Rn. 43).
Diese Anforderungen in Bezug auf § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB können auf den wortlautgleichen § 19 Abs. 4 Nr. 1 TVergG LSA übertragen werden.
Dabei kann es dahinstehen, ob für die Antragstellerin der in Rede stehende Vergaberechtsverstoß bereits in der Bekanntmachung oder aus den Vergabeunterlagen zu erkennen war, denn spätestens mit dem Erhalt des Nachforderungsschreibens vom 26.09.2024 hatte sie positive Kenntnis von diesem Verstoß i. S. des § 19 Abs. 4 Nr. 1 TVergG LSA.
Dazu im Einzelnen:
Mit der E-Mail der Antragstellerin an die Antragsgegnerin vom 30.09.2024 hat sie zum einen klar zum Ausdruck gebracht, dass sie (spätestens) zu diesem Zeitpunkt von der Tatsache Kenntnis erlangt hatte, dass die Antragsgegnerin auch von präqualifizierten Unternehmen weitere Nachweise bzw. Bescheinigungen, hier insbesondere die streitgegenständliche Bescheinigung in Steuersachen im Original, fordert. Zum anderen war der Antragstellerin bewusst, welche Rechtsfolgen bzw. relevanten Fragestellungen sich aus dieser Forderung der Antragsgegnerin ergeben würden, zumal sie selbst darauf hingewiesen hat, dass ein präqualifiziertes Unternehmen nicht aufgrund fehlender Eignungsnachweise aus einem Vergabeverfahren ausgeschlossen werden könne, da bereits im Rahmen der Präqualifizierung die Eignung eines Unternehmens vollständig erfasst werde.
Schließlich hat die Antragstellerin ihre eigene E-Mail vom 30.09.2024 im Nachprüfungsantrag selbst als "Rüge" bezeichnet und damit ihr inneres Bewusstsein über das Vorliegen eines Vergaberechtsverstoßes offenbart.
Aus den genannten Gründen ist es auch unerheblich, dass nach Ansicht der Antragstellerin die Bekanntmachung oder die Vergabeunterlagen hinsichtlich der Eignungsanforderungen nicht eindeutig gewesen seien.
Trotz dieses Bewusstseins hat die Antragstellerin den vermeintlichen Verstoß gegen Vergabevorschriften jedoch nicht - so wie sie meint - gegenüber der Antragsgegnerin gerügt.
Die E-Mail der Antragstellerin vom 30.09.2024 erfüllt nach Ansicht der erkennenden Kammer gerade nicht die an eine Rüge zu stellenden Anforderungen.
Generell wird bei einer Rüge vor allem verlangt, dass die Vergabestelle dem Schreiben durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont (zweifelsfrei) entnehmen kann, welchen Sachverhalt der Rügende für vergaberechtswidrig hält und dass er "Abhilfe" verlangt bzw. erwartet oder die Beseitigung des angesprochenen Vergaberechtsfehlers fordert bzw. eine ernsthafte, verbindliche und/oder konkrete vergaberechtliche "Beanstandung" zum Ausdruck bringt. Es muss sich ergeben, dass der Rügende die Vergabestelle insoweit nicht lediglich zur Optimierung eines Vergabeverfahrens anregen will, sondern ihr hiermit die Möglichkeit gibt, den vorgetragenen Vergaberechtsverstoß zu korrigieren (vgl. Pünder/Schellenberg, a. a. O., Rn. 59).
Es ist zwar richtig, dass nicht zu hohe Anforderungen an eine Rüge zu stellen sind, aber die in diesem Zusammenhang bestehenden Mindestanforderungen wurden nicht erfüllt.
Auf welchen Sachverhalt die Antragstellerin abstellen will, ist der "Anmerkung" in der E-Mail vom 30.09.2024 zwar noch zu entnehmen, jedoch mangelt es hier an einer Rüge in dem vorgenannten Sinne. Die Antragstellerin hat nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie von der Antragsgegnerin eine Abkehr von der Nachforderung bzw. eine Korrektur des Nachforderungsschreibens erwartet. Das Gegenteil ist sogar der Fall, indem die Antragstellerin der Antragsgegnerin erklärt hat, "Wenn dennoch unvollständige Unterlagen vorliegen, [...] diese dann natürlich sofort vervollständigen." zu wollen.
Auch aus dem Hinweis der Antragstellerin, dass ein präqualifiziertes Unternehmen die Sicherheit habe, "nicht aus formellen Gründen, z. B. wegen fehlender Eignungsnachweise, aus einem Vergabeverfahren ausgeschlossen zu werden", lässt sich eine Rüge gegenüber der Antragsgegnerin nicht ableiten. Insoweit handelt es sich lediglich um die Mitteilung einer Rechtsauffassung oder eben nur um eine kurze "Anmerkung".
Eine Rüge kann auch nicht aus der von der Antragstellerin zusammenhanglos verwendeten Formulierung mit "sicherheitshalber" hergeleitet werden. Die seitens der Antragstellerin hier vorgenommene Interpretation, die Unterlagen seien nur "sicherheitshalber" beigebracht worden, "d. h. ohne die Hoffnung auf eine Abhilfe ihrer Rüge aufgegeben zu haben", teilt die Vergabekammer hier nicht. Die Antragstellerin hat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sie die Anhänge "sicherheitshalber" nochmals beigefügt habe. Ein Abhilfebegehren war der E-Mail der Antragstellerin vom 30.09.2024 einschließlich der "Anmerkung" nicht zu entnehmen.
Insofern wurde - entgegen der Argumentation der Antragstellerin - nicht hinreichend deutlich, dass sie der Antragsgegnerin durch diese E-Mail Gelegenheit zu einer Korrektur ihres Verhaltens gegeben hat.
Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass die Antragstellerin den streitgegenständlichen Verstoß gegen Vergabevorschriften zwar spätestens mit Erhalt des Nachforderungsschreibens am 26.09.2024 erkannt, jedoch nicht gerügt hat. Darüberhinausgehende Vergaberechtsverstöße hat sie ebenso weder vorgetragen, noch sind diese sonst ersichtlich.
Selbst für den Fall, dass eine rechtzeitige und ordnungsgemäße Rüge erfolgt wäre, dürfte aus Sicht der Vergabekammer die Antragsgegnerin berechtigt gewesen sein, die in Rede stehenden Bescheinigungen nachzufordern. Hierauf war jedoch wegen der Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags nicht einzugehen.
Auch gegen den Angebotsausschluss kann sich die Antragstellerin nicht mit Erfolg wehren.
Entgegen ihrer Auffassung ist das dahingehende Vorbringen ebenfalls präkludiert.
Bei dieser Entscheidung der Antragsgegnerin haben sich die vermeintlichen Vergaberechtsverstöße lediglich fortgesetzt, die die Antragstellerin ungerügt gelassen hat.
Denn Folge der Rügepräklusion ist im Grundsatz neben der Unzulässigkeit des Antrags hinsichtlich der präkludierten Rüge selbst, dass der Antragsteller auch mit der Geltendmachung anderer (späterer) Vergaberechtsfehler ausgeschlossen ist, die sich als reine Folgefehler des nicht oder verspätet gerügten, mit diesem untrennbar zusammenhängenden Fehlers darstellen, d. h., in denen sich der präkludierte Fehler nur fortsetzt (vgl. hierzu OLG Rostock, Beschluss vom 30.09.2021, Az.: 17 Verg 3/21; OLG Naumburg, Beschluss vom 23.07.2001, Az.: 1 Verg 3/01; Ziekow/Völlink, a. a. O., Rn. 38).
So erstreckt sich die Präklusionswirkung mittelbar grundsätzlich auch auf andere (vermeintliche) Verstöße in demselben Verfahren, die nicht selbstständig geprüft werden können, ohne den nicht gerügten Sachverhalt aufzugreifen.
Die Antragstellerin hat die nachgeforderten Bescheinigungen nicht fristgerecht vorgelegt und im Nachhinein nach Ausschluss des Angebotes (wegen nicht fristgerechter Vorlage) geltend gemacht, es sei überhaupt nicht zulässig gewesen, die betreffenden Bescheinigungen im Original von einem präqualifizierten Unternehmen zu fordern.
Dieser Einwand ist der Antragstellerin jedoch verwehrt.
Aufgrund des Erkennens vor Einreichen des Nachprüfungsantrages hätte dieser Umstand gegenüber der Antragsgegnerin innerhalb einer Frist von zehn Werktagen schriftlich oder elektronisch gerügt werden müssen. Eine solche Rüge hätte der Antragsgegnerin Gelegenheit gegeben, den vermeintlichen Verstoß zu prüfen und gegebenenfalls etwaige Fehler zu korrigieren.
Unterbleibt die Rüge bis dahin, kann ein in einer möglicherweise unzulässigen Forderung von Nachweisen oder Erklärungen liegender Vergaberechtsverstoß nicht mehr mit Erfolg vor der erkennenden Kammer geltend gemacht werden, wenn der Antragsgegner das Angebot wegen nicht fristgerechter Vorlage von Nachweisen oder Erklärungen (nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A) ausschließt.
Die Auffassung der erkennenden Kammer wird auch nicht durch die seitens der Antragstellerin angeführte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Urteil v. 11.10.2007 - Rs. C-241/06) erschüttert.
Nach dieser EuGH-Entscheidung laufe es den Rechtsmittelrichtlinien zuwider, wenn eine Ausschlussregelung, die Rechtsbehelfe gegen die Wahl des Vergabeverfahrens oder die Schätzung des Auftragswerts betrifft, so angewandt wird, dass der Bieter dadurch auch mit Rechtsschutz gegen Entscheidungen, die die Vergabestelle erst nach Ablauf der versäumten Frist getroffen hat, ausgeschlossen ist (siehe auch Immenga/Mestmäcker/Dreher, 6. Aufl. 2021, GWB § 160 Rn. 48).
Nach Auffassung der Vergabekammer kann das genannte EuGH-Urteil auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragen werden.
Entgegen dem Vortrag der Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 21.02.2025 stehen - anders als in dem vom EuGH entschiedenen Fall - die seitens der Antragsgegnerin vorgenommene Nachforderung und der daran anschließende Ausschluss aufgrund nicht fristgerechter Vorlage der nachgeforderten Eignungsnachweise (als reiner Folgefehler) in einem untrennbaren Zusammenhang miteinander. Der Angebotsausschluss war hier zwangsläufig; auch bestand noch ein zeitlicher Zusammenhang mit der erfolglosen Nachforderung.
Hier ist auch entscheidend, dass entgegen der Ansicht der Antragstellerin der Antragsgegnerin hinsichtlich des vorgenommenen Ausschlusses kein Ermessen zustand.
Aufgrund nicht vollständig vorgelegter Nachweise war das Angebot der Antragstellerin gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A - i. V. m. § 8 Abs. 4 S. 1 TVergG LSA - zwingend durch die Antragsgegnerin auszuschließen.
Soweit die Antragstellerin pauschal meint, es könne vorliegend ohnehin nicht von einer Präklusion von Folgefehlern bei Vorhandensein nur eines einzigen Angebotes ausgegangen werden, geht sie fehl. Auch teilt die Vergabekammer hier nicht die Ansicht, dass diese Behauptung dadurch verstärkt werde, dass eine Präklusion ausschließlich prozessuale, nicht aber materielle Wirkung hat.
Das Unterlassen einer Rüge trotz bestehender Rügeobliegenheit hat keinen materiellen Anspruchsverlust - hier gegebenenfalls einen Schadensersatzanspruch vor den ordentlichen Gerichten - zur Folge, sondern führt lediglich dazu, dass der Antragsteller den nicht gerügten Vergabefehler im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren nicht mehr geltend machen kann, sein Antrag insoweit also unzulässig ist (vgl. u. a. Burgi/Dreher/Opitz/Horn/Hofmann, 4. Aufl. 2022, GWB § 160 Rn. 83).
Die Auffassung der Antragstellerin, dass den Präklusionsvorschriften dem Grunde nach eine Beschleunigungsfunktion zukommt, ist zwar zutreffend. Dies hat jedoch im Umkehrschluss nicht automatisch zur Folge, dass im Einzelfall nicht auch eine gegenteilige Wirkung eintreten kann.
Nach alledem hätte die Antragstellerin unter Beachtung einer Frist von zehn Werktagen den geltend gemachten Vergaberechtsverstoß spätestens bis zum 09.10.2024 rügen müssen. Dies hat sie aber aus den oben genannten Gründen nicht getan.
Der Nachprüfungsantrag ist danach als unzulässig zurückzuweisen.
Dem Antrag auf Akteneinsicht konnte aus den oben dargestellten Erwägungen heraus nicht entsprochen werden. Die Antragstellerin hat über alle Unterlagen verfügt, die notwendig waren, um die fallentscheidenden Rechtsfragen hinsichtlich der Zulässigkeit zu beurteilen. Die Freigabe weiterer Unterlagen hätte dem Willen des Gesetzgebers widersprochen, die Gewährung der Akteneinsicht nicht zum Mittel weiterer Ausforschung des Auftraggeberverhaltens werden zu lassen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 19 Abs. 5 S. 1 - 3 TVergG LSA.
Danach werden gemäß § 19 Abs. 5 S. 1 TVergG LSA nur vom Antragsteller für Amtshandlungen der Nachprüfungsbehörde Kosten zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben, wobei sich die Höhe der Gebühren nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Nachprüfungsbehörde unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstandes der Nachprüfung bestimmt. Im Falle eines erfolgreichen Antrages werden keine Kosten erhoben (§ 19 Abs. 5 S. 4 TVergG LSA).
Unabhängig vom Erfolg des Nachprüfungsantrages wären die seitens der Antragstellerin ergänzend vor der 3. Vergabekammer gestellten Kostenanträge ohnehin abzulehnen, da es an einer gesetzlichen Grundlage hierfür fehlt.
Nach § 23 TVergG LSA werden von den Vorschriften des GWB ergänzend ausdrücklich nur diejenigen "des Teils 4 Kapitel 2 Abschnitt 2" entsprechend angewendet.
Dies sind ausschließlich die §§ 160 bis 170 GWB und schon von daher nicht § 182 GWB, welcher (in Abs. 3 und 4) die Erstattung der Kosten und Aufwendungen der Beteiligten regelt. Auf die Beurteilung der notwendigen Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten kommt es danach vorliegend auch nicht darauf an.
Damit besteht in unterschwelligen Nachprüfungsverfahren keine Möglichkeit, dem Antragsgegner die angefallenen Kosten des Antragstellers aufzuerlegen bzw. von ihm die Erstattung von Aufwendungen zu verlangen.
Die Antragstellerin hat vorliegend die Kosten des Verfahrens zu tragen, da das Nachprüfungsverfahren im Ergebnis keinen Erfolg i. S. v. § 19 Abs. 5 S. 4 TVergG LSA hatte und die Antragstellerin zu der Amtshandlung Anlass gegeben hat (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungskostengesetz des Landes Sachsen-Anhalt - VwKostG LSA).
Die Kostenregelung des § 19 Abs. 5 TVergG LSA ist abschließend.
Wann stellt eine schwere Verfehlung die Integrität des Bieters in...
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VK Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss
vom 14.04.2025
3 VK 12/24
1. Eine die Integrität in Frage stellende schwere Verfehlung kommt bei der Verletzung vertraglicher Pflichten (z.B. auch bei der Verletzung der Auftragsausführungsbedingungen bei früheren öffentlichen Aufträgen) in Betracht, wenn diese eine solche Intensität und Schwere aufweisen, dass der öffentliche Auftraggeber berechtigterweise an der Integrität des Unternehmens zweifeln darf.
2. In der Regel setzt eine schwere Verfehlung eine schuldhafte Pflichtverletzung mit nicht nur unerheblichen Auswirkungen voraus; sie muss jedoch nicht notwendig den zwingenden Ausschlussgründen nahekommen.
3. Liegt eine nachweislich schwere Verfehlung vor, ist eine darüber hinaus gehende, auf den konkreten Auftrag bezogene Prognose, ob das Unternehmen den Auftrag zuverlässig erfüllen wird, nicht mehr zu fordern. Der Auftraggeber trifft - unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - nur noch die Ermessensentscheidung über den Ausschluss.
4. Der Ausschluss kann sich aber als unverhältnismäßig darstellen, wenn das Unternehmen zwischenzeitlich Maßnahmen der "Selbstreinigung" ergriffen hat.
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 14.04.2025 - 3 VK 12/24
Tenor:
1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Gebühr wird auf ... Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin führte für den Antragsgegner in der Vergangenheit die streitgegenständlichen Postdienstleistungen durch (Beförderung und Zustellung von ca. 500.000 Brief- und Paketsendungen im Jahr). Dieses Auftragsverhältnis wurde durch den Antragsgegner im Januar 2024 ordentlich und fristgemäß zum 31. Juli 2024 gekündigt. Am 28. Mai 2024 schrieb der Antragsgegner die Leistungen "Brief- und Paketversand für die Finanzämter in ... (EU-Amtsblattbekanntmachung vom ..., Veröffentlichungsnummer: ...; Vergabenummer: ...) als Offenes Verfahren nach der VgV aus. Als einziges Zuschlagskriterium war der günstigste Preis formuliert. Die Antragstellerin gab am 27. Juni 2024 fristgerecht ein Angebot ab.
Am 30. September 2024 hat der Antragsgegner die Antragstellerin nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB ausgeschlossen mit der Begründung, es bestünden hinreichende Zweifel an der Eignung der Antragstellerin zur Auftragsdurchführung. Vorausgegangen war ein Schriftwechsel mit widerstreitenden Darstellungen zu bisherigen Pflichtverletzungen der Antragstellerin. Daraufhin rügte die Antragstellerin am 9. Oktober 2024 den Ausschluss und die Nichtberücksichtigung ihres Angebotes. Der Antragsgegner hat hierauf am 20. November 2024 geantwortet und den Rügen nicht abgeholfen. Ein weiteres Rügeschreiben folgte am 29. November 2024, worauf der Antragsteller bis zum Eingang des Antrags nicht geantwortet hat.
Sie beantragt,
1. der Antragsgegnerin aufzugeben, in dem Vergabeverfahren "Brief- und Paketversand für die Finanzämter in ..." (EU- Amtsblattbekanntmachung vom 28.05.2024, Veröffentlichungsnummer: ... Vergabenummer: ...) die Antragstellerin und ihr Angebot vom 27.06.2024 nicht auf Grundlage der Mitteilung vom 30.09.2024 auszuschließen und das Verfahren in den Stand vor den Ausschluss der Antragstellerin und vor Prüfung und Bewertung der Angebote zurückzuversetzen;
2. die Antragsgegnerin bei fortbestehender Beschaffungsabsicht zu verpflichten, in dem Vergabeverfahren "Brief- und Paketversand für die Finanzämter in Mecklenburg-Vorpommern" (EU-Amtsblattbekanntmachung vom ... Veröffentlichungsnummer: ...; Vergabenummer:...), die Eignungsprüfung der Bieter und die Prüfung und Wertung der Angebote - unter Berücksichtigung der Antragstellerin und ihres Angebots vom 27.06.2024 - erneut vorzunehmen;
3. die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten seitens der Antragstellerin vor der Vergabekammer für erforderlich zu erklären;
4. der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin aufzuerlegen.
Ferner beantragt sie Akteneinsicht gemäß § 165 GWB in die Akten des Antragsgegners.
Hierzu trägt sie vor:
Der Antragsgegner habe vergaberechtswidrig von einer Zuschlagserteilung abgesehen. Die Bedarfsstelle habe ohne substantiierte Begründung der Vergabestelle den Ausschluss aufgegeben und habe auch die Stellungnahme des Antragsgegners im Rahmen des Ermessens nicht gewürdigt.
Der Ausschlussgrund sei willkürlich gewechselt worden. Nachdem ein Ausschluss nicht auf § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB habe gestützt werden können, habe man sich ohne erneutes Ermessen für einen Ausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB entschieden.
Der Ausschlussgrund nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB sei nicht erfüllt. Es läge keine nachweislich schwere Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit vor, durch welche die Integrität des Unternehmens in Frage gestellt würde.
Der Ausschluss des Unternehmens der Antragstellerin mit Schreiben des Antragsgegners vom 30. September 2024 sei vergaberechtswidrig, beurteilungs- und ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig. Trotz der Einreichung eines vollständigen Angebots, in dem sämtliche transparent geforderten Eignungsnachweise gemäß der bekanntgegebenen Eignungskriterien enthalten seien (insbesondere auch die Eigenerklärung zum Nichtvorliegen von Ausschlussgründen), habe der Antragsgegner mitgeteilt, dass das Angebot der Antragstellerin nicht berücksichtigt werden könne und das Unternehmen vom weiteren Vergabeverfahren ausgeschlossen werden müsse, da begründete Zweifel an der Eignung des Unternehmens zur Auftragsdurchführung bestünden.
Die Antragstellerin bestreitet
- die Verletzung von Zustellfristen,
- eine Verletzung des Post- und Steuergeheimnisses,
- die Verletzung einer Pflicht zur ordnungsgemäßen Frankierung und Rechnungslegung,
- und die Verletzung von Rücksendefristen,
und bestreitet den vom Antragsgegner hierzu vorgetragenen Sachverhalt.
Die vorgebrachten vereinzelten Vertragsverletzungen würden sich in Anbetracht der Gesamtsendungsmenge im Promillebereich bewegen. Die Antragstellerin habe für den Antragsgegner im Jahr 2024 insgesamt ... Sendungen befördert und zugestellt. Gemessen an dieser Gesamtmenge würde die Reklamationsquote 0,0235% betragen. Die Antragstellerin würde nicht substantiiert vortragen, dass die vermeintliche schwere Verfehlung der Antragstellerin die Integrität bzw. Zuverlässigkeit des Unternehmens selbst in Frage stellen würde. Selbst bei einer unterstellten Richtigkeit der angeführten Pflichtverletzungen seien die Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 Nr. 3 nicht erfüllt.
Die Antragstellerin bestreitet die Verletzung von Laufzeitvorgaben. Unter Bezugnahme auf den Bieterfragenkatalog trägt sie weiter vor, die in § 5 Abs. 3 der Rahmenvereinbarung festgelegten Sendungslaufzeiten hätten im Rahmen des Vergabeverfahrens eine Anpassung erhalten. Die Vergabestelle habe insoweit im Hinblick auf eine diesbezügliche Bieterfrage ausdrücklich bestätigt, dass die tatsächlichen Sendungslaufzeiten sich lediglich an den gesetzlichen Bekanntgabefiktionen (zu jener Zeit am dritten Tag nach Aufgabe zur Post) orientieren müssten, nur darauf sei es dem Antragsgegner angekommen. Seit dem 01.01.2025 würde § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO n. F. eine Bekanntgabefiktion erst am vierten Tag nach der Aufgabe zur Post vorsehen.
In dem Ausschlussschreiben zur Rechtfertigung des Angebotsausschlusses habe der Antragsgegner gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB neue vermeintliche Pflichtverletzungen vorgetragen, zu denen die Antragstellerin zuvor nicht angehört worden sei und zu denen diese vor dem Angebotsausschluss keine Stellungnahme habe abgeben können.
Des Weiteren habe sie das Post- und Steuergeheimnis nicht verletzt. Ein fast drei Jahre zurückliegender Vorfall vom 6. Mai 2022 war zum Zeitpunkt des Ausschlusses bereits aufgeklärt worden. Mit einem Foto von vermeintlich hinterlassenen Behältern mit Post auf einem Hinterhof in ... sei in Wirklichkeit ein Umladevorgang aufgenommen worden. Die Mitarbeiter der Antragstellerin seien zwar nicht auf dem Foto, wohl aber in Sichtweite gewesen.
Vereinzelte Fehlfrankierungen und Rechnungskorrekturen könnten eine erhebliche oder dauerhafte mangelhafte Erfüllung der vertraglichen Pflichten nicht begründen. Der beweisbelastete Antragsgegner habe hinsichtlich der von der Antragstellerin bestrittenen Fehlfrankierungen und Rechnungskorrekturen auch nicht belegen können, dass und in welchem Umfang diese erfolgt seien. Der Antragsgegner könne auch eine Verletzung von Rücksendefristen nicht nachweisen.
§ 124 Abs. 1 Nr.3 GWB sei lediglich ein Auffangtatbestand. Ein Verhalten, das nach spezielleren Regelung nur unter bestimmten Bedingungen einen Ausschluss nach sich ziehen könne, könne nicht zugleich eine schwere Verfehlung darstellen.
Der Antragsgegner hält den Ausschluss für rechtmäßig und nimmt wie folgt Stellung:
Im Rahmen der fachtechnischen Wertung hat die Bedarfsstelle mit Schreiben vom 12. Juli und 23. Juli 2024 einen Ausschluss der Antragstellerin in Bezug auf die ausgeschriebene Leistung angeregt. Der Antragsgegner hat die Antragstellerin mit Anhörungsschreiben vom 26. Juli 2024 zum beabsichtigten Ausschluss im nunmehr streitigen Vergabeverfahren angehört. In der Anhörung hat der Antragsgegner keine Rechtsnorm für den streitigen Ausschluss angegeben und der Antragstellerin die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Mit Schreiben vom 14. August 2024 hat die Antragstellerin im Wesentlichen erwidert, den Altauftrag ordnungsgemäß erfüllt zu haben und die von ihr ergriffenen Maßnahmen zur Selbstreinigung dargestellt.
Mit Schreiben vom 11. September 2024 habe die Bedarfsstelle die von der Antragstellerin vorgetragenen technischen, organisatorischen und personellen Maßnahmen bewertet sowie weitere Vertragsverletzungen im Zeitraum Dezember 2023 bis Juli 2024 aufgezeigt und diese als Anknüpfungstatbestand für eine negative Prognose im Hinblick auf eine ordnungsgemäße Erfüllung des nunmehr ausgeschriebenen Auftrags angeführt. Daraufhin habe der Antragsgegner die Antragstellerin mit Schreiben vom 30. September 2024 vom streitbefangenen Verfahren ausgeschlossen sowie die Selbstreinigungsmaßnahmen der Antragstellerin als ungeeignet bewertet und dies begründet.
Der Ausschluss sei aufgrund des § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB erfolgt. Dieser sei vorliegend anwendbar, soweit bei der Frage, was im Sinne des § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB eine "schwere Verfehlung" ist, die Wertungen des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB berücksichtigt werden (vgl. Burgi/Dreher/Opitz, Beck'scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1 4. Auflage 2022 zu § 124 Rn. 23). Der öffentliche Auftraggeber hat unter Berücksichtigung des ihm eingeräumten Ermessens und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit das Angebot der Antragstellerin von der weiteren Teilnahme an dem nunmehr zur Überprüfung gestellten Vergabeverfahren ausgeschlossen, weil die Antragstellerin im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, durch die ihre Integrität infrage gestellt ist.
Streitbefangen war des Weiteren ein Schreiben der Antragstellerin vom 6. Dezember 2023 an das Finanzamt ... (Datei beginnend mit der Nr. 161, Anlage 1 Seite 46). wonach gemäß eigener Auskunft der Antragstellerin keine tägliche Zustellung erfolge, obwohl diese vertraglich zugesichert worden sei. (Nach § 5 Abs. 3 des Entwurfes der Rahmenvereinbarung, der mit den Auftragsunterlagen versandt worden war, erfolgt die Zustellung an Werktagen (einschließlich samstags), sofern nicht ein gesetzlicher Feiertag auf diesen Tag fällt.) Hierzu ist die Antragstellerin auch am 26. Juli 2024 angehört worden. Die Inhalte des Schreibens bestreitet sie mit Stellungnahme vom 14. August 2024. Der Ausschluss vom 30. September 2024 ist u. a. hierauf gestützt worden. Am 1. April 2025 hat sie eine Erklärung ihres Prokuristen beigefügt, der zufolge die Antragstellerin innerhalb ihres Zustellgebietes montags bis samstags zustellt.
In der Vergabeakte befindet sich eine Datei mit einer Dokumentation der Reklamationen. Des Weiteren wurde ein Testbriefverfahren durchgeführt, dessen Ergebnisse der Antragstellerin bekannt waren. Danach (Datei 161, Anlage 1 Seite 12) sind zwischen 15,98% und 25,26% der Testbriefe nicht innerhalb von drei Tagen angekommen, das ist ein Durchschnitt von 20,39%. Nach der Rechtslage ab 1. Januar 2025 wären immer noch durchschnittlich 11,04% der Briefe nicht fristgerecht angekommen (Subtraktion der Ergebnisse aus der vierten Spalte der genannten Tabelle und den Endergebnissen und Ziehung des Durchschnitts zwischen diesen drei Werten). 11 von 618 Briefen sind überhaupt nicht eingegangen, das entspricht 1,8%.
Zum weiteren Vorbringen wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Der Akteneinsichtsbeschluss datiert vom 11. März 2025. Die mündliche Verhandlung fand am 2. April 2025 statt.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet. Der Antragsgegner durfte die Antragstellerin nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB vom Verfahren ausschließen. Aus der Funktion dieser Vorschrift als Auffangtatbestand ergeben sich Abgrenzungsprobleme zu anderen Regelungen in dieser Vorschrift, in diesem Fall zu § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB, der bei einer Kündigung wegen Verletzung der Vertragsausführungsbedingungen gilt. § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB ist jedoch anwendbar, soweit bei der Frage, was eine "schwere Verfehlung" ist, die Wertungen des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB berücksichtigt werden (vgl. Opitz in: Beck'scher Vergaberechtskommentar § 124 Rz. 23). Der fakultative Ausschlussgrund nach Nummer 3 hat auch nach der Gesetzesbegründung eine Bedeutung als Auffangtatbestand, der neben den anderen fakultativen oder zwingenden Ausschlussgründen anwendbar sein kann, wenn deren Voraussetzungen nicht oder nur teilweise vorliegen (BT-Drucksache 18/6281, S. 105).
Über den Ausschluss eines Bewerbers oder Bieters vom Vergabeverfahren entscheidet nach § 124 GWB der Auftraggeber. Ihm steht ein Beurteilungsspielraum im Hinblick auf die Voraussetzungen des Angebotsausschlusses zu. Der Beurteilungsspielraum des Auftraggebers bei den unbestimmten Rechtsbegriffen des § 124 Abs. 1 GWB unterliegt auch einer eingeschränkten Kontrolle durch die Nachprüfungsinstanzen (Beck'scher Vergaberechtskommentar § 124 GWB Rz. 16). Nach den getroffenen Feststellungen war es zulässig, eine schwere Verfehlung im Sinne des Gesetzes anzunehmen.
Wenn § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB den Begriff der "Integrität des Unternehmens" aus dem Gemeinschaftsrecht übernimmt und ihn an die Stelle des bislang in den Vergabeordnungen verwendeten Begriffs der Zuverlässigkeit setzt, bedeutet dies nicht eine Verletzung rechtlicher Verpflichtungen. Die Verletzung muss nicht unbedingt Normen des Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrechts betreffen (vgl. Beck'scher Vergaberechtskommentar § 124 Rz. 39). Nach der Gesetzesbegründung sollen auch Verstöße gegen besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags im Sinne von § 128 Abs. 2 GWB eine Verfehlung im Sinne von § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB begründen können (Opitz in: Beck'scher Vergaberechtskommentar § 124 GWB Rz. 42). Eine die Integrität in Frage stellende schwere Verfehlung kommt bei der Verletzung vertraglicher Pflichten (z.B. auch bei der Verletzung der Auftragsausführungsbedingungen bei früheren öffentlichen Aufträgen) in Betracht, wenn diese eine solche Intensität und Schwere aufweisen, dass der öffentliche Auftraggeber berechtigterweise an der Integrität des Unternehmens zweifeln darf. Das ist in aller Regel nicht der Fall, wenn es sich um "normale" vertragliche Beanstandungen handelt. Der Ausschluss darf keine Sanktion für alltägliche Probleme in der Vertragsabwicklung sein (vgl. Röwekamp/Kus/Portz/ Prieß § 124 GWB Rz. 38).
Die Integrität eines Unternehmens kann nur bei Pflichtverletzungen in Frage gestellt sein, die ein erhebliches Gewicht besitzen. Zum Teil wird vertreten, dass eine schwere Verfehlung den zwingenden Ausschlussgründen nahekommen muss. Dem ist aber schon deshalb nicht zu folgen, weil der Katalog der Straftaten, die zum zwingenden Ausschluss führen, selbst sehr unterschiedlich schwere Straftaten umfasst. In der Regel setzt eine schwere Verfehlung aber eine schuldhafte Pflichtverletzung mit nicht nur unerheblichen Auswirkungen voraus (Opitz in: Beck'scher Vergaberechtskommentar § 124 GWB Rz. 43). Entgegen der Annahme der Antragstellerin liegt in der Feststellung einer schweren Verfehlung, dass bestimmte Briefe nicht befördert wurden, falsch befördert wurden oder verspätet bei dem Adressaten eingetroffen sind, obwohl erhebliche Rechtsfolgen daraus resultieren, keine Verletzung des Beurteilungsspielraums.
Es kann dahinstehen, warum die Antragstellerin am 6. Dezember 2023 dem Finanzamt ... geschrieben hat, eine werktägliche Zustellung erfolge nicht und dies später dementierte. Auch wenn nur eine werktägliche Zustellung den Vertragsbedingungen entsprach, kann dieser Streitpunkt bei der Bewertung des Nachprüfungsantrags außer Acht gelassen werden. Denn auch die übrigen aktenkundigen Feststellungen rechtfertigen einen Ausschluss. Aus der Vergabeakte ist eine Vielzahl von Reklamationen ersichtlich, die nicht nur verspätete oder nicht erfolgte Sendung betrafen. Wegen der zu dieser Zeit geltenden Zustellungsfiktion der Abgabenordnung (AO), welche drei Tage betrug, wurden den betroffenen Steuerpflichtigen die Möglichkeiten, die Einlegung von Rechtsmitteln zu prüfen, verkürzt. Briefe eines Finanzamtes wurden mit dem Klischee einer gesetzlichen Krankenversicherung bedruckt. Ein Angehöriger der steuerberatenden Berufe fand die Post auf einem Fensterbrett im Außenbereich. Nennenswerte Rückläufe aufgrund mangelnder Zustellbarkeit und einiges mehr wurden dokumentiert. Die Beanstandungen von Betroffenen werden als real und glaubwürdig eingestuft. Es ist nicht lebensnah, dass eine Vielzahl von Menschen, die sich nicht kennen, sich auf gleichförmige Vorwürfe einigen.
Die Antragstellerin sieht die Vertragsverletzungen unter Bezugnahme auf die gesamte Beförderung quantitativ im Bagatellbereich und legt hierzu eine Zahl vor (Seite 12 des Schriftsatzes vom 1. April 2025: 0,0235% Reklamationsquote). Ihre Fehlerquoten seien tolerabel, da sie mit ihrem Leistungsniveau deutlich über dem Leistungsniveau anderer Anbieter liegen würden. Zudem würde die AO seit dem 1. Januar 2025 eine neue Zustellungsfiktion vorsehen, die nunmehr vier Tage nach der Aufgabe zur Post beträgt. Nach dem Testbriefverfahren von Oktober bis Dezember 2023, dessen Ergebnisse der Antragstellerin mitgeteilt worden sind, waren 20,39% der Briefe in den ausgewählten Bezirken nicht innerhalb von drei Tagen zugestellt worden. 1,8% sind nicht angekommen. Das ist eine Quote von einer Erheblichkeit über der Bagatellgrenze.
Dem Antragsgegner stand nach dem Wortlaut des Gesetzes ("können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit", vgl. § 124 Abs. 1 Satz 1 GWB) auf der Rechtsfolgenseite ein Ermessen zu. Hierbei ist ihm kein Ermessensfehler, weder in Form eines Ermessensfehlgebrauchs noch in der Form eines Ermessensnichtgebrauchs unterlaufen. Eine Abwägung der Verhältnismäßigkeit muss auch die Zunahme der elektronischen Post berücksichtigen, wodurch immer weniger Papier-Post in immer größeren Arealen verteilt werden muss. Hieraus resultierende Schwierigkeiten auch bei anderen Anbietern sind den Mitgliedern der Kammer bekannt. Entscheidend für die Bewertung der Ermessensausübung durch den Antragsgegner war letztlich die Sensibilität der Sendungen. Die versandte Post eines Finanzamtes enthält Steuergeheimnisse und die Zustellungsfiktion setzt Rechtsmittelfristen in Gang mit der Folge, dass die Rechtsmittelfristen für die Betroffenen verkürzt sind. Dies sind alles Sachverhalte, die für einen Steuerpflichtigen im Falle eines Verstoßes sehr belastend sind. Bestimmend für die Reklamationsquote ist auch das jeweilige Temperament des betroffenen Bürgers oder Steuerberaters. Die Quote von Benachteiligten, die sich nicht beschweren, ist im Testbriefverfahren objektiver ermittelt.
Anders als von der Antragstellerin dargelegt, hat der Antragsgegner die Entscheidungsbefugnisse auch nicht in unzulässiger Form delegiert. Die vom Antragsteller zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. vom 17. Februar 2022, Az.: 11 Verg 8/21) betraf die Ausschreibung eines Rahmenvertrags, durch den sich ein privater Dienstleister gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, eine Vermittlungszentrale für hoheitlich veranlasste Abschleppdienstleistungen zu betreiben. Diese verstößt gegen § 97 I GWB, wenn der private Dienstleister ein Vermittlungsregister für Abschleppunternehmen führen soll und wenn er insoweit Auswahlentscheidungen treffen muss (u. darf), die ausschließlich dem öffentlichen Auftraggeber obliegen. Zur Entscheidung stand daher eine andere Sachverhaltskonstellation. Behörden und Einrichtungen des Landes MV (Bedarfsstellen) sind grundsätzlich zur zentralen Beschaffung über das LAiV verpflichtet, soweit ein in der Beschaffungsrichtlinie festgelegter Auftragswert überschritten wird. Gleichwohl sind Stellungnahmen von Bedarfsstellen einzuholen. Selbst in dem Fall, in dem eine Bedarfsstelle im Einzelfall durch ihre Formulierungen Argumente vorbringt, die thematisch zur Ermessensausübung gehören, ist dies unschädlich, so lange die Vergabestelle ihr Ermessen selbst ausübt. Dies war hier der Fall, wie sich aus dem Ausschlussschreiben vom 30. September 2024 ergibt.
Eine Anhörung zu den Tatsachen, auf die der Ausschluss gestützt wird, ist im Gesetz nicht angeordnet. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin darf der Antragsgegner sein Ermessen auch auf neue oder später bekannt gewordene Tatsachen stützen (Opitz in: Beck'scher Vergaberechtskommentar § 124 GWB Rz. 22).
Liegt eine nachweislich schwere Verfehlung vor, ist eine darüber hinaus gehende, auf den konkreten Auftrag bezogene Prognose, ob das Unternehmen den Auftrag zuverlässig erfüllen wird, nicht mehr zu fordern. Der Auftraggeber trifft - unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - nur noch die Ermessensentscheidung über den Ausschluss (Opitz in: Beck'scher Vergaberechtskommentar § 124 GWB Rz. 44). Der Ausschluss kann sich aber als unverhältnismäßig darstellen, wenn das Unternehmen zwischenzeitlich Maßnahmen der "Selbstreinigung" ergriffen hat. Hierbei gelten die Maßstäbe des § 125 GWB, die Ausprägungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sind (Opitz in: Beck'scher Vergaberechtskommentar § 124 GWB Rz. 20). Nach der Vergabeakte hat es umfangreiche Gespräche zwischen Antragstellerin und Antragsgegner sowie der Bedarfsstelle gegeben. In der Folge hat die Antragstellerin nach eigenen Angaben umfangreiche technische, organisatorische und personelle Maßnahmen ergriffen (Schreiben der Antragstellerin vom 14. August 2024). Diese haben jedoch nicht gegriffen (Schreiben der Bedarfsstelle vom 11. September 2024).
Die zum Zeitpunkt des Ausschlusses bereits beschlossene Änderung der AO, nach der die Zustellungsfiktion ab 1. Januar 2025 nicht mehr drei, sondern vier Tage betragen würde, spielt bei der Ermessensentscheidung im Rahmen von Verhältnismäßigkeitserwägungen eine besondere Rolle. Ein Ausschluss kann sich als unverhältnismäßig darstellen, wenn das Unternehmen Maßstäbe einhält, die - vom Tag des Ausschlusses aus gesehen - innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens als Gesetz in Kraft treten. Nach den Ergebnissen des Testbriefverfahrens wären selbst bei Zugrundelegung einer Zustellungsfiktion von vier Tagen ab Einlieferung der Post noch 11,04% der Sendungen nicht fristgerecht angekommen. Dies ist mit Blick auf die dargestellten Folgen für die betroffenen Steuerpflichtigen ebenfalls eine signifikante Größe außerhalb des Bagatellbereichs.
III.
Die Antragstellerin hat als unterlegene Partei die Kosten zu tragen. Für die Amtshandlungen der Vergabekammern werden nach § 182 Abs. 1 S. 1 GWB grundsätzlich Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Nach § 182 Abs. 1 S. 2 GWB ist das Verwaltungskostengesetz - VwKostG - vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung anzuwenden. Es handelt sich hierbei um eine statische Verweisung auf eine Vorschrift in einer Fassung, die zwischenzeitlich außer Kraft getreten ist (Ziekow/Völlink § 182 GWB Rz. 4). Die Höhe der Gebühren wird in Anwendung der Gebührentabelle der Vergabekammern des Bundes auf Euro festgesetzt, weil die Angebotssumme zwischen 1.000.000,00 Euro und 2.000.000,00 Euro betrug.
Kosten für einen Verfahrensbevollmächtigten sind bei dem Antragsgegner nicht entstanden. Allgemeine Personalkosten, die einem Beteiligten entstanden sind, sind nicht erstattungsfähig. Für den Verlust an Zeit für die Abfassung und Begründung von Schreiben im Zusammenhang mit dem Verfahren kann ein Beteiligter keinen Ersatz verlangen, weil die allgemeinen Personalkosten für einen Mitarbeiter keinen konkreten Bezug zu einem bestimmten Nachprüfungsverfahren haben (Röwekamp/ Kus/Portz/Prieß § 182 GWB Rz. 40).
IV.
Gegen diese Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim Oberlandesgericht Rostock, Wall straße 3, 1..8055 Rostock, einzulegen. Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt. Die Beschwerdeschrift muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Das gilt nicht für Beschwerden juristischer Personen des öffentlichen Rechts.
Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.
(VK Mecklenburg-Vorpommern Beschl. v. 14.4.2025 - 3 VK 12/24, BeckRS 2025, 28383 Rn. 38, beck-online)
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VK Mecklenburg-Vorpommern
Beschlus
vom 05.11.2025
3 VK 14/24
1. Ein indikatives Angebot kann je nach Ausschreibungsmodus verbindliche und unverbindliche Angaben enthalten. Soweit der Auftraggeber allerdings zwingende Anforderungen an die Angebote aufstellt, sind diese Anforderungen - dies gilt auch für indikative Angebote - zwingend zu beachten.
2. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Frage, ob ein Angebot von den Vergabeunterlagen abweicht, ist die Fassung des Angebots bei Ablauf der Abgabefrist. Bei Verhandlungsverfahren gilt dies wegen der Möglichkeit regelmäßig erst für das letztverbindliche Angebot, es sei denn, es handelt sich um zwingende Mindestanforderungen, die bereits im indikativen Angebot zu beachten sind.
3. Aus dem Umstand, dass der Inhalt der Angebote im Verhandlungsverfahren verhandelbar ist, folgt nicht, dass der Angebotsinhalt erst im Rahmen der Verhandlungen vom Bieter festgelegt werden kann.
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 05.11.2025 - 3 VK 14/24
Tenor:
1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, das Vergabeverfahren bei fortbestehender Beschaffungsabsicht unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer in den Stand vor Ausschluss des Angebots der Antragstellerin zurückzuversetzen und unter Einbeziehung der Antragstellerin fortzuführen.
2. Der Antragsgegner ist von den Gebühren befreit. Er trägt die Aufwendungen der Antragstellerin. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Antragstellerin war notwendig.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner schrieb am
im Wege des Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb sechs Streifenboote See aus. Nach weiteren Verfahrensschritten hat die Antragstellerin am 28. August 2024 fristgerecht das streitbefangene Angebot abgegeben. Mit dem Angebot hat die Antragstellerin unter anderem die ausgefüllte Leistungsbeschreibung eingereicht. Nach Seite 4 der Bewerbungsbedingungen sollte mit dem Angebot ein unverbindlicher Generalplan eingereicht werden.
Mit Nachricht über das elektronische Vergabeportal vom 24. September 2024 bat der Antragsgegner um Aufklärung. Die Antragstellerin antwortete hierauf am 30. September 2024. Nachdem der Antragsgegner am 28. Oktober 2024 gemäß § 134 GWB mitgeteilt hatte, die Antragstellerin nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV ausgeschlossen zu haben, rügte die Antragstellerin dies mit Schreiben vom 30. Oktober 2024. Am 9. Dezember 2024 teilte der Antragsgegner mit, der Rüge nicht abhelfen zu wollen.
Mit Schriftsatz an die Vergabekammer vom 23. Dezember 2024 beantragt die Antragstellerin:
1.den Antragsgegner zu verpflichten, das Vergabeverfahren bei fortbestehender Beschaffungsabsicht unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer in den Stand vor Ausschluss des Angebots des Antragstellers zurückzuversetzen und unter seiner Einbeziehung fortzuführen,
2.der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakten zu gewähren,
3.die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Antragstellerin für notwendig zu erklären und
4.dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin aufzuerlegen.
Hierzu trägt sie vor:
Der Ausschluss der Antragstellerin vom Vergabeverfahren sei rechtswidrig. Sie habe nicht nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV ausgeschlossen werden dürfen, weil sie die zu beschaffende Leistung angeboten habe. Insbesondere habe sie kein in sich widersprüchliches Angebot abgegeben.
Zum Frischwassertank:
Nach dem Leistungsverzeichnis war ein Frischwassertank mit einem Fassungsvermögen von 150 Litern vorgesehen. Im Angebot habe die Antragstellerin bei einer mit "A" gekennzeichneten Position, folglich einem Ausschlusskriterium, "Ja" angekreuzt. Die Antragstellerin habe somit die erforderliche Erklärung abgegeben und sie zudem eindeutig beantwortet. Die Erklärung könne nur so verstanden werden, dass die Antragstellerin bei den zu beschaffenden Booten einen Frischwassertank mit dem geforderten Volumen anbieten würde. Zwar habe sie einen Generalplan mit 200 Litern Fassungsvermögen für Frischwasser eingereicht. Der Generalplan sei aber veränderbar, der abschließende Generalplan sei erst nach erfolgter Auftragsvergabe vorzulegen.
Auf Nachfrage des Antragsgegners vom 24. September 2024 habe sie am 30. September 2024 geantwortet:
"Es ist ein Tank mit einem Bruttofassungsvermögen von 200 l vorgesehen. Die Sensoren können so eingestellt werden, dass der Maximum Level Alarm bei 150 l auslöst. Auf Wunsch kann der Kunststofftank aber auch baulich auf ein Volumen von 150 l brutto verkleinert werden."
Zum Fahrerstand:
Auch wegen ihres Angebotsinhaltes zum Fahrerstand hätte die Antragstellerin ihrer Ansicht nach nicht ausgeschlossen werden dürfen.
Nach dem Ausschlusskriterium A 5.3.5.2.1.1 sei der Fahrerstand wie folgt anzuordnen:
- Bb.-Seite großes Fahrpult für Fahrer,
- Stb.-Seite kleines Pult für Beifahrer.
Die Antragstellerin habe an dieser Stelle "Ja" angekreuzt. Damit bestätigte die Antragstellerin, dass diese Anforderung erfüllt werde. Dies sei - wie beim Tank - eine eindeutige Antwort, die nur so verstanden werden könne, dass die Antragstellerin bei den zu beschaffenden Booten den Fahrstand wie verlangt anbieten werde. Diese Angaben seien durch den Antragsgegner in unzulässiger Weise relativiert worden. Zwar sei das Fahrpult im Generalplan tatsächlich mittschiffs angeordnet. Auch im Hinblick auf den Fahrstand sollte der einzureichende Generalplan unverbindlich sein und könne deshalb nicht als Widerspruch zum verbindlichen Angebotsinhalt eingestuft werden.
Der Antragsgegner beantragt,
1.den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen,
2.der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Hierzu trägt er vor:
Der Nachprüfungsantrag sei zulässig, aber unbegründet. Der Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin sei rechtmäßig.
Zum Frischwassertank:
Die Vorgaben zum Frischwassertank seien in den Ausschreibungsunterlagen klar und unmissverständlich formuliert. Beide Beteiligten gingen davon aus, dass mit dem Fassungsvermögen eines Tanks der Bruttoinhalt (Überlaufvolumen) angegeben würde. Entgegen den Ausführungen in der Antragsschrift sei für den Antragsgegner nicht zweifelsfrei ersichtlich, welches Fassungsvermögen der von der Antragstellerin angebotene Frischwassertank tatsächlich habe. Die Angaben der Antragstellerin unter A.1.3.2.; A.1.3.2.1. und A.2.3.8.1. seien widersprüchlich. Der Widerspruch ließe sich auch nicht durch Auslegung aufklären oder auflösen. Da es sich bei diesem Kriterium um ein Ausschlusskriterium handeln würde, sei unklar, ob das Angebot der Antragstellerin vom 28. August 2024 die Voraussetzungen des Ausschlusskriteriums erfüllen würde.
Auch wenn es sich in diesem Fall um ein Verhandlungsverfahren handeln würde, war die nachweisliche Erfüllung aller Ausschlusskriterien bereits mit dem Erstangebot erforderlich, weil der Antragsgegner sich die Bezuschlagung auf das Erstangebot in den Vergabeunterlagen explizit vorbehalten habe. Zudem bedürfe die Aussage der Antragstellerin vom 30. September 2024 auf Nachfrage des Antragsgegners vom 24. September 2024 "Auf Wunsch kann der Kunststofftank auch baulich auf ein Volumen von 150 l brutto verkleinert werden." einer Rückäußerung durch den Auftraggeber. Eine solche Rückäußerung sei hier ausgeschlossen, da es sich um ein Ausschlusskriterium handele, welches bereits mit dem Angebot selbst zwingend erfüllt sein müsse. Es sei nicht klar gewesen, welches Fassungsvermögen der angebotene Frischwassertank gehabt habe. Dieser Widerspruch ließe sich auch nicht durch Aufklärung aufklären oder auflösen. Auf Nachfrage des Antragsgegners habe die Antragstellerin am 30. September 2024 hierzu geschrieben: "Auf Wunsch kann der Kunststofftank aber auch baulich auf ein Volumen von 150 l brutto verkleinert werden." Der Zusatz "auf Wunsch" beinhalte die Notwendigkeit einer Rückäußerung durch den Antragsgegner. Dies sei kein Angebot, dass mit einem "Ja" angenommen werden könne. Die von der Antragstellerin angebotene Leistung weiche deshalb hinsichtlich des Fassungsvermögens des Frischwassertanks von der Vorgabe des Ausschlusskriteriums ab.
Zum Fahrerstand:
Zulässigerweise habe der Antragsgegner in den Ausschreibungsunterlagen durch sein Leistungsbestimmungsrecht vorgegeben, dass das große Fahrpult für den Fahrer backbordseitig und das kleine Pult für den Beifahrer steuerbordseitig angeordnet werden müsse. Auch wenn es hier um ein Verhandlungsverfahren gehe, sei die nachweisliche Erfüllung aller Ausschlusskriterien bereits mit dem Erstangebot erforderlich. Dies begründe sich insbesondere dadurch, dass in den Vergabeunterlagen die Bezuschlagung auf das Erstangebot explizit vorbehalten worden sei. Das Angebot der Antragstellerin sei hinsichtlich der Anordnung des Fahrerstandes nicht eindeutig, sondern widersprüchlich. Es gebe Abweichungen zum Leistungsverzeichnis im Generalplan ausgeführte und im Konzept B 5 nach Nr. A.5.3.5.1.1 der Leistungsbeschreibung. Dieser Widerspruch ließe sich nicht aufklären oder auflösen. Mit Schreiben vom 24. September 2024 sei die Antragstellerin deshalb aufgefordert worden, anzugeben, wo das Fahrpult für den Fahrer und das Pult für den Beifahrer im Angebot angeordnet seien. In ihrer Antwort vom 30. September 2024 habe die Antragstellerin auf einen aktualisierten Generalplan verwiesen, bei dem der Stand für den Fahrer mittig angeordnet gewesen sei. Die Antragstellerin habe nicht eine geringfügige geänderte Anordnung vorgeschlagen, sondern eine zwingende Vorgabe missachtet.
Der Akteneinsichtsbeschluss datiert vom 15. Januar 2025. Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2024 auf eine mündliche Verhandlung verzichtet. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 21. Januar 2025 erklärt, auf eine mündliche Verhandlung verzichten zu wollen, wenn sie auf einen Hinweis der Vergabekammer Gelegenheit zur Stellungnahme erhalte. Nach zwei Hinweisen der Vergabekammer, vom 27. Januar 2025 und ergänzend vom 7. Februar 2025 hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 12. Februar 2025 weiter vorgetragen:
Zum Frischwassertank und zum Fahrerstand habe die Antragstellerin im Angebot eindeutig "Ja" angekreuzt. Dies könne nicht umgedeutet werden. Nach OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.06.2017 - VII Verg 7/17, NZBau 2017, 619 sei hier dann auf den Zeitpunkt des indikativen Angebots abzustellen, wenn der Auftraggeber eindeutig und unmissverständlich zwingende Mindestanforderungen aufgestellt habe. Dabei müsse sich zugleich aus den Vergabeunterlagen ergeben, dass die Mindestanforderungen bereits mit dem indikativen Angebot erfüllt sein müssen.
Der Antragsgegner hat daraufhin am 19. Februar 2025 vorgetragen:
Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 12. Februar 2025 genüge es hier nicht, mit dem Angebot jeweils ein Leistungsversprechen durch Ankreuzen von "Ja" unter A.1.3.2 und A.2.8.3.1, sowie A.5.3.5.2.1.1 der Leistungsbeschreibung abzugeben. Dies genüge deshalb nicht, weil wie aufgezeigt in den weiteren Teilen des Angebotes entgegenstehende Offerten enthalten seien, sowohl was das Fassungsvermögen des Frischwassertanks als auch die Anordnung der Pulte für den Fahrer und für den Beifahrer betreffe. Das Angebot sei insoweit nicht eindeutig und enthielte widersprechende sich gegenseitig ausschließende Offerten. Derartige Widersprüchlichkeiten bzw. Uneindeutigkeiten des Angebotes seien im Verhandlungsverfahren grundsätzlich folgenlos, weil hierüber noch regelmäßig Verhandlungen stattfinden, in denen dann die Widersprüchlichkeiten aufgelöst würden. Etwas Anderes gelte hier jedoch bezogen auf das Fassungsvermögen des Frischwassertanks als auch die Anordnung der Pulte für den Fahrer und für den Beifahrer, weil es sich um Mindestanforderungen bzw. Ausschlusskriterien handele. Diesbezüglich müsse hier das Erstangebot eindeutig sein und die Erfüllung der Mindestanforderungen bzw. Ausschlusskriterien zweifelsfrei aufzeigen und anbieten. Dies sei im Angebot der Antragstellerin vom 28. August 2024 nicht der Fall gewesen.
Weitere Einzelheiten zum Sachverhalt können den gewechselten Schriftsätzen entnommen werden.
II.
Der zulässige Antrag ist begründet. Die Antragstellerin hätte nicht nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV ausgeschlossen werden dürfen.
Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb oder im wettbewerblichen Dialog vergeben, wenn die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden können (§ 14 Abs. 3 Nr. 1 VgV). Der Antragsgegner hat diese Verfahrensart gewählt. Es war zum Erstangebot ein Mindeststandard zu erklären. Dieser wurde erfüllt. Ein indikatives Angebot kann je nach Ausschreibungsmodus verbindliche und unverbindliche Angaben enthalten. Soweit der Auftraggeber allerdings zwingende Anforderungen an die Angebote aufstellt, sind diese Anforderungen - dies gilt auch für indikative Angebote (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Juni 2017 Verg 7/17- ZfBR 2018, 89) - zwingend zu beachten.
Voraussetzung hierfür ist, dass die Mindestanforderungen - wie für alle Bereiche der Vergabeunterlagen erforderlich - eindeutig und unmissverständlich aufgestellt wurden (vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3.3.2010 - VII-Verg 46/09, BeckRS 2016, 19890).
Dies war hier der Fall. Die Antragstellerin hat zwingende Mindestvoraussetzungen für ein ordnungsgemäßes Erstangebot erfüllt. Der Antragsgegner hat in seinen Bewerbungsbedingungen damit einen Mindeststandard festgelegt, den die Antragstellerin erfüllt hat. Die Antragstellerin hat in ihrem Erstangebot angeboten, was zwingend erforderlich war. In den Bewerbungsbedingungen heißt es zu Phase 2: "Die in der Leistungsbeschreibung festgelegten Mindestanforderungen (Ausschlusskriterien) und die im Leistungsverzeichnis aufgeführten Zuschlagskriterien sind nicht verhandelbar." Dort heißt es weiter: "Der Auftraggeber behält sich vor, den Zuschlag auf Basis der Erstangebote zu erteilen."
Ob das Angebot eines Bieters von den Vergabeunterlagen abweicht und diese damit »ändert«, ist durch Auslegung des Angebots gemäß §§ 133 und 157 BGB einschließlich sämtlicher Anlagen und Erläuterungen, etwaigen Datenblättern oder Konzepten etc. zu beurteilen. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist die Fassung des Angebots bei Ablauf der Abgabefrist, da das Angebot bis zu diesem Termin noch zurückgezogen werden kann und der Bieter somit erst ab diesem Zeitpunkt gemäß § 145 BGB an sein Angebot gebunden ist. Bei Verhandlungsverfahren gilt dies wegen der Möglichkeit, den Angebotsinhalt in den nächsten Verhandlungsrunden noch zu verändern (§ 119 Abs. 5 GWB), regelmäßig erst für das letztverbindliche sog. »final offer«, es sei denn, es handelt sich - wie hier - um zwingende Mindestanforderungen, die bereits im indikativen Angebot zu beachten sind (vgl. Röwekamp/Kus/Marx/Portz/Prieß Kommentar zur VgV § 57 VgV Rz. 55).
Nach der Legende zur Leistungsbeschreibung bedeutet "A" = Ausschlusskriterium. "E" bedeutet Entscheidungsantwort und wird wie folgt erläutert: "Die Antwort muss entweder "Ja" oder "Nein" lauten. Mit einen "Ja" bestätigt der Bieter, dass die Anforderung erfüllt wird." Aus dem Umstand, dass der Inhalt der Angebote im Verhandlungsverfahren verhandelbar ist, folgt nicht, dass der Angebotsinhalt erst im Rahmen der Verhandlungen vom Bieter festgelegt werden kann (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. März 2010 - VII-Verg 46/09, BeckRS 2016, 19890).
Ob die Ausschreibungsunterlagen unklar waren, mit der Folge, dass Unklarheiten zu Lasten des Auftraggebers gehen, musste nicht mehr entschieden werden.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat für den Fall eines öffentlichen Bauauftrags entschieden, dass eine unklare Leistungsbeschreibung grundsätzlich nicht zu Lasten des Auftragnehmers geht (Urteil vom 12.09.2013, VII ZR 227/11). Nach dem OLG München (Urteil vom 30. November 2020, Verg 6/29) dürfen Bieter die Vergabeunterlagen auslegen, um den Willen des Auftraggebers zu ergründen. Verbleiben auch dann noch Unklarheiten und Widersprüche, so gehen diese zu Lasten des Auftraggebers. Noch nicht einmal dies ist für diesen Fall anzunehmen, weil die Mindestanforderungen hinreichend klar gekennzeichnet waren.
Zum Frischwassertank:
Mit der ausgefüllten Leistungsbeschreibung (Dateiname: 04_0_LB-Leistungsbeschreibung V2) hat die Antragstellerin an mehreren Stellen, unter A.1.3.2. und unter A.2.8.3.1 zugesagt, die Ausschlusskriterien zu erfüllen. Im Zweifelsfall gilt diese Erklärung. Alle anderen Erklärungen in dem Verfahren zum Frischwassertank waren nicht verbindlich. Die Darstellung im Generalplan war sowohl nach den Bewerbungsbedingungen (vgl. Seite 4 der Bewerbungsbedingungen, Version 2) als auch nach Nr. A.1.11.1 der Leistungsbeschreibung, der zu Folge ein abschließender Generalplan nach erfolgter Auftragsvergabe einzureichen ist, nicht verbindlich.
Zum Fahrerstand:
Darüber hinaus bestätigte die Antragstellerin im Angebot vom 28. August 2024 zwar durch Ankreuzen von "Ja" unter A.5.3.5.2.1.1 der Leistungsbeschreibung, dass das große Fahrpult für den Fahrer backbordseitig und das kleine Pult für den Beifahrer steuerbordseitig angeordnet wird. Dem Wortlaut des Leistungsverzeichnisses war deutlich zu entnehmen, dass auf dem Fahrstand auf der Backbord-Seite ein großes Fahrpult für den Fahrer und auf der Steuerbordseite ein kleines Fahrpult für den Beifahrer angeordnet werden soll. Die Anordnung des Fahrstandes war mit dem Buchstaben "A" gekennzeichnet. Dies bedeutet, dass es ein Ausschlusskriterium ist. Der Fahrstand war im Generalplan abweichend angeordnet. Danach befindet sich das große Fahrerpult für den Fahrer mittschiffs. Der Generalplan ist veränderbar und erst am Ende der Verhandlungen einzureichen (vgl. Seite 14 des Leistungsverzeichnisses, Referenz A.1.11.1., zur Unverbindlichkeit des Generalplans siehe auch Seite 4 der Bewerbungsbedingungen). In dem mit dem Angebot eingereichten Konzept B5 zur Referenz A.5.3.5.1.1 (Datei 05_Anlage 5 zur Leistungsbeschreibung _Beantwortung Fragenkatalog - ausgefüllt-) wird die Abweichung ebenso dargestellt, mit einem großen Fahrpult mittschiffs für den Fahrer.
Der Antragsgegner schildert zwar zutreffend, auf seine Nachfrage habe es keine klare Antwort der Antragstellerin gegeben, der zufolge Generalplan und das Konzept B5 an den Inhalt der Ausschlusskriterien angepasst würden. Ein Angebot ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, in der alle essentialia negotii so bestimmt oder zumindest bestimmbar sind, dass die Annahme durch ein schlichtes "Ja" möglich ist (Mansel in: Jauernig, § 145 BGB, Rz. 2). Zu den essenziellen Konsensfragen gehörten aber die durch den Antragsgegner bestimmten und als solche in der Leistungsbeschreibung gekennzeichneten Ausschlusskriterien. Dies kann sich nicht durch weitere Nachfragen des Auftraggebers im Laufe des Verfahrens ändern.
III.
Der Antragsgegner hat als unterlegene Partei nach § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB die Kosten zu tragen. Für die Amtshandlungen der Vergabekammern werden nach § 182 Abs. 1 S. 1 GWB grundsätzlich Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Nach § 182 Abs. 1 S. 2 GWB ist das Verwaltungskostengesetz - VwKostG - vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung anzuwenden. Für den Antragsgegner besteht eine Gebührenbefreiung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 Verwaltungskostengesetz.
Nach § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB hat der Antragsgegner die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin war notwendig. Die Notwendigkeit dieser Hinzuziehung ist jeweils nach den individuellen Umständen des einzelnen Nachprüfungsverfahrens zu beurteilen. Grundsätzlich ist hierbei zunächst auf die spezifischen Besonderheiten des Vergabenachprüfungsverfahrens abzustellen. Es handelt sich um eine immer noch nicht zum (weder juristischen noch unternehmerischen) Allgemeingut zählende, auch aufgrund vielfältiger europarechtlicher Überlagerungen wenig übersichtliche und zudem steten Veränderungen unterworfene Rechtsmaterie, die wegen des gerichtsähnlich ausgestalteten Verfahrens bei der Vergabekammer bereits dort prozessrechtliche Kenntnisse verlangt (Krohn in: Burgi/Dreher Beckscher Vergaberechtskommentar § 182 GWB Rz. 45 m. w. N.). Eine Ausnahme kann vorliegen, sofern sich die zu behandelnde Materie auf einen einfach gelagerten Sachverhalt beschränkt (vgl. Röwekamp/Kus/Portz/Prieß § 182 GWB Rz. 36). Die Hinzuziehung ist im Regelfall als notwendig anzuerkennen (Röwekamp/Kus/Portz /Prieß § 182 GWB Rz. 36). Die hier zu behandelnden Rechtsfragen waren jedenfalls nicht ganz einfach gelagert, so dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten notwendig war.
IV.
Gegen diese Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim Oberlandesgericht Rostock, Wall straße 3, 1
8055 Rostock, einzulegen. Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt. Die Beschwerdeschrift muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Das gilt nicht für Beschwerden juristischer Personen des öffentlichen Rechts.
Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.
(VK Mecklenburg-Vorpommern Beschl. v. 25.2.2025 - 3 VK 14/24, BeckRS 2025, 28384 Rn. 36, beck-online)
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OLG Celle
Beschluss
vom 19.09.2025
13 Verg 7/25
1. Wenn in einem Oberschwellen-Vergabeverfahren für Postdienstleistungen, bei dem nach den Vergabeunterlagen eine Brutto-Angebotssumme unter Angabe der enthaltenen Umsatzsteuern anzubieten war, ein Bieter ein Angebot abgibt, bei dem er sich - anders als konkurrierende Bieter - auf seine Umsatzsteuerfreiheit für einen Teil der ausgeschriebenen Briefbeförderungsleistungen beruft, obliegt es der Vergabestelle im Rahmen der Angebotsprüfung (§ 56 VgV) festzustellen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Umsatzsteuerfreiheit vorliegen.*)
2. Sind die Postdienstleistungen als Ende-zu-Ende-Briefbeförderung ausgeschrieben, dürfte es sich bei der Briefbeförderung auch dann umsatzsteuerrechtlich um eine einheitliche Leistung handeln, wenn ein Bieter die angebotene Briefbeförderung in der Weise ausführen will, dass er die Briefe vorsortiert bei einem Post-Universaldienstleister einliefert und diesen als Subunternehmer mit dem weiteren bundesweiten oder regionalen Versand - als Teilleistung gemäß § 54 Abs. 1 PostG - beauftragt.*)
3. Besteht zwischen einem Post-Universaldienstleister und einem Tochterunternehmen eine Organschaft gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG, können Post-Universaldienstleistungen, die das Tochterunternehmen im Auftrag seiner Kunden erbringt, indem sie diese von dem Universaldienstleister ausführen lässt, grundsätzlich der Umsatzsteuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 11b UStG unterfallen.*)
4. Dabei ist für die Prüfung der Ausschlusstatbestände des § 4 Nr. 11b Satz 3 UstG auf das Auftragsverhältnis zwischen dem Tochterunternehmen und ihrem Auftraggeber abzustellen. Mithin kommt es darauf an, ob das Tochterunternehmen die Leistungen zu den durch die Bundesnetzagentur genehmigten Entgelten erbringt. Gewährt das Tochterunternehmen für Teilleistungen im Sinne des § 54 Abs. 1 PostG einen Mengenrabatt, müssen die hierfür nach der Entgeltgenehmigung erforderlichen Einlieferungsmengen durch die von dem jeweiligen Kunden versandten Briefe erreicht werden. Es genügt nicht, dass das Tochterunternehmen nach einer Konsolidierung mit den Briefen anderer Kunden insgesamt die jeweiligen Mindestmengen erreicht.*)
OLG Celle, Beschluss vom 19.09.2025 - 13 Verg 7/25
Tenor:
Es wird darauf hingewiesen, dass die sofortige Beschwerde und der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin begründet sein dürften.
Die Antragsgegnerin mag - zur schnellen Erledigung des Nachprüfungsverfahrens und zur Vermeidung weiterer Kosten - erwägen, das Verfahren in den Stand vor der Angebotsprüfung zurückzuversetzen.
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin betreibt ein Vergabeverfahren für Postdienstleistungen. Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Nachprüfungsantrag gegen die beabsichtigte Zuschlagserteilung zu Gunsten der Beigeladenen, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Post AG.
Für ihr Angebot trug die Beigeladene im elektronischen Preisblatt für jede ausgeschriebene Briefart jeweils unterschiedliche Umsatzsteuersätze von unter 19% ein. In einer Anlage zu ihrem Angebot erläuterte die Beigeladene, sie dürfe näher bezeichnete Teilleistungen der ausgeschriebenen Ende-zu-Ende-Briefbeförderung umsatzsteuerfrei erbringen, weil sie als Konsolidierungsunternehmen alle Sendungen zur Zustellung bei der Deutschen Post AG einliefere und Teil des Unternehmens Deutsche Post AG gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG sei. Demgegenüber unterlägen nur die postvorbereitenden Leistungen wie Abholung, Sortierung und ggf. Frankierung der Umsatzsteuer. In einer beigefügten Tabelle hatte die Beigeladene für jede Briefart die "Preisbestandteile ohne Umsatzsteuer für die Standardleistungen 'Teilleistungen' der Deutschen Post AG, entspricht dem Porto" mit einem Umsatzsteuersatz von 0%, die Preisbestanteile für ihre eigenen Dienstleistungen mit einem Umsatzsteuersatz von 19% sowie die daraus resultierenden "Stückpreise in Euro" mit jeweils unterschiedlichen Prozentsätzen für die "effektive Umsatzsteuer" angegeben. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren hat die Beigeladene hierzu erklärt, sie habe die Teilleistungen auf Basis der von der Bundesnetzagentur genehmigten allgemeinen Tarife der Deutsche Post AG kalkuliert und angeboten. Zwar habe sie die Preise nicht direkt aus der genehmigten Preisliste entnommen. Es handele sich aber um das DPAG-Porto, das auf Basis ihres konkreten Leistungskonzepts anfalle. Das von der Deutschen Post AG erhobene Porto hänge davon ab, welche Rabatte diese der Beigeladenen im Einzelfall nach den jeweiligen Umständen (Einlieferung beim Briefzentrum Abgang oder Eingang, Sendungsmenge) gewähre. Die Beigeladene habe auf dieser Basis einen Mischpreis ermittelt. Nach ihrem Geschäftsmodell gebe sie die Rabatte, die sie für die von ihr gebündelten Sendungsmengen aller Kunden erziele, unvermindert weiter, auf die individuellen Sendungsmengen einzelner Kunden komme es dabei nicht an.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig (§ 160 GWB), insbesondere ist die Antragstellerin mit ihrer Rüge - jedenfalls mit deren Kernpunkt - weder gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB noch gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB präkludiert.
1. Die Vergabekammer ist insoweit zu Recht davon ausgegangen, dass die Antwort zur Bieterfrage Nr. 10 (der Beigeladenen) nur die formelle Zulässigkeit eines Angebots betrifft, bei dem Teilleistungen umsatzsteuerfrei angeboten werden sollen und das Angebot somit keinen einheitlichen Steuersatz von 19% aufweist. Die Antwort betrifft lediglich die Frage, wie das Angebot formell zu gestalten ist, wenn ein Bieter der Auffassung ist, Teilleistungen umsatzsteuerfrei erbringen zu dürfen. Weil das elektronische Vergabeblatt lediglich vorsieht, die Leistung zu einem einheitlichen Steuersatz anzubieten, hat die Antragsgegnerin gestattet, dass Bieter, die sich auf eine Umsatzsteuerfreiheit von Teilleistungen berufen wollen, dies mit Hilfe einer gesonderten Erläuterung darstellen.
Die Antragstellerin hat mit ihrer Beschwerdebegründung klargestellt, dass dieser formelle Aspekt nicht Gegenstand ihrer Rüge ist. Sie hat erklärt, Gegenstand ihrer Rüge sei nicht die Angebotsgestaltung mit Hilfe eines Beiblatts und dessen grundsätzliche Akzeptanz.
2. Die Rüge der Antragstellerin richtet sich dagegen, dass die Beigeladene sich zu Unrecht auf eine teilweise Umsatzsteuerfreiheit der angebotenen Postdienstleistungen berufe, ihr Angebot deshalb nicht - wie gefordert - den vollständigen Bruttopreis aufweise und daher von der Antragsgegnerin hätte ausgeschlossen werden müssen.
Insoweit ist die Antragstellerin nicht präkludiert, weil diese inhaltliche Prüfung der - erst noch einzureichenden - Angebote nicht Gegenstand der Antwort auf die Bieterfrage Nr. 10 war. Aus der maßgeblichen Sicht der Bieter hat die Antragsgegnerin mit ihrer Antwort nicht darüber entschieden, dass die Beigeladene umsatzsteuerrechtlich berechtigt sei, bestimmte Teilleistungen umsatzsteuerfrei zu erbringen. Es liegt aus Sicht der Bieter auf der Hand, dass die Antragsgegnerin sich nicht vorab festlegen wollte, inwiefern für die Beigeladene in Bezug auf bestimmte Teilleistungen ihres noch einzureichenden Angebotes tatsächlich eine Umsatzsteuerfreiheit bestehen könnte. Die inhaltliche Prüfung der eingereichten Angebote erfolgte erst in einer nachfolgenden Phase des Vergabeverfahrens. Mit der Antwort zur formellen Angebotsgestaltung war noch kein Präjudiz für die Annahme einer teilweisen Umsatzsteuersteuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 11b UStG verbunden. Zudem muss ein bloß mögliches künftiges vergaberechtswidriges Verhalten nicht vorsorglich gerügt werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Juni 2011 - VII-Verg 25/11). Daher war insoweit auch keine Rüge in Bezug auf die Antwort zu der Bieterfrage veranlasst.
III.
Der Nachprüfungsantrag dürfte auch begründet sein.
Die Vergabestelle hat bei der Angebotsprüfung - entgegen § 56 VgV - nicht geprüft, ob die Berechnung der anfallenden Umsatzsteuern im Angebot der Beigeladenen zutreffend ist und sich die Beigeladene zu Recht auf die teilweise Umsatzsteuerfreiheit der angebotenen Leistungen beruft.
1. Nach dem Leistungsverzeichnis war eine Brutto-Angebotssumme anzubieten, die sich aus der Summe der Nettopreise der einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses zuzüglich der Umsatzsteuer ergibt, die sich aus dem bei den einzelnen Positionen jeweils einzutragenden Umsatzsteuersatz errechnet.
Dabei liegt aus der für die Auslegung der Vergabeunterlagen maßgeblichen Sicht der angesprochenen Bieter auf der Hand, dass der im Angebot enthaltene Umsatzsteuerbetrag den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen muss (vgl. § 128 Abs. 1 GWB), damit sich kein Bieter durch eine gesetzeswidrige Verkürzung der Umsatzsteuern einen Wettbewerbsvorteil verschafft.
Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob im Fall der Bezuschlagung eines Angebots mit zu niedrigen Umsatzsteuern der dann rechnerisch zu niedrige Bruttobetrag vertraglich maßgeblich wäre oder eine Auslegung des Vertrages unter Umständen ergeben könnte, dass der angebotene Nettopreis zzgl. der tatsächlich abzuführenden Umsatzsteuern maßgeblich wäre.
2. Es war daher von der Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Angebotsprüfung gemäß § 56 VgV festzustellen, ob der ausgewiesene Umsatzsteuerbetrag zutreffend ermittelt worden ist. Ist dies nicht der Fall, ist das betreffende Angebot zwingend auszuschließen (§ 57 Abs. 1 Nr. 4 und 5 VgV), weil der Bieter die Vorgabe, seine Leistung mit der gesetzlichen Umsatzsteuer anzubieten, nicht eingehalten hat.
a) Der Begriff der "Änderung" der Vergabeunterlagen i.S.d. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV ist weit auszulegen. Betroffen sind Abweichungen sowohl hinsichtlich der Leistungsinhalte (Änderung des Leistungsverzeichnisses bzw. der Leistungsbeschreibung) als auch in Bezug auf die Vertragsbedingungen. Es dürfen also weder in rechtlicher noch in technischer oder zeitlicher Hinsicht Abweichungen von den vorgegebenen Kalkulationsgrundlagen im Angebot enthalten sein (Gabriel/Krohn/Neun VergabeR-HdB/Haupt, 4. Aufl. 2024, § 29 Rn. 26, beck-online).
Das Angebot der Beigeladenen hätte insoweit besonderer Überprüfung bedurft, weil sie in das elektronische Preisblatt nicht den gesetzlichen Umsatzsteuersatz von 19% eingetragen hatte, sondern niedrigere, von ihr errechnete "effektive Steuersätze". Eine eingehende Prüfung war insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung (§ 97 Abs. 2 GWB) geboten, weil die von der Antragstellerin angebotene Netto-Angebotssumme niedriger und das Angebot der Beigeladenen nur deshalb preisgünstiger war, weil sie bei der Bildung des für die Wertung maßgeblichen Bruttopreises von einer teilweisen Umsatzsteuerfreiheit ihrer Leistungen ausging.
Dabei sind die gesetzlichen Voraussetzungen der von der Beigeladenen geltend gemachten Umsatzsteuerfreiheit von der Vergabestelle vollständig zu prüfen. Entgegen der von der Vergabekammer des Bundes vertretenen Auffassung (vgl. Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 16.06.2025 - VK 2 - 39/25) erstreckt sich diese Prüfung auch auf den Ausschlusstatbestand des § 4 Nr. 11b Satz 3 UStG. Die Vergabekammer des Bundes hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, der öffentliche Auftraggeber dürfe sich auf die Bescheinigung des Bundeszentralamtes für Steuern verlassen. Diese Bescheinigung gemäß § 4 Nr. 11b Satz 2 UstG betrifft jedoch nicht die Frage, ob für die einzelnen Leistungen die Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes vorliegen. Dass die spätere Umsatzsteueranmeldung von den Finanzämtern geprüft werden wird, entbindet die Antragsgegnerin - jedenfalls nach den hier vorliegenden Vergabebedingungen - ebenfalls nicht von der Prüfung der Frage, ob ein gesetzeskonformes Angebot vorliegt.
3. Die erforderliche Angebotsprüfung hat die Antragsgegnerin nicht vorgenommen.
a) Zwar hat die Antragsgegnerin zu Recht nicht schon aus formellen Gründen beanstandet, dass die Beigeladene die nach ihrer Auffassung umsatzsteuerfreien Bestandteile der angebotenen Leistung in einer Anlage zum Angebot gesondert auswies und für die angebotenen Positionen des Leistungsverzeichnisses - entgegen der ursprünglichen Intention der Antragsgegnerin - einen "effektiven Steuersatz" errechnete, den sie in das elektronische Preisblatt eintrug.
Wenn die Auffassung der Beigeladenen zur teilweisen Umsatzsteuerfreiheit der angebotenen Leistung zuträfe, war dies in dem Angebot zu berücksichtigen, wie sich auch aus der Antwort der Antragsgegnerin auf die Bieterfrage Nr. 10 ergibt. Wegen der Beschränkungen des elektronischen Preisblatts, bei dem die Steuerfreiheit von Teilleistungen nicht vorgesehen war, konnte die Beigeladene dies nur durch die Eintragung eines - fiktiven - "effektiven Steuersatzes" umsetzen, der sich aus dem Verhältnis der für den umsatzsteuerbefreiten Leistungsteils anfallenden Umsatzsteuern zu dem angebotenen Netto-Einzelpreis ergibt.
b) Die Antragsgegnerin hat aber - unter Verstoß gegen § 56 VgV - keine inhaltliche Prüfung der geltend gemachten teilweisen Umsatzsteuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 11b UStG vorgenommen.
c) Die fehlende Prüfung kann sich selbst dann auf das Vergabeverfahren ausgewirkt haben, wenn man mit der Beigeladenen davon ausginge, dass eine teilweise Umsatzsteuerfreiheit der angebotenen Leistungen grundsätzlich in Betracht käme. Denn auf der Grundlage der von der Beigeladenen insoweit vertretenen Rechtsauffassung wäre ihr Angebot jedenfalls nicht prüffähig.
Die von der Beigeladenen als umsatzsteuerfreie Preisbestandteile angegebenen Preise für Teilleistungen der Deutschen Post AG entsprechen nicht den Preisen, die in den Beschlüssen der Bundesnetzagentur zur Genehmigung von Entgelten der Deutschen Post AG vom 11. Dezember 2024 (Anlage A 11, Bl. 272 ff. VergK-A) und vom 29. April 2025 für die Teilleistungen Basis bzw. ID, bundesweiter und regionaler Versand, aufgeführt sind. In dem Angebot der Beigeladenen wird nicht erläutert, woraus sich die von ihr angegebenen Teilleistungspreise ergeben. Nach ihrem Vorbringen im vorliegenden Nachprüfungsverfahren hat die Beigeladene aus den genehmigten Teilleistungsentgelten für bundesweiten und regionalen Versand eigene "Mischpreise" gebildet. Von welchen Anteilen für bundesweit bzw. regional zuzustellende Briefe sie dabei ausgegangen ist und welche Sendungsmengen sie jeweils angenommen hat, ergibt sich nicht aus der dem Angebot beigefügten Aufstellung.
4. Gemäß § 178 Satz 2, § 168 Abs. 1 GWB wird der Antragsgegnerin daher antragsgemäß zu untersagen sein, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Das Verfahren wird bei fortbestehender Beschaffungsabsicht in den Stand vor Prüfung der Angebote zurückzuversetzen sein.
5. Unabhängig von der Frage, ob die Beigeladene die für eine Prüfung der Umsatzsteuerfreiheit - auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung - erforderlichen Angaben (s.o. Nr. 3. c)) noch nachholen könnte, dürfte ihr Angebot auszuschließen sein, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für eine teilweise Umsatzsteuerfreiheit der angebotenen Leistungen nicht vorliegen dürften.
a) Bei der insoweit maßgeblichen Regelung des § 4 Nr. 11b UStG ist es durch das Postrechtsmodernisierungsgesetz indirekt zu einer Änderung gekommen. Bislang waren die von Konsolidierern an die Deutsche Post AG zu zahlenden Entgelte aufgrund der diesen gewährten Rabatte (günstigere Preise als die genehmigten Entgelte für Standardbriefe) nicht umsatzsteuerfrei. Weil diese Teilleistungen (§ 54 Abs. 1 PostG) aber nun zu den Universaldienstleistungen zählen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PostG), gibt es jetzt auch für diese Teilleistungen von der Bundesnetzagentur genehmigte Entgelte (s. Beschlüsse der Bundesnetzagentur zur Genehmigung von Entgelten der Deutschen Post AG vom 11. Dezember 2024 und vom 29. April 2025). Wenn diese nicht unterschritten werden und kein anderer Ausschlusstatbestand eingreift, besteht nun auch für diese Teilleistungen der Deutschen Post AG Umsatzsteuerfreiheit.
In der Literatur wird in Frage gestellt, ob diese Neuregelung zur Steuerfreiheit von Teilleistungen, die den besonderen Interessen bestimmter Wirtschaftsteilnehmer dienen, mit Art. 132 Abs. 1 a) der Mehrwertsteuer-System-RL vereinbar ist, wonach von öffentlichen Posteinrichtungen erbrachte Dienstleistungen und dazugehörende Lieferungen von Gegenständen als "dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten" (Kapitelüberschrift) von der Umsatzsteuer zu befreien sind (vgl. Sölch/Ringleb/Schüler-Täsch, 104. EL Juni 2025, UStG § 4 Nr. 11b Rn. 8, beck-online; Ulmenstein, MwStR 2024,588).
Diese Frage kann im Streitfall aber dahingestellt bleiben, wenn auch nach nationalem Recht keine Umsatzsteuerfreiheit besteht.
b) Fraglich ist schon, ob sich die Beigeladene auf eine teilweise Umsatzsteuerfreiheit berufen kann, soweit sie zur Ausführung des Auftrags Teilleistungen bei der Deutschen Post AG beauftragt. Dies kommt nur in Betracht, wenn die jeweilige Teilleistung umsatzsteuerrechtlich eine eigenständige Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG darstellt.
aa) Grundsätzlich ist jede Leistung als eigenständige Leistung zu behandeln. Werden einem Leistungsempfänger von einem Unternehmer mehrere Lieferungen und/oder sonstige Leistungen erbracht, sind diese daher umsatzsteuerlich getrennt als mehrere selbstständige Leistungen zu behandeln. Andererseits dürfen einheitliche Leistungsvorgänge eines Unternehmers umsatzsteuerrechtlich nicht künstlich aufgespalten werden, wenn sie wirtschaftlich zusammengehören und ein einheitliches Ganzes bilden, weil die einzelnen Leistungselemente so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (BeckOK UStG/Peltner, 45. Ed. 30.6.2025, UStG § 1 Rn. 52, 53, m.w.N. zur EuGH-Rspr.). Für die Beurteilung ist auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen (Nr. 3.10 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE)).
Der Bundesfinanzhof hat im Fall eines Spar-Menüs entschieden, dass es sich bei der Ausgabe von Speisen und Getränken um zwei selbständige Lieferungen handele (BFH, Urteil vom 22. Januar 2025 - XI R 19/23 -, Rn. 27). Dies ergebe sich bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung schon daraus, dass der Kunde die Wahl habe, entweder nur eine Speise oder nur ein Getränk oder eine Kombination aus beiden als Menü zu erwerben. Jeder der Bestandteile hat danach für ihn einen eigenen Zweck und ist daher keine Nebenleistung. Daraus ergebe sich, dass beide Bestandteile nicht so eng miteinander verbunden seien, dass objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung vorliegt (BFH aaO).
bb) Im Streitfall dürfte es sich danach bei der angebotenen Briefbeförderung um eine einheitliche Leistung im Sinne des Umsatzsteuerrechts handeln.
Aus der maßgeblichen Sicht der Antragsgegnerin kommt es allein auf die ausgeschriebene Ende-zu-Ende-Briefbeförderung an. Für sie ist ohne Belang, inwiefern die Bieter - je nach Geschäftsmodell - alle Bestandteile der Leistung selbst erbringen oder Teile davon durch Subunternehmer ausführen lassen. Wirtschaftlich kommt es der Antragsgegnerin auf die - auch so einheitlich ausgeschriebene - vollständige Leistungserbringung an; die einzelnen Bestandteile als solche sind für sie nicht von Interesse. Anders als bei der o.g. Sparmenü-Entscheidung des Bundesfinanzhofs bietet die Beigeladene auch nicht die Möglichkeit an, einzelne Leistungsbestandteile separat zu erbringen. Die Konsolidierungsleistungen dienen der Beigeladenen nur dazu, die eigentliche Briefbeförderung - gebündelt mit den Briefen ihrer anderen Kunden - durch die Deutsche Post AG als Subunternehmerin zu deren rabattierten Entgelten erbringen zu lassen. Dies betrifft aber nur Interna der Beigeladenen bei der Auftragserfüllung. Eine Aufspaltung in Einzelleistungen ist nicht Gegenstand des Auftrags, der einheitlich nach den von der Antragsgegnerin vorgegebenen Vertragsbedingungen zu erbringen ist.
c) Selbst wenn die weitere Briefbeförderung ab Einlieferung bei der Deutschen Post AG als gesonderte Leistung im Sinne von § 1 UStG anzusehen wäre, lägen insoweit aber jedenfalls die Voraussetzungen der Umsatzsteuerfreiheit nicht vor.
aa) Zwischen der Beigeladenen und der Deutschen Post AG besteht zwar eine Organschaft gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Beide sind deshalb umsatzsteuerrechtlich als ein Unternehmen zu behandeln. Die von der Beigeladenen bei der Deutschen Post AG im eigenen Namen beauftragten Teilleistungen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 54 Abs. 1 PostG) unterfallen daher als Universaldienstleistungen der Umsatzsteuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 11b UStG, soweit es sich um separate Leistungen handelt und kein Ausschlusstatbestand gemäß § 4 Nr. 11b Satz 3 UstG eingreift, sodass die Beigeladene sie ihren Kunden umsatzsteuerfrei in Rechnung stellen dürfte.
bb) Im Streitfall ist die Umsatzsteuerfreiheit jedoch gemäß § 4 Nr. 11b Satz 3 UStG ausgeschlossen. Im Ergebnis gilt die Umsatzsteuerfreiheit nicht, wenn die Universaldienstleistungen zu von den AGB der Deutschen Post AG abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren als den genehmigten Entgelten angeboten werden. Dies ist hier der Fall.
(1) Die Einhaltung dieser Voraussetzungen ist in Bezug auf die von der Beigeladenen gegenüber der Antragsgegnerin angebotenen Leistungen zu prüfen. Dies sind die Leistungen, deren Umsatzsteuerfreiheit festzustellen ist. Zu welchen Preisen die Deutsche Post AG im Innenverhältnis gegenüber der Beigeladenen abrechnet, ist aufgrund der Organschaft umsatzsteuerrechtlich ohne Belang.
Mithin kommt es - entgegen der Auffassung der Beigeladenen - darauf an, ob sie der Antragsgegnerin die Teilleistungen zu den genehmigten Entgelten anbietet. Das ist schon deshalb nicht der Fall, weil die Antragsgegnerin nach den Ausschreibungsbedingungen - bei Weitem - nicht die für eine Rabattgewährung nach der Entgeltgenehmigung erforderlichen Einlieferungsmengen erreicht.
Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber eine Umsatzsteuerfreiheit auch dann gewähren wollte, wenn ein Konzernunternehmen der Deutschen Post AG von Kunden mit Briefbeförderungen beauftragt wird, die die nach der Entgeltgenehmigung für eine Rabattgewährung erforderlichen Sendungsmengen nicht erreichen. Dies entspräche weder dem Wortlaut der Regelung noch der gesetzlichen Systematik bei einer Organschaft. Aufgrund der Organschaft sind die Beigeladene und die Deutsche Post AG umsatzsteuerrechtlich als Einheit anzusehen. Es kann daher bei der Beurteilung der Umsatzsteuerpflichtigkeit einer Leistung nur auf diejenige Leistung ankommen, die zwischen den Parteien der Leistungsbeziehung vereinbart ist. Hingegen ist insoweit ohne Belang, nach welchen Bedingungen sich die Beigeladene - innerhalb der Organschaft - der Deutschen Post als Subunternehmerin bedient. Es gilt insoweit nichts anderes, als wenn die Deutsche Post AG diese Leistungen selbst gegenüber der Antragsgegnerin erbrächte; auch dort käme es nur darauf an, welche Sendungsmengen die Antragsgegnerin befördern ließe.
Darüber hinaus sind die Vertragsbedingungen des Angebots der Beigeladenen - unter Berücksichtigung der nach den Vergabeunterlagen maßgeblichen Leistungsbeschreibung und der AGB der Antragsgegnerin - in einer Vielzahl von Punkten hinsichtlich der Qualitätsbedingungen nicht identisch mit den AGB der Deutschen Post AG, zu denen diese ihre Teilleistungen gegenüber der Beigeladenen erbringt. Dies betrifft insbesondere auch das von der Antragsgegnern geforderte Qualitätsmanagement mit einem Nachweisverfahren / einer Dokumentation (Nr. 7 der Leistungsbeschreibung) sowie die geforderte gesetzliche Haftung (Nr. 5 g), die in den AGB der Post teilweise abbedungen ist.
(2) Auch dann, wenn man - zu Unrecht - darauf abstellte, dass die Beigeladene ihren Kunden die rabattierten Entgelte, die ihr die Deutsche Post AG berechnet, umsatzsteuerfrei weiterberechnen darf, obwohl die Kunden selbst die Mindestmengen nicht erreichen, würden die Preise aufgrund der Mischkalkulation der Beigeladenen von den genehmigten Entgelten abweichen.
Anders als es die genehmigten Teilleistungsentgelte der Deutschen Post AG vorsehen, die zwischen der regionalen und der bundesweiten Briefbeförderung unterscheiden, bietet die Beigeladene - auf der Grundlage einer eigenen Mischkalkulation für beide Briefarten - einen einheitlichen Preis je Brief an, der unter dem Preis liegt, den sie selbst der Deutschen Post AG für die bundesweite Zustellung zu zahlen hat. Die in dem Angebot enthaltene Teilleistung Zustellung ist aufgrund dieser Mischkalkulation für einen bundesweiten Brief auch dann günstiger als das genehmigte Teilleistungsentgelt, wenn man auf die erhöhte Briefmenge abstellt, die die Beigeladene bei der Deutschen Post AG einliefert.
Es kommt hinzu, dass die Antragsgegnerin im Rahmen der Ausschreibung keine Zusagen gemacht hat, dass ein bestimmter Mindestanteil der Briefe regional zuzustellen ist. Es ist daher nicht auszuschließen, dass der Anteil der bundesweit zuzustellenden Briefe höher ausfallen kann, als die Beigeladene in ihrer nicht offen gelegten Kalkulation unterstellt hat.
(3) Die vom Finanzamt ... erteilte Auskunft vom 5. Dezember 2024 (Anlage Bgl 2) steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Sie ist von der Beigeladenen schon nicht wirksam in das Verfahren eingeführt worden, weil sie - auch auf Hinweis des Senats auf den nicht gegebenen Geheimnisschutz - daran festgehalten hat, dass die Unterlage der Antragstellerin nicht bekannt gegeben werden dürfe. Darüber hinaus betrifft die Auskunft, die vor der maßgeblichen Entgeltgenehmigung der Bundesnetzagentur erteilt wurde, nicht den Sachverhalt des Streitfalls und sie enthält keine eigenen inhaltlichen Ausführungen. Es ist daher auch fraglich, inwiefern die pauschale Bestätigung des Finanzamts sich auf die konkrete Problematik des Streitfalls erstrecken würde. Darüber hinaus dürfte die Auskunft ohnehin keine Rechtsbindung bewirken.
(4) Hinsichtlich der angebotenen Einwurf-Einschreiben hat die Beigeladene auf Nachfrage des Senats eingeräumt, dass sie einen Preis angeboten hat, den sie - anders als verlangt - nur auf der Grundlage des genehmigten Entgelts für die "Zusatzleistung" Einschreiben kalkuliert hat, ohne das daneben immer anfallende Beförderungsentgelt für den Brief zu berücksichtigen.
Insoweit kann sich die Beigeladene nicht auf die Umsatzsteuerfreiheit für genehmigte Entgelte berufen, weil sie für die Gesamtleistung ein günstigeres Entgelt anbietet als genehmigt. Ob die Beigeladene ihr Angebot insoweit nach Maßgabe des § 57 Nr. 5 VgV berichtigen könnte, kann dahingestellt bleiben, wenn das Angebot schon aus den vorstehend aufgeführten Gründen auszuschließen ist.
Gleiches gilt für die Frage, ob - wie die Beigeladene meint - die in der Genehmigung der Bundesnetzagentur aufgeführte Entgeltermäßigung von 1% für Absenderfreistempelung bzw. DV-Freimachung auch in Bezug auf die Zusatzleistung Einschreiben gilt oder - was aus Sicht des Senats näher liegen dürfte - nur für das Entgelt für die Briefbeförderung.
(7) Ergänzend wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass unklar erscheint, was die Beigeladene für den Fall anbieten wollte, dass es bei der für sie als Subunternehmerin tätigen Deutschen Post AG zu Entgelterhöhungen kommt.
Es dürfte sich hierbei nicht um "gesetzliche oder andere formale Gegebenheiten" handeln, bei denen nach der Antwort der Antragsgegnerin auf die Bieterfrage der Beigeladenen eine nachträgliche Preisanpassung möglich sein sollte. Vielmehr handelt es sich um eine Kostenänderung, die - wie auch bei anderen Bietern in Bezug auf deren Subunternehmer - in den Risikobereich des jeweiligen Bieters fällt. Eine einseitige Bevorzugung des Geschäftsmodells der Beigeladenen durch ein spezielles Preisanpassungsrecht würde nicht dem Gleichbehandlungsgrundsatz entsprechen. Wie andere Bieter muss die Beigeladene eine mögliche Erhöhung ihrer Kosten bereits bei der Angebotskalkulation berücksichtigen.
Wenn somit nicht von einem Preisanpassungsrecht bei Entgelterhöhungen der Deutschen Post AG auszugehen ist, dürfte das Angebot der Beigeladenen dahin auszulegen sein, dass sie sich - ausschreibungskonform - kein solches Preisanpassungsrecht vorbehalten wollte. Selbst unterstellt, die umsatzsteuerfrei angebotenen Teilleistungspreise entsprächen initial den genehmigten Preisen, würden sie bei einer genehmigten Preiserhöhung der Deutschen Post AG deren dann geltende Teilleistungsentgelte unterschreiten, sodass die Beigeladene auch aus diesem Grund nicht für die gesamte Vertragslaufzeit eine Umsatzsteuerfreiheit in Bezug auf die ausgewiesenen Teilleistungspreise anbieten kann.
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